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53. Kapitel / Chapter 53

Rettung und Katastrophe / A Rescue and a Catastrophe

Freund Rawdon fuhr also zum Hause von Mr. Moss in der Cursitor Street und wurde in diese traurige Stätte der Gastfreundschaft gebührend eingeführt. Der Morgen zog über den freundlichen Giebeln der Chancery Lane herauf, als die ratternde Droschke die Echos dort weckte. Ein kleiner blinzelnder Judenjunge, mit einem Kopf so rot wie der erwachende Morgen, ließ die Gesellschaft ins Haus ein. Mr. Moss, Rawdons Reisegefährte und Wirt, hieß seinen Gast willkommen und fragte heiter, ob er nach der Fahrt wohl etwas Warmes trinken wolle.

 

Friend Rawdon drove on then to Mr. Moss’s mansion in Cursitor Street, and was duly inducted into that dismal place of hospitality. Morning was breaking over the cheerful house-tops of Chancery Lane as the rattling cab woke up the echoes there. A little pink-eyed Jew-boy, with a head as ruddy as the rising morn, let the party into the house, and Rawdon was welcomed to the ground-floor apartments by Mr. Moss, his travelling companion and host, who cheerfully asked him if he would like a glass of something warm after his drive.

Der Oberst war nicht so gedrückt, wie man von einem Sterblichen erwartet hätte, der einen Palast und eine placens uxor verließ, um sich in einem Schuldgefängnis wiederzufinden, denn er hatte, um bei der Wahrheit zu bleiben, schon früher ein paarmal in Mr. Moss' Anstalt gewohnt. Wir hielten es im früheren Verlauf dieser Erzählung nicht für nötig, diese unerheblichen häuslichen Vorfälle zu erwähnen. Der Leser kann jedoch versichert sein, daß das im Leben eines Mannes, der von nichts lebt, häufig vorkommt.

 

The Colonel was not so depressed as some mortals would be, who, quitting a palace and a placens uxor, find themselves barred into a spunging-house; for, if the truth must be told, he had been a lodger at Mr. Moss’s establishment once or twice before. We have not thought it necessary in the previous course of this narrative to mention these trivial little domestic incidents: but the reader may be assured that they can’t unfrequently occur in the life of a man who lives on nothing a year.

Von seinem ersten Besuch bei Mr. Moss war der Oberst, damals noch Junggeselle, durch die Großmut seiner Tante befreit worden. Bei dem zweiten Unfall hatte die kleine Becky in aller Freundlichkeit eine Geldsumme von Lord Southdown geborgt und dem Gläubiger ihres Mannes (der in Wirklichkeit ihr Lieferant für Schals, Samtkleider, Spitzentaschentücher, Juwelen und Flitter war) so lange geschmeichelt, bis er sich mit einem Teil der verlangten Summe und für den Rest mit einem Schuldschein von Rawdon zufriedengab. Beide Male waren also Gefangennahme und Befreiung auf allen Seiten sehr höflich vor sich gegangen, und Moss befand sich daher mit dem Oberst im besten Einvernehmen.

 

Upon his first visit to Mr. Moss, the Colonel, then a bachelor, had been liberated by the generosity of his aunt; on the second mishap, little Becky, with the greatest spirit and kindness, had borrowed a sum of money from Lord Southdown and had coaxed her husband’s creditor (who was her shawl, velvet-gown, lace pocket-handkerchief, trinket, and gim-crack purveyor, indeed) to take a portion of the sum claimed and Rawdon’s promissory note for the remainder: so on both these occasions the capture and release had been conducted with the utmost gallantry on all sides, and Moss and the Colonel were therefore on the very best of terms.

»Sie werden Ihr altes Bett wieder vorfinden und jede Bequemlichkeit haben, Oberst, das kann ich ehrlich behaupten. Sie können sich darauf verlassen, daß es gut gelüftet ist, und noch dazu von der besten Gesellschaft. Vorgestern nacht schlief darin der ehrenwerte Hauptmann Famish vom 50. Dragonerregiment. Seine Mama holte ihn erst nach vierzehn Tagen hier heraus, um ihn zu bestrafen, wie sie sagte. Aber, du lieber Gott, ich sage Ihnen, er strafte meinen Champagner und gab jeden Abend hier eine Gesellschaft – die nobelsten Stutzer aus den Klubs und von West End: Hauptmann Ragg, der ehrenwerte Deuceace, der im Temple wohnt, und einige andere junge Kerls, die ein gutes Glas Wein kennen, das kann ich Ihnen sagen. Oben habe ich einen Doktor der Theologie, und im Kaffeezimmer sind fünf große Herren. Mrs. Moss hat um halb sechs eine Tabbel de hotte, und dann gibt es Kartenspielen oder Musik. Wir werden uns glücklich schätzen, Sie zu sehen.«

 

“You’ll find your old bed, Colonel, and everything comfortable,” that gentleman said, “as I may honestly say. You may be pretty sure its kep aired, and by the best of company, too. It was slep in the night afore last by the Honorable Capting Famish, of the Fiftieth Dragoons, whose Mar took him out, after a fortnight, jest to punish him, she said. But, Law bless you, I promise you, he punished my champagne, and had a party ere every night — reglar tip-top swells, down from the clubs and the West End — Capting Ragg, the Honorable Deuceace, who lives in the Temple, and some fellers as knows a good glass of wine, I warrant you. I’ve got a Doctor of Diwinity upstairs, five gents in the coffee-room, and Mrs. Moss has a tably-dy-hoty at half-past five, and a little cards or music afterwards, when we shall be most happy to see you.”

