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Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Der Kapitän examiniert mich

Zur Zeit der Ablösung, um 6 Uhr, war der Kapitän noch nicht zurück. Als Lush in seinem weißen Jackett, dem Zeichen seiner Würde als Wachhabender, erschien, verriet sein Holzgesicht keine Spur von Verwunderung, den Schiffer nicht zu sehen. Er schritt zum Kompaß, kontrollierte den Kurs und nahm dann seinen Pendelgang an der Reling entlang auf.

Um 7 Uhr hatte sich der Himmel geklärt. Der Dunst, welcher ihn den ganzen Tag über verfinstert hatte, war hinter den südlichen Rand des Horizontes hinabgezogen; das sanfte Violett des tropischen Abendhimmels breitete sich über uns aus. Im Westen glühte strahlenlos die untergehende Sonne wie eine goldene Scheibe.

Durch das Oberlicht blickend sah ich Wilkins das Abendbrot auf den Tisch stellen; bald darauf rief er uns. Fräulein Temple war noch immer verstimmt und sprach kein Wort, ich war daher ganz froh, als gleich, nachdem wir uns an den Tisch gesetzt hatten, der Kapitän aus seiner Kajüte trat und bei uns Platz nahm.

Bedaure, Madam, sagte er, auf den einfachen Imbiß deutend, daß ich Ihnen nichts Besseres anbieten kann. Gepökeltes Rind- oder Schweinefleisch bilden meine einzige Abwechslung, und dazu Erbsen, die nur gut sind, um in ein Blaserohr geladen zu werden. Wie oft sehne ich mich nach einer Scheibe saftiger Rindslende und einer mehligen Kartoffel! Das Seemannsleben ist eben ein schwerer, entsagungsreicher Beruf, man mag es betrachten, von welchem Ende man will. – Wie sind Sie mit Ihrer Wache zustande gekommen, Herr Dugdale?

Ganz gut, es gab ja nichts zu tun, antwortete ich, herzhaft kauend, denn ich war sehr hungrig.

Sie hätten aber gewußt, die nötigen Maßnahmen zu treffen, wenn es anders gewesen wäre?

Fräulein Temples Augen mahnten mich, auf der Hut zu sein.

Nun, ich weiß nicht, erwiderte ich achselzuckend; es wäre auf den Fall angekommen. Ein richtiger Seemann wie Sie und Herr Lush bin ich doch nicht.

Dieser »Herr Lush«, wie Sie ihn nennen, ist kein Herr; er ist ein Schwein auf zwei Beinen, rief er erbost. Lassen Sie ihn auf allen Vieren laufen, so gibt es keine alte Sau unter einem Langboot, die nicht in ihm eins ihrer verlorenen Kinder erkennen würde. Solche Manieren! Sie hätten ihn essen sehen sollen, Madam. Und dann seine Sprache! Es war mit ihm nicht auszuhalten; schon bald nach Chickens' Tod jagte ich ihn von meinem Tisch, obwohl ich Freude an Gesellschaft habe. Hierbei machte er gegen uns beide eine verbindliche Kopfverbeugung.

Na, von einem simpeln Zimmermann können Sie doch nicht die Manieren eines Hofmanns erwarten, sagte ich, glücklich, daß er meine Qualifikation zum Seemann vergessen zu haben schien. Aber ich irrte, denn scheinbar in tiefe Gedanken versunken, ruhte plötzlich wieder sein starrer Blick auf mir, und dann begann er von neuem:

Ich halte Sie natürlich nicht für einen Seemann ersten Ranges. Dazu sind Sie zu lange aus der Uebung, aber es wird Ihnen bald alles wieder einfallen.

Herr Dugdale war nur zwei Jahre zur See, erinnerte Fräulein Temple; in so kurzer Zeit kann er unmöglich viel gelernt haben.

Glauben Sie das nicht, Madam. Ich hatte in einem Jahr schon so viel gelernt, daß ich auf jedem beliebigen Fahrzeug als Vollmatrose hätte dienen können. Was meinen Sie denn nicht mehr zu wissen? wandte er sich freundlich zu mir.

Ach viel, viel, Herr Kapitän, antwortete ich lächelnd, obwohl ich zwischen diesem Fragen und den Blicken Fräulein Temples wie auf Nadeln saß.

