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Ich wollte, ich könnte ein Kapitel über den Menschen schreiben.
Eine geschicktere Gelegenheit hätte sich nie dargeboten, als eben jetzt, wo alle Vorhänge in der Familie zugezogen – die Lichter gelöscht, – und keines Menschen Augen offen sind als das einzige der Amme meiner Mutter, denn das andere war schon seit zwanzig Jahren zu.
Es ist ein schöner Gegenstand!
Aber so schön er ist, so wollte ich doch lieber ein Dutzend Kapitel über Knopflöcher schreiben, und zwar rascher und mit mehr Erfolg als ein einziges über diesen Stoff.
Knopflöcher! schon in dem Wortbegriff liegt etwas Munteres – und glauben Sie mir, wenn ich einmal dahinter gerathe, ja ihr Herren mit den großen Bärten, – seht nur so ernst drein als ihr wollt, – so will ich eine lustige Geschichte aus meinen Knopflöchern machen – sie sollen ganz Geschöpfe von mir werden, – der Stoff ist noch unberührt – und ich werde keines Mannes Weisheit oder schöne Redensarten darüber benutzen.
Was aber den Schlaf betrifft, – so weiß ich schon, ehe ich nur anfange, daß ich nichts daraus werde machen können; – erstens bin ich kein Held in euern schönen Redensarten; – und dann kann ich ums Leben kein wichtiges Gesicht zu einem schlechten Stoff machen und der Welt sagen: – er sei ein Asyl für den Unglücklichen, – die Befreiung für den Gefangenen, – ein weicher Schooß für den Hoffnungslosen, Mühseligen und Gebrochenen; auch vermöchte ich mich nicht zu der Lüge emporzuschwingen und zu behaupten, er sei von all den süßen und köstlichen Thätigkeiten unserer Natur, womit ihr großer Schöpfer in seiner Güte uns für die Leiden belohnen wollte, womit seine Gerechtigkeit und sein Belieben uns heimgesucht hat, – die erste und beste (ich wenigstens kenne zehnmal bessere Freuden); – möchte nicht sagen, was für ein Glück es für einen Menschen sei, wenn die Aengsten und Leidenschaften des Tages vorüber seien, und er sich niedergelegt habe, daß dann seine Seele in ihm so ruhe, daß, wohin sie immer die Augen wenden möge, der Himmel ruhig und klar sich über ihr wölbe, und kein Verlangen – keine Furcht – kein Zweifel die Luft trübe, noch irgend eine vergangene, gegenwärtige oder künftige Noth, über welche die Phantasie in dieser süßen Abgeschiedenheit nicht ungestraft hinwegkommen könnte.
Gott segne den Mann, sagte Sancho Pansa, der jenes treffliche Ding, das man den Schlaf nennt, erfunden hat: – es deckt den Menschen zu wie ein Mantel. – Hierin liegt für mich mehr und es spricht wärmer zu meinem Herzen und Gemüth, als all die Redensarten, die all den gelehrten Köpfen zusammen über diese Sache entflohen sind.
Doch will ich, was Montaigne hierüber gesagt hat, keineswegs herabsetzen; – es ist in seiner Art herrlich: (Ich citire aus dem Gedächtniß) die Welt, sagt er, genießt auch andere Vergnügungen, gerade wie sie es mit dem Schlaf macht, sie schmeckt nicht und fühlt nicht, wie er dahin schlüpft. Wir sollten aber darüber nachdenken und studiren, um dann dem gehörig dafür zu danken, der ihn uns schenkte. Ich lasse mich deshalb absichtlich im Schlafe stören, um ihn besser zu genießen und tiefer zu empfinden: – und doch, fährt er fort, kenne ich wenige, die mit weniger Schlaf auskommen könnten, wenn es nöthig wird; mein Körper erträgt eine nachhaltige Erregung, aber keine plötzliche und heftige, – ich vermeide seit einiger Zeit alle gewaltsamen Hebungen, – aber im Gehen werde ich nicht müde; – dagegen bin ich von Jugend auf nicht gerne auf Pflaster gefahren. Ich liege gerne hart und allein, und auch ohne meine Frau. – Dieser letztere Ausspruch mag der Welt Zweifel einflößen; – aber man denke an den Satz: La Vraisemblance (wie Bayle in der Sache des Licetus sagt) n'est pas toujours du côté de la Vérité. – Soviel über den Schlaf.
Wenn es meine Frau mit ihm riskiren will, Bruder Toby, so soll man Trismegistus anziehen und zu uns herunter bringen, während du und ich zusammen frühstücken.
Geh', Obadiah, sage Susanna, sie soll herein kommen.
Eben ist sie hinaufgerannt, gab Obadiah zur Antwort, und hat dabei geschluchzt und geheult und die Hände gerungen, als ob ihr das Herz brechen wollte.
