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52. Kapitel / Chapter 52

In dem sich Lord Steyne in einem sehr liebenswürdigen Licht zeigt / In Which Lord Steyne Shows Himself in a Most Amiable Light

Wenn Lord Steyne jemandem Gutes tun wollte, so tat er es nicht halb, und seine Güte gegen die Familie Crawley machte seinem Charakterisierungsvermögen alle Ehre. Der Lord dehnte sein Wohlwollen auf den kleinen Rawdon aus. Er machte die Eltern des Knaben aufmerksam, wie nötig es sei, ihn in eine gute Schule zu schicken, und meinte, der Junge befinde sich in einem Alter, wo ihm der Wetteifer, die Anfangsgründe der lateinischen Sprache, Boxübungen und die Gesellschaft von Schulkameraden von großem Nutzen seien. Sein Vater wandte ein, er sei nicht reich genug, den Knaben auf eine solche Schule zu schicken, und seine Mutter meinte, die Briggs sei eine ausgezeichnete Lehrerin für ihn, denn sie habe ihn (und das war auch wirklich der Fall) im Englischen, in den Anfangsgründen des Lateinischen und in allgemeinen Kenntnissen sehr weit gebracht, aber alle diese Einwendungen schmolzen vor der großmütigen Ausdauer von Lord Steyne. Der Marquis gehörte zum Vorstand der berühmten alten Schule, die unter dem Namen Whitefriars bekannt ist. In alten Tagen, als das benachbarte Smithfield noch Turnierplatz war, hatte dort ein Zisterzienserkloster gestanden. Man brachte hartnäckige Ketzer zum Verbrennen hierher. Heinrich VIII., der Verteidiger des Glaubens, beschlagnahmte das Kloster und dessen Besitzungen und ließ einige von den Mönchen, die sich seinen Reformen nicht anpassen konnten, foltern und hängen. Schließlich kaufte ein großer Kaufmann das Haus und das umliegende Land und errichtete dort mit Hilfe anderer reicher Spenden an Geld und Land ein berühmtes Stift für Alte und Kinder. Eine Schule entstand neben der alten, fast klösterlichen Stiftung, die mit ihren mittelalterlichen Kostümen und Gebräuchen noch immer besteht, und alle Zisterzienser beten, daß sie noch lange blühen möge.

 

When Lord Steyne was benevolently disposed, he did nothing by halves, and his kindness towards the Crawley family did the greatest honour to his benevolent discrimination. His lordship extended his good-will to little Rawdon: he pointed out to the boy’s parents the necessity of sending him to a public school, that he was of an age now when emulation, the first principles of the Latin language, pugilistic exercises, and the society of his fellow-boys would be of the greatest benefit to the boy. His father objected that he was not rich enough to send the child to a good public school; his mother that Briggs was a capital mistress for him, and had brought him on (as indeed was the fact) famously in English, the Latin rudiments, and in general learning: but all these objections disappeared before the generous perseverance of the Marquis of Steyne. His lordship was one of the governors of that famous old collegiate institution called the Whitefriars. It had been a Cistercian Convent in old days, when the Smithfield, which is contiguous to it, was a tournament ground. Obstinate heretics used to be brought thither convenient for burning hard by. Henry VIII, the Defender of the Faith, seized upon the monastery and its possessions and hanged and tortured some of the monks who could not accommodate themselves to the pace of his reform. Finally, a great merchant bought the house and land adjoining, in which, and with the help of other wealthy endowments of land and money, he established a famous foundation hospital for old men and children. An extern school grew round the old almost monastic foundation, which subsists still with its middle-age costume and usages — and all Cistercians pray that it may long flourish.

Zum Vorstand dieses berühmten Hauses gehörten einige der höchsten Adligen, Prälaten und Würdenträger Englands, und da die Knaben sehr gut untergebracht, ernährt und erzogen werden und später reichliche Stipendien an der Universität und gute Einkünfte in der Kirche bekommen, so weiht man manchen jungen Herrn von zartester Kindheit an dem Dienst in der Theologie und bewirbt sich mit großem Eifer um Stellen in der Schule. Sie war ursprünglich für die Söhne armer verdienter Geistlicher und Laien bestimmt gewesen. Aber viele der adligen Schulvorsteher wählten mit launenhaftem und übertriebenem Wohlwollen alle möglichen Gegenstände für ihre Großherzigkeit. Es war ein ausgezeichnetes Mittel, eine gute Erziehung und ein späteres reichliches Auskommen umsonst zu erhalten, daß einige der Reichsten es nicht verschmähten. Nicht nur die Verwandten der Vornehmen, sondern auch die Vornehmen selbst schickten ihre Söhne dahin, um aus dieser Gelegenheit ihren Vorteil zu ziehen. Hohe Kirchenfürsten schickten ihre eigenen Verwandten oder die Söhne ihrer Geistlichen, während es auf der anderen Seite auch vornehme Adlige gab, die sich nicht zu fein vorkamen, die Kinder treuer Diener unter ihre Fittiche zu nehmen. Wenn ein Knabe also in das Institut eintrat, so geriet er in eine sehr vielschichtige jugendliche Gesellschaft.

 

Of this famous house, some of the greatest noblemen, prelates, and dignitaries in England are governors: and as the boys are very comfortably lodged, fed, and educated, and subsequently inducted to good scholarships at the University and livings in the Church, many little gentlemen are devoted to the ecclesiastical profession from their tenderest years, and there is considerable emulation to procure nominations for the foundation. It was originally intended for the sons of poor and deserving clerics and laics, but many of the noble governors of the Institution, with an enlarged and rather capricious benevolence, selected all sorts of objects for their bounty. To get an education for nothing, and a future livelihood and profession assured, was so excellent a scheme that some of the richest people did not disdain it; and not only great men’s relations, but great men themselves, sent their sons to profit by the chance — Right Rev. prelates sent their own kinsmen or the sons of their clergy, while, on the other hand, some great noblemen did not disdain to patronize the children of their confidential servants — so that a lad entering this establishment had every variety of youthful society wherewith to mingle.

