Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein
<< zurück weiter >>
Dreiundzwanzigstes Capitel.
Ulrich verläßt seine Frau.
In diesem Sommer that mir meine Frau ein Ding, dürfte ich aus Zucht das melden, so würden mir die Biedern beklagen helfen, daß ein so werthes Weib ihren Freund so beschweren konnte; ein so schwaches Leid geschah mir von ihr, daß ich es noch immer klage.
Als uns der Herbst mit Reifen den grünen Wald verdarb, da sang ich diese Klage-Lied.
20) Eine Tanz-Weise. |
|
Ihr edeln Frauen, ihr viel reinen minniglichen Weib,
Ich klage Euch allen über meiner hehren Frauen Leib,
Die hat mich so beraubet der Freuden in meinen Tagen,
Daß ich von ihren Schulden muß immer mehre klagen.
Ich klage Euch, daß sie meinen Dienst noch nicht wissen will,
Und ich ihr doch habe mit Treuen gedienet viel,
Daß ihr Leib also hohen Lob von mannichen Zungen hat.
Da war stets mein Dienst bei, wie sie es nicht verstaht.
Mord und Raub die beide klage ich von der Frauen mein,
Es ist ein Mord und ist Raub, was möchte es anders sein.
Daß sie mich ohne Widersagen hohen Muthes hat versehrt,
Und dabei dem Herzen mein alle Freude verwehrt.
Sie Räuberinne, hat mir so hohen Raub genommen,
Der mir nicht leichte kann ganz zurücke kommen,
Gilt sie mir auch meine Freude, die sie wohl vergelten mag,
Doch hab' ich dabei verloren viel mannichen schönen Tag.
Noch leide ich von ihr Leides, mehre danne ich jemand sage,
Manchen sehnenden Schmerzen, den ich heimliche trage,
O weh des! soll sie mir nicht als zu Schaden sein geboren?
Die ich doch für alle Weib habe zu Liebe erkohren.
Nur daß ich noch durch Zucht will schweigen und auf lieben Wahn,
Ihr sollt fürwahr gelauben, sie hat mir also gethan,
Wenn ich Euch klagete von ihr meines sehnenden Herzens Noth,
Daß vielleicht ihre Farbe licht darumme würde roth.
Und will es Jemand noch mit Minne scheiden, das vergönne ich,
Eh' daß ein böser Zorn gegen sie beschwere mich,
So daß ich nichts ungütlich spreche in meinen Wehen,
Was sie mir dann auch nachher thut, so ist das doch geschehen. |
Da meine Frau diese Lied hörte, kam sie des doch nicht ab, sie thät, was ich immer klagen muß, und was ich Niemand sagen will. O weh, daß es je geschah! O weh, daß ich in meinem Zorne je was von ihr sprach, was mir nachher in diesem Buche mancher verweiset, der doch nicht gewußt, mit welcher Missethat sie es von mir verdiente.
Da sie ihre Unthat nicht ließ, so schied ich aus ihrem Dienste, denn der ist ein unweiser Mann, der auf die Länge dient, wo man seinen Dienst nicht belohnen kann. Da sang ich vor Zorn diese Lied:
21) Eine Tanz-Weise. |
|
O weh! daß ich hab' verlor'n
Was von mir ist unverkor'n
Immer weh!
Freude und meine besten Tage
Die sind hin mit sehnender Klage,
Ach, o weh!
Soll mein Leben
Klagenden Sorgen sein gegeben?
Solche Noth
Ist der Tod.
Wo mein Dienest war bereit
Mit viel reiner Stetigkeit
Meine Tage,
Da ist leider Lohnes nicht,
Noch ist Lohnes Zuversicht,
Weh der Klage!
Und o weh!
Hätt' ich doch Wahn als eh,
So möcht' ich
Freuen mich:
Da sie ihre Güte mir verhieß,
Daß sie mich ihr dienen ließ
Meine Zeit,
Da mußt' ich mit Recht gesteh'n,
Daß mir wäre wohl geschehen
Ohne Streit:
Nun ist so krank
Ihr Lohn und ihr Habe Dank,
Daß es ihr
Schadet und mir.
