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39. Hoffen und Zagen

Das Wetter war immer noch unfreundlich, trübe, windig, und zuweilen fiel es naß nieder. Die Familie in Woltheim war im großen Wohnzimmer versammelt, Oberförsters waren alle da, und nur Elisabeth hatte einen leidlich guten Zeitpunkt benutzt und war spazieren gegangen, ganz allein, sie konnte es unter Menschen nicht mehr aushalten.

Da ist Kadden, sagte Schlösser plötzlich, verließ das Fenster und ging dem Kommenden entgegen, der in die kleine Gartenpforte eingebogen, schnell näher kam.

Sie hier? fragte Kadden erfreut und verwundert. Zu Emiliens Beunruhigung umarmten sich die beiden Männer herzlich, und Kadden wagte sich an der Seite dieses Freundes nur muthiger in die Familien-Konferenz.

Von den Großeltern und dem guten Onkel Karl und von seinen Kindern wurde er warm genug begrüßt, auch Elise war liebreich, obgleich Julchen und Emilie sie gebeten, nicht so sehr den Ansichten der Großeltern zu trauen, nicht vergebliche Hoffnungen zu fassen. Die Spannung der übrigen Anwesenden gegen Kadden war unverkennbar, je mehr Schlösser das aber merkte, und je mehr man hoffte, daß er sich wenigstens neutral verhalten werde, je inniger und vertraulicher war er zu ihm.

Kadden hatte gleich im Anfange nach Elisabeth gefragt und hatte von der Großmama gehört, daß sie spazieren sei, aber sehr bald zurückkehren müsse. Eine Viertelstunde verging, und noch eine, sie war noch nicht zurückgekehrt. Kadden verließ seinen Platz neben Herrn von Budmar und setzte sich mit Schlösser in eine Fensternische. Den kleinen Friedrich auf dem Schooß, schaute er auf die verregneten Blumengruppen und auf die Bäume, die ihre nassen Zweige jetzt wieder heftiger im Winde schüttelten. Wohin war Elisabeth gegangen? Doch nicht nach den Tannenbergen? Sein Herz wurde immer unruhiger. Ich begreife nicht, wie Elisabeth bei diesem Wetter so lange gehen kann, sagte er endlich ungeduldig.

Wenn wir nur wüßten, wohin sie ist, wir könnten ihr entgegen gehen, entgegnete Schlösser.

Ich glaube, ich weiß es, sagte Kadden und schaute unruhig nach den dunkeln Tannenbergen.

In dem Augenblick trat sie aus dem nahen kleinen Bosquet, das weiterhin nach den Rüstern am Bache und dem Fußsteig nach den Tannenbergen führte. Kadden setzte Friedrich auf Schlössers Schooß und verließ unbemerkt das Zimmer.

Er trat ihr in der Saalthür entgegen, sie hatte einen, nassen Haideblumenstrauß in der Hand, er hatte sich nicht geirrt, sie kam von den Bergen. Sie sah ihn und begrüßte ihn, sie wagte sich nicht zu freuen und freute sich doch. Er nahm ihr den nassen Hut und Shawl ab, sie stand vor ihm in einem dunkelen feinen Wollen-Kleide, hatte dasselbe blaue Krepptuch ebenso umgeschlungen als damals, wo er ihr zuerst an der Eisenbahn begegnete, und sah ihn mit den frischen Zügen und den verwehten Locken ebenso fragend und befangen an, als damals. War er denn ebenso trauernd und zweifelhaft als damals? Er fürchtete es sein zu müssen, noch wagte er nicht diesen gütigen, freundlichen, hellen Augen wieder zu trauen, noch glaubte er, daß nur ihr guter kindlicher Wille ihr Herz bewegte. Wodurch sollte auch plötzlich die Erinnerung an das letzte liebeleere Jahr, an die entsetzlichen Stunden in Bremen verwischt sein?