Wir kriegen da einen saubern Monat, sagte mein Vater, wendete sich von Obadiah ab und sah meinem Onkel Toby eine Zeitlang ernst ins Gesicht, – wir kriegen einen ganz höllischen Monat, Bruder Toby, sagte mein Vater, stemmte die Arme in die Seite und schüttelte den Kopf: Feuer, Wasser, Weiber, Wind – Bruder Toby! – Es wird irgend ein Unheil passirt sein, meinte mein Onkel Toby. – Darin liegt alles Unheil, sagte mein Vater, – daß jetzt eine solche Menge rasselnder, klappernder Elemente losgelassen sind und durch jeden Winkel des Hauses im Triumph dahin fahren. – Damit allein wird der Frieden in einer Familie nicht gewahrt, Bruder Toby, daß wir zwei den Kopf nicht verlieren und ruhig und unbeweglich da sitzen, wenn solch' ein Sturm über unseren Häuptern wüthet –
Was gibt es denn eigentlich, Susanna? – Sie haben das Kind Tristram getauft – und meine Frau hat deshalb eben einen hysterischen Anfall gehabt. – O ich bin gewiß nicht daran Schuld, sagte Susanna, – ich sagte ja. es sei Tristram-gistus.
Mach' dir nur allein deinen Thee, Bruder Toby, sagte mein Vater und langte seinen Hut herunter; – aber wie ganz anders klang dabei seine Stimme, wie ganz anders bewegten sich seine Glieder, als ein gewöhnlicher Leser sich etwa vorstellen möchte.
Er sprach nämlich im allersanftesten Ton – und nahm seinen Hut mit der mildesten Bewegung herab, wie sie mit seiner tiefgedrückten inneren Stimmung harmonirte.
Geh' nach dem Rasen und hol' mir den Corporal Trim, sagte mein Onkel Toby zu Obadiah, sobald mein Vater das Zimmer verlassen hatte.
Als das Mißgeschick mit meiner Nase meinen Vater so schwer traf, – ging er, wie sich der Leser erinnern wird, augenblicklich nach seinem Zimmer hinauf und warf sich auf das Bett; hiernach wird der Leser, wenn er nicht einen tiefen Einblick in die menschliche Natur besitzt, beim Mißgeschick mit meinem Namen einen Kreislauf der gleichen auf- und absteigenden Bewegungen bei meinem Vater erwarten. – Keineswegs!
Das verschiedene Gewicht, mein lieber Leser, – ja sogar die verschiedene Packung zweier Widerwärtigkeiten von dem gleichen Gewicht, – macht einen sehr großen Unterschied in der Art. wie wir es tragen und damit fertig werden. – Es ist noch keine halbe Stunde her, daß ich (in der großen Eile und Ueberstürzung eines armen Teufels, der um sein tägliches Brod schreibt) einen schönen Bogen, den ich gerade beendigt und sorgsam ausgeschrieben hatte, statt des Concepts ins Feuer warf.
Sofort fuhr ich aus meiner Perrücke und schmiß sie mit aller erdenklichen Wuth an die Decke meines Zimmers hinauf: – beim Herunterfallen fing ich sie allerdings wieder auf – und damit war die Sache abgemacht; ich glaube auch nicht, daß mir irgend etwas auf der Welt eine so augenblickliche Linderung verschafft hätte. Die gütige Natur bestimmt uns in allen derartigen herausfordernden Fällen mittelst eines augenblicklichen Antriebs, dies oder jenes Glied loszulassen, – oder wirft uns an diesen oder jenen Ort, in diese oder jene Lage des Körpers, ohne daß wir wissen, wie es zugeht; – aber merken Sie wohl, Madame, wir leben in Räthseln und Geheimnissen. – Die deutlichsten Dinge, die uns in den Weg treten, haben ihre dunkeln Stellen, welche das schärfste Auge nicht zu durchdringen vermag; und selbst unsere klarsten und erhabensten Geister fühlen sich fast überall, wo die Werke der Natur eine Kluft zeigen, betroffen und überfragt. Diese Eigenthümlichkeit aber gestaltete sich, wie tausend andere Dinge, für uns so, daß wir uns zwar nicht klar darüber werden können, aber doch unwillkürlich das Richtige finden, wenn Sie gütigst erlauben, – und damit können wir uns zufrieden geben.
So hätte mein Vater sich mit diesem neuen Kummer nicht um Alles in der Welt niederlegen – noch ihn wie den ersten die Treppe hinauftragen können; er ging daher ruhig mit ihm hinaus und wandelte nach dem Fischteich.
Hätte mein Vater den Kopf auf die Hand gestützt und eine Stunde lang überlegt, welchen Weg er einschlagen solle, – so hätte ihm die Vernunft mit aller ihrer Kraft keinen besseren zeigen können; es liegt nämlich etwas in Fischteichen, lieber Leser – was es ist, mögen Systembauer und Fischteichgräber miteinander ausmachen; – es liegt aber in einem ruhigen und mäßigen Wandel nach einem Fischteich, im ersten wirren Schuß der übeln Laune, etwas so unergründlich Beruhigendes, daß ich mich oft gewundert habe, daß weder Pythagoras, noch Plato, noch Solon, noch Lykurg, noch Muhamed, noch irgend Einer unserer bekannten Gesetzgeber hierüber eine Bestimmung erließ.