Obwohl Rawdon Crawley außer dem Rennkalender kein Buch studiert hatte und seine Erinnerungen an die Wissenschaft hauptsächlich um die Prügel kreisten, die er in seiner Jugendzeit in Eton erhalten hatte, so besaß er doch vor der klassischen Gelehrsamkeit die anständige und ehrliche Achtung eines englischen Gentlemans, und er freute sich bei dem Gedanken, daß sein Sohn dann vielleicht lebenslänglich versorgt war und Gelegenheit hatte, ein Gelehrter zu werden. Zwar war der Knabe sein großer Trost und liebster Gefährte, und tausend kleine Fäden verbanden beide (mit seiner Frau konnte er darüber nicht sprechen, sie hatte bisher nur Gleichgültigkeit gegen ihren Sohn bewiesen), doch fand er sich sogleich zu einer Trennung bereit. Für des kleinen Burschen zukünftiges Wohl gab er seinen einzigen Trost auf. Erst als er den Jungen gehen lassen mußte, wußte er, wie lieb er ihn hatte. Als er Abschied genommen hatte, war er trauriger und niedergeschlagener, als er zugeben mochte – viel trauriger als der Knabe, der sich freute, einen neuen Lebensabschnitt anzufangen und gleichaltrige Gefährten zu finden. Becky lachte ein paarmal laut auf, als der Oberst in seiner ungeschickten und stockenden Weise seinen sentimentalen Kummer über den Weggang des Jungen auszudrücken versuchte. Der arme Kerl fühlte, daß ihm seine reinste Freude und der beste Freund entrissen war. Oft blickte er sehnsüchtig auf das leere Bettchen in seinem Ankleidezimmer, wo das Kind geschlafen hatte. Besonders schmerzlich vermißte er ihn morgens, wenn er lustlos ohne ihn im Park spazierenging. Erst als der kleine Rawdon fort war, merkte er, wie einsam er eigentlich war. Die, die den Kleinen liebten, hatte er auch gern, und stundenlang konnte er bei seiner gutherzigen Schwägerin Lady Jane sitzen und mit ihr über die Tugenden, das gute Aussehen und hundert andere hervorragende Eigenschaften des Kindes plaudern.

 

Rawdon Crawley, though the only book which he studied was the Racing Calendar, and though his chief recollections of polite learning were connected with the floggings which he received at Eton in his early youth, had that decent and honest reverence for classical learning which all English gentlemen feel, and was glad to think that his son was to have a provision for life, perhaps, and a certain opportunity of becoming a scholar. And although his boy was his chief solace and companion, and endeared to him by a thousand small ties, about which he did not care to speak to his wife, who had all along shown the utmost indifference to their son, yet Rawdon agreed at once to part with him and to give up his own greatest comfort and benefit for the sake of the welfare of the little lad. He did not know how fond he was of the child until it became necessary to let him go away. When he was gone, he felt more sad and downcast than he cared to own — far sadder than the boy himself, who was happy enough to enter a new career and find companions of his own age. Becky burst out laughing once or twice when the Colonel, in his clumsy, incoherent way, tried to express his sentimental sorrows at the boy’s departure. The poor fellow felt that his dearest pleasure and closest friend was taken from him. He looked often and wistfully at the little vacant bed in his dressing-room, where the child used to sleep. He missed him sadly of mornings and tried in vain to walk in the park without him. He did not know how solitary he was until little Rawdon was gone. He liked the people who were fond of him, and would go and sit for long hours with his good-natured sister Lady Jane, and talk to her about the virtues, and good looks, and hundred good qualities of the child.

Die Tante liebte, wie gesagt, den kleinen Rawdon sehr, und auch ihr kleines Mädchen vergoß reichliche Tränen, als die Abschiedsstunde schlug. Rawdon der Ältere war Mutter und Tochter für ihre Liebe dankbar. Seine besten und ehrlichsten Gefühle kamen zum Vorschein, wenn er, von ihrem Mitgefühl ermuntert, diesen offenherzigen Ergüssen seiner Vaterliebe freien Lauf ließ. Er erwarb sich mit diesen Gefühlen nicht nur Lady Janes Wohlwollen, sondern auch ihre aufrichtige Achtung, während er sie seiner Frau gegenüber verbergen mußte. Die beiden Schwägerinnen mieden sich, wo sie nur konnten. Becky lachte höhnisch über Lady Janes weiches Gemüt, und deren liebevolle sanfte Natur wiederum konnte nicht umhin, sich gegen die Gefühllosigkeit ihrer Schwägerin zu empören.

 

Young Rawdon’s aunt, we have said, was very fond of him, as was her little girl, who wept copiously when the time for her cousin’s departure came. The elder Rawdon was thankful for the fondness of mother and daughter. The very best and honestest feelings of the man came out in these artless outpourings of paternal feeling in which he indulged in their presence, and encouraged by their sympathy. He secured not only Lady Jane’s kindness, but her sincere regard, by the feelings which he manifested, and which he could not show to his own wife. The two kinswomen met as seldom as possible. Becky laughed bitterly at Jane’s feelings and softness; the other’s kindly and gentle nature could not but revolt at her sister’s callous behaviour.

Das alles entfremdete Rawdon seiner Frau mehr, als er wußte oder sich eingestand. Sie dagegen kümmerte sich um diese Entfremdung nicht. Ja sie vermißte weder ihn noch sonst jemanden. Sie betrachtete ihn als ihren Boten und demütigen Sklaven. Er mochte noch so bedrückt oder mürrisch sein – sie bemerkte entweder nichts oder lächelte nur höhnisch. Sie dachte nur an ihre Stellung, ihre Vergnügungen und ihr Fortkommen in der Gesellschaft. Ganz sicher hätte sie einen bedeutenden Platz darin einnehmen sollen.

 

It estranged Rawdon from his wife more than he knew or acknowledged to himself. She did not care for the estrangement. Indeed, she did not miss him or anybody. She looked upon him as her errand-man and humble slave. He might be ever so depressed or sulky, and she did not mark his demeanour, or only treated it with a sneer. She was busy thinking about her position, or her pleasures, or her advancement in society; she ought to have held a great place in it, that is certain.