Sie könnten doch ein Schiff wenden?

Zur Not wohl. Doch könnte es mir leicht passieren, es dabei zum Kentern zu bringen.

Er wiegte den Kopf. Na, fuhr er fort, jedenfalls aber vermögen Sie die nötigen Befehle zum Segelkürzen zu geben und verstehen auch einen Stern zu messen, wie Sie mir sagten.

So? Tat ich das?

Allerdings taten Sie das, schrie er.

Ich erinnere mich dessen nicht, bemerkte Fräulein Temple.

Na, lachte er. Die Dame fürchtet, daß Sie zu viel wissen. Ich beabsichtige keine Beleidigung, aber ein Sprichwort im Vorderkastell sagt: Alle männlichen Affen würden reden, wenn ihre Liebsten ihnen nicht rieten, das Maul zu halten, damit sie nicht eins darauf kriegen.

Er lachte aus vollem Herzen, während Fräulein Temple, wie zu Stein verwandelt, ihm einen vernichtenden Blick zusandte.

Ja, manche Matrosensprüche sind wirklich köstlich, fuhr er fort. Doch um bei der Sache zu bleiben – da Sie einen Stern messen können, werden Sie auch verstehen, die Mittagshöhe festzustellen und daraus die geographische Breite zu bestimmen.

Einige Versuche würden mich wohl wieder dahinter kommen lassen.

Gut, dann bin ich auch sicher, daß Sie aus den Monddistanzen die geographische Länge zu finden wissen werden.

Aber ich bitte Sie, was bezwecken all diese Fragen?

Er sah mich fest an und nickte mehrmals stumm mit dem Kopfe, ehe er langsam erwiderte:

Sagten Sie mir nicht, bevor ich Sie an Bord nahm, Sie verstünden die Navigation?

Allerdings. Ich erinnere mich, so etwas gesagt zu haben.

Nun, und warum wollen Sie mich jetzt glauben machen, daß Sie nichts davon verstehen?

Das tue ich gar nicht, entgegnete ich gereizt. Ich meine aber, nachdem Sie mich so viel gefragt haben, darf ich nun auch die Frage stellen, weshalb Sie mich derart examinieren?

Das werden Sie bald erfahren, darüber werde ich sehr bald mit Ihnen sprechen, murmelte er, düster vor sich hinblickend und geheimnisvoll dazu nickend.

Kapitän Braine, brach jetzt Fräulein Temple, ihre Verachtung vergessend, in zitternder Erregung los, Sie haben uns aus einer furchtbaren Lage befreit und mir versprochen, uns bei erster Gelegenheit auf ein heimwärts segelndes Schiff zu bringen, falls wir nicht bald die Gräfin Ida treffen. Daran bitte ich zu denken.

Habe ich denn mein Versprechen gebrochen? entgegnete er, sich ihr langsam mit großen Augen zuwendend.

Ich kann nur wiederholen, daß jede Summe Geldes, die Sie dafür verlangen – – –

Bitte Madam, wehrte er in keineswegs unhöflichem Ton ab, ich bat Sie schon einmal, diesen Punkt nicht weiter zu berühren; ich weiß alles, was Sie und Herr Dugdale mir gesagt haben. Um so erstaunter bin ich jetzt, daß dieser auf einmal seine nautischen Kenntnisse ableugnen will, welche zu besitzen er erst heute morgen erklärt hat. Ich hoffe, Herr Dugdale, setzte er mit einem finsteren, fast drohenden Blick hinzu, Sie haben mich nicht getäuscht.

Sie sollen die volle Wahrheit hören, sobald ich weiß, wo Sie mit Ihren Fragen hinaus wollen, erwiderte ich hitzig, vorher aber kein Wort.

Kaum war das heraus, als ich auch schon meine dumme Gereiztheit bedauerte. Waren wir nicht vollständig in der Gewalt dieses Mannes, in der Gewalt eines uns noch ganz unverständlichen Mannes, von dem wir nicht wußten, ob er zurechnungsfähig war oder nicht, von dessen gutem Willen wir aber jedenfalls gänzlich abhingen? Mir schien es, als wenn seine Augen plötzlich einen tückischen Ausdruck erhalten hätten.