»Ich läute, wenn ich etwas brauche«, sagte Rawdon und ging ruhig in sein Schlafzimmer. Er war, wie gesagt, ein alter Soldat und von kleinen Schicksalsschlägen nicht so schnell zu erschüttern. Ein Schwächerer hätte seiner Frau im Augenblick seiner Gefangennahme geschrieben. Was nützt es denn aber, ihre Nachtruhe zu stören, dachte Rawdon, sie wird es nicht einmal wissen, ob ich in meinem Zimmer bin oder nicht. Es bleibt noch Zeit genug, ihr zu schreiben, wenn sie ausgeschlafen hat und ich auch. Es sind nur hundertsiebzig, und es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht soviel aufbringen könnten. Damit legte sich der Oberst in das Bett, das zuletzt Hauptmann Famish benutzt hatte, und dachte an den kleinen Rawdon (der nicht erfahren sollte, an was für einem seltsamen Ort er sich befand). Dann schlief er ein. Es war zehn Uhr, als er aufwachte, und der rotköpfige Jüngling brachte ihm mit selbstbewußtem Stolz einen feinen, silbernen Toilettenkasten, damit er sich rasieren könnte. In der Tat war Mr. Moss' Haus zwar etwas schmutzig, aber doch durch und durch großartig. Auf den Seitentischen standen ewig Tabletts und Weinkühler herum, in den vergitterten Fenstern, die auf die Cursitor Street hinausgingen, hingen an mächtigen, vergoldeten, schmutzigen Gardinenstangen schmierige gelbe Atlasvorhänge. Breite, schmutzige Goldrahmen umgaben Jagd- und Heiligenbilder von den größten Meistern. Sie erzielten bei den Schuldgeschäften, bei denen sie fortwährend gekauft und verkauft wurden, höchste Preise. Dem Oberst wurde das Frühstück auf ebenso schmierigem wie prachtvollem Geschirr serviert. Miss Moss, ein schwarzäugiges Mädchen mit Lockenwickeln, erschien mit der Teekanne und fragte den Oberst lächelnd, wie er geschlafen habe. Sie brachte ihm die »Morning Post« mit den Namen aller Vornehmen, die an Lord Steynes Fest am vergangenen Abend teilgenommen hatten. Sie enthielt auch einen glänzenden Bericht über den Ball und das bewundernswerte Auftreten der schönen und talentierten Mrs. Rawdon Crawley.

 

“I’ll ring when I want anything,” said Rawdon and went quietly to his bedroom. He was an old soldier, we have said, and not to be disturbed by any little shocks of fate. A weaker man would have sent off a letter to his wife on the instant of his capture. “But what is the use of disturbing her night’s rest?” thought Rawdon. “She won’t know whether I am in my room or not. It will be time enough to write to her when she has had her sleep out, and I have had mine. It’s only a hundred-and-seventy, and the deuce is in it if we can’t raise that.” And so, thinking about little Rawdon (whom he would not have know that he was in such a queer place), the Colonel turned into the bed lately occupied by Captain Famish and fell asleep. It was ten o’clock when he woke up, and the ruddy-headed youth brought him, with conscious pride, a fine silver dressing-case, wherewith he might perform the operation of shaving. Indeed Mr. Moss’s house, though somewhat dirty, was splendid throughout. There were dirty trays, and wine-coolers en permanence on the sideboard, huge dirty gilt cornices, with dingy yellow satin hangings to the barred windows which looked into Cursitor Street — vast and dirty gilt picture frames surrounding pieces sporting and sacred, all of which works were by the greatest masters — and fetched the greatest prices, too, in the bill transactions, in the course of which they were sold and bought over and over again. The Colonel’s breakfast was served to him in the same dingy and gorgeous plated ware. Miss Moss, a dark-eyed maid in curl-papers, appeared with the teapot, and, smiling, asked the Colonel how he had slep? And she brought him in the Morning Post, with the names of all the great people who had figured at Lord Steyne’s entertainment the night before. It contained a brilliant account of the festivities and of the beautiful and accomplished Mrs. Rawdon Crawley’s admirable personifications.

Nach einem munteren Schwätzchen mit der Dame, die in bequemer Haltung auf der Kante des Frühstückstisches saß und ihren Strumpf und einen früher einmal weiß gewesenen, abgelaufenen Atlasschuh zeigte, verlangte Oberst Crawley Tinte, Feder und Papier und nahm auf die Frage, wie viele Bogen er brauche, einen, den ihm Miss Moss zwischen Zeigefinger und Daumen reichte. Manchen Bogen hatte das schwarzäugige junge Fräulein hereingebracht, manch armer Bursche hatte unter Klecksen eiligst seitenlange Bitten hingekritzelt und war in diesem furchtbaren Zimmer auf und ab gegangen, bis sein Bote die Antwort zurückbrachte. Arme Leute benutzten immer einen Boten statt der Post. Wer hat nicht schon solche Briefe mit noch feuchter Siegelmarke und der Mitteilung erhalten, daß jemand im Hausflur auf Antwort warte.

 

After a lively chat with this lady (who sat on the edge of the breakfast table in an easy attitude displaying the drapery of her stocking and an ex-white satin shoe, which was down at heel), Colonel Crawley called for pens and ink, and paper, and being asked how many sheets, chose one which was brought to him between Miss Moss’s own finger and thumb. Many a sheet had that dark-eyed damsel brought in; many a poor fellow had scrawled and blotted hurried lines of entreaty and paced up and down that awful room until his messenger brought back the reply. Poor men always use messengers instead of the post. Who has not had their letters, with the wafers wet, and the announcement that a person is waiting in the hall?

Wegen seines Anliegens hegte Rawdon eigentlich kaum Befürchtungen.

 

Now on the score of his application, Rawdon had not many misgivings.

