Fritz Reuter
Läuschen un Rimels
Fritz Reuter

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Hei möt ´e ´ran.

Baron von Mulderjahn up Groten=Klagen,
Den’n Hogen=Schullen ok ded’ hüren,
Dei let nah sinen Kutscher fragen,
De Kurscher süll nah Rostock führen.
"Jehann," säd’ hei, "mach’ Dich parat und spann’
Die beiden besten Braunen an
Und fahr’ damit nach Rostock – immer schlanken Trab –
Nimm diesen Brief und gieb ihn ab
Beim Herrn Doctor juris Witten,
Mach’ ihm mein Compliment, ich ließ’ ihn bitten,
Er möcht’ doch selbst gleich auf der Stelle
Mit Dir nach Großen=Klagen kommen;
Du hätt’st deshalb für alle Fälle
Ein eignes Fuhrwerk mitgenommen.
Er müßte fahren in dem Augenblick,
Un ohne Doktor kommst Du nich zurrück!" –
"Je, Herr Baron, wenn hei nu doch nich will?" –
"Ei was! Kein Widerwort! und still
Wenn ich was sag’. Du hast jetzt den Bescheid;
Ich bin in schrecklicher Verlegenheit." –
"Dat glöw ick sacht! Dat is hei ümmer,"
Seggt, as hei buten is, oll Kutscher Brümmer.
"Hei ’s ümmer in Verlegenheit un ümmer doch mit Listen, –
Un schüllig is hei All’ns, bi Juden un bi Christen." –
Hei makt sick farig, spannt dunn an
Un jöggt nah Rostock, wat hei kann,
Un dröggt den Breif nah Dokter Witten.
Dei lest den Breif un smitt ’en
Verdreitlich bi de Sid’ un seggt ganz argerlich:
"Was meint Sein Herr, was denkt er sich?
Meint der, ich hab’ nichts Anderm aufzupassen,
Als mich mit seinem Unsinn zu befassen?
Ich muß nach meinem Gut verreisen morgen,
Dort hab’ ich Nöth’ges zu besorgen."
"Denn helpt dat nich!" seggt Kutscher Brümmer,
"Wat möt, dat möt. Denn möt ick mi gedüllen.
Ick säd’ ’t em woll, doch hei säd’ ümmer:
Sei müßten kamen und Sei süllen,"
Un dormit geiht hei hen, wo hei logirt.
De Dokter Witt, dei stiggt tau Pird
Un ritt heruter nah sin Gaud.
Hir hett hei sick nu wollgemauth
In sinen Lehnstaul eben set’t,
Hett sick ’ne frische Pip instoppt,
Un damp vergnäuglich noch so fett,
Dunn ward an sine Dör ankloppt.
"Herein!" seggt Dokter Witt – "wer süll dat sin?"
Un Kutscher Brümmer kümmt herin.
"Gu’n Abend, Herr, na, ick bün hir
Un wull man fragen, wenn wir führen." –
"Ist Er nicht klug? Was folgt Er mir?
Was hat Er mir hier nachzuspüren?
Ich will von Seinem Herrn nichts wissen,
Ich fahre nicht mit Ihm; ich werde morgen
Nach Brandenburg verreisen müssen,
Ich hab’ dort Manches zu besorgen."
"Na, gaud," seggt Brümmer, "wenn Sei denn nich willen,
Denn helpt dat nich, denn möt ick mi gedüllen." –
De Dokter führt tau rechte Tid
Nah Bramborg hen, doch wat geschüht?
As hei bi Fritzing Reicherten sick eben
Hett laten wat tau eten gewen
Un jüst ’ne Buddel Win hett vör,
Dunn kloppt dor wer an sine Dör.
"Herein!" röppt hei, un wer kümmt ’rinner?
Wahrhaft’gen Gott! oll Kutscher Brümmer!
"Gu’n Dag! Na, ick bün hir un wull man fragen ....?
Wi sünd nu dicht bi Groten=Klagen...."
"Kerl, sag’ Er mal, ist Er denn rein verrückt?
Nu paß Er auf, nun will ich Ihm was sagen;
Nu sag’ Er dem, der Ihn geschickt:
Ich wollt’ mit seiner Lumperei mich nicht befassen.
Ich hab’ die Sache endlich dick,
Der Herr Baron kann sich was malen lassen.
Ich muß nach meinen Gut zurück."
"So geiht ’e gaud!" seggt Kutscher Brümmer,
"Ick säd’ dat woll, so würd dat gahn,
Doch wenn Ein ’t Mul updeiht, denn heit dat ümmer:
’Halt’s Maul, Er Schapskopf, Dummerjahn!’
Na, wenn Sei denn nich mit mi willen,
