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45. Kapitel / Chapter 45

Zwischen Hampshire und London / Between Hampshire and London

Sir Pitt Crawley hatte für das Gut Queen's Crawley mehr getan, als Zäune geflickt und verfallene Pförtnerhäuschen wiederhergestellt. Als kluger Mann hatte er sich ans Werk gemacht, um die geschwundene Beliebtheit seines Hauses wieder zu gewinnen und die Löcher und brüchigen Stellen wieder auszubessern, mit denen sein verrufener, verschwenderischer alter Vorgänger den Namen hinterlassen hatte. Er wurde bald nach dem Tode seines Vaters für den Wahlflecken ins Parlament gewählt, und als Friedensrichter, Parlamentsabgeordneter einer vornehmen Grafschaft und Repräsentant einer alten Familie machte er es sich zur Pflicht, sich vor dem Hampshire-Publikum zu zeigen, reichliche Beiträge für die Wohltätigkeitsveranstaltungen der Grafschaft zu zeichnen, fleißig seine Nachbarn zu besuchen und, mit einem Wort, es darauf anzulegen, in Hampshire und später im ganzen Reich die Stellung zu erringen, für die ihn seiner Ansicht nach seine ungewöhnlichen Talente bestimmten. Lady Jane war angehalten, sich freundlich gegen die Fuddlestons, die Wapshots und die anderen bekannten Baronets der Nachbarschaft zu benehmen. Deren Kutschen konnte man jetzt häufig in der Allee von Queen's Crawley erblicken, sie speisten recht oft im Schloß (wo die Küche so gut war, daß Lady Jane offenbar nur selten die Hand im Spiel hatte), und Sir Pitt und seine Frau wiederum ließen sich weder durch Wetter noch Entfernungen abhalten, auswärts zu speisen. Wenn sich Pitt auch selbst nichts aus Gesellschaften machte, da er ein steifer Mensch von schlechter Gesundheit und geringem Appetit war, so meinte er doch, daß es in seiner Stellung unumgänglich nötig sei, gastfreundlich und leutselig aufzutreten, und jedesmal, wenn er vom langen Sitzen nach Tisch Kopfschmerzen bekommen hatte, fühlte er sich als Märtyrer seiner Pflicht. Er unterhielt sich mit den größten Landedelleuten über Ernten, Korngesetze und Politik. Er (der früher in diesen Fragen ein arger Freidenker gewesen war) sprach jetzt mit Feuereifer über Wilddieberei und Wildgehege. Er selbst jagte nicht, er war kein Jäger, sondern ein Mann der Bücher und friedlichen Gewohnheiten, aber er glaubte, daß man sich um die Pferdezucht auf dem Lande kümmern müsse und daß daher auch die Fuchszucht entwickelt werden müsse. Wenn sein Freund, Sir Huddleston Fuddleston, gern auf seinem Grund und Boden Fuchsjagden veranstalten wolle und Queen's Crawley wie in alten Zeiten Sammelplatz von Jägern und Meute sein solle, so schätzte er sich glücklich, ihn und seine Jagdgesellschaft dort zu begrüßen. Zu Lady Southdowns Entsetzen wurde er täglich orthodoxer. Er gab das öffentliche Predigen und den Besuch von religiösen Versammlungen auf, ging fleißig in die Kirche, besuchte den Bischof und die Geistlichkeit in Winchester und erhob keinen Einwand, wenn ihn der ehrwürdige Archidiakon Trumper zu einer Partie Whist einlud. Was für Qualen empfand wohl Lady Southdown und wie mag sie ihren Schwiegersohn als Verworfenen betrachtet haben, da er einer so gottlosen Zerstreuung frönte! Als der Baronet bei der Rückkehr der Familie von einem Oratorium in Winchester den jungen Damen ankündigte, daß er sie wahrscheinlich nächstes Jahr zu den Grafschaftsbällen mitnehmen werde, vergötterten sie ihn wegen seiner Güte. Lady Jane war nur zu gehorsam und vielleicht selbst froh, daß sie gehen durfte. Die verwitwete Gräfin sandte ihrer Tochter im Kapland, der Verfasserin der »Apfelfrau von Finchley«, die entsetzlichsten Schilderungen vom weltlichen Benehmen ihrer Tochter, und da ihr Haus in Brighton zu dieser Zeit leer stand, kehrte sie in den Badeort zurück, ohne daß ihre Kinder ihre Abwesenheit sehr bedauert hätten. Wir dürfen auch annehmen, daß Rebekka bei ihrem zweiten Besuch in Queen's Crawley nicht sonderlich bekümmert war, die Dame mit dem Arzneikasten nicht anzutreffen, obgleich sie der Lady einen Weihnachtsbrief schrieb, in dem sie sich Lady Southdown ehrerbietig ins Gedächtnis zurückrief, dankbar von der Freude sprach, die ihr die Unterhaltung mit der Lady bei ihrem letzten Besuch bereitet habe, sich über die Güte verbreitete, mit der die Lady sie im Krankenbett überschüttet habe, und erklärte, alles in Queen's Crawley erinnere sie an ihre abwesende Freundin.