Bitte, verstehen Sie mich richtig, lenkte ich daher in völlig verändertem sanftem Ton ein. Wenn ich Ihnen nach irgendeiner Richtung von Nutzen sein kann, so befehlen Sie über mich. Wir verdanken Ihnen unser Leben, und obwohl das eine Schuld ist, die ich nie ganz werde abzahlen können, so würde ich doch glücklich sein, sie wenigstens so weit abtragen zu können, als ich es vermag.

Wir werden bald miteinander sprechen, sagte er geheimnisvoll wie vorher. Dann sprach er bis zur Beendigung der Mahlzeit kein Wort mehr. Er ging ohne Gruß in seine Kajüte, und wir begaben uns, da es noch zu früh zum Schlafengehen war, wieder auf Deck.

Natürlich ging uns seine hartnäckige und wunderliche Art, sich über meine nautischen Kenntnisse zu informieren, sehr im Kopf herum. Möglich war es ja, daß ihn dabei nur der Gedanke bewegte, das Schiff nicht ohne Leitung zu wissen, falls er etwa plötzlich krank würde, aber damit war seine düstere Geheimnistuerei kaum in Einklang zu bringen. Es mußte noch etwas anderes sein, was er mit mir im Schilde führte, und das beunruhigte mich.

Die Nacht war köstlich und sternenhell. Abwechselnd promenierten wir oder setzten uns da und dort. Keines von uns hatte Lust, die Kühle und Stille hier oben mit der Hitze und Enge der kleinen Kabine zu vertauschen.

Der Kapitän hatte von 8 bis 12 Uhr die Wache, kam aber nur einmal zu uns her, um uns zu sagen, daß jedes von uns in seiner Kabine eine Laterne finden würde, und er uns bäte, des vielen leichten Brennstoffs wegen vorsichtig mit dem Lichte umzugehen. Im übrigen kümmerte er sich nicht um uns.

Natürlich drehte sich unsere Unterhaltung meist um ihn, und ich sagte unter anderem: Vielleicht weigert er sich, mich an Bord eines heimwärts steuernden Schiffes zu schicken, während er sich für Ihre Person dazu gern bereit zeigen würde. Was wird dann?

Das wäre schrecklich; allein kann ich doch nicht reisen. Es scheint mir aber auch ganz undenkbar, daß ein Mann wie Kapitän Braine Sie sollte zwingen können, gegen Ihren Willen bei ihm zu bleiben.

Ich tat, was ich konnte, sie zu beruhigen, indem ich sie erinnerte, mit welcher Menschenfreundlichkeit uns der Kapitän bis jetzt behandelt hätte, wenngleich sein Gebahren unleugbar nicht ganz normal schiene. Andererseits beschwor ich sie, gerade mit Rücksicht auf diesen unberechenbaren Geisteszustand geduldig zu sein, stets ihren Zorn zu beherrschen, wenn er sie einmal mit oder ohne Absicht verletzen sollte, niemals sein Wort zu bezweifeln und es mir zu überlassen, meine Rolle zu spielen, wie ich es für gut fände. Ich werde mich dabei, fügte ich mit Nachdruck hinzu, durch keine Vorstellungen und Einreden Ihrerseits beeinflussen lassen, und bitte Sie daher, auch solche erst gar nicht zu versuchen. Da das Schicksal Sie einmal unter meinen Schutz gestellt hat, muß ich Sie herzlich bitten, unbedingtes Vertrauen zu mir und meinen Handlungen zu haben.

Ach, das will ich ja gern, flüsterte sie. Wie wird Ihnen meine Mutter einst danken!

So Gott will, soll Ihre Mutter das tun, wenn ich auch durchaus keinen Anspruch auf Dank erhebe. Ich werde mich glücklich preisen an dem Tage, an welchem ich Sie den Armen Ihrer Mutter überliefern kann. Mein reichster Lohn wird aber darin bestehen, wenn ich dann glauben darf, daß Sie in der Erinnerung das Bild meiner Person freundlicher betrachten werden, als dies auf der Gräfin Ida der Fall war.