Nicht sie, sondern die gute Briggs hatte dem Knaben die Sachen gepackt, die er zur Schule mitnehmen sollte. Molly, das Hausmädchen, schluchzte im Hausflur, als er fortging – Molly, freundlich und ergeben, obwohl man ihr seit langem den Lohn schuldete. Rawdon wollte den Jungen zur Schule bringen, aber Mrs. Becky konnte ihm den Wagen nicht zur Verfügung stellen. Mit den Pferden in die Stadt fahren – das war ja unerhört! Soll er doch eine Droschke kommen lassen. Sie bot dem Jungen keinen Kuß, als er ging, und das Kind machte auch keine Anstalten, sie zu umarmen. Der alten Briggs gab er einen Kuß, obwohl er ihr gegenüber im allgemeinen mit Liebkosungen zurückhaltend war, und tröstete sie mit dem Hinweis, daß er an den Sonnabenden immer nach Hause kommen würde und sie ihn dann sehen könnte. Als die Droschke nach der Stadt rollte, ratterte Beckys Wagen zum Park. Sie lachte und scherzte mit einem Dutzend junger Stutzer an der Serpentine, als Vater und Sohn durch die alten Pforten die Schule betraten. Rawdon ließ das Kind dort zurück und fuhr mit einem traurigeren, reineren Gefühl im Herzen ab, als es der arme gebeugte Bursche je gekannt hatte, seit er selbst das Kinderzimmer verlassen hatte.

 

It was honest Briggs who made up the little kit for the boy which he was to take to school. Molly, the housemaid, blubbered in the passage when he went away — Molly kind and faithful in spite of a long arrear of unpaid wages. Mrs. Becky could not let her husband have the carriage to take the boy to school. Take the horses into the City! — such a thing was never heard of. Let a cab be brought. She did not offer to kiss him when he went, nor did the child propose to embrace her; but gave a kiss to old Briggs (whom, in general, he was very shy of caressing), and consoled her by pointing out that he was to come home on Saturdays, when she would have the benefit of seeing him. As the cab rolled towards the City, Becky’s carriage rattled off to the park. She was chattering and laughing with a score of young dandies by the Serpentine as the father and son entered at the old gates of the school — where Rawdon left the child and came away with a sadder purer feeling in his heart than perhaps that poor battered fellow had ever known since he himself came out of the nursery.

Trübselig wanderte er den ganzen Weg zurück und aß mit der Briggs allein Abendbrot. Er war sehr freundlich zu ihr und dankbar für die Liebe und Obhut, die der Knabe bei ihr gefunden hatte. Ihn plagte das Gewissen, daß er von der Briggs Geld geborgt und geholfen hatte, sie zu betrügen. Sie sprachen lange über den kleinen Rawdon, denn Becky kam nur nach Hause, um sich umzuziehen und zum Diner zu fahren. Dann ging er voller Unruhe zu Lady Jane zum Tee, um ihr zu erzählen, was geschehen war und daß sich der kleine Rawdon sehr tapfer gehalten habe, und er werde einen langen Umhang und kleine Kniehosen tragen, und der junge Blackball, der Sohn Jack Blackballs vom alten Regiment, habe sich seiner angenommen und versprochen, freundlich zu ihm zu sein.

 

He walked all the way home very dismally, and dined alone with Briggs. He was very kind to her and grateful for her love and watchfulness over the boy. His conscience smote him that he had borrowed Briggs’s money and aided in deceiving her. They talked about little Rawdon a long time, for Becky only came home to dress and go out to dinner — and then he went off uneasily to drink tea with Lady Jane, and tell her of what had happened, and how little Rawdon went off like a trump, and how he was to wear a gown and little knee-breeches, and how young Blackball, Jack Blackball’s son, of the old regiment, had taken him in charge and promised to be kind to him.

Im Laufe einer Woche hatte der junge Blackball Rawdon zu seinem Fuchs, Schuhputzer und Frühstücksbrotröster ernannt, ihn in die Geheimnisse der lateinischen Grammatik eingeweiht und drei- oder viermal geprügelt, wenn auch nicht sehr. Das gutmütige, ehrliche Gesicht des kleinen Burschen gewann ihm die Herzen aller. Er erhielt nur so viel Schläge, wie zweifellos gut für ihn waren, und galten das Schuhputzen, Brotrösten und die Dienste als Fuchs nicht im allgemeinen als notwendige Erfordernisse der Erziehung eines englischen Gentlemans?

 

In the course of a week, young Blackball had constituted little Rawdon his fag, shoe-black, and breakfast toaster; initiated him into the mysteries of the Latin Grammar; and thrashed him three or four times, but not severely. The little chap’s good-natured honest face won his way for him. He only got that degree of beating which was, no doubt, good for him; and as for blacking shoes, toasting bread, and fagging in general, were these offices not deemed to be necessary parts of every young English gentleman’s education?

Es ist jedoch nicht unsere Aufgabe, uns mit der zweiten Generation und Master Rawdons Schulerlebnissen zu befassen, denn dann würde unsere Erzählung unendlich lang werden. Kurze Zeit darauf besuchte der Oberst seinen Sohn. Er fand ihn gesund und munter vor, und der kleine Bursche lachte ihn in seinem kleinen schwarzen Umhang und den Kniehosen glücklich an.

 

Our business does not lie with the second generation and Master Rawdon’s life at school, otherwise the present tale might be carried to any indefinite length. The Colonel went to see his son a short time afterwards and found the lad sufficiently well and happy, grinning and laughing in his little black gown and little breeches.

Klugerweise schenkte der Vater dem jungen Blackball, dem Herrn seines Sohnes, einen Sovereign und sicherte damit das Wohlwollen dieses Gentlemans gegen seinen Fuchs. Da er der Schützling des großen Lord Steyne, der Neffe eines Parlamentsmitgliedes und der Sohn eines mit dem Bath-Orden ausgezeichneten Obersten war, dessen Name in der »Morning Post« erwähnt wurde, zusammen mit anderen, die bei den vornehmsten Gesellschaften anwesend waren, zeigte sich die Schulleitung dem Knaben gegenüber nicht abgeneigt. Er verfügte über ein reichliches Taschengeld, das er dazu verwendete, seinen Kameraden Himbeertörtchen zu spendieren, und an den Sonnabenden durfte er oft heim zu seinem Vater, der aus diesem Tag dann stets ein Fest machte. Wenn Rawdon Zeit hatte, nahm er ihn mit ins Theater, oder er schickte ihn mit dem Diener hin, und sonntags ging er mit der Briggs, Lady Jane und ihren Kindern zur Kirche. Rawdon bewunderte seine Schulgeschichten, seine Prügeleien und seine Dienste als Fuchs. Nach kurzer Zeit kannte er die Namen aller Lehrer und wichtigsten Schüler ebenso gut wie Rawdon selbst. Er lud seinen Schulfreund ein und verdarb den beiden Kindern nach dem Theater den Magen mit Süßigkeiten, Austern und Porter. Er versuchte ein weises Gesicht zu machen, als ihm der kleine Rawdon zeigte, wo in der lateinischen Grammatik er gerade »war«. »Bleib dabei, mein Junge«, sagte er sehr ernsthaft zu ihm. »Es geht nichts über eine gute klassische Bildung, nichts!«