 

Sir Pitt Crawley had done more than repair fences and restore dilapidated lodges on the Queen’s Crawley estate. Like a wise man he had set to work to rebuild the injured popularity of his house and stop up the gaps and ruins in which his name had been left by his disreputable and thriftless old predecessor. He was elected for the borough speedily after his father’s demise; a magistrate, a member of parliament, a county magnate and representative of an ancient family, he made it his duty to show himself before the Hampshire public, subscribed handsomely to the county charities, called assiduously upon all the county folk, and laid himself out in a word to take that position in Hampshire, and in the Empire afterwards, to which he thought his prodigious talents justly entitled him. Lady Jane was instructed to be friendly with the Fuddlestones, and the Wapshots, and the other famous baronets, their neighbours. Their carriages might frequently be seen in the Queen’s Crawley avenue now; they dined pretty frequently at the Hall (where the cookery was so good that it was clear Lady Jane very seldom had a hand in it), and in return Pitt and his wife most energetically dined out in all sorts of weather and at all sorts of distances. For though Pitt did not care for joviality, being a frigid man of poor hearth and appetite, yet he considered that to be hospitable and condescending was quite incumbent on-his station, and every time that he got a headache from too long an after-dinner sitting, he felt that he was a martyr to duty. He talked about crops, corn-laws, politics, with the best country gentlemen. He (who had been formerly inclined to be a sad free-thinker on these points) entered into poaching and game preserving with ardour. He didn’t hunt; he wasn’t a hunting man; he was a man of books and peaceful habits; but he thought that the breed of horses must be kept up in the country, and that the breed of foxes must therefore be looked to, and for his part, if his friend, Sir Huddlestone Fuddlestone, liked to draw his country and meet as of old the F. hounds used to do at Queen’s Crawley, he should be happy to see him there, and the gentlemen of the Fuddlestone hunt. And to Lady Southdown’s dismay too he became more orthodox in his tendencies every day; gave up preaching in public and attending meeting-houses; went stoutly to church; called on the Bishop and all the Clergy at Winchester; and made no objection when the Venerable Archdeacon Trumper asked for a game of whist. What pangs must have been those of Lady Southdown, and what an utter castaway she must have thought her son-in-law for permitting such a godless diversion! And when, on the return of the family from an oratorio at Winchester, the Baronet announced to the young ladies that he should next year very probably take them to the “county balls,” they worshipped him for his kindness. Lady Jane was only too obedient, and perhaps glad herself to go. The Dowager wrote off the direst descriptions of her daughter’s worldly behaviour to the authoress of the Washerwoman of Finchley Common at the Cape; and her house in Brighton being about this time unoccupied, returned to that watering-place, her absence being not very much deplored by her children. We may suppose, too, that Rebecca, on paying a second visit to Queen’s Crawley, did not feel particularly grieved at the absence of the lady of the medicine chest; though she wrote a Christmas letter to her Ladyship, in which she respectfully recalled herself to Lady Southdown’s recollection, spoke with gratitude of the delight which her Ladyship’s conversation had given her on the former visit, dilated on the kindness with which her Ladyship had treated her in sickness, and declared that everything at Queen’s Crawley reminded her of her absent friend.

Zu einem großen Teil war das veränderte Benehmen und die Beliebtheit Sir Pitt Crawleys auf die Ratschläge der schlauen kleinen Dame von der Curzon Street zurückzuführen. »Sie und Baronet, bloßer Landedelmann bleiben!« hatte sie ihm erklärt, als er in London bei ihr zu Gast war. »Nein, Sir Pitt Crawley, ich kenne Sie besser; ich kenne Ihre Talente und Ihren Ehrgeiz; Sie glauben, daß Sie sie verbergen können, mir gegenüber gelingt Ihnen das aber nicht. Ich habe Lord Steyne Ihre Broschüre über das Malz gezeigt, er kannte sie schon und sagte, sie sei nach Ansicht des ganzen Kabinetts das Beste, was auf diesem Gebiet erschienen sei. Das Ministerium ist auf Sie aufmerksam geworden, und ich kenne Ihr Ziel. Sie wollen sich im Parlament auszeichnen; jeder sagt, Sie seien der fähigste Redner Englands (man erinnert sich nämlich noch Ihrer Reden in Oxford). Sie wollen Parlamentsabgeordneter für die Grafschaft werden, und dann können Sie mit Ihrer eigenen Stimme und Ihrem Wahlflecken hinter sich alles erreichen. Und Sie wollen Baron Crawley von Queen's Crawley werden, und das werden Sie auch, bevor Sie sterben. Ich weiß alles, ich habe es in Ihrem Herzen gelesen, Sir Pitt. Wenn ich einen Mann hätte, der neben Ihrem Namen auch noch Ihren Verstand besäße, dann, denke ich zuweilen, würde ich seiner nicht unwürdig sein – aber – aber jetzt bin ich Ihre Verwandte«, fügte sie lachend hinzu, »und wenn ich auch nur ein kleiner Habenichts bin, so besitze ich doch einigen Einfluß, und wer weiß – vielleicht kann eines Tages die Maus dem Löwen nützlich sein.« Pitt Crawley war über ihre Worte erstaunt und völlig hingerissen. »Wie mich diese Frau versteht«, sagte er, »ich habe Jane niemals dazu bewegen können, auch nur drei Seiten in der Malzbroschüre zu lesen. Sie hat keine Ahnung davon, daß ich außerordentliche Talente und geheimen Ehrgeiz besitze. So erinnern sie sich also meiner Reden in Oxford, diese Schufte? Jetzt, wo ich meinen Wahlflecken vertrete und den Parlamentssitz für die ganze Grafschaft erhalten kann, fangen sie an, sich meiner zu entsinnen. Lord Steyne hat mich voriges Jahr beim Empfang ganz einfach geschnitten. Jetzt kommen sie aber endlich langsam darauf, daß Pitt Crawley doch jemand ist. Der Mann, den diese Leute vernachlässigten, ist niemals anders gewesen. Es fehlte nur die günstige Gelegenheit, aber ich will ihnen zeigen, daß ich ebenso gut reden und handeln wie schreiben kann. Achilles offenbarte erst sein wahres Wesen, als man ihm das Schwert gab. Ich halte es jetzt, und die Welt soll noch von Pitt Crawley hören.«

 

