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Am Tage darauf, am Johannstage, den 27. Dezember, hab ich alle Edelleute des Landes Tlaskala zu mir berufen, und als sie versammelt waren, hab ich ihnen gesagt, ich wäre willens, am nächsten Tage wider den Feind zu rücken. Sie wüßten, daß man die Hauptstadt Temixtitan nicht ohne Schiffe belagern und erstürmen könne. Deshalb hätte ich den Bau von Rennschiffen angeordnet. Ich bäte sie, die damit beschäftigten Schiffs- und Zimmerleute, sowie alle, die ich hier zurückließe, freundlichst zu behandeln, wie ich das von ihnen gewohnt sei, und ihnen alles zu verschaffen, was sie nötig hätten. So uns Gott der Allmächtige den Sieg gäbe, möchten sie alsdann alles bereit halten, damit mir die Schiffsteile nach Tezkuko geschickt werden könnten, sobald ich darum schriebe. Solches versprachen sie mir zu tun. Abgesehen von den nötigen Trägern für die Rennschiffe, boten sie mlr all ihr Kriegsvolk an, um den Zug der Schiffe über Land bis zu meinem Standorte zu geleiten. Sie seien bereit, mit mir zu sterben oder zu leben, um sich an ihren Todfeinden, den Leuten von Mexiko, zu rächen.
Am 28. Dezember, am Tage der Unschuldigen Kinder, bin ich mit meiner ganzen Streitmacht wohlgerüstet und geordnet ausgezogen. Sechs Meilen von Tlaskala, in einem Dorfe namens Tezmellokan, das zur Grafschaft Huexozinko gehört, am Fuße des hohen Gebirges, blieben wir über Nacht. Die Leute dort hatten allezeit zu uns gehalten und tun es noch heute. Wie bereits in meinem vorigen Berichte vermeldet, hatten die Leute von Mexiko und Temixtitan sich und ihr ganzes Reich in Kriegsbereitschaft gesetzt und allerorts Wälle, Gräben, Sperren und anderes Bollwerk errichtet, um uns den Einfall zu wehren, uns zu widerstehen und uns Schaden zuzufügen. Daß ich mir vorgenommen, einen Feldzug wider sie zu führen, wußten sie gar wohl. Nachdem ich ihre Zurüstungen erfahren hatte, und da ich die verwegene, hitzige und verschlagene Art ihrer Kriegshändel kenne, hab ich lange nachgedacht, an welcher Stelle ich den Einfall in ihr Land machen solle, um sie unversehens zu überfallen. Drei Zugangswege waren mir bekannt. Ich beschloß, über Tezmellokan einzubrechen, dieweil dieser Weg der steilste und schwierigste ist, wobei ich vermeinte, an diesem Paß am wenigsten Widerstand und nur geringe Wachsamkeit zu finden.
Am 29. Dezember, nach der Messe, marschierten wir von Tezmellokan ab. Ich selber führte die Vorhut aus zehn Reitern und 60 meiner besten Fußknechte. In Ordnung und Bereitschaft, soweit das in den Bergen möglich war, zogen wir den Paß hinan. Als wir das genannte Dorf vier Meilen im Rücken hatten, oben auf der Höhe des Passes, an der Grenze von Mexiko, lagerten wir uns zur Nacht. Da es bitter kalt und viel Holz am Orte war, brannten wir uns große Feuer an.
Am anderen Tage, einem Sonntage, ging unser Marsch in der Morgenfrühe weiter, nunmehr den Paßweg abwärts. Ich sandte vier Reiter und vier Mann zu Fuß als Aufklärer voraus. Darauf begannen die übrigen hinabzuziehen, zuerst die Reiter, dann die Büchsen- und Armbrustschützen, zuletzt das übrige Volk nach gewohntem Kriegsbrauch. Wenn ich auch verhoffte, die Feinde zu überraschen, so war ich daneben doch besorgt, daß sie in einem Hinterhalt liegen und uns im Marsche angreifen könnten.