Euer Gnaden, sagte Trim und schloß die Zimmerthüre, ehe er zu sprechen anfing, Euer Gnaden haben wohl von dem unglücklichen Zufall gehört? – Ja wohl, Trim, erwiderte mein Onkel Toby, es macht mir großen Kummer. – Ich bin auch sehr darüber bekümmert; aber ich hoffe, Euer Gnaden lassen mir die Gerechtigkeit widerfahren, sagte Trim, und glauben, daß ich durchaus keine Schuld daran trage. – Du – Trim? rief mein Onkel Toby, und sah ihm gütig ins Gesicht, – nein, Susanna und der Vikar haben die Dummheit miteinander gemacht. – Was für ein Geschäft hatten denn die miteinander im Garten, Euer Gnaden? – Du meinst, im Gang, versetzte mein Onkel Toby.
Trim merkte, daß er auf falscher Fährte sei, hielt darum an sich und machte eine tiefe Verbeugung. – Zwei Unfälle, sagte der Corporal zu sich selbst, sind wenigstens um zwei zu viel, um zu gleicher Zeit verhandelt zu werden, – den Unfall, daß die Kuh in unsere Schanze hereingebrochen ist, kann Seine Gnaden auch noch später erfahren. – Die tiefe Verbeugung, womit Trim die Sache geschickt zu verstecken wußte, ließ in meinem Onkel Toby keinerlei Verdacht aufkommen; er fuhr daher in dem, was er Trim zu sagen hatte, fort:
Was mich betrifft, Trim, sprach er, so finde ich zwar wenig oder keinen Unterschied, ob man meinen Neffen Tristram oder Trismegistus nennt; – da sich mein Bruder aber die Sache so zu Herzen nimmt, Trim – so wollte ich gerne 100 Pfund geben, wenn ich es ungeschehen machen könnte. – Hundert Pfund – Euer Gnaden! rief Trim, – ich gäbe keinen Kirschkern drum. – Ich auch nicht, Trim, wegen meiner selbst, sagte mein Onkel Toby; – aber mein Bruder, mit dem sich in dieser Sache nicht sprechen läßt, – behauptet, es hänge von dem Taufnamen weit mehr ab, Trim, als die dummen Leute wüßten! – er sagt, so lange die Welt bestehe, habe noch nie ein Tristram eine große oder heldenmüthige That ausgeführt. – Ja er behauptet, Trim, mit diesem Namen könne ein Mann weder gelehrt, noch weise, noch tapfer werden. – Das ist eitel Phantasterei, halten zu Gnaden: – ich focht gerade so gut, sagte der Corporal, als man mich im Regiment Trim hieß, wie da man mich James Butler nannte. – Und was mich betrifft, sagte mein Onkel Toby, ich mußte zwar schamroth werden, wenn ich mich selbst rühmen wollte, Trim; – aber wenn ich auch Alexander geheißen hätte, ich hätte vor Namur doch nur meine Schuldigkeit thun können. – Guter Gott! rief Trim, indem er drei Schritte vorwärts machte, denkt ein Mann an seinen Taufnamen, Euer Gnaden, wenn er zum Angriff vorgeht? – Oder wenn er in der Tranchée steht, Trim, sprach mein Onkel Toby mit festem Blick. – Oder wenn er durch eine Bresche rückt? fuhr Trim fort und drängte sich zwischen die Stühle. – Oder die Linie forcirt? rief mein Onkel, erhob sich schnell und fällte seine Krücke wie eine Pike. – Oder Front gegen ein feindliches Peloton macht? versetzte Trim und legte seinen Stock an wie eine Muskete. – Oder das Glacis stürmt? schrie mein Onkel Toby, der jetzt warm wurde und einen Fuß auf den Stuhl setzte.
Mein Vater war von seinem Gang nach dem Fischteich zurückgekehrt, – und öffnete die Thüre mitten in der Attake, gerade als mein Onkel Toby das Glacis stürmte. – Trim setzte ab. – Noch nie in seinem Leben war mein Onkel Toby bei einem wüthenderen Ritt betroffen worden! Ach Onkel Toby! Hätte nicht eine wichtigere Sache die ganze Beredtsamkeit meines Vaters in Anspruch genommen, wie wärst du und dein armes Steckenpferd mißhandelt worden.
Mein Vater hängte seinen Hut wieder mit derselben Miene auf, wie er ihn herabgenommen hatte; und nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Unordnung im Zimmer geworfen hatte, nahm er einen der Stühle, welche Corporal Trims Bresche gebildet hatten und stellte ihn meinem Onkel Toby gegenüber – dann setzte er sich und brach, sobald das Theegeschirr abgeräumt und die Thür geschlossen war, in folgende Klagen aus:
Die Klage meines Vaters.
