Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Vierzehntes Capitel.

Abenteuer in der Neuenstadt;
Ulrich kommt nach Dreskirchen am dreiundzwanzigsten Tage seiner Reise.

Hier hatte ich die Nacht Gemach, und am andern Tage zog ich über den Semernik gegen Glokeniz, wo ich sechs Ritter fand. Der von Ringenberg verstach da ein Speer gegen mich, darnach stieß ich Herrn Ulrich von Torsewel nieder, als ich von ihm ritterlich angerannt wurde. Darnach verstach ich noch vier Speer, und mehr Ritter fand ich hier nicht. Da ward mir mein Helm abgenommen, ich gab sechs Fingerlein und fuhr in meine Herberge. Da ich entwappnet war, wurde meine Herberge zugesperrt, und mit einem Knechte stahl ich mich von dannen, wo ich mein liebes Gemahl fand, die mich freundlich empfing, sie freute sich, daß ich zu ihr gekommen war. Hier hatte ich mit Freuden gutes Gemach bis an den dritten Tag; als der dritte Tag kam, hörte ich eine Messe und bat Gott, daß er meine Ehre hüten möcht. Minniglich nahm ich Urlaub und ritt mit hehrem Muhe dahin, wo ich mein Gesinde fand. Sogleich ritt ich weiter nach Neuenkirchen.

Da empfingen mich die Ritter gar schöne, neune warteten meiner; zuerst kam gegen mich der biedre Ortolf von Grätz, mit einem schönen Tyost verwundete er mich durch mein Schild und Harnisch in die Brust, als ich die Wunde bluten sah, deckte ich das Blut und die Wunde mit meinem Röckelein. Die beiden Brüder, Herr Otto und Herr Heinrich von Püten ritten ritterlich gegen mich, sie vermißten mich nicht, und ich verstach auf sie zwei Speer. Da kamen sechs Ritter gegen mich und ihrer aller Tyost gerieth so, daß die Splittern hoch flogen. Als ich neun Speer verstochen hatte, fuhr ich in meine Herberge, um zu ruhen, dazu machte mir die Wunde Noth; neun goldne Fingerlein sandte ich den Rittern, die es verdient hatten, und ein guter Meister verband mir meine Wunde.

Da wurde die Märe kund, daß die Königin von einem Tyoste verwundet sei, so, daß sie nicht mehr stechen möchte; das that den Biedern allen leid. Da ich das hörte, sagte ich: ich will in die Kirche gehen und morgen hie bleiben, um den Leuten zu zeigen, daß mein Leib gesund ist, denn ich bin nur ein wenig verwundet, das will ich den Leuten verbergen und mich so ritterlich stellen, daß es Niemand gewahr wird.

Am andern Morgen kleidete ich mich wonniglich als ein Weib und ging so zur Kirchen. Wer mich so hochgemuth zur Kirchen gehen sah, sprach: die Königin ist ja wahrlich gesund. Um mich wurde so großes Gedränge, daß sie die Kirchthür niederdrangen, als ich wieder aus der Kirche ging. Ich hätte gern noch da gestochen, aber ich fand Niemand mehr, und so zog ich mit Freuden hin zu der Neuenstadt.

Ich ritt an den Charbach und sah gegen mich herführen ein Banner und wohl zehn Speer, das Banner war silberweiß und darin ein blauer Ember geschnitten, hinter diesem kam ein Ritter, der hieß Herr Berthold; ich wappnete mich alsbald, band den Helm zu Haupt und nahm ein Speer, da kam er gegen mich als ein ritterlicher Mann, schön und lang war der Buneiz, das Feuer sprang aus beiden Helmen, und beide Speere zerbrachen, er stach mir mit seinem Tyost den Helm am Kinne, daß mir das Kinn vom Blute naß wurde. Ich band meinen Helm fester und das war Noth, denn seine Riemen waren abgerissen. Da kam gegen mich der Herr Wulfing von Horschendorf, auf den ich drei Speer verstach, er verfehlte aber die Tyoste. Darnach bestunden mich fünf gute Ritter, denen der Tyost gerieth. Damit schied ich vom Felde und gab sechs Fingerlein hin, Herr Wulfing erhielt keins, weil er mein gefehlt hatte.

