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17. Die Badener Heilquellen.

. Zur Zeit König Dagobert's I., den die Geschichte den Grossen nennt, obgleich er auch heftigen Leidenschaften unterworfen war, erscheint das grosse Frankreich unter zwei Herrschern getheilt. Dagobert hatte zu seinem Antheil Austrasien erhalten, wozu die Rheinlande und folglich auch Baden gehörten, seinem Bruder Heribert war Neustrien zugefallen. Die Stadt Baden lag damals zum grossen Theil in Trümmern, und es war ausser der Kirche und den Bädern wenig mehr vorhanden als die königliche Pfalz, die wol am sogenannten Graben und in jener Gegend gelegen haben mochte, die noch bis vor kurzem den Namen Königshof führte. Dagobert war ein eifriger Verehrer des edeln Waidwerks, und da die wildreichen Forste in der Umgegend von Baden zu dessen Ausübung die günstigste Gelegenheit boten, hielt er sich nicht selten längere Zeit in seiner königlichen Pfalz im Oosgau auf, und laut erscholl das Jagdgetös in den Thälern, in welchen damals noch der Ur, das Elen, der Wolf und der Bär und noch manch anderes Thier heimisch war, das in diesen Forsten längst ausgerottet ist. Während einer solchen Anwesenheit in Baden ward König Dagobert plötzlich von der Gicht befallen, die ihn aufs Krankenlager warf. Böse Schmerzen marterten ihn, und unsägliche Qualen durchzuckten stechend, reissend und brennend die kräftigen Glieder, sodass der sonst so starke Mann unter der Pein des siechenden Körpers laut wimmerte und klagte, und bald in die furchtbarsten Verwünschungen ausbrach, bald kleinmüthig zu andächtigem Gebet seine Zuflucht nahm. Aerzte wurden herbeigeholt, soviel man deren habhaft werden konnte. Jeder wusste einen Rath, keiner konnte helfen. Da liess sich eines Morgens bei dem kranken Herrscher ein Mönch zum Einlass melden. Es war derselbe aus dem Kloster Weissenburg, welches beständig einen aus seiner Mitte zur Besorgung des Gottesdienstes in Baden unterhielt. Als der Mönch vor den König kam, sprach er: »Du suchst Linderung und Heilung von schweren Leiden in der Ferne und durch weithergeholte Kunst, während das kräftigste Heilmittel gegen deine Krankheit in Deiner Nähe liegt. Wenn es der Wille des Unerforschlichen ist, Dich von den Leiden Deines Körpers zu befreien, so wird das Ende derselben nicht mehr fern sein. Siehst Du drüben bei der Kirche den Dampf aufsteigen von den warmen Brunnen? Wundersame Kräfte hat der Schöpfer in diese heissen Quellen gelegt, wie sie nicht Kraut, nicht Erde, nicht Metall in sich schliessen. Die heidnischen Römer vor uns kannten bereits diese Kräfte wol und haben deshalb eine Stadt gebaut mit Bädern zur Heilung und zum Frommen derer, die in den schweren Kriegen, die sie beständig geführt, presthaft und siech geworden. Die jetztige Zeit hat den Glauben daran verloren; mich aber hat eine lange Erfahrung gelehrt, dass diese dampfenden Quellen allein für die Leiden der Menschheit geschaffen sind. Lass Dich hinabtragen zu diesen heissen Brunnen, tauche Deine siechen Glieder in die wohlthätige Flut, wiederhole dies einige Zeit hindurch, und es müsste mich alles trügen, wenn man nicht nach wenigen Tagen sprechen kann, wie Jesus zu dem Kranken am Teiche Bethesda sagte: Stehe auf und nimm dein Bett, dir ist geholfen.

Und der kranke König that nach des frommen Mannes Worten, und schon nach dem ersten Bade fühlte er grosse Erleichterung, und kaum waren acht Tage ins Land gegangen, so sah er sich von allen Schmerzen befreit und frisch und gesund, dass er wieder jagen und den Fährten des Wildes folgen konnte wie zuvor.

Als aber der König genesen, vergass er den Dank nicht, sondern er machte den Mönch, der ihm den wohlthätigen Rath gegeben, zu seinem Beichtvater, und schenkte dem Kloster Weissenburg die warmen Quellen in Baden, denen er seine Heilung verdankte, und die von da an einen grossen Ruf erlangten.

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