Mich reut, daß ich meine Jahr
Habe verdummet also gar
Um ein Weib,
Die mir nimmer einen Tag
Völliglich vergelten mag,
Da ihr Leib
Und ihr Muth
Nun nicht ist wie erst so gut,
Da sie mich
Bracht' an sich.
Damals war sie wahrlich gut,
Bei der Schöne wohlgemuth,
Da ich mir
Nahm zu Trost ihren werthen Leib,
Dem dient' ich für alle Weib
Mit der Gier,
Daß ihr Nam
War gehöhet ohne Scham;
Nun ist Dank
All zu krank,
Das ist meine Klage
Alle Tage. |
Mit diesen Lieden thät ich ihr kund, daß ich ihr nicht mehr dienen wollte. O weh! daß sie die Unthat je beging, um die ich ihren Dienst verließ, und daß die Unzucht von mir geschah, so übel von ihr zu sprechen.
Sollte mein Herz nicht traurig sein, daß ich die der Untugend zeihen mußte, der ich seit manchem Tag sonder Wanken diente? Mir that die klagende Noth so weh, daß ich sanfter todt gewesen wäre. Ich weiß, daß kein gutes Weib mich darum hassen wird, daß ich hie von meiner Frauen Wandel sage, denn möchte ich es verschwiegen haben, so hätte ich es gern gethan, und Niemand soll es mir verweisen, denn sie hat es mit viel Unthat gegen mich verschuldet, die mir so weh that, daß ich nicht schweigen konnte: ich sang davon und ward vor Zorn sehr ungemuth, und so sang ich auch im Zorn diese geschwinden Lied.
22) Eine Tanz-Weise. |
|
Wohl her, danket allen guten Weiben,
Daß ihre Güte ist also rechte gut,
Daß zur Welt Niemand kann beleiben
Selig, froh, noch rechte wohl gemuth
Ohne ihren Trost, der es alles kann,
Freude bringen und Unfreude scheiden dann,
Des freut euch freudegehrende Mann.
Wer nach gutes Weibes Weibes Hulden ringet
Dem kann selten jemals missegahn,
Ha! was ihm sein Dienest Selden bringet,
Wie fröhlichen endet sich sein Wahn,
Augen-Wonne, Herzensspiel,
Was ein Herze erdenken und erwünschen will,
Des hat guter Weibe Güte viel.
Dieß Lob ist der guten Weibe alleine,
Da ist der Falschen wenig mit gedacht,
Denen soll mein Lob sein viel ungemeine,
Dazu hat mich eine viel Falsche bracht,
Die ist Weibes Ehren gram,
Mich muß an ihr immer reuen Weibes Nam,
Da sie von sich scheidet Weibes Scham.
Ich hätte mich Unselden unterwunden,
Da ich mich der Falschen unterwand,
Ich war ihr mit Treuen viel gebunden,
Dabei war sie ledig ohne Band,
Ihre Untreue hat die Kraft
Und an sich behalten solche Meisterschaft,
Daß sie nie binden mochte der Treue Haft.
Wie Aberillen-Wetter fährt ihr Wille,
Daß nie Windesbraut so geschwinde ward,
Unterweilen süße in sanfter Stille,
Schnelle wieder an ihre Irrefahrt,
Darnach scheinet Maienschein,
Alsobald so will es wieder Winter sein,
Also wittert mir die Fraue mein.
Guter Weiber Güte gar unehret
Weib der Herze falsch Gemüthe treibt,
Dabei falscher Weiber Wandel mehret
Guten Weiben hohe Würdigkeit,
Wo die Falsche missethut,
Da wird schiere bei bekannt der Reinen Muth,
Davon ist ihr Falsch den Guten gut.
Ich will gute Weib von bösen scheiden,
All die Weile ich von ihnen singen will,
Wer geleiche spricht wohl ihnen beiden,
Der hat gegen den Guten Falsches viel,
Gute Weib, gelaubet das,
Wer Euch mit den Falschen lobt der trägt Euch Haß,
Euch ehret ein besonders Lob viel bas. |
Die Lied wurden viel gesungen. Da sie die Wandelbare vernahm, zürnte sie und war sehr unfroh. Gegen den Winter sang ich eine Tanz-Weise zu Maßen lang und auch zu rechter Maße kurz, darinn sprach ich von der Treue und ihrer Würde. So sind die Lied.