»Liebe Becky!«
schrieb er. »Ich hoffe, das Du gut geschlafen hast. Kriek keinen Schreck, wenn ich Dir nicht Deinen Kaffee bringe. Als ich gestern nacht rauchend nachhause ging, hatte ich einen kleinen Unfall. Moss von der Cursitor Street hat mich geschnappt und schreibe Dir dies aus seinem vergoldeten Prachtzimmer – dasselbe, wo ich schon vor zwei Jahren gewesen bin. Miss Moss hat mir den Tee gebracht, und sie ist sehr fett geworden und ihre Strümpfe zogen wie immer Wasser.

 

Dear Becky, (Rawdon wrote)
I hope you slept well. Don’t be frightened if I don’t bring you in your COFFY. Last night as I was coming home smoaking, I met with an ACCADENT. I was NABBED by Moss of Cursitor Street — from whose gilt and splendid PARLER I write this — the same that had me this time two years. Miss Moss brought in my tea — she is grown very fat, and, as usual, had her STOCKENS down at heal.

Es ist die Sache mit Nathan – hundertfünfzig – mit Unkosten hundertsiebzig. Sei so gut, schick mir mein Schreibzeug und ein paar Kleider – ich bin noch in Tanzschuhen und weißer Krawatte (fast wie Miss Moss' Strümpfe). Siebzig habe ich bei mir. Sobald Du dies erhältst, fahre zu Nathan und biete ihm fünfundsiebzig in bar und bitte ihn, den Wechsel zu verlängern. Sag ihm, daß ich Wein nehmen werde – wir können sowieso etwas Sherry gebrauchen –, aber keine Geschmeide, die sind zu teuer.

 

It’s Nathan’s business — a hundred-and-fifty — with costs, hundred-and-seventy. Please send me my desk and some CLOTHS — I’m in pumps and a white tye (something like Miss M’s stockings) — I’ve seventy in it. And as soon as you get this, Drive to Nathan’s — offer him seventy-five down, and ask him to renew — say I’ll take wine — we may as well have some dinner sherry; but not PICTURS, they’re too dear.

Wenn er nicht darauf eingeht, so nimm meine Uhr und was Du von Deinen Sachen entbehren kannst und verpfände sie – heute abend müssen wir natürlich die Summe haben. Ich möchte nicht, daß es sich verzögert, weil Morgen ist Sonntag. Die Betten hier sind nicht sehr reinlich, und es könnten auch andere Sachen gegen mich vorliegen. Ich bin froh, daß es nicht der Sonnabend ist, wo Rawdon nach Hause kommt. Gott behüte Dich. In aller Eile Dein

R. C.

 

If he won’t stand it. Take my ticker and such of your things as you can spare, and send them to Balls — we must, of coarse, have the sum to-night. It won’t do to let it stand over, as to-morrow’s Sunday; the beds here are not very clean, and there may be other things out against me — I’m glad it an’t Rawdon’s Saturday for coming home. God bless you.

Yours in haste, R. C.

PS: Mach schnell und komm.«

   

P.S. Make haste and come.

Diesen Brief versiegelte Rawdon mit einer Siegelmarke und schickte ihn durch einen der Boten, die stets in der Nähe des Hauses Moss herumlungerten, ab. Nachdem er ihn hatte weggehen sehen, begab er sich in den Hof hinaus und rauchte dort trotz der Eisenstangen über seinem Kopf seine Zigarre mit leidlicher Ruhe. Mr. Moss hat nämlich seinen Hof wie einen Käfig vergittern lassen, damit die Herren, die bei ihm wohnen, nicht etwa den Einfall bekommen, seiner Gastfreundschaft zu entfliehen.

 

This letter, sealed with a wafer, was dispatched by one of the messengers who are always hanging about Mr. Moss’s establishment, and Rawdon, having seen him depart, went out in the court-yard and smoked his cigar with a tolerably easy mind — in spite of the bars overhead — for Mr. Moss’s court-yard is railed in like a cage, lest the gentlemen who are boarding with him should take a fancy to escape from his hospitality.

Er rechnete sich aus, daß Becky spätestens in drei Stunden kommen und ihm die Gefängnistür öffnen würde, und er verbrachte diese Zeit ziemlich munter mit Rauchen, Zeitunglesen und Plaudern im Kaffeezimmer. Mit einem Bekannten, Hauptmann Walker, der zufällig auch da war, spielte er dann einige Stunden mit ungefähr gleichem Glück auf beiden Seiten um Sixpencestücke.

 

Three hours, he calculated, would be the utmost time required, before Becky should arrive and open his prison doors, and he passed these pretty cheerfully in smoking, in reading the paper, and in the coffee-room with an acquaintance, Captain Walker, who happened to be there, and with whom he cut for sixpences for some hours, with pretty equal luck on either side.

Aber der Tag verging, und kein Bote kam zurück, keine Becky. Mr. Moss rief zur festgesetzten Zeit, um halb sechs Uhr, zur »Tabbel de hotte«, bei der sich die Bewohner des Hauses, die sich das Bankett leisten konnten, in dem vorhin erwähnten prächtigen Vorderzimmer trafen, das neben Mr. Crawleys zeitweiliger Unterkunft lag. Miss Moss erschien ohne die Lockenwickel des Morgens, und Mrs. Moss bewirtete ihre Gäste mit einer erstklassigen gekochten Hammelkeule und Rüben. Der Oberst aß jedoch mit sehr wenig Appetit. Der Bitte, eine Flasche Champagner für die Gesellschaft zu spendieren, kam er nach. Die Damen tranken auf sein Wohl, und Mr. Moss prostete ihm zu, so höflich er konnte.

