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Ferdinand Cortes ist aus dieser Welt voll Müh und Arbeit geschieden am 2. Dezember 1547 zu Castilleja de la Cuesta bei Sevilla, in einem Lebensalter von 62 Jahren.
An rechtmäßigen Kindern hinterließ er (aus seiner zweiten Ehe mit Dona Juana von Zuniga) den Markgrafen vom Tale Don Martin Cortes, die Dona Maria Cortes, Gattin des Grafen Luna von Leon, die Dona Juana, Gattin des Don Hernando Enriquez, Erbmarkgrafen von Tarifa, und die Dona Katalina von Arellano.
Eine weitere Tochter des Cortes war Dona Leonora Cortes, die einen reichen Biscayer in Mexiko namens Juan von Tolosa heiratete.
An außerehelichen Kindern hatte Cortes zwei Söhne und mehrere Töchter, und zwar den Don Martin Cortes, Großritter von Santiago, von der Dona Marina, und den Don Luis Cortes, Großritter desselben Ordens, von einer gewissen Hermosilla.
Die Töchter stammen von verschiedenen seiner Geliebten. Cortes hat für sie früh und auch in seinem letzten Willen ausgiebig gesorgt.
Im Wappen führte Cortes die an eine Kette gereihten Köpfe der sieben von ihm bezwungenen Könige und Fürsten. Der Wahlspruch darüber war lateinisch, und da ich kein Latein versteh, so führ ich ihn auch nicht anEine Abbildung des Wappens findet man auf dem S. 70 erwähnten, diesem Buche beigefügten Bildnisse des Eroberers..
Was nun das äußere Aussehen des Cortes anbelangt, so war er eine gefällige, wohlgebaute und kräftige Erscheinung. Sein Gesicht hatte eine aschgraue Färbung; es wäre schöner gewesen, wenn es mehr Länge gehabt hätte. Seine Mienen verrieten wenig Frohsinn. Sein Blick war zumeist ernst, aber er vermochte seinen Augen, wenn er wollte, viel Freundlichkeit zu verleihen. Er hatte Bart- und Haupthaar dünn und schwarz, eine hohe Brust, breite Schultern, eine schlanke Gestalt, wenig Bauch. Seine Beine warm etwas gekrümmt, Schenkel und Füße aber gutgeformt. Er war ein vortrefflicher Reiter, gewandt in allen Waffen im Kampf sowohl zu Fuß wie zu Pferde, und, was die Hauptsache ist, er besaß einen Mut, der vor nichts zurückschrak. Als junger Mann, auf der Insel Hispaniola, soll er viele galante Abenteuer gehabt, manchen gefährlichen Zweikampf ausgefochten und immer den Sieg davongetragen haben. Ein Andenken an einen jener Händel war eine Schmarre zwischen Lippe und Kinn, die sein Bart nicht ganz verdeckte. Seine Haltung, sein Gang, seine Redeweise, sein Benehmen bei Tisch, seine Art, sich zu kleiden, alles das kennzeichnete ihn als Mann von Vornehmheit und Würde. Sein Anzug war der Mode gemäß, aber einfach und niemals geschmacklos. Seide und andere teure Stoffe trug er selten, immer jedoch erschien er äußerst sauber. Mit schweren Goldketten, wie sie viele seiner Zeit- und Ruhmesgenossen mit Vorliebe trugen, behing er sich nie. Er hatte stets die nämliche um den Hals, ein feingearbeitetes Kettchen mit einem Kleinod, das auf der Vorderseite ein Bildnis der Madonna mit dem Himmelskinde und auf der Rückseite eine lateinische Inschrift zeigte. Er trug einen einzigen goldenen Ring mit einem sehr kostbaren Diamanten. An seinem Samthut hatte er eine goldene Münze mit seinem Wahlspruch. Indessen zog er in seinen späteren Jahren eine Tuchmütze ohne die Münze vor.
Cortes liebte es, von einem glänzenden Gefolge umgeben zu sein, wie es ihm als großem Herrn ja auch zukam. Seinen Haushalt verwalteten ein Haushofmeister und ein Kämmerer inmitten einer Schar von Edelknaben. Das Geschirr seiner Tafel war von Gold und Silber. Zu Mittag aß er reichlich und trank dazu ein Viertel Wein mit Wasser gemischt. Auch zu Abend speiste er gut. Aus besonderen Leckereien machte er sich wenig, derlei gab es auf seinem Tische nur bei Festlichkeiten, wo dann an nichts gespart wurde.