23) Eine Tanz-Weise. |
|
Treue ist all der Welt eine Ehre,
Wohl ihm, der sie recht erzeigt,
Sie ist aus alle Tugend eine Lehre,
Schloß ab aller Würdigkeit,
Wo ihre Stete beigestaht,
Was bedarf der Tugenden mehre,
Der die Tugenden beide hat?
Daß jemand die Tugenden scheide,
Das will rechte Minne nicht,
Minne will sie haben beide,
Sie hat mit ihnen stete Pflicht,
Das sei Fromm oder Ungewinn,
Es sei Lieb oder es sei Leide,
Sie kommt nimmer drum von ihn'n.
Minne nirgend sich erhaltet
Ohne Treue und steten Muth,
Wer die nicht zusammen waltet,
Wie so mancher Falsche thut,
Da ist nirgend Minne bei,
Der unfuget und gewaltet
Wer spricht, daß da Minne sei.
Dabei merk' ich, daß die hehre,
Der ich lang gedienet han,
Doch nun diene nimmermehre,
Treue an mir nicht kann begahn,
Hätte sie Treue erzeiget mir,
Das wär Wunder immermehre,
Da nicht Treue liegt an ihr.
Minne hatte mich ihr gebunden
Und ließ sie der Banden frei,
Das hab' ich mit Schaden empfunden;
Wer wie ich in Banden sei
Der rette aus den Banden sich,
Ich hab mich dem Strick entwunden
Allzuspäte, das klage ich. |
Die Lied hielt man billig für gut, die aber, die ich sonst meine Fraue hieß, zürnte darüber: ich ließ es aber darum nicht, zum Winter sang ich wieder Lied, also:
24) Eine Tanz-Weise. |
|
O weh, der so selig wäre,
Der uns könnte geben Rath,
Für die mannigfalte Schwere
Wo die Welt mit umme gaht,
O weh, so gemeiner Sorgen!
Wo hat Freude sich verborgen?
Die find' ich nicht hier noch da.
Möchte ich wo Freude finden,
Da fänd' ich auch Ehre bei,
Darum soll ich ich nicht erwinden
Bis ich finde, wo sie sei
Und erwürb' ich Freud' und Ehre,
Was bedarf ich Selden mehre?
Wie kann mir gelingen bas?
Rechter Freude wer der waltet
Der hat immer neue Jugend,
So macht Sorge, daß man altet
Und verderbet manche Tugend,
Freude ist süße, Sorge ist saure,
Ich war Sorgen Nachgebaure,
Die hat nie verleidet sich.
Drum soll ich sie auch verleiden,
Guten Leuten wo ich kann,
Mag ich, ich will von ihr scheiden,
Von ihr sein ein freier Mann,
Gott vor Sorgen mich behüte,
Darum bitt' ich Weibes Güte,
Daß ihre Huthe mich bewahr.
Wollten Weib in steten Muth
Steten Freunden stete sein
Das käm' ihnen so zu gut,
Daß ihnen Treue würde Schein,
Der sie an Freunden irre fahren,
Wenn sie gegen Freund' nicht bewahren
Sich mit treuer Huthe gar.
Wollten auch die viel Unsteten
Sich gesellen, das lobte ich,
Daß sie mit ihren falschen Räthen
Beide einander pfänden sich,
Lieben Wahn und leiden Wank,
Das hätte ihre Unstete Dank
Was sie des einander thäten.
Gute Weib süße und reine
Der ist noch Wunder, wo sie sein,
Ach, fünde ich der Guten eine,
Der gäbe ich das Herze mein,
Ich wollte ihr zu Hulden singen,
Ihr Lob also hohe bringen,
Daß sie müßte danken mir.
Gott gebe, daß ich sie noch finde,
Der Gemüthe sei so gut.