 

His father sagaciously tipped Blackball, his master, a sovereign, and secured that young gentleman’s good-will towards his fag. As a protege of the great Lord Steyne, the nephew of a County member, and son of a Colonel and C.B., whose name appeared in some of the most fashionable parties in the Morning Post, perhaps the school authorities were disposed not to look unkindly on the child. He had plenty of pocket-money, which he spent in treating his comrades royally to raspberry tarts, and he was often allowed to come home on Saturdays to his father, who always made a jubilee of that day. When free, Rawdon would take him to the play, or send him thither with the footman; and on Sundays he went to church with Briggs and Lady Jane and his cousins. Rawdon marvelled over his stories about school, and fights, and fagging. Before long, he knew the names of all the masters and the principal boys as well as little Rawdon himself. He invited little Rawdon’s crony from school, and made both the children sick with pastry, and oysters, and porter after the play. He tried to look knowing over the Latin grammar when little Rawdon showed him what part of that work he was “in.” “Stick to it, my boy,” he said to him with much gravity, “there’s nothing like a good classical education! Nothing!”

Beckys Verachtung gegen ihren Mann wuchs täglich. »Tu, was du willst – iß, wo es dir gefällt – trink Ingwerbier und amüsier dich bei Astley oder sing Psalmen mit Lady Jane, nur verlang nicht von mir, daß ich mich mit dem Jungen beschäftigen soll. Ich muß deine Interessen vertreten, da du selbst das ja nicht kannst. Ich möchte wissen, wo du jetzt wärst und welche gesellschaftliche Stellung du jetzt einnehmen würdest, wenn ich mich nicht um dich gekümmert hätte!« Tatsächlich fragte in den Gesellschaften, die Becky besuchte, niemand nach dem armen alten Rawdon. Oft wurde sie sogar ohne ihn eingeladen. Sie sprach über die Vornehmen, als ob Mayfair ihr allein gehörte, und wenn Hoftrauer angesetzt war, ging sie in Schwarz.

 

Becky’s contempt for her husband grew greater every day. “Do what you like — dine where you please — go and have ginger-beer and sawdust at Astley’s, or psalm-singing with Lady Jane — only don’t expect me to busy myself with the boy. I have your interests to attend to, as you can’t attend to them yourself. I should like to know where you would have been now, and in what sort of a position in society, if I had not looked after you.” Indeed, nobody wanted poor old Rawdon at the parties whither Becky used to go. She was often asked without him now. She talked about great people as if she had the fee-simple of May Fair, and when the Court went into mourning, she always wore black.

Nachdem der kleine Rawdon versorgt war, dachte Lord Steyne, der so väterlichen Anteil an den Angelegenheiten dieser liebenswürdigen, aber armen Familie nahm, daß sich ihre Ausgaben vorteilhaft vermindern würden, wenn Miss Briggs ginge, und Becky sei doch wohl klug genug, ihren Haushalt selbst zu führen. In einem früheren Kapitel haben wir berichtet, daß dieser wohltätige Edelmann seinem Schützling Geld gegeben hatte, damit sie ihre kleine Schuld an Miss Briggs bezahlen könnte. Da die alte Jungfer jedoch bei ihren Freunden blieb, gewann der Marquis die schmerzliche Überzeugung, daß Mrs. Crawley das Geld des großmütigen Beschützers zu einem anderen Zweck als dem angegebenen verbraucht hatte. Lord Steyne war jedoch nicht so taktlos, Mrs. Rawdon seinen Verdacht auf den Kopf zuzusagen. Ihre Gefühle hätten durch eine Auseinandersetzung über das Geld verletzt werden können, und außerdem hätte sie tausend andere schmerzliche Gründe haben können, das edelmütige Darlehen Seiner Lordschaft anderweitig zu verwenden. Er beschloß jedoch, den wahren Sachverhalt herauszubekommen, und holte die nötigen Erkundigungen höchst vorsichtig und taktvoll ein.

 

Little Rawdon being disposed of, Lord Steyne, who took such a parental interest in the affairs of this amiable poor family, thought that their expenses might be very advantageously curtailed by the departure of Miss Briggs, and that Becky was quite clever enough to take the management of her own house. It has been narrated in a former chapter how the benevolent nobleman had given his protegee money to pay off her little debt to Miss Briggs, who however still remained behind with her friends; whence my lord came to the painful conclusion that Mrs. Crawley had made some other use of the money confided to her than that for which her generous patron had given the loan. However, Lord Steyne was not so rude as to impart his suspicions upon this head to Mrs. Becky, whose feelings might be hurt by any controversy on the money-question, and who might have a thousand painful reasons for disposing otherwise of his lordship’s generous loan. But he determined to satisfy himself of the real state of the case, and instituted the necessary inquiries in a most cautious and delicate manner.

Zunächst benutzte er die erste beste Gelegenheit, Miss Briggs auszufragen. Das war kein schwieriges Unterfangen. Schon ein kleiner Anstoß genügte, daß die ehrliche Frau geschwätzig ihr Herz ausschüttete. Eines Tages war Mrs. Rawdon ausgefahren, wie Mr. Fiche, der vertraute Diener des Lords, in den Pferdeställen erfuhr, wo Mr. und Mrs. Crawley ihre Equipage hielten oder vielmehr wo der Pferdeverleiher eine Equipage für Mr. und Mrs. Crawley hielt. Der Marquis sprach in der Curzon Street vor, bat die Briggs um eine Tasse Kaffee, erzählte ihr, daß er gute Nachrichten von dem kleinen Jungen in der Schule habe, und hatte binnen fünf Minuten erfahren, daß Mrs. Rawdon ihr nichts gegeben hatte als ein schwarzes Seidenkleid, wofür ihr Miss Briggs ungeheuer dankbar war.

 

In the first place he took an early opportunity of pumping Miss Briggs. That was not a difficult operation. A very little encouragement would set that worthy woman to talk volubly and pour out all within her. And one day when Mrs. Rawdon had gone out to drive (as Mr. Fiche, his lordship’s confidential servant, easily learned at the livery stables where the Crawleys kept their carriage and horses, or rather, where the livery-man kept a carriage and horses for Mr. and Mrs. Crawley) — my lord dropped in upon the Curzon Street house — asked Briggs for a cup of coffee — told her that he had good accounts of the little boy at school — and in five minutes found out from her that Mrs. Rawdon had given her nothing except a black silk gown, for which Miss Briggs was immensely grateful.

