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Auf der Erde hat es seit langem neben den Gebieten wachsender Bevölkerung Gebiete abnehmender Bevölkerung gegeben. Auch hat es immer in jedem Lande, dessen Volk in Zunahme begriffen war, einzelne Landschaften gegeben, in welchen die Bevölkerung zurückging. In diesen erreichten aber nur die Abstufungen, welche man in jedem größeren Volke zwischen Gebieten stärkerer und schwächerer Vermehrung beobachtet, ein durch Verlust gekennzeichnetes örtliches Minimum. So schroffe Gegensätze, wie die Jetztzeit sie auf weiten Gebieten sich einander entgegenstellen sieht, gehören zu den Merkmalen eines im Zeugen wie Vernichten beschleunigten Ganges des Völkerlebens.
Auch das Alter der Völker hat tröstliche Vorteile. Wir sind herangereift und in unser Land hineingealtert. Die wachsende Zahl der Sohlen, die diesen Boden beschreiten, und der Hände, die ihn bearbeiten, ist greifbar. Durch den Volkskörper sich fortpflanzend, kommt die vervielfältigte Berührung mit der Erde selbst denen zum Bewußtsein, die ihren Mutterboden nicht mehr zu fühlen scheinen.
Deutsche und Franzosen tragen in dem entschlußlähmenden Kritteln und Zaudern einen echten Alterszug in ihrer Physiognomie. Das unterscheidet aber glücklicherweise die Volkspersönlichkeit vom Individuum, daß sie nicht rettungslos dem Greisenalter entgegenwankt. Völker sind der Verjüngung fähig, und gerade wir brauchen nicht die Hoffnung aufzugeben, daß wir auf größeren Schauplätzen etwas von dem weiten, freien, hoffnungsvollen Blick nach vorwärts zurückgewinnen, den politische, konfessionelle und sonstige Reibungen und Verärgerungen im eng gewordenen Vaterland verkümmern wollen. Auch in der Völkergeschichte gehört die Zukunft der Jugend und denen, die jung geblieben sind.
[Der Gang der Geschichte hat Ratzel Recht gegeben: In der nationalsozialistischen Bewegung hat das deutsche Volk ein Vierteljahrhundert, nachdem diese Zeilen geschrieben wurden, jene innere Verjüngung erlebt, welche eine Fülle völkischer Alterserscheinungen beseitigt hat. D. Hrsg.]
Die Rassenmischung bedeutet nicht bloß Lockerung, sondern Zersprengung des ursprünglichen Zusammenhaltes. Sie ist eine Macht in der Geschichte der Berührung ursprünglicher Völker mit der Kultur. Alles drängt darauf hin, sie zu begünstigen, vorzüglich der Verlust des Gefühles für die Geschlossenheit und Würde des Stammes, die Schwächung des inneren Zusammenhanges, endlich auch die Verringerung der Volkszahl.
Die gewaltsame Entziehung des Mutterbodens schwacher Völker stellt die geographisch schlagendste Form der Verdrängung dar. Sie ist ein Hauptgrund des Rückganges der Naturvölker. Gibt man ihnen anderwärts ebensovielen und ebenso guten Boden, so bedingt schon die Ortsveränderung Verlust, wie jedes Kapitel europäischer Kolonisation ausweist.
Von den unmerklichen Schadenwirkungen der friedlich, selbst wohlwollend, hilfsbereit auftretenden Kultur sind wir durch wirtschaftliche Störung, soziale Lockerung, Auflösung der Familienbande, zu immer gewaltsameren Eingriffen fortgeschritten. Im Bodenraub, der den Schein des Vertrages für sich in Anspruch nimmt, ist noch nicht das Äußerste erreicht, wiewohl Heimatlosigkeit mit einem grausamen Gefolge von Übeln seine Wirkung ist. Es gibt noch die gewaltsame, plötzliche Vertreibung unter Zerstörung aller Habe, die mit Totschlag und Menschenraub sich verbindet. Das ist die gründlichste Art der Zerstörung eines Volkes , welche am raschesten zum Ziele führt.
So wie die Geschichte gewöhnlich erzählt wird, zeigt sie uns die Völker fast immer nur in Tätigkeit, und was sie leiden, ist fast immer nur Äußerliches: sie unterliegen in Kämpfen, werden ihres Landes, ihres Reichtums, ihres Besitzes beraubt. Es gibt aber ein tieferes inneres Leben und so auch ein inneres Leiden der Völker. Einige sind ganz still vom Kerne heraus erstarkt, andere siechen hin und stürzen unerwartet zusammen. Dem Ursprung geschichtlicher Bewegungen bleibt Gesundsein und Kranksein nicht fremd. Es gibt eine Pathologie der Weltgeschichte , so wie es robustere und schwächere Volksnaturen gibt. Das Volk, dessen Individuen länger leben, lebt als individuelles Volk länger. Die hippokratischen Züge trägt aber manches Volk Jahrhunderte an sich.
Es sterben Völker aus, weil sie sich nicht akklimatisieren können.
Das physische Bild der Naturvölker ist sehr oft nicht dasjenige überquellender Gesundheit, sondern mühseliger Beladenheit mit Leiden aller Art.
Der Grundsatz des unbedingten Friedens führt zu Unwürdigkeit und Unrecht .:. Der Kampfgeist ist eine der Notwendigkelten des Lebens. Wenn Menschen wenig oder nichts davon haben, so sind sie unwürdiger Behandlung und Schädigungen ausgesetzt – so muß die Unvermeidlichkeit des Kampfes zwischen Menschen eine große, sich aufdrängende Tatsache sein. Das Ergebnis dieser Betrachtungen fasse ich in dem Schlusse zusammen, daß die Menschheit auf niederen Stufen der Kultur nicht bloß nicht so rasch anwächst wie auf höheren, sondern in vielen ihrer Glieder zurückgeht. Wir haben kein Beispiel, daß ein Kulturvolk von innen heraus, ohne äußere Angriffe gestorben wäre, wohl aber hat man zahlreiche Völker dahingehen sehen, die auf niederer Stufe der Kultur standen. Die Berührung mit den Europäern hat dieses Sterben beschleunigt, aber es liegen Anzeichen vor, daß dasselbe auch früher vorkam. Fragt man nach den Ursachen dieses tief in die Geschichte der Menschheit einschneidenden Verhältnisses, so muß gesagt werden, daß Völker niederer Kulturstufe auf einer durchaus ungesunden Basis stehen. Sie stehen körperlich und moralisch hinter den Kulturvölkern zurück. Sie gehen sorglos und grausam mit Menschenleben um, deren Zunahme ihnen oft gefährlich, bedrückend zu sein scheint. Sie teilen daher nicht unsere Begriffe vom Wert des Lebens. Krankheit, ungesundes Leben in Kleidung, Hütte und Nahrung, Kindsmord, Ertötung des Werdenden im Keime, unnatürliche Laster, Polygamie, Hungersnot und Wassermangel, Krieg, Menschenraub und endlich Kannibalismus bilden einen Komplex von Tatsachen, die alle der Vermehrung der Bevölkerung entgegenwirken.