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Wie gesagt, am 16. August 1519 rückte ich drei Tagesmärsche in der Grafschaft Cempoalla vor, allerorts von den Indianern friedlich begrüßt und bewirtet. Am vierten Tage gelangten wir an eine gar sichere Stadt namens Sokochima, hoch am Hange eines stellen Gebirges. Zu diesem Ort kann man nur zu Fuß, auf einer langen, engen Stiege, nicht ohne Mühe gelangen. Darunter im Tale liegen viele Dörfer und Gehöfte, woselbst insgesamt gegen 6OOO waffenfähige Männer wohnen. Die ganze Gegend gehörte bereits zum Machtbereich des Herrn Montezuma. Man empfing mich hier gar freundlich und bot mir Lebensmittel für den Weitermarsch. Auch sagte man mir, man wisse, daß es unsere Absicht wäre, ihren Herrscher aufzusuchen. Er sei mein Freund und habe den Befehl gegeben, man solle mich besonders gut aufnehmen. Ich bezahlte alles, was sie mir gereicht hatten, und bezeigte ihnen viel Dank für ihre Freundlichkeit. Zudem sagte ich ihnen, Eure Kaiserliche Majestät habe von ihrem Herrn gehört und mir befohlen, ihm einen Besuch zu machen. Dies allein sei der Anlaß meines Zuges.
Also bin ich an den Paß des Gebirges gelangt, der auch die Grenze dieser Grafschaft bildet und den wir den Paß Gottes nennen. Er war der erste, über den wir gezogen sind, und er ist so hoch wie keiner in Hispanien. Dennoch sind wir unversehrt darüber gekommen. Jenseits im Abstieg fanden wir wiederum Gehöfte, die der festen Stadt Keykonakan gehören. Auch diese war Herrn Montezuma unterworfen. Hier wurden wir nicht weniger gut als in Sokochima aufgenommen. Abermals sagte man uns über Herrn Montezuma das gleiche, und ich behandelte die Indianer daselbst auf die nämliche Weise.
Von da zogen wir drei Tagesmärsche durch ödes Land ohne Ortschaften. Gott aber weiß, welch großen Mangel an Wasser, welchen Hunger und Durst, welche heftige Kälte und welch sonst große Not wir allda erlitten haben, sonderlich durch Hagel und kalten Platzregen, so daß ich schon vermeinte, es müßten viele von uns erfrieren. Es sind auch etliche von unseren Indianern gestorben, die wir von der Insel Ferdinandina (Kuba) mitgeführt hatten, da sie nur dünne Kleider anhatten.
Nachdem wir die Wüste hinter uns hatten, sind wir über einen anderen hohen Paß gekommen, der aber nicht so hoch war wie der vorige. Auf seiner Höhe steht ein Turm mit steinernen Säulen, in dem Götzenbilder aufgerichtet waren. Um den Turm herum waren Massen von gespalteten Hölzern aufgeschichtet, meines Erachtens über tausend Fuhren, weshalb wir den Ort den Holzberg getauft haben. Beim Abstieg gelangten wir in ein Tal, das stark bewohnt war, aber soviel wir wahrnahmen, von ziemlich armen Leuten. Nach einem Marsch von zwei Meilen kamen wir in eine flachere Gegend, wo offenbar der Herr des ganzen Hochlandes in etlichen stattlichen Häusern wohnte. Sie waren alle aus Quadersteinen erst unlängst erbaut. Darinnen gab es viele große und geschmückte Säle. Der Ort hieß KaltamniÜber die bis dahin berührten Orte siehe Einleitung S. 21. Sokochima ist das spätere Xicochinalco de los Totonacos, Keykoakan das Dorf Mchacan de los Reyes.
In Tlatlauquitepek zeigt man noch heute einen alten Baum, an den der Eroberer sein Pferd gebunden haben soll. Die S. 91 erwähnte »kleine Anhöhe« soll der Cerro de Quimichocan sein, der S. 93 erwähnte Tempel ist in der Nähe des Dorfes San Salvador de los Comales zu suchen. Huexozinko (zuerst genannt S. 101) ist das heutige Huejotzingo, 18 km nordwestlich von Cholula. Amaquemekan (S. 115) heißt jetzt Amecameca.