Ja wodurch? Wodurch war denn in ihm alles anders geworden? Warum stand er so zagend und glücklich neben ihr? Warum fühlte er eine wunderbare selige Welt dort über sich und eine wunderbare Welt in sich? Warum fühlte er, daß die Fäden zwischen diesen beiden allein dem Leben Reiz und der Seele Bewegung verleihen? Ja warum? Er wußte es nicht, aber er fühlte es warm am Herzen, trotz Zweifel und Sorge.

Wo warest Du denn so lange? fragte er besorgt.

Nach den Tannenbergen, war ihre verlegene Antwort.

Bei dem Wetter? fuhr er fort; wie bist Du kalt und naß geworden. Er nahm ihre beiden Hände in seine Hand.

Ich konnte es nicht länger in der Stube aushalten, entgegnete sie.

Da hast Du recht, sagte er seufzend, wir wollen nur hier bleiben; ich wollte Adieu sagen, ich muß morgen oder übermorgen fort.

Dann kömmst Du wohl desto eher wieder? fragte sie ohne ihn anzusehen.

Ich weiß nicht, sagte er nachdenklich, er hätte gern gewußt, ob sie lieber ein Ja oder Nein gehört. Den letzten Abend in Wangeroge hatte sie ihm noch aufrichtig gesagt, daß sie sich auf die Tage bei den Großeltern sehr freue; er hatte keinen Grund, jetzt das Gegentheil anzunehmen. Er sah ihr in die hellen lieben Augen, und sah auf seinen Trauring, sie mußte ihm endlich doch wieder folgen, trotz den Gerüchten der Leute und dem Geschwätze von Tanten und Verwandten, wenn nur die drei nächsten Wochen erst vorüber waren.

Sind denn Deine Sachen schon alle besorgt? fragte sie und es fielen ihr die Hausfrauenpflichten auf das Herz.

Es ist alles besorgt, entgegnete er, ein Soldat gebraucht nicht viel.

Du hast aber etwas Husten, ich muß Dir Wolle mitgeben um den Hals zu binden, sagte sie.

Wenn ich es auch nicht umbinde? fragte er lächelnd. – Sie stand unentschlossen. – Du kannst es mir doch mitgeben, bat er dann.

Nimmst Du auch Bücher mit? fragte sie zaghaft.

Ich habe mir eine so kleine Bibel gekauft, wie Du sie hast, war seine Antwort.

Ich könnte Dir auch mein kleines Andachtsbuch geben, worin wir zusammen gelesen haben, begann sie etwas muthiger; ich nehme der Großmutter ihres in dieser Zeit.

Das kannst Du thun, entgegnete er freundlich, wir lesen dann jeden Abend dasselbe.

Er war mit ihr an das Fenster getreten, wo sie schon in ihrer Mädchenzeit an einem kleinen Schreibtisch sich einzurichten pflegte, sie reichte ihm glücklich das Buch. Er schlug es unwillkürlich auf, er las einige Minuten, dann sagte er: Dies könntest Du in meinem Namen einmal der Frau Oberförsterin zu lesen geben.

Elisabeth sah in das Buch und las unter anderm: »Doch wird von Frommen auch dies wohl nicht recht bedacht! Denn wie viel faul Geschwätz, wie viel unnütze Dinge hört man doch da und dort!« – Elisabeth, in der Erinnerung an die Szene von ehegestern und in der Furcht, er wisse von den Gerüchten, die ihn so verleumden wollten, sah ihn bittend und ängstlich an.

Nein, meine liebe Elisabeth, sagte er, Du sollst es ihr nicht geben. Aber, fügte er nach einer Pause hinzu, höre auch nicht auf ihre Reden.

Ach nein, ich weiß es ja besser, sagte sie leise.