Daß sie sich mein unterwinde
Mir zu höhen meinen Muth,
Finde ich die, so finde ich Ehre,
Und so traur' ich nimmermehre,
Nimmer würde ich mehr unfroh. |
Nach diesen Lieden sang ich einen Leich mit Noten: hoch, und auch mit schnellen Noten, mancher Fideler sagte mir Dank, daß ich die Noten so hoch gemacht. Der Leich sprach so:
25) Der Leich. |
|
Gott füge mir's zu gute,
Ich bin noch in dem Muthe,
Daß ich will guten Weiben
Mit Dienst ohne falschen Muth immer bei beleiben;
Davon rath' ich einen Rath
Der allen wohlgemuthen Mannen tugendlichen staht:
Ich rathe euch, ehrengehrende Mann
Mit Treuen, wie ich am besten kann,
Wenn ihr wollt währende Freude han,
So seid den Weiben unterthan
Mit Treuen ohne falschen Muth,
Ihr Güte ist also rechte gut,
Wer ihnen mit Treuen Dienste thut,
Den können sie wohl machen froh,
Der Welt Heil gar an ihnen litt,
Ihre Güte ist Freuden Hochgezit,
Ihre Schöne so viel Freuden gi't,
Davon die Herzen steigen hoh,
Würdigkeit
Sonder Leid
Können sie wohl Freuden geben,
Wem so sei
Witze bei,
Der soll nach ihren Hulden streben
Und zinsen ihnen sein Leben,
Das rathe ich auf die Treue mein,
Wer ehrnselig wolle sein
Und reiche an hohem Muthe,
Der soll mit Treuen gute Weib
Recht minnen als sein selbes Leib.
Viel gut vor allem Gute
Ist der Weibe Güte und ihre Schöne,
Schöne ob aller Schöne,
Ihre Schöne, ihre Güte, ihre Würdigkeit ich immer gerne kröne,
An ihrer Schöne und an ihrer Güte steht mein Heil und auch meine Wunne,
War guter Weibe Schöne nicht, viel selten ich gewunne
Einen ehregehrenden Muth,
Wohl mich, daß sie sind also gut,
Daß man hat von ihrer Güte
So hohen Trost für sehnende Leid,
Ihre Schöne, ihre Güte, ihre Würdigkeit
Gibt mir viel Hochgemüthe,
Mein Muth von Weiben hohe staht,
Was danne, ob mir ihrer eine hat
Erzeiget solche Missethat?
Das ist wahr, das mag noch werden Rath.
Was sie gegen mir hat gethan
Das will ich gerne wissen la'n
Mit Züchten als ich beste kann,
Ich hab' ihr drei und zehen Jahr
Gedienet sonder Wanken gar,
In Minnen-Treuen, das ist wahr,
Daß in der Zeit mein sehnender Leib
Nie gewann
Solchen Wahn
Des meine Stete wurde krank,
All meine Gier
War gegen ihr
Schlicht mit Treuen ohne Dank,
Nu fährt in quer ihr Habe Dank,
Recht als ein Rad das ummegaht,
Und als ein Marder den man hat
An eine Schnur gebunden,
Könnt ich wie sie unstätig sein,
So hätt' ich nach dem Willen mein
Ohne sie eine Fraue funden:
Eh' daß ich meine ritterlich Stete brech' an guten Weiben,
Ich wollt' eh' immer falscher Weibe Huld frei beleiben
Ich muß in der steten Weibe Dienest sonder Lohn verderben,
Oder ich muß ihres steten Herzens Lieb' also erwerben,
Daß ich gewanke nimmer Wank
Von ihnen, ihren hohen Habe Dank;
Und mag ich den erringen,
So hab' ich alles das ich will,
Süße Augenwonne, Herzensspiel,
Viel Wonne in allen Dingen,
Nun was bedarf mein sehnender Leib
Gnaden mehr, wenn ich ein Weib
Zur Frauen finde also gemuth,
Die sich vor Wandel hat behuth,
Und nichts als das Beste thut,
Der soll mein Dienest sein bereit
Immer, wie es ergeh,
Sonder Falsch mit Stetigkeit,
Davon gewinne ich Würdigkeit,
Und also freudereichen Sinn,
Daß ich getheuert immer bin
In allerhande Dingen,
Finde ich sie, ich soll so ritterlichen nach ihren Hulden ringen,
Daß sie mir von ihrer Stetigkeit muß hoch an ihr gelingen,
Sie muß aber auf die Treue mein
Gar frei vor allem Wandel sein,
Die ich mich wieder lasse zwingen,
Und auch in Kummer bringen,
Denn wohl höret man mich nimmermeh
Keines falschen Weibes Lob je sprechen noch auch singen. |
Der Leich wurde viel gesungen und manche schöne Fraue las ihn gern. Auch sang ich eine Tanzweise damals, darin ich Weibesgüte rühmte, also:
26) Eine Tanz-Weise. |
|
Alle die in hohem Muthe wollen sein,
Denen will ich das rathen auf die Treue mein,
Daß sie minnen gute Weib
Sonder Falsch mit Treuen als ihr selbes Leib.