 

But the day passed away and no messenger returned — no Becky. Mr. Moss’s tably-dy-hoty was served at the appointed hour of half-past five, when such of the gentlemen lodging in the house as could afford to pay for the banquet came and partook of it in the splendid front parlour before described, and with which Mr. Crawley’s temporary lodging communicated, when Miss M. (Miss Hem, as her papa called her) appeared without the curl-papers of the morning, and Mrs. Hem did the honours of a prime boiled leg of mutton and turnips, of which the Colonel ate with a very faint appetite. Asked whether he would “stand” a bottle of champagne for the company, he consented, and the ladies drank to his ’ealth, and Mr. Moss, in the most polite manner, “looked towards him.”

Mitten in diesem Mahl ertönte jedoch die Türglocke. Der junge Moss mit den roten Haaren erhob sich mit den Schlüsseln und öffnete. Als er zurückkam, berichtete er dem Oberst, daß der Bote mit einem Beutel, einem Schreibpult und einem Brief zurückgekommen sei, und übergab alles. »Keine Umstände, Oberst, ich bitte«, sagte Mrs. Moss mit einer Handbewegung, und er öffnete zitternd den Brief. Es war ein schöner Brief, stark parfümiert, auf rosa Papier, mit hellgrünem Siegel.

 

In the midst of this repast, however, the doorbell was heard — young Moss of the ruddy hair rose up with the keys and answered the summons, and coming back, told the Colonel that the messenger had returned with a bag, a desk and a letter, which he gave him. “No ceramony, Colonel, I beg,” said Mrs. Moss with a wave of her hand, and he opened the letter rather tremulously. It was a beautiful letter, highly scented, on a pink paper, and with a light green seal.

»Mon pauvre eher petit«, schrieb Mrs. Crawley. »Ich habe vor Sorge um mein häßliches altes Ungeheuer die ganze Nacht kein Auge zugetan und kam erst am Morgen zur Ruhe, als mir Doktor Blench (zu dem ich geschickt hatte, denn ich war fiebrig) einen Beruhigungstrank gegeben hatte. Er befahl Fifine, daß sie unter keinen Umständen zulassen dürfe, daß ich gestört würde. So kam es, daß der Bote meines armen alten Mannes, der eine bien mauvaise mine hatte, wie Fifine sagte, und sentait le geniévre, in der Halle mehrere Stunden auf mein Klingeln warten mußte. Du kannst Dir meinen Zustand vorstellen, als ich Deinen armen lieben alten Brief las, der von Fehlern nur so wimmelte.

 

Mon pauvre cher petit, (Mrs. Crawley wrote) I could not sleep one wink for thinking of what had become of my odious old monstre, and only got to rest in the morning after sending for Mr. Blench (for I was in a fever), who gave me a composing draught and left orders with Finette that I should be disturbed on no account. So that my poor old man’s messenger, who had bien mauvaise mine Finette says, and sentoit le Genievre, remained in the hall for some hours waiting my bell. You may fancy my state when I read your poor dear old ill-spelt letter.

Obwohl ich so krank war, ließ ich doch augenblicklich den Wagen kommen, und sobald ich angekleidet war (von der Schokolade konnte ich keinen Tropfen trinken, das versichere ich Dir, ich konnte einfach nicht, weil mein Ungeheuer sie mir nicht gebracht hatte), fuhr ich ventre à terre zu Nathan. Ich traf ihn auch an und weinte und schrie – ich warf mich dem Abscheulichen sogar zu Füßen. Aber nichts konnte den entsetzlichen Menschen erweichen. Er wolle die ganze Summe, sagte er, oder mein armes Ungeheuer im Gefängnis festhalten. Ich fuhr mit der Absicht nach Hause, dem Onkel einen traurigen Besuch abzustatten. Jedes Schmuckstück, das ich besitze, sollte Dir zur Verfügung stehen, wenn auch alle zusammen kaum hundert Pfund einbringen würden, denn Du weißt ja, daß schon einige bei dem lieben Onkel sind. Dort traf ich Mylord mit dem alten bulgarischen Schafsgesicht an. Sie waren gekommen, um mir wegen der gestrigen Aufführung Komplimente zu machen. Auch Paddington kam und dehnte die Worte und lispelte und drehte sein Haar, ebenso wie Champignac und sein Chef – alle mit einer Unmenge von Komplimenten und hübschen Redensarten. Sie quälten mich Arme, die darauf brannte, sie loszuwerden, und jeden Augenblick an ihren armen Gefangenen dachte.

 

Ill as I was, I instantly called for the carriage, and as soon as I was dressed (though I couldn’t drink a drop of chocolate — I assure you I couldn’t without my monstre to bring it to me), I drove ventre a terre to Nathan’s. I saw him — I wept — I cried — I fell at his odious knees. Nothing would mollify the horrid man. He would have all the money, he said, or keep my poor monstre in prison. I drove home with the intention of paying that triste visite chez mon oncle (when every trinket I have should be at your disposal though they would not fetch a hundred pounds, for some, you know, are with ce cher oncle already), and found Milor there with the Bulgarian old sheep-faced monster, who had come to compliment me upon last night’s performances. Paddington came in, too, drawling and lisping and twiddling his hair; so did Champignac, and his chef — everybody with foison of compliments and pretty speeches — plaguing poor me, who longed to be rid of them, and was thinking every moment of the time of mon pauvre prisonnier.

Als sie fort waren, fiel ich vor Mylord auf die Knie, erzählte ihm, daß wir alles versetzen müßten, und bat und flehte, mir zweihundert Pfund zu geben. Er polterte und tobte, sagte, ich solle nicht so dumm sein, etwas zu versetzen, und versprach, er wolle sehen, ob er mir das Geld borgen könne. Endlich ging er fort und versprach, es mir morgen früh zu schicken. Dann werde ich es sofort meinem armen Ungeheuer bringen mit einem Kuß von seiner ihn liebenden

Rebekka.