A great part of the altered demeanour and popularity of Sir Pitt Crawley might have been traced to the counsels of that astute little lady of Curzon Street. “You remain a Baronet — you consent to be a mere country gentleman,” she said to him, while he had been her guest in London. “No, Sir Pitt Crawley, I know you better. I know your talents and your ambition. You fancy you hide them both, but you can conceal neither from me. I showed Lord Steyne your pamphlet on malt. He was familiar with it, and said it was in the opinion of the whole Cabinet the most masterly thing that had appeared on the subject. The Ministry has its eye upon you, and I know what you want. You want to distinguish yourself in Parliament; every one says you are the finest speaker in England (for your speeches at Oxford are still remembered). You want to be Member for the County, where, with your own vote and your borough at your back, you can command anything. And you want to be Baron Crawley of Queen’s Crawley, and will be before you die. I saw it all. I could read your heart, Sir Pitt. If I had a husband who possessed your intellect as he does your name, I sometimes think I should not be unworthy of him — but — but I am your kinswoman now,” she added with a laugh. “Poor little penniless, I have got a little interest — and who knows, perhaps the mouse may be able to aid the lion.” Pitt Crawley was amazed and enraptured with her speech. “How that woman comprehends me!” he said. “I never could get Jane to read three pages of the malt pamphlet. She has no idea that I have commanding talents or secret ambition. So they remember my speaking at Oxford, do they? The rascals! Now that I represent my borough and may sit for the county, they begin to recollect me! Why, Lord Steyne cut me at the levee last year; they are beginning to find out that Pitt Crawley is some one at last. Yes, the man was always the same whom these people neglected: it was only the opportunity that was wanting, and I will show them now that I can speak and act as well as write. Achilles did not declare himself until they gave him the sword. I hold it now, and the world shall yet hear of Pitt Crawley.”

Deshalb war also der schlaue Diplomat so gastfreundlich geworden, so freigebig gegen Oratorien und Spitäler, so freundlich gegen Dekane und Geistliche, so großzügig im Geben und Besuchen von Diners, so ungemein gnädig gegen die Landleute an Markttagen und so interessiert an Grafschaftsangelegenheiten, und deshalb war das Weihnachtsfest im Schloß das fröhlichste, das man seit langem dort erlebt hatte.

 

Therefore it was that this roguish diplomatist has grown so hospitable; that he was so civil to oratorios and hospitals; so kind to Deans and Chapters; so generous in giving and accepting dinners; so uncommonly gracious to farmers on market-days; and so much interested about county business; and that the Christmas at the Hall was the gayest which had been known there for many a long day.

Am ersten Feiertag fand ein großes Familientreffen statt. Alle Crawleys aus dem Pfarrhaus kamen zum Essen. Rebekka war gegenüber Mrs. Bute so freundlich und offen, als ob diese nie ihre Feindin gewesen wäre. Sie zeigte liebevolles Interesse für die Mädchen, war überrascht über die Fortschritte in der Musik, die sie inzwischen gemacht hatten, und bestand darauf, daß eins der Duette aus den großen Liederbüchern, die James brummend aus dem Pfarrhaus hatte mitschleppen müssen, wiederholt wurde. Mrs. Bute mußte also wohl oder übel gegenüber der kleinen Abenteuerin Anstand bewahren, was sie nicht davon abhielt, später mit ihren Töchtern über die unangebrachte Achtung zu sprechen, die Sir Pitt seiner Schwägerin erwies. James jedoch, der bei Tisch neben ihr gesessen hatte, erklärte, sie sei ein Prachtweib. Aber die ganze Pfarrersfamilie war sich einig, daß der kleine Rawdon ein netter Junge sei. Sie respektierten in dem Knaben den möglichen Baronet, denn zwischen ihm und dem Titel stand nur der kleine, kränkliche, blasse Pitt Binkie.

 

On Christmas Day a great family gathering took place. All the Crawleys from the Rectory came to dine. Rebecca was as frank and fond of Mrs. Bute as if the other had never been her enemy; she was affectionately interested in the dear girls, and surprised at the progress which they had made in music since her time, and insisted upon encoring one of the duets out of the great song-books which Jim, grumbling, had been forced to bring under his arm from the Rectory. Mrs. Bute, perforce, was obliged to adopt a decent demeanour towards the little adventuress — of course being free to discourse with her daughters afterwards about the absurd respect with which Sir Pitt treated his sister-in-law. But Jim, who had sat next to her at dinner, declared she was a trump, and one and all of the Rector’s family agreed that the little Rawdon was a fine boy. They respected a possible baronet in the boy, between whom and the title there was only the little sickly pale Pitt Binkie.

Die Kinder waren sehr gute Freunde. Pitt Binkie war ein zu kleines Hündchen, als daß ein so großer Hund wie Rawdon mit ihm gespielt hätte, und Matilda, die ja nur ein Mädchen war, gab natürlich keinen passenden Spielgefährten für einen jungen Mann von fast acht Jahren ab, der bald einen Anzug tragen würde. Er übernahm sofort das Kommando über die winzige Abteilung, und der kleine Knabe und das kleine Mädchen folgten ihm ehrerbietig, wenn er sich herabließ, mit ihnen zu spielen. Das Leben auf dem Lande bereitete ihm Glück und Freude. Der Küchengarten gefiel ihm sehr, die Blumen weniger, aber die Tauben und das Geflügel und die Ställe entzückten ihn ungemein, wenn er sie aufsuchen durfte. Von den beiden Miss Crawley ließ er sich nicht küssen, er erlaubte aber Lady Jane zuweilen, ihn zu umarmen. Wenn das Signal für den Salon gegeben war und die Damen die Herren beim Rotwein zurückließen, setzte er sich lieber neben sie als neben seine Mutter. Rebekka, die bemerkt hatte, daß Zärtlichkeit hier Mode war, hatte Rawdon eines Abends zu sich gerufen, sich zu ihm gebeugt und ihn in Gegenwart aller Damen geküßt.

