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Wie Ulrich in Weise einer Königin mit Ritterschaft durch die Lande fuhr.
Ich kam bald nach Venedig, wo ich Herberge nahm ferne von den Leuten, daß mich Niemand dort erkennen sollte. Hier lag ich den Winter und ließ mir Frauenkleider schneiden, zwölf Röckel wurden mir bereitet. Und dreißig Frauen-Aermel an leinen Hemden, dazu gewann ich zween Zöpfe, die ich mit Perlen wohl bewand, deren da wunder viele feil waren, man schnitt mir auch drei weiße Mäntel von Sammt, die Sättel waren silberweiß, an die der Meister großen Fleiß mit Arbeit legte, darüber Decken von weißem Tuch, lang und meisterlich, auch waren die Zäume köstlich. Für zwölf Knappen schnitt man von weißem Tuche gutes Gewand, man machte mir auch hundert silberweiße Speere, alles, was die meinen führten, war weiß wie Schnee, mein Helm war weiß und weiß mein Schild, aus fünf Stücken weißen Sammt ließ ich mir drei Decken schneiden zu Wappenkleiden auf meinem Rosse, mein Wappenrock mußte ein wohl gefaltenes Röckelein sein von kleinem weißen Tuche. Mein Roß brachte man mir heimlich durch die Land, alle meine Knechte mußten von fremden Landen sein, die sich auch sehr beflissen, meine Fahrt zu verhehlen.
Als ich und die Meinigen bereitet waren, da sandte ich durch einen Boten einen Brief in die Land, durch welche ich fahren wollte, ich ermahnte den Boten, mich gegen Niemand zu nennen. In diesem Briefe war meine ganze Fahrt meisterlich beschrieben und wo ich des Nachts in der Herberge sein wollte. Als der Bote abgereiset war, blieb ich noch dreißig Tage, der Brief aber lautete:
Die werthe Königin Venus, Göttin über die Minne, entbietet allen den Rittern, die zu Lamparten und zu Friaul und zu Kärnthen und zu Steyr und zu Oesterreich, zu Böheim gesessen sind, ihre Hulde und ihren Gruß und thut ihnen kund, daß sie um ihre Liebe zu ihnen fahren will, und will sie lehren, mit wie gethanen Dingen sie werther Frauen Minne verdienen, oder erwerben sollen. Sie thut ihnen kund, daß sie sich hebet des nächsten Tages nach St. Georgen Tage aus dem Meer zu Meisters, und will fahren bis hin zu Böheim, mit so gethanen Dingen: welch Ritter gegen sie kommt und ein Speer wider sie entzwei sticht, dem gibt sie zu Lohn ein gulden Fingerlein, das soll er senden dem Weibe, die ihm die liebste ist, das Fingerlein hat die Kraft, welcher man es sendet, die muß immer desto schöner sein und muß sonder Falsch minnen den, der es ihr gesandt, stichet meine Frau Venus einen Ritter nieder, der soll an vier Enden in die Welt neigen, einem Weibe zu Ehren; sticht aber sie ein Ritter nieder, der soll alle die Rosse haben, die sie mit sich führt. Sie fährt des ersten Tages zu Tervis, des andern Tages an den Plat, des dritten Tages zu Schetschin, des vierten Tages zu St. Ulrich, des fünften Tages zu Clemun, des sechsten Tages zur Clause, des siebenten Tages zu dem Thor, des achten Tages zu Villach. Da liegt sie den neunten Tag stille. Des zehnten Tages zu Feldkirchen, des elften Tages zu St. Veit, des zwölften Tages zu Frisach, des dreizehnten Tages zu Scheuflich, des vierzehnten Tages zu Judenburg, des fünfzehnten Tages zu Chnütelfelde, des sechszehnten Tages zu Lioben, des siebenzehnten Tages zu Kapfenberg, des achtzehnten Tages zu Murzuslage, des neunzehnten Tages zu Glockenz. An dem zwanzigsten bleibt sie da den ganzen Tag. An dem einundzwanzigsten Tage ist sie zu Neuenkirchen, an dem zweiundzwanzigsten Tage ist sie zu der Neuenstadt, an dem dreiundzwanzigsten Tage ist sie zu Dreskirchen, an dem vierundzwanzigsten Tag ist sie zu Wien. An dem fünfundzwanzigsten Tage bleibt sie da liegen. An dem sechsundzwanzigsten Tage ist sie zu Neuenburg, an dem siebenundzwanzigsten Tage ist sie zu Mistelbach, an dem achtundzwanzigsten Tage ist sie zu Felsberg, an dem neunundzwanzigsten Tag ist sie an der Tyne zu Böheim. Da hat ihre Fahrt ein Ende. Sie will auf der Fahrt ihr Antlitz noch ihre Hände Niemand sehen lassen, sie will auch wider Niemand ein Wort sprechen. Sie gebietet von dem Tage, wo ihre Fahrt ein Ende hat, am achten Tage ein Turney zu Neuenburg. Welcher Ritter ihre Fahrt vernimmt und gegen sie nicht kommt, den thut sie in der Minnen Achte und in aller guten Weibe Aechtung, sie hat ihre Herbergen darum alle anschrieben, daß ein jeglicher Ritter wisse, wenn oder wo er gegen sie kommen soll, daß es sich ihm zum Besten füge.