 

When they were gone, I went down on my knees to Milor; told him we were going to pawn everything, and begged and prayed him to give me two hundred pounds. He pish’d and psha’d in a fury — told me not to be such a fool as to pawn — and said he would see whether he could lend me the money. At last he went away, promising that he would send it me in the morning: when I will bring it to my poor old monster with a kiss fro his affectionate

Becky

PS: Ich schreibe im Bett – oh, ich habe schlimme Kopfschmerzen und solch ein Herzweh.«

 

I am writing in bed. Oh I have such a headache and such a heartache!

Als Rawdon diesen Brief las, wurde er so rot und sah so wild aus, daß die Gesellschaft an der Table d'hôte schnell begriff, daß er schlimme Nachrichten erhalten habe. Aller Argwohn, den er zu verscheuchen versucht hatte, kehrte mit doppelter Gewalt wieder. Sie schaffte es nicht einmal, wegzugehen und ihre Schmucksachen zu verkaufen, um ihn zu befreien; sie konnte lachen und von Komplimenten sprechen, die man ihr machte, während er im Gefängnis saß. Wer hatte ihn dahin gebracht? Wenham war mit ihm gegangen, sollte da vielleicht... ? Er wagte kaum, an das zu denken, was er argwöhnte. Eiligst verließ er das Zimmer und lief in sein eigenes. Er öffnete sein Schreibpult und warf zwei Zeilen aufs Papier, die er an Sir Pitt oder Lady Crawley richtete. Er bat den Boten, sie sogleich zur Gaunt Street zu bringen. Er ließ ihn eine Droschke nehmen und versprach ihm eine Guinee, wenn er in einer Stunde wieder zurück sein würde.

 

When Rawdon read over this letter, he turned so red and looked so savage that the company at the table d’hote easily perceived that bad news had reached him. All his suspicions, which he had been trying to banish, returned upon him. She could not even go out and sell her trinkets to free him. She could laugh and talk about compliments paid to her, whilst he was in prison. Who had put him there? Wenham had walked with him. Was there.... He could hardly bear to think of what he suspected. Leaving the room hurriedly, he ran into his own — opened his desk, wrote two hurried lines, which he directed to Sir Pitt or Lady Crawley, and bade the messenger carry them at once to Gaunt Street, bidding him to take a cab, and promising him a guinea if he was back in an hour.

In dem Billett ersuchte er seinen lieben Bruder und seine Schwägerin um Gottes, seines lieben Kindes und seiner Ehre willen, zu ihm zu kommen und ihm in seinen Schwierigkeiten zu helfen. Er sei im Gefängnis. Er brauche hundert Pfund, um frei zu werden. Er flehte sie an, zu ihm zu kommen.

 

In the note he besought his dear brother and sister, for the sake of God, for the sake of his dear child and his honour, to come to him and relieve him from his difficulty. He was in prison, he wanted a hundred pounds to set him free — he entreated them to come to him.

Nachdem er den Boten weggeschickt hatte, begab er sich wieder ins Speisezimmer und rief nach mehr Wein. Den anderen fiel auf, daß er mit seltsamer Lebhaftigkeit redete und lachte. Zuweilen lachte er wie wahnsinnig über seine eigenen Befürchtungen und trank dann weiter, aber während der ganzen Stunde lauschte er auf den Wagen, der sein Schicksal besiegeln sollte.

 

He went back to the dining-room after dispatching his messenger and called for more wine. He laughed and talked with a strange boisterousness, as the people thought. Sometimes he laughed madly at his own fears and went on drinking for an hour, listening all the while for the carriage which was to bring his fate back.

Als die Zeit verflossen war, hörte man Wagenräder zum Tor heranrollen, und der junge Pförtner eilte mit den Schlüsseln hinaus. Er ließ eine Dame durch die Tür des Gerichtsdieners eintreten.

 

At the expiration of that time, wheels were heard whirling up to the gate — the young janitor went out with his gate-keys. It was a lady whom he let in at the bailiff’s door.

»Oberst Crawley«, sagte sie, heftig zitternd. Er schloß mit schlauem Blick die äußere Tür hinter ihr, öffnete dann die innere und rief: »Oberst, Sie werden gewünscht!« Dann führte er sie in das Hinterzimmer, das Rawdon bewohnte.

 

“Colonel Crawley,” she said, trembling very much. He, with a knowing look, locked the outer door upon her — then unlocked and opened the inner one, and calling out, “Colonel, you’re wanted,” led her into the back parlour, which he occupied.

Der Oberst trat aus dem Speisezimmer, wo sie alle zechten, in sein Hinterzimmer. Ein breiter Streifen grellen Lichtes folgte ihm in den Raum, wo die Dame, sichtlich nervös, noch stand.

 

Rawdon came in from the dining-parlour where all those people were carousing, into his back room; a flare of coarse light following him into the apartment where the lady stood, still very nervous.

»Ich bin es, Rawdon«, sagte sie furchtsam, wobei sie versuchte, ihrer Stimme einen munteren Klang zu verleihen. »Ich – Jane.« Rawdon war von diesen gütigen Lauten und der Erscheinung ganz überwältigt. Er lief ihr entgegen, schloß sie in die Arme, stammelte einige unzusammenhängende Dankesworte und schluchzte heftig an ihrer Schulter. Sie verstand die Ursache seiner Erregung nicht.

 

“It is I, Rawdon,” she said in a timid voice, which she strove to render cheerful. “It is Jane.” Rawdon was quite overcome by that kind voice and presence. He ran up to her — caught her in his arms — gasped out some inarticulate words of thanks and fairly sobbed on her shoulder. She did not know the cause of his emotion.