 

The children were very good friends. Pitt Binkie was too little a dog for such a big dog as Rawdon to play with; and Matilda being only a girl, of course not fit companion for a young gentleman who was near eight years old, and going into jackets very soon. He took the command of this small party at once — the little girl and the little boy following him about with great reverence at such times as he condescended to sport with them. His happiness and pleasure in the country were extreme. The kitchen garden pleased him hugely, the flowers moderately, but the pigeons and the poultry, and the stables when he was allowed to visit them, were delightful objects to him. He resisted being kissed by the Misses Crawley, but he allowed Lady Jane sometimes to embrace him, and it was by her side that he liked to sit when, the signal to retire to the drawing-room being given, the ladies left the gentlemen to their claret — by her side rather than by his mother. For Rebecca, seeing that tenderness was the fashion, called Rawdon to her one evening and stooped down and kissed him in the presence of all the ladies.

Nach dieser Tat zitterte er, wurde rot, wie stets, wenn er erregt war, und blickte ihr gerade ins Gesicht. »Zu Hause küßt du mich nie, Mama!« sagte er, worauf ein allgemeines bestürztes Schweigen entstand und Rebekkas Blick einen keineswegs angenehmen Ausdruck bekam.

 

He looked her full in the face after the operation, trembling and turning very red, as his wont was when moved. “You never kiss me at home, Mamma,” he said, at which there was a general silence and consternation and a by no means pleasant look in Becky’s eyes.

Rawdon liebte seine Schwägerin wegen ihrer Zuneigung zu seinem Sohn. Lady Jane und Becky vertrugen sich bei diesem Besuch nicht ganz so gut wie bei dem vorherigen, wo es die Frau des Obersten darauf angelegt hatte zu gefallen. Die Bemerkungen des Kindes hatten sie etwas entfremdet. Vielleicht war Sir Pitt auch etwas zu aufmerksam gegenüber der Schwägerin.

 

Rawdon was fond of his sister-in-law, for her regard for his son. Lady Jane and Becky did not get on quite so well at this visit as on occasion of the former one, when the Colonel’s wife was bent upon pleasing. Those two speeches of the child struck rather a chill. Perhaps Sir Pitt was rather too attentive to her.

Rawdon war entsprechend seinem Alter und seiner Größe lieber in Männergesellschaft als unter Frauen. Er wurde es nie müde, seinen Vater zu den Ställen zu begleiten, wohin sich der Oberst zurückzog, um seine Zigarre zu rauchen. James, der Pfarrerssohn, schloß sich bei diesen und anderen Vergnügungen zuweilen seinem Vetter an. Er und der Wildhüter des Baronets waren dicke Freunde. Ihre gemeinsame Vorliebe für Hunde hatte sie zusammengebracht. An einem Tag gingen Mr. James, der Oberst und Horn, der Wildhüter, auf die Fasanenjagd und nahmen den kleinen Rawdon mit. An einem anderen schönen Morgen vergnügten sich die vier Herren mit einer Rattenjagd in einer Scheune, und das war die herrlichste Belustigung, die Rawdon je gesehen hatte. Sie verstopften die Ausgänge gewisser Abzugslöcher in der Scheune und steckten in die Öffnungen auf der anderen Seite Frettchen. Dann warteten sie etwas abseits schweigend mit erhobenen Stöcken, während ein eifriger kleiner Terrier (Mr. James' berühmter Hund »Zange«), atemlos vor Aufregung, unbeweglich auf drei Beinen auf das schwache Quieken der Ratten unten lauschte. Mit dem Mut der Verzweiflung stürzten endlich die verfolgten Tiere aus ihren Löchern hervor, der Terrier erledigte eine, der Wildhüter eine andere, Rawdon verfehlte in der Aufregung seine Ratte, tötete dafür aber beinahe ein Frettchen.

 

But Rawdon, as became his age and size, was fonder of the society of the men than of the women, and never wearied of accompanying his sire to the stables, whither the Colonel retired to smoke his cigar — Jim, the Rector’s son, sometimes joining his cousin in that and other amusements. He and the Baronet’s keeper were very close friends, their mutual taste for “dawgs” bringing them much together. On one day, Mr. James, the Colonel, and Horn, the keeper, went and shot pheasants, taking little Rawdon with them. On another most blissful morning, these four gentlemen partook of the amusement of rat-hunting in a barn, than which sport Rawdon as yet had never seen anything more noble. They stopped up the ends of certain drains in the barn, into the other openings of which ferrets were inserted, and then stood silently aloof, with uplifted stakes in their hands, and an anxious little terrier (Mr. James’s celebrated “dawg” Forceps, indeed) scarcely breathing from excitement, listening motionless on three legs, to the faint squeaking of the rats below. Desperately bold at last, the persecuted animals bolted above-ground — the terrier accounted for one, the keeper for another; Rawdon, from flurry and excitement, missed his rat, but on the other hand he half-murdered a ferret.

Der größte Tag aber war der, an dem Sir Huddleston Fuddlestons Hunde auf dem Rasen in Queen's Crawley zusammenkamen.

 

But the greatest day of all was that on which Sir Huddlestone Fuddlestone’s hounds met upon the lawn at Queen’s Crawley.

Dies war ein packender Anblick für den kleinen Rawdon. Um halb elf sieht man Tom Moody, Sir Huddleston Fuddlestons Jäger, die Allee heraufgaloppieren, hinter ihm die Meute edler Hunde. Den Nachtrab kommandieren zwei Piköre in gefleckten scharlachroten Röcken – leichte Burschen mit harten Gesichtern auf schlanken rassigen Pferden. Sie besitzen eine Geschicklichkeit, mit den Enden ihrer langen schweren Peitschen die dünnste Stelle der Haut eines Hundes zu erreichen, der es wagt, sich von den anderen zu entfernen oder die geringste Notiz, sei es auch nur mit einem Augenzwinkern, von den Hasen und Kaninchen zu nehmen, die vor seiner Nase aufspringen.