Er lachte innerlich über diese harmlose Geschichte. Unsere liebe Freundin Rebekka hatte ihm nämlich ausführlich dargestellt, wie entzückt: die Briggs beim Empfang ihres Geldes – elfhundertundfünfundzwanzig Pfund – gewesen sei und wie sie es angelegt habe. Dabei hatte sie ihm auch erzählt, wie schmerzlich es für sie gewesen sei, eine so schöne Summe auszahlen zu müssen. Vielleicht hatte die liebe Frau auch im Innern gedacht: Wer weiß, ob er mir nicht noch etwas gibt. Der Marquis hatte jedoch der kleinen Ränkeschmiedin kein derartiges Angebot gemacht. Höchstwahrscheinlich meinte er, er sei bereits großmütig genug gewesen.

 

He laughed within himself at this artless story. For the truth is, our dear friend Rebecca had given him a most circumstantial narration of Briggs’s delight at receiving her money — eleven hundred and twenty-five pounds — and in what securities she had invested it; and what a pang Becky herself felt in being obliged to pay away such a delightful sum of money. “Who knows,” the dear woman may have thought within herself, “perhaps he may give me a little more?” My lord, however, made no such proposal to the little schemer — very likely thinking that he had been sufficiently generous already.

Neugierig fragte er dann Miss Briggs über ihre Privatangelegenheiten aus, und sie erzählte dem Lord freimütig, in welcher Lage sie war – daß Miss Crawley ihr eine kleine Erbschaft hinterlassen habe, daß ihre Verwandten einen Teil davon erhalten hätten, daß Oberst Crawley einen anderen Teil zu besten Bedingungen für sie angelegt habe und daß Mr. und Mrs. Crawley sich freundlicherweise bei Sir Pitt für sie verwendet hätten und dieser, wenn er Zeit habe, den Rest höchst vorteilhaft für sie anlegen werde. Lord Steyne fragte, wieviel der Oberst bereits für sie angelegt habe, und Miss Briggs erzählte sofort aufrichtig, daß es sich um etwas mehr als sechshundert Pfund handele.

 

He had the curiosity, then, to ask Miss Briggs about the state of her private affairs — and she told his lordship candidly what her position was — how Miss Crawley had left her a legacy — how her relatives had had part of it — how Colonel Crawley had put out another portion, for which she had the best security and interest — and how Mr. and Mrs. Rawdon had kindly busied themselves with Sir Pitt, who was to dispose of the remainder most advantageously for her, when he had time. My lord asked how much the Colonel had already invested for her, and Miss Briggs at once and truly told him that the sum was six hundred and odd pounds.

Sobald sie jedoch ihren Bericht beendet hatte, bereute die geschwätzige Briggs ihre Offenherzigkeit und flehte den Marquis an, Mr. Crawley von ihrem Geständnis nichts zu erzählen. Der Oberst sei so freundlich, und er könnte beleidigt sein und das Geld zurückzahlen, und es sei ihr unmöglich, anderswo so hohe Zinsen dafür zu erhalten. Lord Steyne versprach ihr lachend, von ihrer Unterhaltung nichts verraten zu wollen, und als er sich von der Briggs getrennt hatte, lachte er noch mehr.

 

But as soon as she had told her story, the voluble Briggs repented of her frankness and besought my lord not to tell Mr. Crawley of the confessions which she had made. “The Colonel was so kind — Mr. Crawley might be offended and pay back the money, for which she could get no such good interest anywhere else.” Lord Steyne, laughing, promised he never would divulge their conversation, and when he and Miss Briggs parted he laughed still more.

So ein ausgewachsener kleiner Teufel, dachte er. So eine großartige Schauspielerin und Regisseurin! Mit ihren Schmeicheleien neulich hätte sie mir fast noch einmal Geld aus der Tasche gezogen. Sie schlägt alle Frauen, die mir im Laufe meines gut genutzten Lebens je begegneten. Die sind alle kleine Kinder gegen sie. Ich selbst bin in ihren Händen ein Grünschnabel und ein Narr – ein alter Narr. Im Lügen ist sie unübertrefflich. Die Bewunderung des Lords für Becky stieg nach diesem Beweis ihrer Schlauheit ins unermeßliche. Das Geld zu bekommen war nichts – aber das Zweifache dessen, was sie brauchte, zu bekommen und niemanden zu bezahlen – das war ein toller Streich. Und Crawley, dachte der Marquis, Crawley ist nicht so dumm, wie er aussieht. Er hat die Sache von seinem Standpunkt aus schlau genug angefangen. Seinem Aussehen und Benehmen nach hätte nie jemand von ihm geglaubt, daß er von dieser Geldgeschichte etwas ahnte; dabei hat er sie doch wohl erst dazu gebracht und das Geld dann ausgegeben. Diese Ansicht des Marquis war, wie wir wissen, unrichtig; sie hatte aber seine Haltung gegenüber Oberst Crawley beeinflußt, und er behandelte ihn jetzt nicht einmal mehr mit dem Schein von Achtung, den er diesem Herrn früher erwiesen hatte. Mrs. Crawleys Gönner kam es nie in den Sinn, daß die kleine Dame ein Privatvermögen anhäufen könnte. Er beurteilte – wenn die Wahrheit gesagt werden muß – Oberst Crawley nach der Erfahrung, die er im Laufe seines langen, gut genutzten Lebens bei anderen Ehemännern gemacht hatte, und dieses Leben hatte ihn mit den menschlichen Schwächen bekannt gemacht. Der Marquis hatte in seinem Leben so viele Männer gekauft, daß wir ihm gewiß verzeihen müssen, wenn er glaubte, den Preis auch dieses einen gefunden zu haben.