Gegen seine Offiziere und Kriegsgefährten, insbesondere gegen diejenigen von uns, die gleich von Kuba aus unter seiner Fahne gedient hatten, war Cortes überaus freundlich und zutraulich. Er war ein guter Lateiner, und wenn er sich mit gelehrten Leuten unterhielt, redete er in dieser Sprache mit ihnen. Er soll sogar Doktor der Rechte gewesen sein. Ein bißchen Dichter war er auch, er machte hübsche Verse, und was er so schrieb, hatte Hand und Fuß. Seine Art zu reden war vornehm, bedacht und überzeugend. Jeden Morgen las er in seinem Brevier. Die Messe hörte er alle Tage mit viel Andacht. Zu seiner Schutzheiligen hatte er die Madonna auserkoren. Wenn er etwas beteuerte, so sagte er: Bei meinem Gewissen! Und wenn er über einen von uns alten Kriegsleuten, die ihm nahestanden, ärgerlich ward, so hieß es: Die Pestilenz sollt Ihr kriegen! Geriet er stark in Zorn, so schwoll ihm eine Ader an der Kehle und eine auf der Stirn, und wenn ihm etwas zu arg war, so warf er wohl auch seinen Mantel von sich, doch gebrauchte er nie ein Schimpfwort gegen Offiziere und Soldaten, überhaupt ging ihm die Geduld nicht leicht aus, und wenn schon manch toller Kerl unter uns war, der zuweilen ungebührlich redete, so vergaß sich Cortes doch nie in heftigen Worten gegen ihn. Alles, was er dann sagte, war: Schweigt! oder: Geht und redet hinfüro nicht, ohne es vordem besser bedacht zu haben! Ein andermal gehts nicht so glimpflich ab.
Wenn Cortes einen Gedanken einmal gefaßt hatte, so war er nicht mehr davon abzubringen, zumal in Dingen des Krieges. Wir konnten dagegen einwenden, was wir wollten: es half alles nicht und wir mußten es so machen, es mochte noch so viel kosten. Einmal, auf unserem Zuge gegen die Hauptstadt, in den Bergen, die jetzt die Markgrafenberge heißen, sollten wir eine vom Feinde besetzte Höhe stürmen. Wir stellten ihm vor, es sei unmöglich wegen der zahlreichen Felsblöcke, die der Verteidiger auf uns herabrollen werde. Vor solchen Riesensteinen sei alle Tapferkeit umsonst, und dagegen anzurennen sei unser aller Tod. Es war alles in den Wind gesprochen. Cortes nahm seinen Befehl nicht zurück. Wir mußten unsere Haut daran wagen und den Sturm versuchen. Das Ende vom Liede war natürlich, daß wir nichts ausrichteten. Zehn oder zwölf Mann von uns blieben auf dem Platze, und wir anderen holten uns samt und sonders blutige Köpfe. Ein andermal, auf unserem unglückseligen Zuge gegen Honduras, als sich Christoval von Olid empört hatte, schlug ich dem Markgrafen an die hundertmal den Marsch über das Gebirge vor. Allein, er blieb bei seiner Meinung, daß wir uns an die Küste halten müßten, und er war nicht zu überzeugen, daß wir auf dem von mir vorgeschlagenen Wege überall bewohntes Gebiet vorfänden, und doch weiß jeder, der in jenen Gegenden bekannt ist, daß von Koazakualko ein gerader Weg über Chiapa und Guatemala nach Nako führt, wo Olid dazumal seinen Standort hatteDer Ort heißt noch heute Cruz del Marques (Markgrafenkreuz)..