Es ist rein umsonst, sprach mein Vater, wobei er sich ebensosehr gegen Ernulphus' Verfluchungsregister, das auf der Kaminecke lag, – als gegen meinen Onkel Toby wandte, der darunter saß: – es ist rein umsonst, sprach mein Vater in der denkbar kläglichsten Laune, noch länger gegen diese widrigste aller menschlichen Ueberzeugungen anzukämpfen. – Ich sehe nun klar, daß der Himmel, sei es nun wegen meiner eigenen Sünden, Bruder Toby, oder wegen der Sünden und Thorheiten der Familie Shandy es für passend erachtet hat, seine schwerste Artillerie gegen mich aufzupflanzen und daß das Glück meines Kindes die Zielscheibe ist, gegen die deren ganze Kraft gerichtet ist. – Das würde ja die ganze Welt um uns her zermalmen, Bruder Shandy, sagte mein Onkel Toby, wenn es so wäre. – Unglücklicher Tristram! Kind des Zorns! Kind der Abgelebtheit! der Unterbrechung! des Mißgriffs und des Mißvergnügens! Wo ist das Mißgeschick, das Unheil im Buche embryotischer Uebel, das deine Gestalt auseinanderrenken, deine Fasern verwirren konnte, und das nicht auf dein Haupt gestürzt wäre, sogar noch ehe du zur Welt kamst! – wie viel Uebel hast du beim Eintritt selbst erlitten! – wie viel seitdem du da bist – gezeugt schon auf der absteigenden Lebensleiter deines Vaters, – wo die Kräfte seiner Einbildungskraft und seines Körpers schwächer geworden waren, – wo das Grundfeuer und der Grundsaft, die Elemente, welche die deinigen hätten beeinflussen sollen, bereits im Vertrocknen waren – wo nichts da war, um deinen Lebenszettel zu grundiren als Verneinungen! – Es ist im besten Fall kläglich, Bruder Toby, und es bedurfte all der kleinen Hilfen, die Sorgsamkeit und Aufmerksamkeit von beiden Seiten gewähren konnten. – Aber welche Niederlage haben wir erlitten! Du kennst das Ereigniß, Bruder Toby, – es ist zu traurig, um es zu wiederholen – die wenigen animalischen Geister, über die ich auf der Welt zu gebieten hatte, die Gedächtniß, Phantasie, Leben übertragen konnten – sie wurden sämmtlich zerstreut, verwirrt, zerschlagen, zum Teufel geschickt! –
Hier war nun der Augenblick gekommen, wo diese Jagd gegen mich ein Ende nehmen konnte, – wo wenigstens der Versuch zu machen war, ob die Ruhe und geistige Heiterkeit deiner Schwägerin, Bruder Toby, bei gehöriger Rücksicht auf ihre Ausleerungen und Wiederauffüllungen, – und ihre außerordentlichen Naturverhältnisse nicht im Laufe von neun Monaten Alles wieder in Ordnung bringen könnten. – Aber meinem Kind sollte es nicht so gut werden! – Wie plagte sie sich und dem zu Folge auch ihren Fötus mit jener unsinnigen Besorgniß, weil sie ihr Kindbett nicht in der Stadt abhalten sollte. – Ich habe geglaubt, meine Schwägerin habe sich mit der größten Geduld in diese Bestimmung gefügt, erwiderte mein Onkel Toby, – ich hörte sie nie auch nur ein ärgerliches Wort darüber äußern. – O sie tobte innerlich, rief mein Vater, und weißt du, Bruder, das war zehn Mal schlimmer für das Kind, – und dann – welche Kämpfe hatte sie mit mir, welche beständige Stürme wegen der Hebamme! – Zu irgend einem Loch mußte es doch hinaus! sagte mein Onkel Toby. – Loch! rief mein Vater und sah empor.
Was war aber dies Alles, mein lieber Toby, gegen das Unheil, das uns betraf, als mein Kind mit dem Kopf zuerst auf die Welt kam, während doch mein einziger Wunsch bei diesem allgemeinen Schiffbruch seines Daseins war, daß wenigstens dieses kleine Gehäuse ungebrochen und ungeschunden zur Welt kommen möchte!
Aber wie wurde mein System trotz aller meiner Vorsichtsmaßregeln schon in der Gebärmutter über den Haufen geworfen! und nachher der Kopf des Kinds der Gewaltthätigkeit und einem Druck von 470 Pfund gemeinen Gewichts Preis gegeben, der so senkrecht auf seinen Scheitel wirkte, – daß man noch bis zu dieser Stunde nicht versichert ist, ob nicht das feine Netzwerk des intellectuellen Gewebes in tausend Fetzen zerrissen und zermalmt wurde.
Aber man hätte immer noch auskommen können! – War er auch blöd, dumm, tölpelhaft – wenn er nur wenigstens eine Nase hatte! War er auch ein Krüppel, ein Zwerg, ein Faselhans, ein Gimpel, – das Pförtchen des Glücks stand ihm dann immer noch offen. O Licetus, Licetus! wäre ich doch mit einem 5½" langen Fötus gesegnet worden, wie du warst, – ja das Schicksal hätte das Aergste thun können!
Und trotz Allem, Bruder Toby, hatte unser Kind noch einen Wurf im Glückspiel übrig: – O Tristram, Tristram, Tristram!
Wir wollen nach Herrn Yorick schicken, sagte mein Onkel Toby.
Schick' meinethalb zu wem du willst, erwiderte mein Vater.