Der kleine Friedrich kam jetzt in den Saal, sein Papa mußte ihn wieder auf den Arm nehmen, dieser sah aber auch nach der Uhr und fand, daß seine Zeit abgelaufen, daß er sein Pferd jede Minute erwarten konnte. Elisabeth eilte ihm das Stückchen Flanell zu holen, und er trat mit Friedrich wieder in das Wohnzimmer.

Wenn in unglücklichen und gestörten Ehen sich zwei Leute selbst überlassen wären, so würden sie mit aufrichtigem Wunsche nach Frieden und mit des Herrn Hilfe auch zum Frieden gelangen. Aber sie stehen nicht allein, da giebt es theilnehmende Mütter und Schwestern und Freunde, die sich gern und besonders den Frauen zu Vertrauten machen. Selten aber ist es, daß sie den rechten Rath und Trost zu geben wissen, den kurzen Rath: Siehe allein auf deine Sünde! und den kurzen Trost: Selig sind die Sanftmüthigen! Nein, das wäre zu hartherzig; ihr Trost muß nicht aus Gottes Wort, sondern etwas weitläuftiger aus dem schwachen parteiischen eigenen Herzen kommen. Wie viele Mütter haben, ohne daß sie es ahnen und möchten, ja mit dem besten Willen zu helfen, das Unglück ihrer Töchter auf der Seele. Zwischen Eheleuten darf nur der Herr stehen als Rathgeber und Tröster.

In dem Augenblick, als Kadden in das Zimmer kam, traten von der andern Seite Elise mit Emilien und der Oberförsterin ein. Sie hatten wieder eine sehr wohlmeinende, verständige und wortreiche Konferenz gehabt. Als Elise merkte, daß Kadden sich zum Abschiede rüstete, trat sie zu ihm: Lieber Otto, ich hätte gern gesehen, wenn Elisabeth jetzt zu mir käme, die Großeltern aber möchten es nicht.

Das ist ja schön, sagt Kadden kurz. Der Gedanke, sie nicht hier, sondern bei seiner Schwiegermutter zu wissen, war ihm unerträglich.

So erlaubst Du wohl, daß sie nachher noch einige Wochen mit den Kindern zu mir kömmt, fuhr sie fort, ich sehne mich sehr, mich einmal mit ihr einzuleben, und ehe Ihr den Haushalt wieder beginnt, geht es am besten.

Wird Elisabeth das wollen? fragte Kadden gespannt.

O gewiß will sie das gern, sagte Elise schnell.

Er blitzte sie mit seinen Augen an. Das wird sich später finden, sagte er kurz und wandte sich von ihr. Kalt und zerstreut nahm er von allen Abschied, auch von Elisabeth und seinen Kindern.

Er bestieg sein Pferd und flog über die Wiese hin, dann hielt er still, er wandte sich noch einmal um, der Abschied that ihm selbst jetzt leid. Aber die egoistische Schwiegermutter! sie wollte sich mit der Tochter gern wieder einleben und er sollte mit den Dienstboten wirthschaften. Den Kummer über diesen ganzen traurigen Abschied hatte Elisabeth allein ihrer Mutter zu danken.

Elisabeth, Friedrich auf dem Arm, stand in der Thür. Ganz versunken in sich, sah sie ihn fortreiten, sah ihn halten, er griff noch einmal grüßend nach seiner Mütze, und der kleine Junge rief betrübt: Adieu, lieber Papa!

Da haben wir es! flüsterte die Oberförsterin, die mit Emilien und Elisen in ein Fenster getreten war. Ist das ein Herrscher! Mit unseren Männern läßt sich doch ein vernünftiges Wort sprechen; man könnte sich vor ihm fürchten.

Die arme Elisabeth! seufzte die Mutter.

Die unbegreiflichen Großeltern! fügte Emilie hinzu.