 

“What an accomplished little devil it is!” thought he. “What a splendid actress and manager! She had almost got a second supply out of me the other day; with her coaxing ways. She beats all the women I have ever seen in the course of all my well-spent life. They are babies compared to her. I am a greenhorn myself, and a fool in her hands — an old fool. She is unsurpassable in lies.” His lordship’s admiration for Becky rose immeasurably at this proof of her cleverness. Getting the money was nothing — but getting double the sum she wanted, and paying nobody — it was a magnificent stroke. And Crawley, my lord thought — Crawley is not such a fool as he looks and seems. He has managed the matter cleverly enough on his side. Nobody would ever have supposed from his face and demeanour that he knew anything about this money business; and yet he put her up to it, and has spent the money, no doubt. In this opinion my lord, we know, was mistaken, but it influenced a good deal his behaviour towards Colonel Crawley, whom he began to treat with even less than that semblance of respect which he had formerly shown towards that gentleman. It never entered into the head of Mrs. Crawley’s patron that the little lady might be making a purse for herself; and, perhaps, if the truth must be told, he judged of Colonel Crawley by his experience of other husbands, whom he had known in the course of the long and well-spent life which had made him acquainted with a great deal of the weakness of mankind. My lord had bought so many men during his life that he was surely to be pardoned for supposing that he had found the price of this one.

Bei der nächsten Gelegenheit, als er Becky allein traf, hielt er ihr die Sache vor und machte ihr gutgelaunte Komplimente darüber, wie schlau sie es angestellt hatte, mehr herauszuschlagen, als sie brauchte. Becky war nicht sehr bestürzt. Das liebe Geschöpfchen blieb im allgemeinen bei der Wahrheit, aber wenn es nötig wurde, konnte sie ganz geläufig lügen. So hatte sie sofort eine andere nette, plausible, ausführliche Geschichte bereit, die sie ihrem Gönner auftischte. Ihre frühere Erklärung sei eine Lüge gewesen – eine gottlose Lüge; sie gebe es zu. Wer hätte sie aber dazu veranlaßt? »Ach, Mylord«, sagte sie, »Sie wissen nicht, was ich zu leiden habe und stillschweigend ertrage. Sie sehen mich lustig und glücklich – Sie wissen nicht, was ich erdulden muß, wenn kein Beschützer in der Nähe ist. Mein Mann war es, der mich durch Drohungen und die entsetzlichste Behandlung zwang, Sie um die Summe zu bitten und eine Lüge zu erzählen. Da er voraussah, daß wir nach der Verwendung des Geldes gefragt würden, zwang er mich, so darüber Rechenschaft zu geben, wie ich es tat. Er nahm das Geld, und er erzählte mir, er habe es Miss Briggs zurückgezahlt. Ich wollte nicht an seinen Worten zweifeln und wagte auch nicht, es zu tun. Verzeihen Sie einem Unglücklichen das Unrecht, das zu begehen er gezwungen ist, und haben Sie Mitleid mit einer armen, geplagten Frau.« Bei diesen Worten brach sie in Tränen aus. Nie hat verfolgte Tugend bezaubernder und unglücklicher ausgesehen!

 

He taxed Becky upon the point on the very first occasion when he met her alone, and he complimented her, good-humouredly, on her cleverness in getting more than the money which she required. Becky was only a little taken aback. It was not the habit of this dear creature to tell falsehoods, except when necessity compelled, but in these great emergencies it was her practice to lie very freely; and in an instant she was ready with another neat plausible circumstantial story which she administered to her patron. The previous statement which she had made to him was a falsehood — a wicked falsehood — she owned it. But who had made her tell it? “Ah, my Lord,” she said, “you don’t know all I have to suffer and bear in silence; you see me gay and happy before you — you little know what I have to endure when there is no protector near me. It was my husband, by threats and the most savage treatment, forced me to ask for that sum about which I deceived you. It was he who, foreseeing that questions might be asked regarding the disposal of the money, forced me to account for it as I did. He took the money. He told me he had paid Miss Briggs; I did not want, I did not dare to doubt him. Pardon the wrong which a desperate man is forced to commit, and pity a miserable, miserable woman.” She burst into tears as she spoke. Persecuted virtue never looked more bewitchingly wretched.

Als sie in Mrs. Crawleys Wagen kreuz und quer durch den Regent's Park fuhren, hatten sie eine lange Unterredung, die nicht im einzelnen wiedergegeben werden muß. Ihr Ergebnis aber war, daß Becky, nach Hause gekommen, lächelnden Gesichts auf ihre liebe Briggs zueilte und ihr verkündete, sie habe vortreffliche Nachrichten für sie. Lord Steyne habe sich sehr edel und großmütig gezeigt. Er denke stets darüber nach, wie und wann er Gutes tun könne. Jetzt, da der kleine Rawdon zur Schule gehe, habe sie eine liebe Gefährtin und Freundin nicht mehr so nötig. Sie sei sehr, sehr bekümmert, daß sie sich von der Briggs trennen müsse. Ihre Mittel erforderten, daß sie sich sehr einschränken müßten, aber ihr Kummer würde durch den Gedanken gemildert, daß ihre liebe Briggs bei ihrem großmütigen Gönner weit besser versorgt sei als in ihrem bescheidenen Heim. Mrs. Pilkington, die Haushälterin von Gauntly Hall, sei sehr alt, schwach und rheumatisch geworden. Sie sei der Aufgabe, dieses riesige Haus zu leiten, nicht mehr gewachsen und müsse sich nun nach einer Nachfolgerin umsehen. Es sei eine glänzende Stellung. Die Familie komme in zwei Jahren kaum einmal nach Gauntly Hall; die übrige Zeit hindurch sei die Haushälterin die Herrin des herrlichen Schlosses. Sie habe täglich vier Gerichte auf dem Tisch, sie werde von der Geistlichkeit und den achtbarsten Leuten der Grafschaft besucht – sei also in Wirklichkeit die Herrin von Gauntly Hall. Die beiden letzten Haushälterinnen vor Mrs. Pilkington hätten Pfarrer von Gauntly geheiratet, nur Mrs. Pilkington habe das nicht gekonnt, da sie die Tante des jetzigen Pfarrers sei. Sie solle die Stelle noch nicht gleich antreten, aber sie könne ja Mrs. Pilkington besuchen und sehen, ob sie Lust habe, ihre Nachfolgerin zu werden.