In welchem Tempo bin ich darauf losgeritten, welche Sprünge und Sätze habe ich gemacht, zwei hinauf und zwei hinunter, durch ganze drei Bände hindurch,Mit Beziehung auf die 1. Auflage. ohne auch nur einmal zurück oder zur Seite zu blicken und zu sehen, ob ich nicht Jemand niederreite! – O ich werde Niemand überreiten, – sagte ich zu mir selbst, als ich zu Pferde stieg; – ich werde einen guten rasselnden Galopp anschlagen; aber ich werde nicht den geringsten Esel unterwegs verletzen. – So ritt ich ab – eine Gasse hinauf – eine andere hinab, – durch diesen Schlagbaum hindurch, – über jenen hinweg, als ob der Erzjockei aller Jockei's hinter mir her wäre.
Nun reite man in diesem Tempo in der besten Absicht, mit den redlichsten Vorsätzen, – so ist doch eine Million gegen Eins zu wetten, daß man dabei irgend Jemand einen Puff gibt, wo nicht sich selbst. – Da wird er herumgeschleudert – verliert seinen Sitz – fliegt herunter – bricht den Hals – jagt in das Gerüst der Kritik hinein, wird sich den Schädel an einem ihrer Pfosten einschlagen! – springt wieder hinaus! – schau – da reitet er wie ein Toller mit eingelegter Lanze durch einen Haufen Maler, Geiger, Dichter, Biographen, Physiker, Advokaten, Logiker, Schauspieler, Schulmänner, Kirchendiener, Staatsdiener, Soldaten, Casuisten, Kunstkenner, Prälaten, Päpste und Ingenieurs. – Nur keine Angst, habe ich gesagt. – Ich werde auch nicht dem geringsten Esel auf des Königs Landstraße etwas thun. – Aber dein Pferd wirft Koth in die Höhe; schau, da hast du einen Bischof beschmutzt! – Ich hoffe zu Gott, es ist nur Ernulphus, sprach ich. – Und den Herren Le Moyne, De Romigny und De Marcilly, Doctoren der Sorbonne, hast du das Gesicht vollgespritzt. – Das war schon im vergangenen Jahr, gab ich zur Antwort. – Und eben jetzt bist du auf einem König herumgeritten. – Da wären die Könige zu bedauern, wenn Leute wie ich auf ihnen herumreiten könnten, sagte ich.
Und du hast es doch gethan, versetzte mein Ankläger.
Und ich läugne es, sagte ich, und so kam ich los, und stehe nur mit dem Zügel in der einen und der Kappe in der anderen Hand da, um meine Geschichte zu erzählen. – Was für eine Geschichte? – Das sollt ihr im nächsten Kapitel hören.
Als Franz I. von Frankreich sich an einem Winterabend an der Asche eines Holzfeuers wärmte und mit seinem ersten Minister über verschiedene Dinge zum Wohl des StaatesSiehe Menagiana. Vol. 1. plauderte, sagte er, während er mit seinem Stock die Asche aufrührte: Es wäre nicht übel, wenn wir das gute Einvernehmen zwischen uns und der Schweiz noch etwas verstärken könnten. – Sire, erwiderte der Minister, diese Leute können gar nicht genug Geld kriegen, – sie würden noch den Schatz von Frankreich verschlingen. – Ah bah! entgegnete der König, es gibt noch andere Mittel und Wege, um Staaten zu gewinnen, Herr Premier, als daß man ihnen Geld gibt; – ich will der Schweiz die Ehre anthun, sie zum Pathen für mein nächstes Kind zu erbitten. – Dann werden Eure Majestät alle Grammatiker Europas auf den Leib bekommen, sagte der Minister, denn da die Schweiz als Republik weiblichen Geschlechts ist, kann sie unmöglich Pathe sein. – So soll sie Pathin sein, erwiderte Franz schnell, benachrichtigt sie gleich morgen durch einen Courier von meiner Absicht.
Es wundert mich, sagte Franz I. vierzehn Tage später zu seinem Minister, als er in das Kabinet trat, – daß noch keine Antwort von der Schweiz da ist. – Eben, Sire, erwiderte der Herr Premier, wollte ich meine Aufwartung machen, um Euer Majestät meine Depeschen in dieser Angelegenheit vorzulegen. – Haben Sie es freundlich aufgenommen? fragte der König. – Allerdings, Sire, erwiderte der Minister, sie wissen die hohe Ehre, die Euer Majestät ihnen angethan, aufs tiefste zu würdigen; aber die Republik nimmt als Pathin das Recht in Anspruch, dem Kind den Namen zu geben.
Das ist ganz in der Ordnung, sagte der König; – sie wird den Knaben Franz, oder Heinrich oder Ludwig nennen, oder ihm sonst einen Namen geben, der uns angenehm ist. – Da irren sich Euer Majestät, entgegnen der Minister; – ich habe eben von unserem dortigen Residenten eine Depesche mit der Entschließung der Republik über diesen Punkt erhalten. – Und welchen Namen bestimmt die Republik dem Dauphin? – Sadrach, Meschech, Abednego, versetzte der Minister. – Beim Gürtel des heiligen Petrus! ich will nichts mit der Schweiz zu thun haben! rief Franz I., zog die Hosen herauf und schritt hitzig im Zimmer auf und ab.
Eure Majestät können nicht mehr zurückgehen, versetzte der Minister ruhig.
Wir befriedigen sie mit Geld, sagte der König.