 

That was a famous sight for little Rawdon. At half-past ten, Tom Moody, Sir Huddlestone Fuddlestone’s huntsman, was seen trotting up the avenue, followed by the noble pack of hounds in a compact body — the rear being brought up by the two whips clad in stained scarlet frocks — light hard-featured lads on well-bred lean horses, possessing marvellous dexterity in casting the points of their long heavy whips at the thinnest part of any dog’s skin who dares to straggle from the main body, or to take the slightest notice, or even so much as wink, at the hares and rabbits starting under their noses.

Als nächster folgt der kleine Jack, Tom Moodys Sohn, der fünfundsechzig Pfund wiegt und einen Meter und zwanzig mißt und nie größer werden wird. Er thront auf einem großen, grobknochigen Jagdpferd, das von einem mächtigen Sattel beinahe bedeckt wird. Dieses Tier ist Sir Huddleston Fuddlestons Lieblingspferd »Nobel«. Andere Pferde, von anderen kleinen Jungen geritten, kommen nach und nach an und erwarten ihre Herren, die bald heransprengen werden.

 

Next comes boy Jack, Tom Moody’s son, who weighs five stone, measures eight-and-forty inches, and will never be any bigger. He is perched on a large raw-boned hunter, half-covered by a capacious saddle. This animal is Sir Huddlestone Fuddlestone’s favourite horse the Nob. Other horses, ridden by other small boys, arrive from time to time, awaiting their masters, who will come cantering on anon.

Tom Moody reitet an die Schloßpforte und wird dort vom Butler begrüßt, der ihm einen Trunk anbietet. Er lehnt jedoch ab. Er zieht sich sodann mit der Meute zu einer geschützten Ecke des Rasens zurück, wo sich die Hunde auf dem Grase wälzen, spielen oder einander zornig anknurren. Ab und zu entsteht ein wütender Kampf, den Tom mit seiner beim Schelten unvergleichlichen Stimme oder mit der geschmeidigen Peitsche schnell schlichtet.

 

Tom Moody rides up to the door of the Hall, where he is welcomed by the butler, who offers him drink, which he declines. He and his pack then draw off into a sheltered corner of the lawn, where the dogs roll on the grass, and play or growl angrily at one another, ever and anon breaking out into furious fight speedily to be quelled by Tom’s voice, unmatched at rating, or the snaky thongs of the whips.

Nach und nach erscheinen die Jäger, gefolgt von Jungen der Gattung Jack. Die jungen Herren traben auf reinrassigen Gäulen heran, mit Gamaschen bis zu den Knien. Einige treten ins Haus, um einen Cherry Brandy zu trinken oder den Damen ihre Aufwartung zu machen, andere, bescheidener und sportlicher, entledigen sich ihrer Wasserstiefel, wechseln ihre Gäule gegen ihre Jagdpferde aus und machen sie durch einen kleinen vorläufigen Galopp rund um den Rasen warm. Dann versammeln sie sich um die Meute in der Ecke und unterhalten sich mit Tom Moody über frühere Jagden und die Vorzüge von »Schnüffler« und »Diamant« und die Lage im Lande und die elende Fuchszucht.

 

Many young gentlemen canter up on thoroughbred hacks, spatter-dashed to the knee, and enter the house to drink cherry-brandy and pay their respects to the ladies, or, more modest and sportsmanlike, divest themselves of their mud-boots, exchange their hacks for their hunters, and warm their blood by a preliminary gallop round the lawn. Then they collect round the pack in the corner and talk with Tom Moody of past sport, and the merits of Sniveller and Diamond, and of the state of the country and of the wretched breed of foxes.

Bald kommt auch Sir Huddleston auf einem kleinen, kräftigen beweglichen Pferd zum Schloß geritten, tritt ein und begrüßt die Damen höflich. Dann geht er, ein Mann von wenig Worten, zum Geschäftlichen über. Die Hunde werden vor das Schloßtor gebracht, und der kleine Rawdon mischt sich darunter, aufgeregt und etwas ängstlich wegen der Liebkosungen, die sie ihm erweisen, ihrer um ihn herumwedelnden Schwänze und ihrer Hundestreitereien, die Tom Moody mit Zunge und Peitsche kaum eindämmen kann.

 

Sir Huddlestone presently appears mounted on a clever cob and rides up to the Hall, where he enters and does the civil thing by the ladies, after which, being a man of few words, he proceeds to business. The hounds are drawn up to the hall-door, and little Rawdon descends amongst them, excited yet half-alarmed by the caresses which they bestow upon him, at the thumps he receives from their waving tails, and at their canine bickerings, scarcely restrained by Tom Moody’s tongue and lash.

Mittlerweile ist Sir Huddleston schwerfällig auf den »Nobel« geklettert. »Wir wollen mal in Sowsters Buschwerk probieren, Tom«, sagt der Baronet, »Pächter Mangle hat mir gesagt, daß da zwei Füchse drin sind.« Tom stößt ins Horn und trabt ab, gefolgt von der Meute, den Pikören, den jungen Herren aus Winchester, den Pächtern aus der Nachbarschaft und den Tagelöhnern der Gemeinde zu Fuße, für die es ein großer Festtag ist. Die Nachhut bilden Sir Huddleston und Oberst Crawley, und die ganze cortège verschwindet durch die Allee.

 

Meanwhile, Sir Huddlestone has hoisted himself unwieldily on the Nob: “Let’s try Sowster’s Spinney, Tom,” says the Baronet, “Farmer Mangle tells me there are two foxes in it.” Tom blows his horn and trots off, followed by the pack, by the whips, by the young gents from Winchester, by the farmers of the neighbourhood, by the labourers of the parish on foot, with whom the day is a great holiday, Sir Huddlestone bringing up the rear with Colonel Crawley, and the whole cortege disappears down the avenue.