Wie nun die vier Reiter und die vier Mann zu Fuß die Straße hinabzogen, kamen sie an einen Verhau von starken Fichtenstämmen, der quer über den Weg errichtet war, offenbar erst unlängst. Im Weitermarsche fanden sie immer mehr solcher Verhaue. Und dieweil die Straße durch unwegsamen dichten Wald ging, sind sie kaum noch vorwärts gekommen und in Sorge geraten, es möchten am Ende Feinde hinter einem Verhau lauern. Da sie überdies bedachten, wie wenig ihnen hier die Pferde nützten, gerieten sie alsbald in Furcht.
Da sagte einer der Reiter zu den anderen: Kameraden, was denkt ihr? Wollen wir weiterreiten oder umkehren und unserm Generalkapitän von den Verhauen melden und von der Gefahr, daß wir hier unsere Pferde nicht gebrauchen können? Seid ihr aber anderer Meinung, so laßt uns weiterziehen! Ich schlag mein Leben gern in die Schanze, denn es ist nicht mehr wert als das der anderen. Es gilt vorwärts zu kommen! – Die anderen nun meinten, umzukehren sei nicht nötig, da noch kein Feind zu sehen wäre, und man auch noch nicht wisse, wie der Weg weiter unten wäre. Also zogen sie weiter. Da sie aber sahen, daß es nicht anders wurde, machten sie halt und sandten einen der Fußknechte zu mir mit einer Meldung hierüber. Darauf empfahl ich mich Gott dem Allmächtigen, setzte mich vor meine Reiter und rief den Fußknechten zu, scharf auszuschreiten, damit wir bei guter Zeit in die lichte Ebene hinabkämen.
Sobald ich vorn bei den vier Reitern war, sind wir vorwärts gerückt und nach einer halben Meile glücklich vor die Ebene gelangt. Allda machten wir halt und erwarteten die übrigen. Nachdem sie herangekommen waren, hab ich ihnen befohlen, Gott zu danken, dieweil er uns bis hierher gesund und unangefochten geführt hatte. Von der Stelle, da wir standen, hatten wir einen weiten Blick auf das ganze Reich Mexiko, die Hauptstadt und den großen See. Aber bei aller Freude, dies zu schauen, gedachten wir doch unserer Verluste von ehedem und waren traurigen Sinnes. Und wir gelobten uns einander, entweder zu siegen oder aber Leib und Leben zu lassen. Von solchem Willen beseelt, zogen wir fröhlich weiter wie zu einem Feste.
Nunmehr merkten die Feinde unseren Anzug und gaben dies dem ganzen Lande durch mächtige Rauchzeichen kund. Noch einmal wandte ich mich an mein Kriegsvolk und ermahnte es mit Güte und Ernst, auch fürderhin jedwede Pflicht getreulich zu erfüllen wie bisher. Vor allem müsse Ordnung beim Marsche gehalten werden. Schon begann das wilde Geheul der Indianer drunten in den Dörfern und Höfen der Ebene, womit sie sich gegenseitig in Acht setzten, um uns die letzten Engen zu verlegen, die wir noch zu durchschreiten hatten. Wir aber beeilten uns, so daß wir völlig in die Ebene kamen, ehe sich die Feinde zu größeren Haufen zusammenrotteten. Nur einmal lagen uns Indianer im Wege. Ich ließ 15 Reiter wider sie vorrücken, die etliche von ihnen mit ihren Lanzen erlegten und verwundeten, ohne daß wir Verluste oder Verletzungen erlitten.
Danach setzten wir unseren Marsch fort auf die Stadt Tezkuko zu. Die Landschaft, durch die wir zogen, ist die schönste in diesem so wunderbaren Reiche. Da aber die Fußknechte müde waren und dieweil die Nacht anbrach, blieben wir in einer kleinen Stadt namens Koatepek, drei Meilen vor Tezkuko. Im Orte war keinerlei Volk zu finden. Da die Grafschaft Akuluakan, zu der diese Stadt gehört, groß und volkreich ist, so daß sich an die 150000 Mann irgendwo mochten versammelt haben, so hatt ich Sorge, man könne uns überfallen, und war deshalb auf der Hut. Die erste Wache hab ich mit zehn Reitern in Person übernommen und dem Fußvolk befohlen, gerüstet zu bleiben.