Bitte, Herr Dugdale, kommen Sie nicht wieder auf dieses Thema; ich denke, wir lassen es ruhen. Sie sind schon sehr deutlich darüber gewesen.

Ich lachte. Nun denn, so lassen Sie uns schlafen gehen. Es ist schon 11 Uhr.

Ach, ich gehe so ungern, seufzte sie. Doch einmal muß es ja sein. Also kommen Sie.

Ich blieb noch einen Augenblick sinnend stehen.

Worauf warten Sie? Ich bin ja bereit.

Ich denke eben, ob ich mich nicht erbieten soll, die nächste Wache zu übernehmen – der Kapitän könnte das von mir erwarten.

Hören Sie, Herr Dugdale, brach sie wieder los, ich glaube wirklich, Sie legen es darauf an, daß ich Sie für ebenso verrückt halten soll wie den Kapitän. Mit meiner Einwilligung werden Sie nichts derart tun. Wenn Sie durchaus Ihren früheren Beruf wieder aufnehmen wollen, so darf ich Sie wohl bitten, damit so lange zu warten, bis Sie mich los sind.

Gott, was sind Sie aber immer gleich böse. Jedenfalls müssen wir ihm wenigstens »Gute Nacht« sagen. Ich ließ dem Wort die Tat folgen, und er rief zurück: Gute Nacht, Herr Dugdale, gute Nacht, Madam. Wenn Sie noch irgend etwas vermissen, was meine Lady Blanche zu liefern vermag, so lassen Sie mich's wissen und Sie sollen es haben.

Vielen Dank! Sie sind sehr gütig.

Nun endlich ließ auch sie sich zu einem ganz freundlich klingenden: Gute Nacht, Herr Kapitän! herab.

Die Kajütenlampe brannte schwach. Ich ging nach den Kabinen, um eine der Laternen zu holen, von denen der Kapitän gesprochen hatte. Die in der Kabine des Mädchens stellte ich angezündet auf den Tisch, die andere nahm ich zurück in die Kajüte. Hier fand ich meine arme Gefährtin bleich wie ein Gespenst.

Ich wollte, ich könnte hier schlafen, stöhnte sie.

Aber warum denn? Unten haben Sie es doch viel behaglicher und besser, und vor allen Dingen sind Sie dort nicht allein.

Ja, das ist schon richtig, es sind aber gewiß Ratten da.

Keine Spur. Aengstigen Sie sich doch nicht ganz unnötig. Bitte, kommen Sie nur.

Sie faßte krampfhaft meinen Arm. Unten blieb sie plötzlich furchtsam spähend und lauschend stehen.

O, wie schrecklich gruselig ist es hier, zitterte es leise von ihren Lippen.

Nicht doch. Seien Sie doch mutig. Ich bin ja bei Ihnen. Oben würden Sie den Kapitän als Nachbar haben und wahrscheinlich Anstand nehmen, ihn zu rufen, falls Sie irgend etwas beunruhigte. Hier brauchen Sie nur an die Wand zu klopfen, um mich auf der Stelle an der Hand zu haben. Ich dächte, das sollte Ihnen doch Beruhigung gewähren. Sie sind sonst ein so tapferes Mädchen, fuhr ich voll tiefen Mitleids fort, als ich ihren ganzen Körper an meinem Arm beben fühlte; denken Sie doch nur ein klein bißchen daran, daß Sie in mir einen Beschützer haben, dessen einziges Bestreben es ist, für Ihr Wohl und Bestes zu sorgen, und der Ihnen deshalb nichts zumuten wird, was dem nicht entspräche. Gehen Sie und legen Sie sich ruhig nieder, ich wache über Sie und werde Sie hüten, so lange Gott mir noch einen Arm läßt, den ich für Sie erheben kann.

Sie sah mich mit einem fast kindlich zutraulichen Blick an, sagte aber nichts, sondern schritt auf die Tür zu, öffnete sie und guckte scheu in den Raum.

Kann ich noch irgend etwas für Ihre Bequemlichkeit tun? fragte ich hinter ihr stehend.

Sie spähte noch eine kleine Weile umher, dann erwiderte sie matt: Ich glaube nicht. Aber das kleine Lichtstümpchen wird bald niedergebrannt sein, und dann bin ich im Finstern. Und wenn ich es gleich auslösche, habe ich nichts, um es wieder anzünden zu können.