Ehrwürden Bute Crawley ist zu bescheiden, sich bei dem öffentlichen Treffen unter den Fenstern seines Neffen zu zeigen (Tom Moody erinnert sich noch seiner vor vierzig Jahren, als er ein dünner Theologe war, der die wildesten Pferde ritt, die breitesten Bäche und die neuesten Tore im Lande übersprang). Ehrwürden reitet aber auf seinem mächtigen Rappen zufällig aus dem Weg heraus, der zum Pfarrhaus führt, gerade als Sir Huddleston vorbeikommt, und schließt sich dem würdigen Baronet an. Hunde und Reiter verschwinden, und der kleine Rawdon bleibt staunend und glücklich auf der Türschwelle zurück.

 

The Reverend Bute Crawley (who has been too modest to appear at the public meet before his nephew’s windows), whom Tom Moody remembers forty years back a slender divine riding the wildest horses, jumping the widest brooks, and larking over the newest gates in the country — his Reverence, we say, happens to trot out from the Rectory Lane on his powerful black horse just as Sir Huddlestone passes; he joins the worthy Baronet. Hounds and horsemen disappear, and little Rawdon remains on the doorsteps, wondering and happy.

Im Verlauf dieser denkwürdigen Ferien hat der kleine Rawdon die Zuneigung seiner verheirateten und unverheirateten Tanten, der beiden Kleinen im Schloß und die von James aus dem Pfarrershaus gewonnen, wenn er auch keine besondere Vorliebe für seinen furchterregenden kühlen Onkel gefaßt hat, der sich, in Rechtsgeschäfte vertieft oder von Gerichtsdienern und Pächtern umgeben, in seinem Studierzimmer einschloß. Sir Pitt ermuntert James, um eine der beiden jungen Damen zu werben, zweifellos unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß er die Pfründe erhalten solle, sobald sie der alte Fuchsjäger, sein Vater, aufgeben werde. James selbst hat sich von diesem Sport zurückgezogen und begnügt sich während der Weihnachtsfeiertage mit der harmlosen Enten- und Schnepfenjagd oder dieser ruhigen Rattenangelegenheit. Danach will er wieder auf die Universität zurückkehren, um erneut einen Versuch zu machen, nicht durchs Examen zu fallen. Er vermeidet bereits die grünen Röcke und roten Halstücher und anderen weltlichen Schmuck und bereitet sich auf eine Veränderung in seinen Verhältnissen vor. Auf diese billige und sparsame Weise versucht Sir Pitt, seine Schulden an die Familie zu begleichen.

 

During the progress of this memorable holiday, little Rawdon, if he had got no special liking for his uncle, always awful and cold and locked up in his study, plunged in justice-business and surrounded by bailiffs and farmers — has gained the good graces of his married and maiden aunts, of the two little folks of the Hall, and of Jim of the Rectory, whom Sir Pitt is encouraging to pay his addresses to one of the young ladies, with an understanding doubtless that he shall be presented to the living when it shall be vacated by his fox-hunting old sire. Jim has given up that sport himself and confines himself to a little harmless duck- or snipe-shooting, or a little quiet trifling with the rats during the Christmas holidays, after which he will return to the University and try and not be plucked, once more. He has already eschewed green coats, red neckcloths, and other worldly ornaments, and is preparing himself for a change in his condition. In this cheap and thrifty way Sir Pitt tries to pay off his debt to his family.

Ehe noch diese fröhliche Weihnachtszeit vorüber war, hatte der Baronet auch Mut gefaßt, seinem Bruder einen zweiten Scheck zu geben, und zwar auf die nicht geringe Summe von hundert Pfund. Diese Tat bereitete ihm anfangs entsetzliche Qualen, später aber glühte er bei dem Gedanken, daß er sich nun als einen der großmütigsten Menschen betrachten konnte. Rawdon und sein Sohn schieden schweren Herzens. Der Abschied zwischen Becky und den Damen verlief jedoch ganz munter. Unsere Freundin kehrte nach London zurück, um die Beschäftigungen wiederaufzunehmen, bei der wir sie am Anfang dieses Kapitels antrafen. Unter ihrer Aufsicht war das Haus der Crawleys in der Great Gaunt Street direkt wieder jung geworden und zur Aufnahme Sir Pitts und seiner Familie bereit. Dann kam der Baronet nach London, um seinen Parlamentspflichten zu genügen und die Stellung im Vaterlande einzunehmen, für die ihn sein großer Genius befähigte.

 

Also before this merry Christmas was over, the Baronet had screwed up courage enough to give his brother another draft on his bankers, and for no less a sum than a hundred pounds, an act which caused Sir Pitt cruel pangs at first, but which made him glow afterwards to think himself one of the most generous of men. Rawdon and his son went away with the utmost heaviness of heart. Becky and the ladies parted with some alacrity, however, and our friend returned to London to commence those avocations with which we find her occupied when this chapter begins. Under her care the Crawley House in Great Gaunt Street was quite rejuvenescent and ready for the reception of Sir Pitt and his family, when the Baronet came to London to attend his duties in Parliament and to assume that position in the country for which his vast genius fitted him.

Während der ersten Sitzungsperiode verhehlte der alte Heuchler seine Pläne und machte den Mund nur auf, um eine Petition von Mudbury vorzubringen. Aber er besuchte fleißig die Sitzungen und machte sich mit den Sitten und dem Geschäftsgang des Hauses vertraut. Daheim widmete er sich ganz und gar dem Studium der Blaubücher – sehr zum Schrecken und zur Bewunderung von Lady Jane, die befürchtete, er –werde sich durch späte Schlafengehen und seinen ungeheuren Fleiß noch umbringen. Er machte sich mit den Ministern und Häuptern seiner Partei bekannt und war fest entschlossen, ehe ein paar Jahre ins Land gegangen waren, einer von ihnen zu sein.