Mr. Moss' Rechnung war bald berichtigt, vielleicht sogar zum Ärger dieses Herrn, der darauf gerechnet hatte, den Oberst wenigstens über Sonntag als Gast zu behalten. Mit strahlendem Lächeln und Glück in den Augen führte Jane Rawdon aus dem Haus des Gerichtsvollziehers fort und fuhr mit ihm in der Droschke heim, in der sie zu seiner Erlösung herbeigeeilt war. Pitt sei bei einem Parlamentsessen gewesen, erzählte sie, als sein Billett gekommen sei, »und deshalb, lieber Rawdon, bin ich – ich selbst gekommen«. Mit diesen Worten legte sie ihre gütige Hand in seine. Vielleicht war es für Rawdon Crawley nur gut gewesen, daß Pitt zum Essen ausgegangen war. Er bedankte sich bei seiner Schwägerin hundertmal und so glühend, daß die weichherzige Frau gerührt und fast beunruhigt war. »Oh!« sagte er in seiner rauhen, schlichten Art, »Du – du weißt nicht, wie sehr ich mich verändert habe, seit ich dich, und – und den kleinen Rawdon habe. Ich – ich möchte gern anders werden. Weißt du, ich möchte – ich möchte –ein...« Er beendete den Satz nicht, aber sie wußte, was er meinte, und als er sie an diesem Abend verlassen hatte und sie am Bett ihres eigenen kleinen Knaben saß, betete sie demütig für den armen müden Sünder.

 

The bills of Mr. Moss were quickly settled, perhaps to the disappointment of that gentleman, who had counted on having the Colonel as his guest over Sunday at least; and Jane, with beaming smiles and happiness in her eyes, carried away Rawdon from the bailiff’s house, and they went homewards in the cab in which she had hastened to his release. “Pitt was gone to a parliamentary dinner,” she said, “when Rawdon’s note came, and so, dear Rawdon, I — I came myself”; and she put her kind hand in his. Perhaps it was well for Rawdon Crawley that Pitt was away at that dinner. Rawdon thanked his sister a hundred times, and with an ardour of gratitude which touched and almost alarmed that soft-hearted woman. “Oh,” said he, in his rude, artless way, “you — you don’t know how I’m changed since I’ve known you, and — and little Rawdy. I — I’d like to change somehow. You see I want — I want — to be — ” He did not finish the sentence, but she could interpret it. And that night after he left her, and as she sat by her own little boy’s bed, she prayed humbly for that poor way-worn sinner.

Rawdon verließ sie und ging eiligst nach Hause. Es war neun Uhr abends. Er rannte durch die Straßen und überquerte die großen Plätze des Jahrmarkts der Eitelkeit, und endlich stand er atemlos vor seinem Haus. Nach dem ersten Blick fuhr er zurück und sank zitternd gegen das eiserne Gitter. Die Salonfenster waren strahlendhell erleuchtet, und dabei hatte sie gesagt, sie läge krank im Bett. Eine Zeitlang stand er da, und das Licht aus den Zimmern schien auf sein bleiches Gesicht

 

Rawdon left her and walked home rapidly. It was nine o’clock at night. He ran across the streets and the great squares of Vanity Fair, and at length came up breathless opposite his own house. He started back and fell against the railings, trembling as he looked up. The drawing-room windows were blazing with light. She had said that she was in bed and ill. He stood there for some time, the light from the rooms on his pale face.

Er zog seinen Hausschlüssel hervor und öffnete die Tür. Aus den oberen Zimmern konnte er Gelächter hören. Er trug noch den Ballanzug, in dem er in der letzten Nacht gefangengenommen worden war. Schweigend stieg er die Treppe hinauf und lehnte sich oben gegen das Geländer. Im ganzen Haus rührte sich sonst nichts – alle Diener hatten Ausgang. Rawdon hörte drinnen Lachen – Lachen und Gesang. Becky sang eine Stelle aus dem Lied vom Abend vorher, eine heisere Stimme rief: »Bravo! Bravo!« Es war die von Lord Steyne.

 

He took out his door-key and let himself into the house. He could hear laughter in the upper rooms. He was in the ball-dress in which he had been captured the night before. He went silently up the stairs, leaning against the banisters at the stair-head. Nobody was stirring in the house besides — all the servants had been sent away. Rawdon heard laughter within — laughter and singing. Becky was singing a snatch of the song of the night before; a hoarse voice shouted “Brava! Brava!" — it was Lord Steyne’s.

Da öffnete Rawdon die Tür und trat ein. Auf einem kleinen Tisch war für ein Diner gedeckt, Wein und Silber standen bereit. Steyne lehnte über dem Sofa, auf dem Becky saß. Die nichtswürdige Frau war in glänzender Garderobe; ihre Arme und Finger schimmerten von Reifen und Ringen, und auf ihrer Brust funkelten Brillanten – das Geschenk Steynes. Er hielt ihre Hand in seiner und beugte sich zum Kuß darüber, als Rebekka Rawdons weißes Gesicht bemerkte und mit einem schwachen Schrei hochfuhr. Im nächsten Augenblick versuchte sie ein Lächeln, ein schreckliches Lächeln, als ob sie ihren Mann willkommen heißen wollte. Steyne erhob sich zähneknirschend, bleich und wütend.

 

Rawdon opened the door and went in. A little table with a dinner was laid out — and wine and plate. Steyne was hanging over the sofa on which Becky sat. The wretched woman was in a brilliant full toilette, her arms and all her fingers sparkling with bracelets and rings, and the brilliants on her breast which Steyne had given her. He had her hand in his, and was bowing over it to kiss it, when Becky started up with a faint scream as she caught sight of Rawdon’s white face. At the next instant she tried a smile, a horrid smile, as if to welcome her husband; and Steyne rose up, grinding his teeth, pale, and with fury in his looks.

Auch er versuchte zu lachen und trat ihm mit ausgestreckter Hand entgegen. »Nun, zurückgekommen? Wie geht es Ihnen, Crawley?« fragte er, und seine Lippen zuckten, als er dem Eindringling zuzulächeln suchte.