Am letzten Dezembertage brachen wir früh in voller Ordnung auf. Als wir eine Viertelmeile marschiert waren, während einer mit dem anderen erwog, ob man uns in Tezkuko wohl friedlich oder feindlich empfange, da kamen uns vier vornehme Indianer entgegen mit einer goldenen Fahne, dem Zeichen, daß sie uns in Freundschaft nahten. Gott der Allmächtige weiß, wie sehr uns dieses Sinnbild des Friedens erfreute, und wie sehr es uns vonnöten war! Denn unser Häuflein war winzig klein und wir mitten im Lande unserer Feinde.
Als ich die vier Indianer wahrnahm, unter denen einer war, den ich gut kannte, da ließ ich mein Kriegsvolk haltmachen und ritt allein vor. Nachdem wir einander hatten begrüßt, begannen sie zu reden. Sie kämen im Namen der Stadt Tezkuko und des ganzen Fürstentums Akuluakan. Ihr Gebieter, Herr Koanako, bäte mich untertänigst, ihm und seinem Lande nicht Gewalt anzutun. Sie hätten keine Schuld an dem Schaden, der uns ehedem wäre zugefügt worden. Dessen Urheber wären die Herren von Temixtitan. Sie aber seien Eurer Kaiserlichen Majestät Lehensleute und unsere guten Freunde. Wir mochten in ihre Stadt einziehen und an ihrem Tun und Treiben erkennen, wes Sinnes sie zu uns seien.
Nachdem sie ihre Rede und ihr Ansuchen geendet hatten, hab ich ihnen durch einen Dolmetsch Antwort gegeben. Sie seien mir herzlich willkommen, und ihr Anerbieten erfreue mich sehr. Aber sie wüßten doch wohl, daß mir unlängst in ihrem Gebiete, sechs Meilen von Tezkuko entfernt, fünf Reiter und 45 Fußknechte samt 300 indianischen Lastträgern aus Tlaskala umgebracht und mir dabei eine Menge Gold, Silber, Stoffe und andere Dinge geraubt worden wären. Dafür gäbe es wahrlich keine Entschuldigung, sondern gestrenge Strafe an Leib und Leben; aber dennoch sei ich bereit, Frieden mit ihnen zu machen, unter der Bedingung, daß man mir das Geraubte wieder zustellen wolle. Sie entgegneten mir, alle Beute wäre nach Temixtitan geschleppt worden; wenn wir aber irgendwo etwas fänden, worauf wir Anspruch hätten, so solle uns solches sofort wiedergegeben werden. Sodann fragten sie mich, ob ich die Nacht in ihrer Stadt Quartier nehmen möchte oder in einem der beiden Vororte Koatlinchan und Huexotla, eine halbe Meile vor der Stadt. Offenbar war ihnen das letztere angenehm, wie mir hinterher klar geworden ist. Ich gab ihnen aber die Antwort, ich wolle nicht eher rasten als in Tezkuko, worauf sie mir eine glückliche Reise wünschten. Indem sie mir verhießen, die Quartiere für uns vorzubereiten, gingen sie von uns.
In den genannten beiden Vorstädten kamen uns etliche Vornehme entgegen, empfingen uns sehr freundlich und überwiesen uns Lebensmittel. Um Mittag sind wir sodann in die Stadt selbst eingerückt. Unser Quartier war ein Palast, der ehedem dem Vater des Fürsten Koanako gehört hatte. Ehe das Kriegsvolk wegtrat, ließ ich bekanntgeben, daß bei Todesstrafe niemand ohne mein Wissen das Quartier zu verlassen hätte. Der uns angewiesene Palast war so geräumig, daß wir darin allesamt bequem Herberge fanden. Wir hätten unsrer sogar noch einmal soviel sein können. Besagten Befehl aber hatte ich erlassen, damit sich die Bürger der Stadt nicht sollten beunruhigen. Es war mir beim Einzüge aufgefallen, daß in den Gassen viel weniger Leute denn ehedem zu sehen waren, und vor allem weder Weiber noch Kinder.