 

For the first session, this profound dissembler hid his projects and never opened his lips but to present a petition from Mudbury. But he attended assiduously in his place and learned thoroughly the routine and business of the House. At home he gave himself up to the perusal of Blue Books, to the alarm and wonder of Lady Jane, who thought he was killing himself by late hours and intense application. And he made acquaintance with the ministers, and the chiefs of his party, determining to rank as one of them before many years were over.

Lady Janes Freundlichkeit und Milde hatten in Rebekka solche Verachtung gegenüber der Lady erweckt, daß es der kleinen Frau direkt schwer wurde, sie zu verbergen. Die gütige und einfache Art von Lady Jane ärgerte unsere Freundin Becky, und zeitweise war es ihr unmöglich, die andere ihre Verachtung nicht wenigstens ahnen zu lassen. Auch Lady Jane war Rebekkas Gegenwart unbehaglich. Ihr Gatte sprach beständig nur mit Becky, sie schienen Zeichen des Einverständnisses auszutauschen, und Pitt besprach mit ihr Themen, die er gegenüber seiner Frau nie auch nur erwähnte. Sie verstand zwar nichts davon, aber es war kränkend, still sein zu müssen, noch kränkender, zu wissen, daß man nichts sagen konnte, und zuzuhören, wie die kecke kleine Mrs. Rawdon von einem Gegenstand zum anderen flatterte, stets Worte fand und einen Scherz zur Hand hatte, und dabei im eigenen Haus allein am Kamin zu sitzen und mit ansehen zu müssen, wie sich alle Männer um die Rivalin drängten.

 

Lady Jane’s sweetness and kindness had inspired Rebecca with such a contempt for her ladyship as the little woman found no small difficulty in concealing. That sort of goodness and simplicity which Lady Jane possessed annoyed our friend Becky, and it was impossible for her at times not to show, or to let the other divine, her scorn. Her presence, too, rendered Lady Jane uneasy. Her husband talked constantly with Becky. Signs of intelligence seemed to pass between them, and Pitt spoke with her on subjects on which he never thought of discoursing with Lady Jane. The latter did not understand them, to be sure, but it was mortifying to remain silent; still more mortifying to know that you had nothing to say, and hear that little audacious Mrs. Rawdon dashing on from subject to subject, with a word for every man, and a joke always pat; and to sit in one’s own house alone, by the fireside, and watching all the men round your rival.

Wenn Lady Jane in Queen's Crawley den Kindern, die sich um ihre Knie scharten, Märchen erzählte (auch der kleine Rawdon war dabei, der sie sehr liebte) und Becky mit verächtlichem Lächeln und Hohn in den grünen Augen ins Zimmer trat, verstummte die arme Lady Jane sogleich. Ihre einfachen kleinen Phantasiegebilde entwichen zitternd wie die Fee im Märchenbuch vor einem mächtigen bösen Engel. Sie konnte nicht weitererzählen, obwohl Rebekka mit fast unmerklichem Spott in der Stimme bat, doch in der bezaubernden Geschichte fortzufahren. Mrs. Rawdon widerten milde Gedanken und einfache Freuden an, sie stimmten nicht mit ihrem Wesen überein. Sie haßte die Menschen, die Gefallen daran fanden. Kinder und Kinderfreunde wies sie verächtlich von sich. »Ich finde keinen Geschmack an Butterbrot«, pflegte sie zu sagen, wenn sie Lady Jane und ihre Art vor Lord Steyne karikierte.

 

In the country, when Lady Jane was telling stories to the children, who clustered about her knees (little Rawdon into the bargain, who was very fond of her), and Becky came into the room, sneering with green scornful eyes, poor Lady Jane grew silent under those baleful glances. Her simple little fancies shrank away tremulously, as fairies in the story-books, before a superior bad angel. She could not go on, although Rebecca, with the smallest inflection of sarcasm in her voice, besought her to continue that charming story. And on her side gentle thoughts and simple pleasures were odious to Mrs. Becky; they discorded with her; she hated people for liking them; she spurned children and children-lovers. “I have no taste for bread and butter,” she would say, when caricaturing Lady Jane and her ways to my Lord Steyne.

»Ebensowenig wie eine gewisse Person am Weihwasser«, entgegnete der Lord und verbeugte sich grinsend. Dann lachte er mißtönend auf.

 

“No more has a certain person for holy water,” his lordship replied with a bow and a grin and a great jarring laugh afterwards.

Die beiden Damen sahen also einander nicht oft, abgesehen von den Gelegenheiten, wo die Frau des jüngeren Bruders von der anderen etwas wollte und sie deshalb besuchte. Sie nannten sich weiterhin fleißig »meine Liebe« und »meine Teure«, gingen sich aber gewöhnlich aus dem Wege, während Sir Pitt, trotz seiner vielfältigen Beschäftigungen, doch Zeit fand, seine Schwägerin zu sehen.

 

So these two ladies did not see much of each other except upon those occasions when the younger brother’s wife, having an object to gain from the other, frequented her. They my-loved and my-deared each other assiduously, but kept apart generally, whereas Sir Pitt, in the midst of his multiplied avocations, found daily time to see his sister-in-law.

Das erste Diner des Unterhauspräsidenten nahm Sir Pitt zum Anlaß, um sich seiner Schwägerin in Uniform vorzustellen  – in dem alten Diplomatenanzug, den er als Attache bei der Gesandtschaft in Pumpernickel getragen hatte.

 

On the occasion of his first Speaker’s dinner, Sir Pitt took the opportunity of appearing before his sister-in-law in his uniform — that old diplomatic suit which he had worn when attache to the Pumpernickel legation.