Dafür griff Cortes überall selber mit zu. Das zeigte er bereits, als wir den Bau der Veste von Verakruz begannen. Er tat den ersten Spatenstich. In allen Gefechten hab ich ihn stets mitten in unseren Kampfreihen gesehen. Im Gefecht am Tabasko focht er unter den vordersten Rittern. Wie groß war sein Entschluß, nach unserer Landung alle unsere Schiffe zu vernichten! In den drei Schlachten gegen die Tlaskalaner war er der mutigste Feldherr, den man sich nur denken kann. Welcher andere hätte sich mit 400 Mann in die große Stadt Mexiko hineingewagt und wäre so kühn wie er gewesen, den König Montezuma, der über so große Kriegerscharen zu gebieten hatte, in seinem eigenen Paläste gefangen zu nehmen? Ein nicht minderes Wagstück, das nicht untergehen darf im Gedächtnis der Menschheit, war es, als Cortes die Edelleute und Offiziere Montezumas, die den Juan von Escalante und sieben seiner Leute erschlagen hatten, vor den Fenstern des Königs den Feuertod sterben ließ. Und welch übermäßig kühnes Unterfangen war es, den Panfilo von Narvaez und sein mehr denn 1300 Mann starkes Heer, das mit Reiterei, Geschütz und Hakenbüchsen auf das beste versehen war, erst durch Geschenke und Unterhandlungen an der Nase herumzuführen und dann mit 266 Mann zu Fuß, ohne Reiterei und ohne Feuerwaffen, bloß mit Armbrüsten, Piken, Degen und Dolchen anzugreifen, den Feind völlig zu schlagen und den Führer gefangen zu nehmen! Ein wahrer Held war er ferner, als wir, um dem Alvarado beizustehen, zum zweiten Male in Mexiko eingerückt waren und die große Moschee stürmten, kurz vor unserem unglücklichen Rückzuge. Freilich war mit aller seiner und unserer Tapferkeit die Schmach und das Elend in der Folge nicht abzuwenden. Dann, in der Schlacht von Otumba, als die gesamte Kriegsmacht der Mexikaner gegen uns stand, um uns zu vernichten, da war es Cortes, der gegen den Träger der Standarte des gegnerischen Obergenerals anritt, ihn mit der Lanze zu Boden streckte und so auf einen Schlag mit dem Feldzeichen den ganzen Feind zum Wanken brachte. Wenngleich es Juan von Salamanca war, der dem feindlichen Feldherrn den Todesstoß versetzte, so war doch Cortes der Geist des Ganzen. Sein Mut erfüllte die Seelen der anderen und seine Tapferkeit leuchtete allen voran. Häufig ist er im Laufe seiner Feldzüge in die größte Lebensgefahr geraten. Wie mißlich war seine Lage beim Sturm auf Iztapalapan! Bei Xotschtmilko hatten ihn die Mexikaner schon vom Pferde gerissen. Mit Mühe und Not haben ihn damals etliche bundesgenössische Tlaskalaner und der Christoval von Olea herausgehauen. Auch in dem unglücklichen Gefecht auf der Dammstraße, wo uns die Mexikaner 62 Mann gefangennahmen und sie dann ihren Göttern opferten, war Cortes bereits umzingelt und am Fuße schwer verwundet. Da war es abermals der tapfere Christoval von Olea, der ihm das Leben rettete, indem er ihn befreite und ihm wieder in den Sattel half. Leider mußte Olea und manch anderer dabei sein eignes Leben lassen.
Cortes liebte das Spiel mit Karten und Würfeln über die Maßen. Dabei blieb er aber immer guter Laune und gebrauchte gern die üblichen Kraftworte der Spieler.
Im Felde legte er besonderen Wert auf die Ausübung des Wachtdienstes. Manche Nacht machte er die Runde persönlich und sah die Posten nach. Er ging dabei in die Zelte, Hütten oder Quartiere der Soldaten hinein und überzeugte sich, daß jeder seine Waffen bei der Hand und seine Bastschuhe an den Füßen hatte. Wenn er bei einem nicht alles wie vorgeschrieben in Ordnung fand, machte er ihn derb herunter.
Während des Feldzuges gegen Mexiko war Cortes, wie schon gesagt, sehr schlank und mager. Später, seit dem Zuge nach Honduras, legte er sich einen ordentlichen Wanst zu. Auch färbte er sich den Bart schwarz, als er weiß zu werden begann. So freigebig er in den ersten Zeiten in Neu-Hispanien und während seines ersten Aufenthalts in Kastilien war, von 1540 ab, als er zum zweiten Male nach dem Heimatlande ging, verfiel er in Geiz. Einmal ließ er sich sogar wegen verweigerter Soldzahlung verklagen.
Nach der Eroberung von Mexiko war das Leben des Markgrafen reich an Verdruß und Ärger. Die Geschwader und Züge, die er ausrüstete, kosteten ihn riesige Summen, die man als weggeworfen ansehen kann. Weder in Kalifornien noch in Honduras hatte er Glück und Erfolge.