Gute Weib sind gut für allerhande Leid,
Von ihrer Güte hat man manche Würdigkeit
In der Welt Niemand mag
Ohne ihre Hülfe froh beleiben einen Tag.
Zucht und Ehre, Treue, Milde, hoher Muth
Kommt von werthen Weiben, dazu mannicher hande Gut,
Ihr Leib Engels Schöne hat.
All der Welt Heil gar an ihren Gnaden staht.
Ich will immer hohen Muth von Weiben han,
Wie ein Weib unweiblich habe an mir gethan,
Was ich davon Leid dulden soll,
Des mag mich ein gut Weib noch ergetzen wohl.
Finde ich die, die Dienst kann für Dienst nehmen,
Ich thu ihr den Dienst, der ihr muß geziemen
Und der mich gemachet werth,
Solches Weibes hab' ich zur Frauen begehrt.
Sie muß Tugende, Güte bei der Schöne han,
Der mein Leib mit Dienst wieder wird unterthan,
Dazu weiblich sein gemuth,
Ehrenreich, vor allem Wandel gar behuth.
Ich will gerne sein ein Frauen-freier Mann,
All die Weile ich eine Gute nicht finden kann,
Eh' daß ich den Dienest mein
Mehr verlöre, ich wollt' eh' ohne Fraue sein. |
Nach den Lieden sah ich ein Weib, von der man viele Tugende rühmte, die bat mich, daß ich um alle guten Weib mein Zürnen gegen die sein ließe, die ich sonst meine Frau nannte, denn es stünde mir übel an. Um die Gute mußte ich es nur lassen, ich schalt sie nicht mehr, diente ihr aber auch nicht mehr. So war ich in meinem Herzen ein frauenfreier Mann, doch schied ich von Weibes Lob nicht, ich sang ihnen die Lied.
27) Eine Tanz-Weise. |
|
Nu freut Euch, minnegehrende Mann,
Wisset, daß Euch rechte Freude machet werth,
Und daß Niemand werden kann ährenreich,
als der Freuden Ehre begehrt,
Mit Züchten froh das ist ein Leben
Dem Gott viel Ehre hat gegeben.
Wer werther Weibe Minne will
Und Gruß verdienen, der sei hochgemuth,
Wie selten ich ihre Minne stiehl,
Doch weiß ich wohl, daß guten Weiben sanfte thut,
Der durch sie Zucht bei Freuden hat,
Der Dienst ihnen zu Herzen gaht.
Wie soll ein ungemuther Mann
Erwerben hochgemuthes Weibes Habe Dank?
Will er ihr das ertrauern an,
Daß sie ihn minne, so ist ein dummer Wahn viel krank,
Ihres hochgemuthes Herzens Rath
Sein Trauern hält für Missethat.
Mit Sorgen Niemand kann erjagen
Werthes Weibes Minne und auch ihren Freundes-Gruß.
Trauern mag wohl missehagen
Guten Weiben, denn davon wird Ehren Buß,
Ich rats' euch Mannen hohen Muth,
Da Weiben Freude sanfte thut.