 

They had a long conversation, driving round and round the Regent’s Park in Mrs. Crawley’s carriage together, a conversation of which it is not necessary to repeat the details, but the upshot of it was that, when Becky came home, she flew to her dear Briggs with a smiling face and announced that she had some very good news for her. Lord Steyne had acted in the noblest and most generous manner. He was always thinking how and when he could do good. Now that little Rawdon was gone to school, a dear companion and friend was no longer necessary to her. She was grieved beyond measure to part with Briggs, but her means required that she should practise every retrenchment, and her sorrow was mitigated by the idea that her dear Briggs would be far better provided for by her generous patron than in her humble home. Mrs. Pilkington, the housekeeper at Gauntly Hall, was growing exceedingly old, feeble, and rheumatic: she was not equal to the work of superintending that vast mansion, and must be on the look out for a successor. It was a splendid position. The family did not go to Gauntly once in two years. At other times the housekeeper was the mistress of the magnificent mansion — had four covers daily for her table; was visited by the clergy and the most respectable people of the county — was the lady of Gauntly, in fact; and the two last housekeepers before Mrs. Pilkington had married rectors of Gauntly — but Mrs. P. could not, being the aunt of the present Rector. The place was not to be hers yet, but she might go down on a visit to Mrs. Pilkington and see whether she would like to succeed her.

Worte sind nicht imstande, die überschwengliche Dankbarkeit der Briggs zu beschreiben. Sie bedang sich nur aus, daß man dem kleinen Rawdon gestatten sollte, sie in Gauntly Hall zu besuchen. Becky versprach es – versprach alles. Als ihr Mann nach Hause kam, eilte sie ihm entgegen und teilte ihm die freudige Nachricht mit. Rawdon war froh, verteufelt froh. Hinsichtlich des Geldes der armen Briggs war ihm eine Last vom Gewissen genommen. Sie war nun jedenfalls versorgt, aber – aber sein Herz war unruhig. Irgendwie war ihm die Sache nicht geheuer. Er erzählte dem kleinen Southdown, was Lord Steyne getan hatte. Darauf sah ihn dieser mit einer Miene an, die den Oberst in Erstaunen versetzte.

 

What words can paint the ecstatic gratitude of Briggs! All she stipulated for was that little Rawdon should be allowed to come down and see her at the Hall. Becky promised this — anything. She ran up to her husband when he came home and told him the joyful news. Rawdon was glad, deuced glad; the weight was off his conscience about poor Briggs’s money. She was provided for, at any rate, but — but his mind was disquiet. He did not seem to be all right, somehow. He told little Southdown what Lord Steyne had done, and the young man eyed Crawley with an air which surprised the latter.

Er erzählte auch Lady Jane von diesem zweiten Beweis der Güte Lord Steynes. Auch sie blickte dabei so seltsam und unruhig wie Sir Pitt. »Sie ist zu klug und – und lustig, um ohne Begleitung von Gesellschaft zu Gesellschaft gehen zu dürfen«, sagten beide. »Du mußt immer bei ihr sein, Rawdon, wohin sie auch geht, und du mußt jemanden für sie finden – vielleicht eines von den Mädchen von Queen's Crawley, obwohl das etwas leichtfertige Hüterinnen für sie wären.«

 

He told Lady Jane of this second proof of Steyne’s bounty, and she, too, looked odd and alarmed; so did Sir Pitt. “She is too clever and — and gay to be allowed to go from party to party without a companion,” both said. “You must go with her, Rawdon, wherever she goes, and you must have somebody with her — one of the girls from Queen’s Crawley, perhaps, though they were rather giddy guardians for her.”

Becky mußte jemanden haben, aber es war auch klar, daß die ehrliche Briggs nicht um ihre Lebensstellung gebracht werden durfte. So schickte man sie und ihre Koffer auf die Reise, und nun waren schon zwei von Rawdons Vorposten in der Hand des Feindes.

 

Somebody Becky should have. But in the meantime it was clear that honest Briggs must not lose her chance of settlement for life, and so she and her bags were packed, and she set off on her journey. And so two of Rawdon’s out-sentinels were in the hands of the enemy.

Sir Pitt besuchte seine Schwägerin und machte ihr Vorstellungen wegen der Entlassung der Briggs und anderer heikler Familienangelegenheiten. Umsonst deutete sie an, wie notwendig Lord Steynes Protektion für ihren armen Mann sei und wie grausam es von ihnen sein würde, die Briggs um die angebotene Stelle zu bringen. Schmeicheleien, Lächeln, Tränen – nichts war imstande, Sir Pitt zu beruhigen, und er hatte mit seiner einst so bewunderten Becky eine Auseinandersetzung, die einem Streit sehr nahekam. Er sprach von der Familienehre und dem unbefleckten Ruf der Crawleys, ereiferte sich darüber, daß sie diese jungen Franzosen – ungezügelte junge Lebemänner – und sogar Lord Steyne selbst empfing. Sein Wagen stehe stets vor ihrer Tür, er verbringe täglich Stunden in ihrer Gesellschaft, und seine beständigen Besuche bei ihr veranlaßten die Welt, über sie zu reden. Als Oberhaupt der Familie flehte er sie an, vorsichtiger zu sein. Die Gesellschaft spreche bereits geringschätzig von ihr. Lord Steyne sei zwar ein Edelmann von höchstem Stande und größten Talenten, aber doch ein Mensch, dessen Aufmerksamkeit jede Frau kompromittiere – er bat seine Schwägerin, flehte sie an, ja befahl ihr, im Verkehr mit dem Marquis auf der Hut zu sein.

 

Sir Pitt went and expostulated with his sister-in-law upon the subject of the dismissal of Briggs and other matters of delicate family interest. In vain she pointed out to him how necessary was the protection of Lord Steyne for her poor husband; how cruel it would be on their part to deprive Briggs of the position offered to her. Cajolements, coaxings, smiles, tears could not satisfy Sir Pitt, and he had something very like a quarrel with his once admired Becky. He spoke of the honour of the family, the unsullied reputation of the Crawleys; expressed himself in indignant tones about her receiving those young Frenchmen — those wild young men of fashion, my Lord Steyne himself, whose carriage was always at her door, who passed hours daily in her company, and whose constant presence made the world talk about her. As the head of the house he implored her to be more prudent. Society was already speaking lightly of her. Lord Steyne, though a nobleman of the greatest station and talents, was a man whose attentions would compromise any woman; he besought, he implored, he commanded his sister-in-law to be watchful in her intercourse with that nobleman.

Becky versprach alles, was Pitt verlangte, aber Lord Steyne kam ebensooft zu ihr wie vorher, und Sir Pitts Zorn wuchs. Ob Lady Jane wohl erzürnt war, oder freute sie sich, daß ihr Mann endlich an seinem Liebling Rebekka etwas auszusetzen hatte? Da Lord Steyne seine Besuche fortsetzte, hörten die seinigen auf, und seine Frau schlug vor, jeden weiteren Verkehr mit dem Marquis abzubrechen und die Einladung zu dem Scharadenabend, die ihr die Marquise geschickt hatte, auszuschlagen; Sir Pitt hielt es jedoch für notwendig, sie anzunehmen, da Seine Königliche Hoheit zugegen sein würde.