 

He, too, attempted a laugh — and came forward holding out his hand. “What, come back! How d’ye do, Crawley?” he said, the nerves of his mouth twitching as he tried to grin at the intruder.

In Rawdons Gesicht lag etwas, was Becky veranlaßte, sich vor ihm niederzuwerfen. »Ich bin unschuldig, Rawdon«, sagte sie, »bei Gott, ich bin unschuldig.« Sie klammerte sich an seinen Rock, an seine Hände; ihre eigenen waren mit Schlangen, Ringen und anderem Schmuck völlig bedeckt. »Ich bin unschuldig! Sagen Sie ihm, daß ich unschuldig bin«, sagte sie zu Lord Steyne.

 

There was that in Rawdon’s face which caused Becky to fling herself before him. “I am innocent, Rawdon,” she said; “before God, I am innocent.” She clung hold of his coat, of his hands; her own were all covered with serpents, and rings, and baubles. “I am innocent. Say I am innocent,” she said to Lord Steyne.

Der Marquis glaubte, man habe ihm eine Falle gestellt, und war ebenso wütend auf die Frau wie auf den Mann. »Sie unschuldig! Verdammt noch mal!« schrie er; »Sie unschuldig! Jedes Schmuckstück, das Sie am Leibe tragen, habe ich bezahlt. Ich habe Ihnen Tausende von Pfund gegeben, und dieser Kerl hat sie ausgegeben und Sie dafür verkauft. Unschuldig! Zum Teufel! Sie sind ebenso unschuldig wie Ihre Mutter, das Ballettmädchen, und Ihr Mann, der Zuhälter. Glaubt nicht, daß ihr mich einschüchtern könnt, wie es euch bei anderen geglückt ist. Machen Sie Platz, mein Herr, und lassen Sie mich vorbei.« Lord Steyne ergriff seinen Hut und trat mit flammenden Augen, den wilden Blick auf seinen Feind gerichtet, auf den anderen zu. Er zweifelte keinen Augenblick daran, daß dieser ausweichen würde.

 

He thought a trap had been laid for him, and was as furious with the wife as with the husband. “You innocent! Damn you,” he screamed out. “You innocent! Why every trinket you have on your body is paid for by me. I have given you thousands of pounds, which this fellow has spent and for which he has sold you. Innocent, by — ! You’re as innocent as your mother, the ballet-girl, and your husband the bully. Don’t think to frighten me as you have done others. Make way, sir, and let me pass”; and Lord Steyne seized up his hat, and, with flame in his eyes, and looking his enemy fiercely in the face, marched upon him, never for a moment doubting that the other would give way.

Aber Rawdon Crawley sprang auf ihn los und packte ihn am Halstuch, bis sich Steyne fast erstickt unter seinem Arm krümmte und wand. »Du lügst, du Hund!« rief Rawdon. »Du lügst, du Feigling, du Schurke.« Und er schlug dem Peer zweimal mit der offenen Hand ins Gesicht und warf ihn blutend zu Boden. Das alles war geschehen, noch ehe Rebekka sich ins Mittel legen konnte. Zitternd stand sie vor Rawdon und bewunderte ihren starken mutigen und siegreichen Gatten.

 

But Rawdon Crawley springing out, seized him by the neckcloth, until Steyne, almost strangled, writhed and bent under his arm. “You lie, you dog!” said Rawdon. “You lie, you coward and villain!” And he struck the Peer twice over the face with his open hand and flung him bleeding to the ground. It was all done before Rebecca could interpose. She stood there trembling before him. She admired her husband, strong, brave, and victorious.

»Komm her«, sagte er. Sofort trat sie zu ihm.

 

“Come here,” he said. She came up at once.

»Leg das Zeug da ab.« Sie begann zitternd die Juwelen von den Armen zu streifen und die Ringe abzusetzen und hielt ihm den ganzen Haufen bebend hin. »Wirf sie weg!« sagte er, und sie ließ alles fallen. Er riß ihr den Diamantschmuck von der Brust und warf ihn Lord Steyne ins Gesicht. Er zerschnitt ihm die kahle Stirn. Steyne behielt die Narbe, bis er starb.

 

“Take off those things.” She began, trembling, pulling the jewels from her arms, and the rings from her shaking fingers, and held them all in a heap, quivering and looking up at him. “Throw them down,” he said, and she dropped them. He tore the diamond ornament out of her breast and flung it at Lord Steyne. It cut him on his bald forehead. Steyne wore the scar to his dying day.

»Komm mit hinauf!« sagte Rawdon zu seiner Frau. »Töte mich nicht, Rawdon«, sagte sie. Er lachte wild.

 

“Come upstairs,” Rawdon said to his wife. “Don’t kill me, Rawdon,” she said. He laughed savagely. “

»Ich will nur sehen, ob der Mann in bezug auf das Geld ebenso gelogen hat wie über mich. Hat er dir welches gegeben?«

 

I want to see if that man lies about the money as he has about me. Has he given you any?”

»Nein«, sagte Rebekka, »das heißt...«

 

“No,” said Rebecca, “that is — ”

»Gib mir deine Schlüssel«, antwortete Rawdon, und sie gingen zusammen hinaus.

 

“Give me your keys,” Rawdon answered, and they went out together.

Rebekka gab ihm alle Schlüssel außer einem, und sie hoffte, daß er nicht bemerken würde, daß dieser fehlte. Er gehörte zu dem kleinen Schreibpult, das ihr Amelia früher einmal geschenkt hatte und das sie an einem geheimen Platz versteckt hielt. Rawdon riß alle Kästen und Schränke auf und verstreute den Tand, der sich darin befand, im ganzen Zimmer. Schließlich fand er das kleine Pult. Er zwang die Frau, es zu öffnen. Es enthielt Papiere, viele Jahre alte Liebesbriefe, allerlei Kleinigkeiten und weiblichen Flitterkram. Außerdem enthielt es eine Brieftasche mit Banknoten. Einige waren von vor zehn Jahren datiert, eine aber war ganz neu – eine Tausendpfundnote, die Lord Steyne ihr gegeben hatte.