Wo dieser Brief in die Lande kam, waren die Ritten fröhlich, denn die deutschen Lande stunden so, daß Niemand ehrenreich war, der nicht ritterlich fuhr und durch Frauen hochgemuth wurde, das war damals Sitte, und wäre gut, es wäre noch. Die Ritter bereiteten sich, und so hatte ich mich auch bereitet. Ich erhub mich am nächsten Tage nach St. Georgen eines Morgens sehr früh; die Leute liefen viel herbei, und um mich ward ein großes Gedrang. Mein Marschall und mein Koch ritten selb fünfe vor, von denen ward mein Gemach bereitet, nachdem sah man ein Banner führen, weiß wie ein Schwan, neben welchem zween Mann ritten, die laut in die Posaunen stießen, ein großer Schall ward zu Meisters. Drei Saum-Pferde zog man mir nach, denen drei Garzune beiliefen, nach diesem drei bedeckte Rosse, deren jegliches ein Knappe pflog, auf jedem lag ein Sattel, der war stark und silberweiß, von einem guten Meister bereitet. Bei dem Rosse führte man meinen weißen Schild, der nicht besser gemacht sein konnte, auch meinen lichten Helm, der meisterlich gekrönet war. Dann schlug ein Holiblaser einen Sumber, nach diesem ritten vier gut gekleidete Knechte, deren jeder in seiner Hand drei große zusammengebundene Speere führte. Nach diesen ritten zwei Mägde, alles was diese antrugen war von weißer Farbe, nach ihnen ritten zwei gute Fidelar, die mich hochgemuth machten, denn sie fiedelten eine fröhliche Reisenote. Hierauf folgte ich selbst zu Pferde, in einem gut geschnittenen Kappemantel, der von weißem Sammt war, ich führte einen klaren Hut, mit weißen Perlen bestreut, zween braune, große und lange Zöpfe schwankten mir bis über meinen Gürtel, die waren auch mit Perlen bewunden, dann trug ich ein Röcklein, wie keine Fraue nie ein besseres gewann, ich führte ein blankes Hemde, so lang als das Röcklein, daran zween Frauen-Aermel, auch seidene Handschuh. So hub ich mich von dem Meer, und gar viele Leute folgten mir nach.
Da hieß ich fragen, ob jemand Ritter da wäre. Sie sprachen: liebe Fraue, ja, wohl tausend sind hie, die es ungerne lassen, daß sie mit Euch stechen, nur erlaube es ihnen der Podestat nicht, der von Tervis, denn dieser sagt, wer mit Euch ein Speer versticht, der müsse ihm fünftausend Pfund geben, er ist ein so zorniger Mann, daß er auf keine Freude achtet, man ihn auch nur selten lachen sieht.
So zog ich von Meisters fort nach Tervis. Dorthin war ein Graf mit fünfzig Rittern gekommen, es war von Görz der Graf Meinhard. Als der Biedre vernahm, daß man mich nicht stechen ließ, sprach er: wie ist das gekommen? Man sagte ihm, der Podestat habe es verboten; das ist eine Missethat, sprach der ehrenbegierige Mann, sollen wir denn keine Freude haben? das wollen wir besser versuchen. – Sogleich setzte er sich auf sein Pferd und ritt mit vielen Rittern hin zum Podestat und sprach: Herre, Ihr sollt uns mit Eurer Huld hie froh sein lassen, darum bitte ich Euch. Der sprach: ich verwehre Euch keine Freude, wo es ohne Schaden geschieht, das gönne ich Euch sehr wohl, nur will ich auf keine Weise, daß Jemand hier in Tervis in ein Wappenkleid komme, es sind zu viele Gäste hergekommen, darum will ich es nicht gestatten, daß Jemand hier Harnisch anlege, ich wäre wahrlich selbst ein dummer Mann, wollte ich die Dummheit hier gestatten, es könnte leicht Schaden geschehen, darum erlaube ich es nicht.
So schied er mit Zorne von dem Podestat und ritt in die Stadt, wo viele schöne Frauen waren, denen klagte er: Ihr schönen Frauen, laßt Euch um Euren reinen süßen Muth geklagt sein, daß mir der Podestat versagt hat, daß er uns hier nicht will stechen lassen, das geschah doch sonst wahrlich keinen Ritter zu Tervis, er fürchtet, es komme der Stadt zu Schaden, weil zu viele Leute hergekommen sind.