Sire, es sind nicht 60,000 Kronen im Schatz, antwortete der Minister. – So will ich das beste Juwel meiner Krone verpfänden, sprach Franz I.
Eure Ehre ist bereits in dieser Sache verpfändet, erwiderte der Herr Premier.
Nun dann, Herr Premier, sprach der König, beim —! so fangen wir Krieg mit ihnen an.
Lieber Leser, ich war zwar stets ernstlich darauf aus und bemühte mich eifrigst, – nach Maßgabe der geringen Fähigkeit, die Gott mir gewährt hat, und soviel eine passende Befreiung von andern nöthigen Brodarbeiten, und ein gesunder Zeitvertreib es gestattet haben – durch diese kleinen Büchelchen, die ich dir in die Hand gegeben, manche dickere Bücher entbehrlich zu machen; – gleichwol habe ich mich gegen dich so grillenhaft benommen, eine so sorglose Kurzweil aufgeführt, daß ich mich jetzt sehr schäme, deine Nachsicht ernstlich in Anspruch nehmen zu müssen, – und dich bitte mir doch ja zu glauben, daß ich in der Geschichte von meinem Vater und seinen Taufnamen, – keineswegs die Absicht habe, Franz I. zu nahe zu treten, – noch in der Nasengeschichte, Franz IX. – noch im Charakter meines Onkels Toby die militärischen Geister meines Landes zu charakterisiren; die Wunde auf seinem Schambein schließt jede Vergleichung dieser Art aus; – noch, daß ich in Trim den Herzog von Ormond habe zeichnen wollen; oder daß mein Buch gegen Vorausbestimmung, freien Willen oder Steuern geschrieben sei. Wenn es gegen irgend etwas geschrieben ist, – so ist es, wenn der gütige Leser erlaubt, gegen den Spleen geschrieben, um mittelst einer häufigeren und krampfhafteren Hebung und Senkung des Zwerchfells und die Erschütternden der Rippen und Bauchmuskeln beim Gelächter, die Galle und andere bittere Säfte aus der Gallenblase, Leber- und Kälberdrüse von Seiner Majestät Unterthanen nebst all den bösen Leidenschaften, die daran hängen, heraus und in den Zwölffingerdarm zu treiben.
Aber kann denn die Sache ungeschehen gemacht werden, Yorick? fragte mein Vater; – nach meiner Ansicht, fuhr er fort, ist es nicht möglich. – Ich bin kein großer Held im Kirchenrecht, erwiderte Yorick; – da ich aber von allen Uebeln die Ungewißheit für das quälendste halte, so sollten wir wenigstens das Aergste in dieser Sache zu erfahren suchen. – Ich hasse diese großen Gastereien, sagte mein Vater. – Es handelt sich nicht um die Größe der Gasterei, erwiderte Yorick; – was uns Noth thut, Herr Shandy, ist, daß wir dem Zweifel, ob der Name noch geändert werden kann oder nicht, auf den Grund gehen; – und da die Bärte so vieler Commissäre, Beamten, Advokaten, Verwalter, Registratoren, und die bedeutendsten unserer Schultheologen und anderer Geistliche dann alle an einer Tafel zu treffen sind, und Didius Sie so dringend eingeladen hat, – warum sollten Sie in Ihrer Noth diese Gelegenheit vorübergehen lassen? Das Einzige, was zu geschehen hätte, wäre, daß Sie Didius einen Wink geben, damit er die Unterhaltung nach Tisch auf den Gegenstand lenke. – Dann soll mein Bruder Toby mit uns gehen. rief mein Vater und schlug die Hände zusammen.
Trim, hänge heute Nacht meine alte Knotenperrücke und meine gestickte Uniform ans Feuer, sagte mein Onkel Toby.
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Es leidet keinen Zweifel, verehrtester Leser, – es fehlt hier ein ganzes Kapitel – und das Buch hat dadurch eine zehn Seiten große Lücke erhalten; – gleichwol ist der Buchbinder weder ein Esel noch ein Spitzbube; – noch das Buch um ein Jota unvollkommener (wenigstens in dieser Beziehung); – sondern im Gegentheil das Buch ist durch das Fehlen des Kapitels vollkommener und vollständiger, als wenn es dasselbe hätte, wie ich Ihnen in Folgendem beweisen werde. – Beiläufig möchte ich die Frage aufwerfen, ob man den gleichen Versuch nicht mit demselben Erfolg auch an verschiedenen anderen Kapiteln anstellen könnte? – aber das gäbe ein endloses Experimentiren mit Kapiteln, – und wir haben davon schon genug gehabt; – somit lassen wir diese Frage ruhen.
Ehe ich jedoch meine Auseinandersetzung beginne, will ich Ihnen nur noch sagen, daß das Kapitel, welches ich herausgerissen habe, und das Sie sonst statt diesem hier gelesen hätten – die Beschreibung vom Ausritt und der Reise meines Vaters, meines Onkels Toby, Trims und Obadiah's zu der Visitation in X. enthielt.