Becky machte ihm viele Komplimente über diese Kleidung und bewunderte ihn fast ebenso wie seine Frau und die Kinder, denen er sich vor dem. Weggang gezeigt hatte. Sie erklärte, nur reiner Adel könne das Hofkleid mit Vorteil tragen und nur denen aus altem Geschlecht stehe die culotte court. Pitt blickte selbstgefällig auf seine Beine, die in Wirklichkeit nicht mehr Symmetrie oder Rundungen besaßen als der dünne Hofdegen an seiner Seite; er blickte auf seine Beine und glaubte im Innern, er sei unwiderstehlich.

 

Becky complimented him upon that dress and admired him almost as much as his own wife and children, to whom he displayed himself before he set out. She said that it was only the thoroughbred gentleman who could wear the Court suit with advantage: it was only your men of ancient race whom the culotte courte became. Pitt looked down with complacency at his legs, which had not, in truth, much more symmetry or swell than the lean Court sword which dangled by his side — looked down at his legs, and thought in his heart that he was killing.

Als er fort war, zeichnete Mrs. Becky eine Karikatur von ihm und zeigte sie Lord Steyne, als dieser am Abend kam. Der Lord, begeistert von der Ähnlichkeit, nahm die Skizze mit. Er hatte Sir Pitt Crawley die Ehre erwiesen, ihn bei Mrs. Rawdon zu treffen, und war außerordentlich gnädig gegenüber dem neuen Baronet und Parlamentsmitglied gewesen. Pitt war betroffen, wie unterwürfig dieser hohe Adlige seine Schwägerin behandelte, wie leicht und geistvoll sie die Unterhaltung zu führen wußte und wie entzückt die anderen Männer der Gesellschaft ihrem Geplauder lauschten. Lord Steyne zweifelte nicht daran, daß der Baronet erst am Anfang seiner Laufbahn im öffentlichen Leben stehe, und war ungeduldig, ihn als Redner zu hören. Da sie Nachbarn waren (die Great Gaunt Street mündet doch auf den Gaunt Square, und Gaunt-Haus bildet bekanntlich eine Seite davon), so hoffte der Lord, daß Lady Steyne, sobald sie in London ankäme, die Ehre haben werde, Lady Crawleys Bekanntschaft zu machen. Er gab nach ein paar Tagen sogar eine Karte bei seinem Nachbarn ab, diesem Nachbarn, von dem weder er noch seine Vorgänger je Notiz genommen hatten, obgleich sie schon ein Jahrhundert lang nebeneinander gelebt hatten.

 

When he was gone, Mrs. Becky made a caricature of his figure, which she showed to Lord Steyne when he arrived. His lordship carried off the sketch, delighted with the accuracy of the resemblance. He had done Sir Pitt Crawley the honour to meet him at Mrs. Becky’s house and had been most gracious to the new Baronet and member. Pitt was struck too by the deference with which the great Peer treated his sister-in-law, by her ease and sprightliness in the conversation, and by the delight with which the other men of the party listened to her talk. Lord Steyne made no doubt but that the Baronet had only commenced his career in public life, and expected rather anxiously to hear him as an orator; as they were neighbours (for Great Gaunt Street leads into Gaunt Square, whereof Gaunt House, as everybody knows, forms one side) my lord hoped that as soon as Lady Steyne arrived in London she would have the honour of making the acquaintance of Lady Crawley. He left a card upon his neighbour in the course of a day or two, having never thought fit to notice his predecessor, though they had lived near each other for near a century past.

Inmitten dieser Intrigen und feinen Gesellschaften und klugen und glänzenden Persönlichkeiten fühlte sich Rawdon täglich einsamer. Er durfte öfter in den Klub gehen, mit befreundeten Junggesellen auswärts speisen und kommen und gehen, wann er wollte, ohne daß jemals eine Frage gestellt wurde. Oft ging er mit dem kleinen Rawdon zur Gaunt Street und besuchte die Lady und die Kinder, während Sir Pitt unterwegs zum Parlament oder auf dem Rückweg bei Rebekka vorsprach.

 

In the midst of these intrigues and fine parties and wise and brilliant personages Rawdon felt himself more and more isolated every day. He was allowed to go to the club more; to dine abroad with bachelor friends; to come and go when he liked, without any questions being asked. And he and Rawdon the younger many a time would walk to Gaunt Street and sit with the lady and the children there while Sir Pitt was closeted with Rebecca, on his way to the House, or on his return from it.

Der ehemalige Oberst saß oft stundenlang schweigend im Hause seines Bruders und dachte und tat sowenig wie möglich. Er war froh, wenn man ihm etwas zu erledigen gab, zum Beispiel Erkundigungen über ein Pferd oder einen Dienstboten einzuholen oder beim Essen den Kindern den Hammelbraten vorzuschneiden. Er war zur Trägheit und Unterwürfigkeit verschüchtert worden. Delila hatte ihn gefangen und ihm das Haar abgeschnitten. Das kühne und sorglose junge Blut von vor zehn Jahren war unterjocht und in einen trägen, unterwürfigen, beleibten Herrn mittleren Alters verwandelt worden.

 

The ex-Colonel would sit for hours in his brother’s house very silent, and thinking and doing as little as possible. He was glad to be employed of an errand; to go and make inquiries about a horse or a servant, or to carve the roast mutton for the dinner of the children. He was beat and cowed into laziness and submission. Delilah had imprisoned him and cut his hair off, too. The bold and reckless young blood of ten-years back was subjugated and was turned into a torpid, submissive, middle-aged, stout gentleman.

Die arme Lady Jane wußte, daß Rebekka ihr den Mann weggefangen hatte, obwohl sie und Mrs. Rawdon immer, wenn sie sich trafen, einander mit »meine Liebe« und »meine Teure« anredeten.

 

And poor Lady Jane was aware that Rebecca had captivated her husband, although she and Mrs. Rawdon my-deared and my-loved each other every day they met.


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