Ich will hohen Muthes sein,
Und will um gute Weib von Zorn gegen sie abstahn,
Die ich sonst hieß die Fraue mein,
Sie weiß wohl selber wie sie hat an mir gethan,
Das sei verschwiegen um gute Weib,
Denen immer dienen muß mein Leib.
Wo ich mich versäumet han
An rechten Freuden, das soll man mir vergeben,
Denn ich will nun erst heben an
Mit hohem Muthe und auch mit ritterlichem Leben,
Wer von mir hohen Muths begehrt,
Der wird des völliglich gewährt.
Von Weiben hoch steht mein Gemüthe,
Mich läßt nicht zürnen ihre Güte. |
28) Eine Tanz-Weise. |
|
In dem Lufte-süssen Maien,
Wann der Wald gekleidet staht,
So sieht man sich schöne zweien
Alles das, was Liebes hat,
Und ist mit einander froh,
Das ist recht, die Zeit will so.
Wo sich Lieb zu Liebe zweiet,
Liebe hohen Muth verleiht,
In der beider Herze maiet
Es mit Freuden alle Zeit,
Trauerns will die Liebe nicht,
Wo man Lieb bei Liebe sicht.
Wo zwei Lieb einander meinen
Herziglichen ahne Wank,
Und sich beide so vereinen,
Daß ihr Lieb ist ohne Krank,
Die hat Gott zusammen geben
Auf ein wunnigliches Leben.
Stete Liebe heißet Minne,
Liebe, Minne, ist all ein,
Die kann ich in meinem Sinne
Nimmer machen wohl zu zwein,
Liebe muß mir Minne sein
Immer in dem Herzen mein.
Wo ein stetes Herze findet
Stete Liebe, steten Muth,
Davon all sein Trauern schwindet,
Stete Lieb' ist also gut,
Daß sie stete Freude leiht
Stetem Herzen allezeit.
Möchte ich stete Liebe finden,
Der wollte ich so stete sein,
Daß ich damit überwinden
Wollte gar die Sorge mein,
Steter Lieb will ich begehr'n
Und Unstete gar entbehr'n. |
Ich war des Sehnens los und hatte ein freies Gemüthe, ich sang aber doch den Frauen einen minniglichen Reyen mit süßen Worten, gegen die Sommerszeit, wenn Berg und Thal gezieret ist und der Wald grünes Dach hat. So sprach der Reye.
29) Eine Reye. |
|
Sommer-klar
Ist nun gar
Haide, Feld, Anger, Wald,
Auf der Au
Weiß, Roth, Blau,
Gelb, Braun, Grüne, wohlgestalt
Wunniglich,
Freudiglich
Ist gar was die Erde bringt;
Selig Mann
Wer so kann
Dienen, daß ihn, was er ringt,
In Liebe bringt.
Wem Gott fügt,
Daß er liegt
Bei Liebe, der mag wohl sein
Sonder Leid,
Ihm ist bereit
Zu aller Zeit Maienschein,
Ihm ist wohl
Wonne, er soll
Spielen der Minne Freudenspiel,
Freuden-Leben
Kann wohl geben
Werthe Minne wem sie will,
Sie hat des viel.
Wem ein Weib
Seinen Leib
Minnigliche ummefaht,
Wann der nicht
Heil mir! spricht,
Das ist große Missethat,
Ihm will sich fügen,
Ohne Lügen,
Davon ihm wird Trauern krank,
Sonder Meil
Ist sein Heil
Wem von linden Armen blank
Wird Ummefang.
Selden-Hort
Ist ein Wort
Das in Küssen dann geschicht,
Wann ihr Spiel
Minne will
Spielen, und Liebe Liebe sicht,
Wenn Gesicht,
Augenlicht
Liebend sehen einander an,
Ja fürwahr
Da wird gar
Minniglichen wohlgethan,
Was jemand kann.
Minnen-Sold
Wird geholt
Völlichliche, wo ein Mann
Und ein Weib
Um ihren Leib
Lassen viere Arme gahn,
Decke-bloß
Freude groß
Wird da beidenhalben kund;
Ob da nicht
Mehr geschicht?