Wir wollen in der Kutsche hinfahren, sagte mein Vater. – Ist das Wappen abgeändert worden, Obadiah? – Meine Geschichte wäre viel schöner ausgefallen, wenn ich damit begonnen hätte, Ihnen zu erzählen, daß, als das Wappen meiner Mutter zu dem der Shandy's hinzugefügt und die Kutsche zur Hochzeit meines Vaters frisch gemalt wurde, der Kutschenmaler, sei es, daß er alle seine Arbeiten mit der linken Hand verrichtete wie der Römer Turpilius und Hans Holbein von Basel, oder daß vielmehr der Kopf den Schnitzer machte, oder endlich weil alles in der Familie Shandy einen linkischen Zug hat, – kurz, daß der Kutschenmaler statt eines rechtslaufenden Schrägbalken, wie er uns seit der Regierung Heinrich VIII. gebührt, unseligerweise einen linkslaufenden durch das Wappen der Shandy zog. Es ist kaum glaublich, daß ein so verständiger Mann wie mein Vater war, sich durch eine solche Kleinigkeit so sehr aus der Fassung bringen ließ; aber man konnte nie das Wort Kutsche – mochte diese nun angehören wem sie wollte, – oder Kutscher, oder Kutschenpferd oder Kutschenmiethe in der Familie nennen, ohne daß er alsbald darüber zu klagen begann, daß er dieses schändliche Zeichen der Legitimität an seiner eigenen Kutschenthüre sehen müsse. Niemals stieg er in die Kutsche ein oder aus ihr heraus, ohne daß er sich herumdrehte, das Wappen betrachtete und schwur, dies sei aber gewiß das letzte Mal, daß er seinen Fuß hineinsetze, bis der linkslaufende Schrägbalken entfernt wäre, – aber es ging damit wie mit der Thürangel, es war eines der vielen Dinge, wovon im Buche des Schicksals stand, es sollte immer darüber geschimpft werden (auch in klügeren Familien als die unsrige war), – ohne daß man es jemals änderte.
Ist der linkslaufende Schrägbalken weggewischt worden, frage ich? sagte mein Vater. – Nichts ist gewischt worden, Herr, antwortete Obadiah, als der innere Ueberzug. – Dann reisen wir zu Pferde, sagte mein Vater zu Yorick hin. – Aber die Politik ausgenommen wissen die Geistlichen von nichts in der Welt weniger als von der Heraldik, bemerkte Yorick. – Gleichviel, rief mein Vater; ich möchte um keinen Preis mit einem Fehler in meinem Wappenschild vor ihnen erscheinen. – Der linke Balken thut nichts, sagte mein Onkel Toby, und setzte seine Knotenperrücke auf. – Das thut er auch nicht, versetzte mein Vater, und du kannst immerhin mit Tante Dinah mit einem linken Schrägbalken zu einer Visitation fahren, wenn es dir Vergnügen macht. – Mein armer Onkel Toby wurde feuerroth. Jetzt ärgerte sich mein Vater wieder über sich selbst. – Nein, lieber Bruder Toby, fuhr er in einem anderen Tone fort; aber die Feuchtigkeit des Kutschenfutters könnte mir wieder die Schiatik zuziehen, wie sie letzten Winter im Dezember, Januar und Februar that; wenn es dir also recht ist, reitest du meiner Frau Paßgänger, – und da Sie zu predigen haben, Yorick, würden Sie am besten thun vorauszureiten und mir die Sorge für meinen Bruder Toby zu überlassen, wir kommen dann in einem langsameren Tempo nach.
Das Kapitel, welches ich mich veranlaßt gesehen habe herauszureißen, enthielt nun eben die Schilderung dieser Cavalcade, wobei Corporal Trim und Obadiah auf den zwei Wagenpferden, in gleicher Höhe und langsam wie eine Patrouille vorausritten, – während mein Onkel Toby in seiner gestickten Uniform und Knotenperrücke mit meinem Vater folgte, in einer tiefgehenden Straße und in ebenso tiefen Abhandlungen über die Vorzüge des Studiums und der Kriegskunst, je nach dem der Eine oder der Andere die Unterhaltung führte.
Die Schilderung dieser Reise erschien mir aber beim Wiederdurchlesen soweit erhaben über den Stil und die Art jeder anderen Schilderung in diesem Buch, daß sie nicht darin bleiben konnte, wenn nicht jenes notwendige Gleichgewicht (im Guten oder Schlechten) zwischen den einzelnen Kapiteln gestört werden sollte, von dem das richtige Verhältniß und die Harmonie des ganzen Werkes abhängt. Allerdings habe ich das Bücherschreiben erst angefangen und verstehe somit noch wenig davon; – aber nach meiner Ansicht ist es mit dem Bücherschreiben wie wenn man ein Lied summt; – wenn Sie nur im Ton bleiben, Madame, gleichviel ob Sie einen hohen oder tiefen anschlagen.
Dies ist auch der Grund, wenn der geneigte Leser erlaubt, weshalb oft auch die gewöhnlichsten und flachsten Werke recht gut abgehen (wie Yorick eines Abends zu meinem Onkel Toby sagte) – durch die Ausfallspforte nämlich. – Mein Onkel Toby spitzte die Ohren bei dem Wort »Ausfallspforte«; aber er konnte sich keinen Vers darauf machen.