Die Frauen sprachen: dies soll abgewandt werden, wir wollen ihn bitten herzukommen, wir glauben nicht, daß er uns abschlägt, was wir ihn freundlich bitten. Mit höf'schen Sitten ritt schnell ein Ritter zu ihm hin, indeß kam auch ich mit Schalle durch die Stadt gezogen. Um mich war großes Gedränge, und so zog ich in meine Herberge. Der Podestat kam indeß zu den Frauen, da grüßte ihn manch rosenfarbner Mund, er neigte ihnen züchtiglich, die schönen Frauen sprachen: Ihr sollt uns gewähren, was wir allgemein von Euch bitten, Ihr sollt der Königin ihr Spiel hier lassen, damit wir Ritterschaft sehen. Er sprach: ungern versag ich Euch was, ich will dem Grafen um Eure Bitte hie zwei Speer erlauben. Da trat mit züchtiglicher Sitte Herr Leutfrit von Eppenstein herfür und bat um einen Speer, und er sprach: das will ich Euch nicht versagen, mehr aber geschieht wahrlich nicht.
Mit Freuden wappnete sich der Graf, er ward ritterlich geziemirt, sein Wappenkleid war köstlich, sein Helm war licht von Gold und hart wie ein Adamas, um den war von Federn ein Kranz, an den Federn hingen viele Silberblätter; der Schild war gehalbirt, das Obertheil war blau, wie ein lichter Sapphir, darauf war von Gold ein gekrönter Löw geschlagen, des Krone von edlen Steinen voll war. Das Hintertheil glänzte von Chelen-Roth, Weiß von Härmlin war zu acht Stücken meisterlich geschnitten, auch war darauf mit Porten Weiß, Roth, Gold, Blau, wohl ausgenommen. Sein Wappenrock und seine Decke waren von grünem Sammt, darauf waren Schilde gestreut, seine Speere waren grün wie Klee; er führte einen glänzenden Gürtel und Heftelein, sein Halsberg und seine Hosen glänzten von blankem Stahl, an den Beinen trug er zwei goldene Sporen. Es saß der Milde auf einem schnellen und guten Rosse, das in Sprüngen durch die Stadt fuhr, alle riefen: weicha! weich! So kam der Freche ritterlich.
Ich war auch bereitet in meine weißen Wappenkleid, mein Helm war auch gekrönt mit einer glänzenden Krone, meine langen Zöpfe schwankten auf den Sattel, ein Netz von Perlen war ihr Dach, wodurch sie schienen, ich führte ein weißes Röckel, in welches Frauen mit großem Fleiß die Falten gelegt hatten, mein Gürtel war dreier Finger breit und mit Gold beschlagen, ein köstlich Heftlein von Gold führt' ich vorn an meinem Busen. Ich ritt ein schnelles und starkes Roß, das war mit weißem Sammt verdeckt, die Decke war lang und weit und meisterlich geschnitten, mein Schild war silberfarb, meine Speere waren weiß, leuchtend mein Harnisch.
So kam ich durch die Stadt, in allen Gassen war großes Gedränge: in kleinen Sprüngen sprang mein Roß. Der Podestat von Tervis gebot mit Fleiß, daß man uns einen Ring räumte, das war aber nur verloren, denn es waren so viele Leute gekommen, daß man uns auf keine Weise einen Ring in der Stadt machen mochte, wir konnten kaum zu einander kommen, auf einer Brücke sah ich den Hochgemuthen, von der Brücke trieb der Podestat die Leute, daß ihrer nur wenige darauf stehen blieben, auf dieser mußten wir tyostiren, und mancher rosenfarbne Mund sprach uns Segen nach.
Da ich ihn so schön kommen sah, nahm ich mein Roß mit Sporen, so that er dem seinigen, und wir kamen zusammen, als wenn wir zu einander flogen, unsre Augen trügten uns nicht, unser beider Tyost gerieth recht da, wo sich Schild und Helm scheiden, die Speere krachten, und die Splittern flogen. Die Schild rührten einander.
Der Tugendreiche band den Helm ab, und so auch ich; sandte ihm ein goldnes Fingerlein, das er seiner Frauen geben sollte, die ihm die liebste vor allen Weiben sei, dabei sollte sie seinen treuen Muth erkennen.
Herr Leutfrit von Eppenstein kam ritterlich geziemirt gegen mir, der starke Mann war des Gutes reich und wohl bekannt an der Mure, er führte ein großes rothes Speer in seiner Hand. Ich dachte, daß ist ein starker Mann und wohl geübt in Ritterschaft. Da machte ich den Puneis lang, ihm sank sein Speer allzu niedrig, und er stach mein Roß durch den Hals, ich brach den Speer auf seiner Brust, mein Roß sprang vor Schmerzen hoch, und ich mußte absitzen.