 

Rebecca gave him all the keys but one, and she was in hopes that he would not have remarked the absence of that. It belonged to the little desk which Amelia had given her in early days, and which she kept in a secret place. But Rawdon flung open boxes and wardrobes, throwing the multifarious trumpery of their contents here and there, and at last he found the desk. The woman was forced to open it. It contained papers, love-letters many years old — all sorts of small trinkets and woman’s memoranda. And it contained a pocket-book with bank-notes. Some of these were dated ten years back, too, and one was quite a fresh one — a note for a thousand pounds which Lord Steyne had given her.

»Hast du die von ihm?« fragte Rawdon.

 

“Did he give you this?” Rawdon said.

»Ja«, antwortete Rebekka.

 

“Yes,” Rebecca answered.

»Ich werde sie ihm heute zurückschicken«, fuhr er fort (denn der Tag dämmerte bereits herauf, und viele Stunden waren über dem Suchen vergangen). »Ich will der Briggs, die freundlich gegen den Jungen gewesen ist, ihres zurückgeben und einige von den Schulden bezahlen. Du wirst mich wissen lassen, wohin ich dir das übrige senden kann. Von alldem da hättest du wohl hundert Pfund für mich erübrigen können, Becky – ich habe stets mit dir geteilt.«

 

“I’ll send it to him to-day,” Rawdon said (for day had dawned again, and many hours had passed in this search), “and I will pay Briggs, who was kind to the boy, and some of the debts. You will let me know where I shall send the rest to you. You might have spared me a hundred pounds, Becky, out of all this — I have always shared with you.”

»Ich bin unschuldig!« sagte Becky. Er verließ sie, ohne ein weiteres Wort.

 

“I am innocent,” said Becky. And he left her without another word.

Was dachte Rebekka, als er sie verlassen hatte? Stundenlang blieb sie nach seinem Weggang allein. Die Sonne schien hell ins Zimmer, und sie saß immer noch auf der Bettkante. Alle Schubfächer waren herausgezogen, und ihr Inhalt lag verstreut umher – Kleider und Federn, Schärpen und Schmucksachen, ein Haufen zerschellter Eitelkeit. Das Haar fiel ihr über die Schultern herab; wo Rawdon ihr die Brillanten abgerissen hatte, war ihr Kleid zerfetzt. Einige Minuten nachdem er sie verlassen hatte, hörte sie ihn die Treppe hinabgehen und die Tür hinter sich zuschlagen. Sie wußte, daß er nie zurückkehren würde. Er war für immer fort. Wird er sich umbringen? fragte sie sich. Wahrscheinlich nicht, ehe er nicht noch einmal mit Lord Steyne zusammengetroffen war. Sie dachte an ihr langes, vergangenes Leben und all die traurigen Begebenheiten darin. Ach, wie trostlos erschien es ihr, wie elend, einsam und nutzlos! Sollte sie Opium nehmen und Schluß machen mit allen Hoffnungen, Plänen, Schulden und Triumphen? So fand sie die französische Zofe: mit gefalteten Händen und trockenen Augen saß sie inmitten ihrer elenden Trümmer. Das Mädchen war ihre Komplizin und stand in Steynes Sold. »Mon Dieu, Madame, was ist geschehen?« fragte sie.

 

What were her thoughts when he left her? She remained for hours after he was gone, the sunshine pouring into the room, and Rebecca sitting alone on the bed’s edge. The drawers were all opened and their contents scattered about — dresses and feathers, scarfs and trinkets, a heap of tumbled vanities lying in a wreck. Her hair was falling over her shoulders; her gown was torn where Rawdon had wrenched the brilliants out of it. She heard him go downstairs a few minutes after he left her, and the door slamming and closing on him. She knew he would never come back. He was gone forever. Would he kill himself? — she thought — not until after he had met Lord Steyne. She thought of her long past life, and all the dismal incidents of it. Ah, how dreary it seemed, how miserable, lonely and profitless! Should she take laudanum, and end it, to have done with all hopes, schemes, debts, and triumphs? The French maid found her in this position — sitting in the midst of her miserable ruins with clasped hands and dry eyes. The woman was her accomplice and in Steyne’s pay. “Mon Dieu, madame, what has happened?” she asked.

Was war eigentlich geschehen? War sie schuldig oder nicht? Sie sagte nein. Aber wer war imstande, zu beurteilen, ob diese Lippen die Wahrheit sprachen und das verdorbene Herz in diesem Falle rein war?

 

What had happened? Was she guilty or not? She said not, but who could tell what was truth which came from those lips, or if that corrupt heart was in this case pure?

All ihre Lügen und Pläne, all ihre Selbstsucht und Ränke, all ihr Witz und Talent waren an einer Stelle gescheitert. Das Mädchen zog die Vorhänge zu, und mit einigem Bitten und wenigstens dem Anschein von Freundlichkeit überredete sie ihre Herrin, sich ins Bett zu legen. Dann ging sie hinunter und sammelte die Schmucksachen auf, die noch immer auf dem Boden umherlagen, seit Rebekka sie auf Befehl ihres Mannes hatte fallen lassen. Lord Steyne hatte sich entfernt.

 

All her lies and her schemes, an her selfishness and her wiles, all her wit and genius had come to this bankruptcy. The woman closed the curtains and, with some entreaty and show of kindness, persuaded her mistress to lie down on the bed. Then she went below and gathered up the trinkets which had been lying on the floor since Rebecca dropped them there at her husband’s orders, and Lord Steyne went away.


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