Ich zog in die Stadt und hieß meinem Kammerer mir ein Bad außerhalb der Stadt zu bereiten, so daß es Niemand gewahr würde; heimlich begab ich mich dahin und setzte mich in das Bad, wovon ich meine Müde vergaß. Die Bader badeten mich, von denen mich keiner kannte; da geschahe mir im Bade eine wunderliche Geschichte, da wurde mir liebes Leid und freudiges Ungemach von Weiben kund, davon mein Herz verwundet wurde. Mein Kammerer ging von mir nach der Herberge, um mir ein Gewand zu holen; da saß ich allein, gar ohne Gesinde, und ich glaube, was geschehen soll, das füget sich, wie es auch immer mag, denn indem ich so alleine saß, kam ein fremder Knecht zu mir, gut gekleidet, höfisch und klug; der Knappe trug einen guten Teppich, den nahm er und legte ihn vor das Bad, darauf legte er Frauenkleid, ein Risen und ein schönes Nöckelein, dazu ein wonniglich Haftel, ein Schapel und ein Fingerlein, der Stein im Fingerlein war ein Rubin, so roth wie ein süßer Frauenmund, darzu legte er einen Brief, der mit süßen Worten sagte, wer mir die Kleinod sandte. Da ich die Kleinod sah, sprach ich mit großem Zorn: sagt an, wem habt Ihr dies hergebracht? Denn Ihr sollt mir wahrlich glauben, daß ich es nicht annehme, tragt es wieder fort, das ist Euch gut.

Der Knappe schwieg und ging, kam aber gleich mit zween andern Knechten wieder, die trugen ihm Rosen nach, von schöner Röthe und frisch geblättert, davon streute er so viele auf mich, daß mich in dem Bade Niemand sah, wobei der Knappe kein Wort redete. Was ich auch zürnte und was ich auch bat, er streute immerdar die Rosen über mich, so viel, daß der Fußboden wonniglich von Rosen gefärbt war. Darnach neigte er mir mit Züchten und schwieg still, was ich auch reden mochte, er war mir ganz unbekannt, und so ging er von mir.

Im großen Zorn verließ er mich, da kam mein Kammerer und brachte mir mein Badegewand; da er die Kleinod sah, sprach er: viel edle Königin, was ist dies? Ihr seid mit Rosen bestreut, alles ist hier mit Rosen gefärbt. Ich sprach: Du hast missethan, daß du mich allein gelassen hast, dies alles hat ein Knappe hergetragen, den ich nicht kenne, Rosen, Kleinod und Gewand, er hat es gegen meinen Willen alles zu mir hergelegt; nun reiche mir mein Badegewand, denn ich will ungebadet fortgehen und alles hie lassen.

Da sprach mein Kammerer: nein, Fraue, das soll nicht sein, das wäre übel gethan, wenn Ihr die Kleinod hie lassen wolltet, die Bader würden es nehmen und dabei würde es bekannt, wer es Euch aus Liebe hergesendet hat, es ist vielleicht ein so befreundet Weib, daß es Euch an den Leib gehen möchte, drum lasset mich die Kleinod bewahren, und folget meinem Rath, denn er ist Euch gut, bis Ihr endlich erfahrt, wer die Gute sei, die es Euch aus Liebe hergesendet hat, so sendet es ihr dann zurücke, sie ist Euch hold, wie Ihr seht, darum soll man ihre Ehre auch behüten. – »So bewahre es denn so lange, bis mir die Frau bekannt wird, daß ich es ihr dann wieder senden kann, denn ich nehme es wahrlich nicht, um meine Treue nicht zu kränken, denn ich weiß doch, daß Niemand dem andern etwas gegen seinen Willen schenken kann, und meine Sinne wären krank, wenn ich von anders Jemand etwas nähme, als von der, der ich Zeit meines Lebens dienen will.

So trat ich aus dem Bade und fuhr heimlich in die Stadt in meine Herberge, ich lachte des Tages nicht viel, denn ich war zornig, mir war leid, daß man mir die Kleinod ohne meinen Willen gegeben hatte; ich dachte hin und her, wer mir die Kleinod gesandt haben könnte, da fiel mir ein: ich will mir den Brief lesen lassen, vielleicht steht es darin geschrieben. Ich ließ mir den Brief lesen, der also sprach:

Könnt' ich mit Worten süßen
Euch, Fraue, wohl begrüßen,
Das thät ich auf die Treue mein,
Venus, viel edle Königein,
Ich will um Eure Würdigkeit
Euch immer Dienstes sein bereit,
Das hat verdient wohl Euer Leib,
Daß Euch sollen alle werthen Weib
Grüßen und auch ehren,
Eure Ehre mehren,
Ihr habt den Muth an Ehre gewandt:
Ich hab' Euch meine Kleinod gesandt
Um unser beider Ehre,
Und bitte Euch, Fraue here,
Daß Ihr es nehmt von mir für gut
Durch Euren tugendreichen Muth,
Ich hab's Euch nur um Ehre gesandt
Und will Euch bleiben unbekannt,
Um nichts als um Eure Würdigkeit,
Das laßt Euch, Fraue, nicht werden leid,
Wann die Selde mir geschieht,
Daß Euch mein Auge balde sieht,
So thu' ich Euch selber das bekannt,
Warum ich Euch habe gesandt
Meine Kleinod, liebe Fraue mein.
Darnach müßt Ihr befohlen sein
Dem, der aller Welt pfliget
Und dem Teufel angesieget
Hat gewaltigliche,
Der nehm' Euch in seine Reiche
Und gebe Euch hie Ehren viel,
Mit Treuen ich das wünschen will,
Mit Herzen und mit Munde,
Aus getreuen Herzens Grunde
Wünsch' ich, daß ihr wohl hinfahrt
Auf Eurer ehrenreichen Fahrt.

