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9. Baldreit.

. Zu den besten Gasthäusern der Stadt Baden zählte früher der »Baldreit«. Diese Benennung soll sich von folgendem Vorfall herschreiben. – Ein Kurfürst von der Pfalz war schwer erkrankt und suchte Hülfe von seinen Leiden an den heissen Quellen Badens. In einer Sänfte hatte er seine Reise gemacht, denn auf seinen gichtkranken Gliedern vermochte er sich kaum aufrecht zu halten, viel weniger konnte er ein Ross besteigen. Wenn auch im Anfange die sonst so berühmten Heilquellen wenig Einfluss auf den siechen Körper des Pfalzgrafen auszuüben schienen, so war die Wirkung nach Verfluss von einigen Wochen desto unerwarteter und nachhaltiger. Denn als der Pfalzgraf eines Morgens auf seinem Lager erwachte, fühlte er sich von allen Schmerzen völlig befreit und seine Glieder so stark und kraftvoll wie in den Tagen seiner Jugend. Da er nur von der Noth getrieben seine Pfalz, wo seine Anwesenheit dringend nöthig war, verlassen, so stieg plötzlich in ihm der Gedanke auf, die neugewonnene Gesundheit zur sofortigen Rückkehr zu benutzen. Obgleich der Morgen kaum graute, so erhob er sich doch rasch, warf die Kleider über und stieg in den Stall hinab, wo er selbst sein Lieblingsross zäumte, das freudig aufwieherte, als es seinen Herrn nach so langer Zeit wieder an seiner Seite sah. Alles ging vortrefflich und eben öffnete der zu diesem Zweck geweckte Diener die Flügel des Hofthores und der Kurfürst war, einen Fuss im Bügel, eben im Begriff, auf das Ross sich zu schwingen, als der Wirth und die Seinen, durch das ungewöhnlich frühe Geräusch im Hofe geweckt, an einem Fenster erschienen, um zu sehen, was es so frühe im Hause gebe. So konnte er seinem Gast, den Badens Quellenwunder so bald wieder zum Reiten brachte, nur noch einen letzten Abschiedsgruss zuwinken.

Von dieser Begebenheit erhielt das Gasthaus, wo der Kurfürst seine Herberge genommen, den Namen Baldreit, wie es noch heute heisst.

* * *


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