Ich muß nächsten Sonntag bei Hofe predigen, sagte Homenas; – lesen Sie doch meine Composition durch: – ich summte die Noten des Dr. Homenas also vor mich hin; – die Modulation war recht brav. – Es geht, Homenas, wenn es in diesem Tempo bleibt; – ich summte weiter, – ich dachte, die Melodie wäre nicht so übel; und hätte wahrhaftig heute noch nicht eingesehen, wie ordinär, wie flach, wie geistlos und nüchtern sie war, wenn ich nicht plötzlich in der Mitte auf eine so schöne, reiche, himmlische Weise gestoßen wäre, – daß sie meine Seele ganz in die andere Welt hinaufriß. Nun hätte ich mich (wie Montaigne in einem ähnlichen Falle klagte) – wenn ich den Abgang sanft oder den Aufgang leicht fand – gewiß täuschen lassen. – Ihre Noten, Homenas, würde ich gesagt haben, sind gute Noten; – nun aber kam ein so jäher Absturz, – ein so vollständiger Abfall und Abriß von dem Uebrigen, daß ich bei der ersten Note, die ich summte, mich in eine andere Welt hinauf gehoben sah, und nun erst entdeckte, wie tief, wie nieder, wie häßlich das Thal war, durch das ich bis dahin gewandert war, so daß ich es nie wieder übers Herz bringen werde, in dasselbe hinabzusteigen.
Ein Zwerg, der einen Maßstab daher schleppt, um seine eigene Größe daran zu messen, – der ist, darauf gebe ich Ihnen mein Wort, in mehr als einer Beziehung ein Zwerg. – Und soviel über das Herausreißen von Kapiteln.
Sehen Sie nur, schneidet er nicht Alles in Fidibus und reicht sie herum, um die Pfeifen damit anzuzünden! – Das ist ja entsetzlich! erwiderte Didius. – Das sollte man nicht ungerügt hingehen lassen, bemerkte Dr. Kysarcius: – er stammte von den Kysarcii aus den Niederlanden.
Es will mir scheinen, sprach Didius, indem er sich halb in seinem Stuhle erhob, um eine Flasche und einen großen Krug, die in gerader Linie zwischen ihm und Yorick standen, bei Seite zu schieben, – Sie hätten uns diesen sarkastischen Streich ersparen und einen passenderen Ort dafür finden können, Herr Yorick; – oder hätten Ihre Verachtung dessen was wir eben verhandelt auf eine schicklichere Gelegenheit ersparen können. Wenn die Predigt nicht mehr werth war, als um Pfeifen damit anzuzünden, – so war sie auch nicht gut genug, Herr, um vor so einer gelehrten Körperschaft gehalten zu werden; war sie aber gut genug, um vor einer so gelehrten Körperschaft gehalten zu werden, – so war sie ganz gewiß zu gut, Herr, um nachher die Pfeifen damit anzuzünden.
Jetzt habe ich ihn, sprach Didius zu sich selbst, jedenfalls an einem der zwei Hörner meines Dilemmas aufgespießt, – wir wollen sehen, wie er davon los kommt.
Die Abfassung dieser Predigt für diese Gelegenheit hat mir so unaussprechliche Qualen bereitet, versetzte Yorick, – daß ich Ihnen erklären muß, Didius, ich wollte lieber ein tausendfaches Märtyrerthum erleiden, – und wenn es möglich wäre, mein Pferd mit mir, als daß ich mich noch einmal hinsetzen und so eine Predigt machen wollte; ich wurde von ihr am falschen Fleck entbunden, – sie kam aus dem Kopf statt aus dem Herzen; – und wegen der Pein, die sie mir beim Schreiben und beim Predigen machte, habe ich mich auf diese Art an ihr gerächt. – Wenn man nur predigt, um den Umfang seines Wissens, oder die Schärfe seines Verstandes zu zeigen, – um in den Augen des großen Haufens mit der bettelhaften Aufzählung einiger gelehrten Sätze zu prahlen, die mit ein paar gleißenden Worten ausgeputzt sind, welche wenig Licht und noch weniger Wärme bieten, – so macht man einen schlechten Gebrauch von der armen halben Stunde, die uns allwöchentlich gegeben ist: – das heißt dann nicht das Evangelium, sondern uns selbst predigen. – Ich würde viel lieber fünf Worte direct nach dem Herzen abschießen, setzte Yorick hinzu.
Als Yorick das Wort »abschießen« aussprach, erhob sich mein Onkel Toby. um etwas über Geschosse zu sagen, – als ein einziges Wort von der entgegengesetzten Seite des Tisches die Aufmerksamkeit Aller dahin zog; – ein Wort, das man wol zuletzt von allen im Wörterbuch an diesem Orte erwarten durfte; – ein Wort, das ich mich schäme niederzuschreiben, – das jedoch geschrieben – und gelesen werden muß; – ein gesetzwidriges – unkanonisches Wort – Sie mögen 10,000 Mal 10,000 rathen, – Ihre Phantasie anstrengen und zermartern wie Sie wollen, Sie bringen es nicht heraus. – Aber im nächsten Kapitel sollen Sie es hören.