Als mir der Brief gelesen war, war ich wieder zornig und traurig wie erst, daß die Frau sich in dem Briefe nicht genannt hatte. Die Nacht war mein Gemach, wegen meiner Sorgen, nicht gut, am andern Tage vernahm ich eine Messe und zog von dannen.

So fuhr ich gegen Oesterreich. Da ich an die Bistnic kam, sah ich lichte Schilde, geziemirte Helme und weiße Speere scheinen, Ritter kamen mir entgegen, die mich freundlich empfingen, es waren dreißig oder mehr, ihr einer hieß Herr Wolfker von Gors, ein vollkommener Ritter, der sprach zu mir: Frau Königin, ich will eine Bitte an Euch begehren, laßt mich Euer Gesinde sein, Ihr sollt mir Euer Kammer-Amt anbefehlen.

Als er noch sprach, ritt der tapfre Gotfrid von Dotzenbach zu mir, der sagte: hört meine Bitte, mich hat mein Herr hieher gesandt, der Euch willkommen heißt, es ist der Dumvogt von Regensburg, der ist Euch zu allen Diensten bereit und bittet Euch, daß ihr ihn, edle Königin, laßt Euern Marschalk sein, um Eure hohe Würdigkeit will er Euch dienen.

Ich hieß ihnen beiden sagen, daß ich ihrer zu Amtleuten froh wäre, wer aber mein Amt haben wollte, der müßte es mit Speeren empfangen; auch muß er die Tyost recht thun, denn meine Amt sind ritterlich und geben viel Mühe, mein Amtmann kann leicht die Ehre verlieren, auch kann er wohl hohen Preis erringen, darum darf kein Zager an meinen Hof kommen, denn da gibt es viel Speereskrachen.

Da sprach Herr Wolfker von Gors: »Frau, an Eurem Hof wird man ehrenreich, wenn mir Euer Kammeramt wird, will ich ihm, will's Gott, keine Schande machen und es auch mit Speeren von Euch empfangen.« – Ja, das soll zu Dreskirchen geschehen, denn Ihr seid ein so gefüger Mann, daß ich Euch gerne zu Gesinde haben will, auch könnt Ihr Frauen wohl dienen, darum soll man Euch ehren.

Darum dankte mir der biedre Mann und ritt hinweg nach Dreskirchen, wo er sein Harnisch und Wappenkleid fand, das legte er schnell an und ward als ein Engel geziemirt. Als er wegritt, sprach der höf'sche von Dotzenbach: hochgelobte Königin, was soll ich meinem Herren sagen, daß Ihr ihm kund thut, denn mein Herr kommt gern früh zu Euch. – »Sagt dem Dumvogt, wenn er um Weib will Preis erjagen, so soll er mein Gesinde sein, will er mein Marschalk sein, so muß er Speer mit mir brechen.

Der Höf'sche ritt von mir nach Wien, wo er meine Botschaft mit Züchten seinem Herrn sagte. Der war der Botschaft erfreut und bereitete in der Nacht sich und seine Gesellen mit glänzenden Ziemiren.

Indeß kam ich nach Dreskirchen geritten, wo der biedre Mann Wolfker von Gors meiner wartete, er kam gegen mich geritten, und wie die Sonne schien mir sein Ziemir in die Augen. Als ich ihn kommen sah, sprach ich: hier kommt mein Kammerer, der auf Ritterweise mein Amt empfangen will. Da band ich meinen Helm zu Haupte, wir stapften gegen einander, und als wir nahe genug gekommen, nahm ich mein Roß mit den Sporen, und so that er dem seinen, da ward mit Kunst der Tyost so nahe geritten, daß sich die Schilde beide kluben, und daß die Splittern hoch flogen, auf beiden Helmen brachen die Speer.

So hatte mein Kammerer von mir sein Amt empfangen. Darnach bestunden mich zehn Ritter, die sieben Speer zerbrachen, denn drei verfehlten mein, diese schämten sich sehr, ich verstach eilf Speere und gab den sieben und auch meinem Kammerer Fingerlein, dem waren alle Biedern hold, ihn liebten die Frauen und alle Welt.

Mein Kammerer hatte sich und seine Gesellen sehr wohl gekleidet, selb acht kam er zu Fuß in ritterlichen Kleidern zu mir, er empfing meinen Harnisch, den er säubern ließ; zu Fuße führte er mich am Zaum in meine Herberge, gütlich sprach der Höf'sche zu mir: Fraue, Euch thut gutes Gemach noth. Da gebot er, daß man meine Herberge zusperrte bis zum Morgen früh.


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