Der Tag war auch vergangen, und die Ritterschaft mußte ein Ende haben, ich fuhr in meine Herberge; gern wären mir alle die Herren gefolgt, um mich zu sehen, das wurde aber vermieden; denn ich ließ mich auf der ganzen Fahrt von keinem Manne sehen. Am andern Morgen als der Tag erschien, und ich noch in meinem Bette lag, waren wohl zwei hundert Frauen vor meine Herberge gekommen, um zu erfahren, wann ich in die Kirche gehen würde. Einer meiner Knechte sah die Frauen, und sprach zu mir mit Züchten: viel liebe Fraue, ich meine Euch edle Königin, ich weiß nicht, ob Ihr wißt, alle Frauen aus der Stadt sind daher gekommen, Ihr lieget allzulange.
Da ich das hörte, legte ich schnell Kleider an meinen Leib, wie sie ein werthes Weib wohl mit Ehren tragen mag, ein blankes kleines Hemde, zu Maßen lang, daran zwei schöne Ärmel waren, darnach ein Röckel, das war klein und weiß wie ein Schwan, und einen weißen Mantel von Sammet, darin von Gold manch schönes Thier gewirkt war, meine Haube war auch gut, aus der meine Zöpfe hingen, die zum Theil mit Perlen bewunden waren, mit einem guten Risen verband ich mich, damit Niemand von mir sehen sollte als nur meine Augen. Ich setzte einen Pfauen-Hut auf, zween Handschuhe trug ich an meinen Händen, und so ging ich in hohem Muthe hin, wo mich mancher rothe Mund mit Gruß empfing, sie sprachen: Gott willkommen, Königin Venus! Da erhub der Graf von Görz einen Buhurt, er ritt vor uns Frauen mit Kunst nach ritterlichen Sitten daher, der Buhurt ging in Quere hierhin und dahin, fünf hundert Ritter waren wohl auf den Buhurt gekommen, da hörte man das Stoßen von Schilden und das Krachen von Speeren, die Rittern waren unmüßig um die reinen süßen Weib.
Ich bat sie, den Buhurt zu lassen, das wurde auch schnell gethan. Da ich zur Kirchen ging, nahm eine Gräfin meinen Mantel und hielt ihn über mein Gewand empor, so führte sie mich zur Kirche, ich nahm den Dienst in hohem Muthe an. Eh ich zur Kirche kam, hatte mein Kammerer einen schönen Teppich genommen und einen weichen Polster, das lag über einem Stuhl, worüber ich mich zu neigen pflag. Ich bat Gott, daß er durch seine Güte möge meiner Ehre pflegen.
Ein Pfaffe sang eine schöne Messe, groß Gedränge war um mich von Frauen, als ich zum Opfer gehen wollte, man hieß die Leute aufstehen, ich that dreist mein Opfer. Da ich vom Opfer kam und man das Pace hertrug, wurde genug gelacht, denn ich nahm das Pace von einem Buch, so mit verbundnem Antlitz, wie es sich doch nicht ziemte, so bot ich es der Gräfin, die Hochgeborne sprach: Ihr sollt die Risen wegnehmen, denn so geziemt mir das Pace nicht. Im Augenblick nahm ich die Risen vom Munde, worauf die Schöne lachte und sprach: Wie nun? Ihr seid ein Mann, das seh ich wohl; was thut es? der Kuß soll doch geschehen, ich will um alle guten Weib Euch küssen, weil Ihr Frauenkleider angelegt habt, so soll Euch mein Kuß nicht versagt sein.
Da sie das Pace von mir empfing, und der süße Kuß geschah, so wurde ich davon sehr hochgemuth. Die Messe war nun gesungen, und ich und manche schöne Fraue gingen von der Kirche, ein großes Gedränge war überall in den Gassen, ein großes Schallen von Posaunen hörte man vor uns, und alles war froh uns zu sehen.
Ich kam vor meine Herberge und nahm schön Urlaub von mancher minniglichen Frauen, mit süßem reinen Herzen baten sie, daß Gott mein pflegen möge; und davon habe ich seitdem viel Glück gewonnen, denn Gott kann guten Frauen nicht versagen.
Manch hochgemuther Ritter bat den Podestat, daß er mich mehr stechen ließe; das geschieht nicht, antwortete er, wer mit ihm tyostiren will, der ziehe mit ihm, bis an den Plat, das will ich erlauben. Ich speiste und befleißigte mich dann, schön durch die Stadt zu reiten. Mancher werthe Mann begleitete mich zu Pferde.