Wir wurden vom Gutsherrn und seinen Leuten mit fröhlichem Gesicht empfangen und gut beherbergt. Nachdem ich ihn in Eurer Kaiserlichen Majestät Namen angeredet und ihm die Ursache meiner Ankunft erzählt hatte, hab ich ihn gefragt, ob er Untertan des Herrn Montezuma wäre oder eines anderen Fürsten. Solch meine Frage verwunderte ihn arg, und er gab mir zur Antwort: Wer wäre nicht Untertan des Herrn Montezuma? – Damit wollte er wohl sagen, daß selbiger die Welt beherrsche. Da hab ich ihm nun von Eurer Kaiserlichen Majestät Macht und Herrlichkeit gar mancherlei berichtet, und daß viele gewaltigere Herren als Herr Montezuma Allerhöchstdero Lehensherren und Untertanen wären, die darob nicht wenig stolz seien, und daß auch Herr Montezuma und sein Volk danach trachten müßten, Eurer Kaiserlichen Majestät treue Diener zu werden. Ich entbot ihm, sich zum Lehnsherrn Eurer Kaiserlichen Majestät zu erklären. Damit erwerbe er sich viele Gnaden und Ehren, hingegen aber Ungnade und Strafe, wenn er den schuldigen Gehorsam verweigere. Und damit Eure Kaiserliche Majestät ihn möchte gnädiglich aufnehmen, forderte ich ihn auf, Eurer Kaiserlichen Majestät etwas Gold zu übersenden. Er antwortete hierauf, er hätte wohl etwas Gold, könne mir aber keins geben, wenn es ihm Herr Montezuma nicht zuvor befohlen habe. Dann aber wäre er gern erbötig, mir seine Person, sein Gold und all seine Habe darzureichen. Um ihn nicht aufsässig zu machen, und auf daß man mich in meinem Weitermarsch nicht behinderte, ging ich darauf ein, indem ich ihm sagte, ich erhoffte, Herr Montezuma werde solchen Befehl baldigst geben.
Hierselbst sind auch zwei andere Edelleute zu mir gekommen, die ebenso in dem weiten Tale ihre Güter hatten, der eine vier Meilen unterhalb, der andere zwei Meilen oberhalb. Sie schenkten mir mehrere goldene Halsketten von nicht besonders großem Wert, dazu acht Sklavinnen.
An diesem Ort blieben wir vier Tage, am fünften sind wir weiter talabwärts marschiert und an den Sitz des einen der besagten Edelleute gelangt, Yxtakamaxtitlan geheißen. Diese Stadt ist über vier Meilen lang, und ihre Häuser stehen am Ufer eines Flusses dicht aneinandergedrängt. In einem Seitentale wohnt der Herr in einer Burg, derengleichen man in Hispanien nicht findet. Sie ist umgeben mit starken Mauern, guten Zwingern und tiefen Gräben. Dicht daran, auf einem Hügel, ist ein Stadtteil mit 1000 Häusern, die gar geschicklich gebaut sind, wo reichere Leute wohnen als unten. Auch hier ist es uns gut ergangen, und auch dieser Edelmann sagte mir, er sei ein Lehnsmann des Herrn Montezuma.
Hier haben wir drei Tage gerastet, einesteils um uns von den Mühsalen zu erholen, die wir überstanden hatten, anderenteils um auf vier Cempoallaner zu warten, die ich schon von Kaltamni aus nach Tlaskala vorausgesandt hatte, das, wie man mir gesagt hatte, nicht mehr weit sei, was in Wahrheit auch so war. Zugleich hatte ich vernommen, daß die Tlaskalaner zahlreiche und tapfere Leute wären und Nachbarn und Todfeinde des Herrn Montezuma, mit dem sie immerdar im Kriege lägen. Also vermeinte ich, daß sie sich über meine Ankunft hoch erfreuen und mir nach Möglichkeit Freundschaft und Beistand erweisen möchten, fürnehmlich, wenn Herr Montezuma etwas wider mich vornehmen oder mich irgendwie behindern wollte.
Da wir nun schon acht Tage auf die besagten Boten vergeblich warteten, fragte ich andere Cempoallaner, warum ihre Landsleute noch nicht wären zurückgekommen. Sie antworteten mir, der Weg dahin wäre weit und in so kurzer Zeit könnten sie nicht zurück sein. Dieweil mir dies verständlich schien und mich die Leute von Cempoalla sichere Freunde deuchten, bin ich weiter gen Tlaskala marschiert.