Wenn Sie Licht brauchen, klopfen Sie an die Wand. Ich werde dann ebenfalls klopfen, zum Zeichen, daß ich Sie gehört habe. Uebrigens kann ich Ihnen auch einige Streichhölzer mitgeben. Damit entnahm ich meiner Schachtel welche und händigte sie ihr ein. Und nun wünsche ich Ihnen eine gute, ungestörte Nacht. Es ist bald 12 Uhr; um 5 Uhr bricht der Tag an. Ich hoffe, Sie werden schlafen, Sie haben es nötig.

Mit einem schmerzlichen Blick reichte sie mir die Hand, die ich küßte. Dann trat sie ein und schloß die Tür.

Ich war todmüde. Da ich jedoch fürchtete, sie könnte meiner am Ende noch einmal bedürfen oder vielleicht in einer sie überkommenden nervösen Angst klopfen, um zu hören, ob ich noch wach sei, stopfte ich mir die Pfeife und setzte mich auf mein Bett. Die Lider waren mir schwer wie Blei, doch mein Geist fand keine Ruhe. Noch einmal durchlebte ich alle Schrecknisse, Ereignisse und Aufregungen des Tages, und je lebendiger alle diese Bilder vor mich traten, um so düsterer wurde meine Stimmung. Ich konnte zu keinem Gefühl der Freude über unsere Rettung gelangen. Die Mitteilungen, die uns der Kapitän über die Mannschaft gemacht hatte, und die offenbar in gewisser Richtung nicht normale geistige Beschaffenheit dieses Mannes lagen wie ein Alp auf mir. Rabenschwarze Phantasien hierüber quälten mich. Ich dachte daran, daß ich unbewaffnet sei und nichts als mein Taschenmesser besaß, falls ich für das Leben des Mädchens und mein eigenes kämpfen müßte. Dabei kam mir der Gedanke, daß der verstorbene Chickens doch gewiß nicht ohne irgend eine Waffe auf See gegangen sein würde. Ich begann daher sogleich zu suchen. In dem ersten Kasten, den ich öffnete, fand ich nichts als Kleidungsstücke, Seekarten, nautische Instrumente, mehrere Tabakspfeifen, sowie einen Beutel mit etwa vierzig Pfund in Gold und schmutziges Papier- und Silbergeld. Enttäuscht packte ich alles wieder ein und machte mich an eine Kiste. Auch in dieser schien mir kein Erfolg blühen zu wollen; ich kramte nur in einem tollen Durcheinander von Lumpen und allem möglichen Krimskrams. Endlich aber auf den Boden gelangt, fand ich das Ersehnte – eine schwere, lange, doppelläufige Pistole mit einem so massiven Kolben, daß man einen Ochsen damit hätte totschlagen können. Auch ein kleines Säckchen mit Kugeln und ein gefülltes Pulverhorn lagen dabei. Vergeblich aber sah ich mich nach Zündhütchen um, und auf der Suche danach wurde meine Geduld noch auf eine harte Probe gestellt. Schon war ich ganz außer mir, da endlich entdeckte ich ganz versteckt in einer Ecke noch eine kleine Blechschachtel, wie man solche für Stiefelwichse hat. Sie enthielt zu meiner großen Freude eine Menge Zündhütchen. Na, dachte ich, jetzt kannst du allen Eventualitäten schon mit mehr Mut entgegensehen. Sorgsam versteckte ich sogleich die Waffe nebst Zubehör in mein Bett. Dann horchte ich noch eine Weile an der Wand zur Nebenkabine, und als ich in dieser kein Geräusch vernahm und daraus schließen konnte, daß meine Gefährtin schlief, zog ich mir Rock, Weste und Stiefel aus, warf mich auf die Matratze und löschte die Laterne. Es war schon beinahe 2 Uhr. Immer noch aber umfingen das einförmige Geräusch der ächzenden Spieren, rumorten mir die verschiedensten Gedanken im Kopf, schließlich das Knarren des Ruders und das gedämpfte Zischen des schäumenden Kielwassers meine Sinne und führten mich hinüber in die Traumwelt.


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