 

Becky promised anything and everything Pitt wanted; but Lord Steyne came to her house as often as ever, and Sir Pitt’s anger increased. I wonder was Lady Jane angry or pleased that her husband at last found fault with his favourite Rebecca? Lord Steyne’s visits continuing, his own ceased, and his wife was for refusing all further intercourse with that nobleman and declining the invitation to the charade-night which the marchioness sent to her; but Sir Pitt thought it was necessary to accept it, as his Royal Highness would be there.

Obwohl Sir Pitt zu der fraglichen Gesellschaft erschien, verließ er sie doch sehr bald wieder, und auch seine Frau war froh, als sie gehen konnte. Becky sprach wenig mit ihm und nahm kaum Notiz von ihrer Schwägerin. Pitt Crawley erklärte, ihr Benehmen sei ungeheuerlich und unpassend, und er tadelte in starken Ausdrücken das Theaterspiel und Sichverkleiden als für eine englische Frau unschicklich. Nachdem die Scharaden vorüber waren, machte er seinem Bruder Rawdon ernste Vorhaltungen darüber, daß er selbst aufgetreten sei und seiner Frau erlaubt habe, an so unziemlichen Schaustellungen teilzunehmen.

 

Although he went to the party in question, Sir Pitt quitted it very early, and his wife, too, was very glad to come away. Becky hardly so much as spoke to him or noticed her sister-in-law. Pitt Crawley declared her behaviour was monstrously indecorous, reprobated in strong terms the habit of play-acting and fancy dressing as highly unbecoming a British female, and after the charades were over, took his brother Rawdon severely to task for appearing himself and allowing his wife to join in such improper exhibitions.

Rawdon versprach, derartige Vergnügungen nicht wieder zu besuchen. Wahrscheinlich infolge der Andeutungen seines älteren Bruders und seiner Schwägerin war er bereits ein wachsamer und beispielhafter Ehemann geworden. Er gab Klub und Billardspiel auf. Er verließ das Haus nicht allein. Er nahm Becky bei seinen Ausfahrten mit und begleitete sie zu allen Gesellschaften. Immer, wenn Lord Steyne kam, traf er mit Sicherheit den Oberst an, und wenn Becky ohne ihren Mann ausgehen wollte oder Einladungen für sich allein empfing, so verlangte er entschieden, sie solle absagen, und zwar in einer Art, die Gehorsam erzwang. Um Becky Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, so war sie von der Galanterie ihres Mannes bezaubert. Wenn er mürrisch war – sie war es nie. Mochten Freunde anwesend sein oder nicht – sie hatte stets ein freundliches Lächeln für ihn und war auf sein Vergnügen und seine Bequemlichkeit bedacht. Es war noch einmal wie in den ersten Tagen ihrer Ehe: dieselbe gute Laune, Zuvorkommenheit, Fröhlichkeit, dieselbe arglose Liebe und das Vertrauen. »Wieviel angenehmer ist es doch, wenn du im Wagen neben mir sitzt, als wenn die einfältige alte Briggs mitfährt. Wir wollen immer so leben, lieber Rawdon. Wie schön wäre das doch und wie glücklich wären wir, hätten wir nur das Geld dazu.« Nach dem Essen schlief er immer in seinem Sessel ein; er sah dann nicht das Gesicht vor ihm – müde, abgespannt und furchtbar. Es hellte sich auf in einem frischen, offenen Lächeln, sobald er erwachte. Sie küßte ihn fröhlich. Er wunderte sich, daß er jemals Verdacht gehegt hatte. Nein, er hatte ja nie Verdacht gehegt. Alle unbestimmten Zweifel und düsteren Befürchtungen, die sich in seinem Kopf gesammelt hatten, waren unbegründete Eifersüchteleien gewesen. Sie hatte ihn gern und hatte ihn immer gern gehabt. Was konnte sie dafür, daß sie in der Gesellschaft so glänzte? Sie war eben dafür geboren. Gab es je eine Frau, die wie sie plaudern oder singen konnte? Wenn sie doch nur den Jungen ein bißchen gern hätte, dachte Rawdon; aber Mutter und Sohn waren wohl nie zusammenzubringen.

 

Rawdon said she should not join in any more such amusements — but indeed, and perhaps from hints from his elder brother and sister, he had already become a very watchful and exemplary domestic character. He left off his clubs and billiards. He never left home. He took Becky out to drive; he went laboriously with her to all her parties. Whenever my Lord Steyne called, he was sure to find the Colonel. And when Becky proposed to go out without her husband, or received invitations for herself, he peremptorily ordered her to refuse them: and there was that in the gentleman’s manner which enforced obedience. Little Becky, to do her justice, was charmed with Rawdon’s gallantry. If he was surly, she never was. Whether friends were present or absent, she had always a kind smile for him and was attentive to his pleasure and comfort. It was the early days of their marriage over again: the same good humour, prevenances, merriment, and artless confidence and regard. “How much pleasanter it is,” she would say, “to have you by my side in the carriage than that foolish old Briggs! Let us always go on so, dear Rawdon. How nice it would be, and how happy we should always be, if we had but the money!” He fell asleep after dinner in his chair; he did not see the face opposite to him, haggard, weary, and terrible; it lighted up with fresh candid smiles when he woke. It kissed him gaily. He wondered that he had ever had suspicions. No, he never had suspicions; all those dumb doubts and surly misgivings which had been gathering on his mind were mere idle jealousies. She was fond of him; she always had been. As for her shining in society, it was no fault of hers; she was formed to shine there. Was there any woman who could talk, or sing, or do anything like her? If she would but like the boy! Rawdon thought. But the mother and son never could be brought together.

Während Rawdon noch von diesen Zweifeln und Unruhen gequält wurde, ereignete sich der Vorfall, den wir im letzten Kapitel erwähnt haben, und der unglückliche Oberst sah sich als Gefangener fern von seinem Haus.

 

And it was while Rawdon’s mind was agitated with these doubts and perplexities that the incident occurred which was mentioned in the last chapter, and the unfortunate Colonel found himself a prisoner away from home.


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