Der klein heiße rothe Mund
Wird Minnen-wund,
Darnach gesund. |
Als der Sommer ein Ende nahm, da kam ich wieder hin, wo das werthe Weib war, der ich in ihre Hand gelobt hatte, daß ich meine alte Frau nicht mehr schelten wollte. Ich saß in Züchten bei ihr und war von Herzen froh, ich redete mit ihr dieß und das, und die Tugendreiche antwortete mir mit minniglichen Worten, davon sang ich diese Lied.
30) Eine Tanz-Weise. |
|
Fraue schöne, Fraue reine,
Fraue selig, Fraue gut,
Ich wähne Euch die Minne kleine
Müht, drum seid ihr hochgemuth,
Wird Euch Minne-Zwingen kund,
Euer kleiner rother Mund
Lernet seufzen in der Stund. –
»Herre, sagt mir, was ist Minne,
Ist es Weib, oder ist es Mann?
Dessen ward ich noch nie inne,
Sagt mir, wie ist es gethan?
Das sollt ihr mir künden gar,
Wie es sei und wie es fahr,
Daß ich mich vor ihm bewahr« –
Fraue, Minne ist so gewaltig,
Daß Ihr dienen alle Land,
Ihre Gewalt ist mannigfaltig,
Ich thu Euch ihre Sitte bekannt,
Sie ist übel, sie ist gut,
Wohl und Weh sie beide thut,
Seht, also ist sie gemuth. –
»Herre, kann die Minne schwenden,
Trauern und auch sehnende Leid,
Hoch Gemüthe im Herzen senden,
Fügen Zucht und Würdigkeit?
Hat sie alles des Gewalt
Als ich Euch hab vorgezahlt,
So ist ihre Selde mannigfalt.« –
Fraue, ich will Euch von ihr mehre
Sagen, ihr Lohn ist wonniglich,
Sie gibt Freude, sie gibt Ehre,
Sie ist hoher Tugenden reich,
Augenwonne, Herzensspiel
Gibt sie, wenn sie lohnen will,
Dazu hoher Selden viel. –
»Herre, wie soll ich verschulden
Ihren Lohn und Habe Dank,
Soll ich Kummer davon dulden,
Dazu ist mein Leib zu krank,
Leides mag ich nicht ertragen;
Wie soll ich ihren Lohn erjagen?
Herre, das sollt ihr mir sagen.« –
Fraue, da sollt du mich meiner
Herziglichen, als ich dich,
Unser Zweien so vereinen,
Daß wir beide sind ein Ich,
Bis du mein so bin ich dein. –
»Herre, nein, das mag nicht sein,
Seid ihr Eurer, so bin ich mein.« – |
Sinnenreich waren die Lied, und sie dünkten manchem erfreulich. Da kam der Sommer, und man hörte spat und früh kleine Vöglein singen, da zwang die Weibesgüte noch mein Herz zu singen:
31) |
|
Wohl dir Sommer, deiner süßen
Wonniglichen schönen Zeit,
Du kannst wohl das Trauern büßen,
Deine Kunst hoch Gemüth verleiht,
Du bist süße,
Davon ich süße grüße.
Haide, Feld, Wald, Anger, Aue,
Sah ich nie bekleidet bas,
Von der Luste süßem Thaue
Sind die Blumen alle naß,
Vögelleine
Singen Lob des Maien Scheine.
So singe ich von guten Weiben
Als ich allerbeste kann,
Mit ihrem Lob will ich vertreiben
Was ich Ungemüthes han,
Weibes-Güte
Gibt mir freudenreich Gemüthe.
Weibes-Schöne, Weibes-Ehre,
Weibes-Güte, Weibes-Zucht,
Ist fürwahr eine Ehren-Lehre,
Minnegehrendes Herzens Sucht,
So ist ihre Hulde
Alles Gutes Uebergulde.
Wo ein werthes Weib anlachet
Eine minnegehrnden Mann
Und ihren Mund zu Küssen machet,
Des Muth muß geleiche stahn
Hoch der Sonne,
Seine Wonne ist ob aller Wonne. |
<< zurück weiter >>