Denn helpt dat nich! Denn möt ick mi gedüllen." –
Den annern Dag sitt will un woll
De Dokter up sin Gaud, tau Lütten=Protokoll. –
So heit dat Gaud, so hadd hei’t näumt,
Wil hei’t sick hadd mit Schriweri verdeint. –
Hei sitt in gaude Rauh, dunn kloppt dor wer.
"Herein!" – Oll Brümmer kümmt herin: "Gu’n Abend, Herr!
Na, wenn Sei’t paßt, denn will’n wi morgen führen."
De Dokter denkt, de Slag, dei sall em rühren:
"Insamer Kerl, dies is doch rein zu toll!
Mir nachzukommen hier nach Kleinen-Protokoll!
Ist Er verrückt? Und ich behext?
Sein Herr kann gehen, wo der Pfeffer wächst!
Nun will ich Ihm zum letzten Male sagen:
Die Nacht kann Er nun hier noch bleiben,
Doch ist Er morgen früh um vier
Nicht ’runter von dem Hof, ist Er noch hier,
Dann laß ich von dem Hof Ihn treiben,
Mit Hunden Ihn herunter jagen,
Und krumm und lahm laß ich Ihn schlagen,
Und Seinem Herren kann Er sagen:
Ich wollt’ mich nicht mit Narren plagen,
Nu könnt’ er gehn un mich verklagen,
Ich thät’ den Teufel darnach fragen!" –
"Na, denn adjüs, Herr Dokter Witt!
Wenn dat nich is, denn is dat nich!"
Doch as hei buten is, seggt hei tau sick:
"Hei sall ’e ’ran! De Kirl sall mit;
Wir hei de Tagst ok up de Welt,
Un hadd hei up den Kopp sick stellt,
Ick krig’ em doch noch bi den Kragen,
Hei sall ’e ’ran! Hei sall nah Groten=Klagen!" –
Den annern Morgen führt uns’ Brümmer,
Un ’s Abends gegen achten ’rümmer
Is hei tau Städ’ un geiht taum Herrn Baron.
"Nun, endlich! Bist Du endlich da?
Nun, Gott sei Dank! Ich warte lange scho!" –
"Dat segg’n Sei woll! Je ja! Je ja!
Dat is man so, as kumm man ball:
So’n Ort, dei lett so fixing sick nick krigen." –
"Wo ist er denn? Wo ist er abgestiegen?" –
"Wo süll hei sin? Hei ’s unnen in den Stall!" –
"Im Stall? Der Dokter in dem Stalle?
Als wär’s ein Hofjung’ oder Knecht!
Und meine schönsten Zimmer alle
Sind fast für solchen Mann zu schlecht!
So’n Schafskopf! ’s ist doch fürchterlich!
Der Dokter Witt muß in dem Stalle warten!" –
"’Ruppbringen, Herr, lett hei sick nich!
Denn Treppen? – ne! – kann hei nich stigen,
Un witt is hei ok nich, dat is en Swarten;
Un ick dank Gott, dat ick man den’n ded’ krigen." –
Den Herrn Baron up Groten=Klagen,
Bi den’n dat süs all nich ganz richtig was,
Den’n würd tau Sinn, as wenn hei langs un dwas
Mit einen Dœmelsack wir slagen.
En Swarten? – Un kein Treppen stigen? –
De Dokter Witt? – Un unnen in den Stall? –
Hei fröggt un fröggt. – Wat helpt dat all,
Ut Brümmer’n is nicks ’rut tau krigen,
Un uns’ Baron von Mulderjahn
Möt sülwst man nah den Stall ’run gahn.
Hei kickt un söcht, söcht vörn un hinnen,
En Dokter is dor nich tau finnen. –
"Wo ist er denn, Du Schafskopf, wo?" –
"Ih, Herr Baron, dor steiht hei jo." –
Ick denk, nu lus’t de Ap den Junker!
"Wie? – Was?" schriggt hei, "Kerl, bist Du toll?
Da ist ja ’n schwarzer Wallach, Du Hallunke!"
"Je, Herr Baron, dat segg’n Sei woll!
Ick hadd Sei dat doch fast verspraken;
Sei säden doch, hei müßt un süll;
Nu wull hei nich. Wat süll ick maken?
Wenn Einer nu abs’lut nich will! –
Ick künn em doch dortau nich dwingen
Un mit Gewalt em mit mi bringen;
Nu heww ’ck sin Ridpird ut den Stall em namen;
Nu passen S’ up, nu ward hei sülwst woll kamen,
Nu sall hei woll! Nu kümmt hei morgen an.
Wat gelt de Wedd? Hei sall ’e ran!"


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