Die Gäste waren wieder abgereist, und Elisabeth war sehr froh. Mit der Mutter hatte sie wohl in Liebe und Innigkeit gelebt, wie noch nie in ihrem Leben, und die einzige Störung, bei der die Großeltern aber sehr auf ihrer Seite standen, war ihre Weigerung, noch nach dem Manöver nach Berlin zu reisen. Emilie aber hatte sie fortwährend bitter gekränkt. Freilich nur immer in der guten Absicht, die Zeit des Kummers und der Einsamkeit zu benutzen und sie auf ihr Heil aufmerksam zu machen. Dazu gehörte aber, sie an die Vergangenheit zu erinnern, an ihre Hoffnungen, ihr Glück damals, und an Emiliens Profezeihungen. Das alles konnte Elisabeth auch in Demuth noch hören, sie hatte recht; aber wenn sie speciell von der Liebe ihres Mannes sprach, wenn sie sich bemühte, Elisabeth von seiner jetzigen Kälte und Härte zu überzeugen, das war zu bitter. Aber Emilie, wie kannst Du mich denn gegen meinen Mann aufhetzen wollen! hatte sie einmal in ihrer alten ärgerlichen Weise den Muth zu sagen. – Nein, ich hetze Dich nicht auf, war Emiliens Antwort, Du sollst nur klar Dein Verhältniß übersehen, um den rechten Weg einschlagen zu können, Du sollst nicht immer noch glauben, daß eine so thörichte Liebe das Glück des Lebens ist, Du sollst nicht um sie trauern und diesem Wahne, der schon Dein irdisches Heil zertrümmert hat, nun noch das ewige opfern. Niemand meint es besser mit Dir als ich, ja von jeher bin ich Deine beste Freundin gewesen. – Elisabeth hatte sich förmlich verwirren lassen durch diese Reden, sie war sehr traurig. Sie wollte und konnte ja nicht sprechen, wie es mit ihr und ihres Mannes innerem Leben stand. Ihre einzige Gegenwehr bei diesen Gesprächen war, daß sie ihn lobte als den besten und gütigsten Mann, und das bestärkte die weisen Frauen nur in ihren Voraussetzungen.

Die Regentage hatten wieder aufgehört, der blaue Septemberhimmel glänzte über der erfrischten und von neuem grünenden Erde. Die Wiesen glänzten wie grüner Sammet und einzelne röthliche Blätter an den Gebüschen und Bäumen schimmerten kräftig zwischen dem frischen Laube. Elisabeth erlebte mit den Großeltern stille Tage, ihr Zusammenleben mit ihnen war wie nach ihrer Konfirmationszeit, so ernst und innig, und war die Zeit jetzt auch nicht so fröhlich, so war sie doch reich und schön.

Eines Nachmittages saß sie auf einer Fußbank neben der Großmutter unter der Linde am Hause. Diese hatte eben von den Täuschungen der Jugend gesprochen, von glücklichen und unglücklichen Ehen, und daß es so tröstlich sei, wenn man nur den Herrn wiedergefunden habe, so dürfe die verlorene Zeit uns wohl gereuen, aber in der Reue löse sich jeder Stachel auf. Eine glückliche Ehe ist das größte Glück auf der Welt, sagte die Großmutter, kein Opfer darf uns zu groß sein, um dies Glück zu bewahren.

Die meisten jungen Mädchen aber glauben, es bedarf keines Opfers, sagte Elisabeth, sie hoffen alles von ihrer Liebe.

Nicht wahr? sagte die Großmama, und die Liebe zum Herrn, unserem Heiland, unserem Helfer und Tröster, muß doch immer die erste Liebe sein, sonst hat die andere Liebe keinen festen Grund.

Wenn sie es nur glauben möchten, ehe sie es erst bitter erfahren, sagte Elisabeth. – Die Großmama sah gedankenvoll vor sich hin. – Wenn der Herr aber zwei Herzen zusammengeführt hat, will er auch, sie sollen glücklich sein, fuhr Elisabeth fort.

Und wenn er es nicht will, so weiß er wohl warum, fügte die Großmama hinzu, seiner Liebe und Gnade und seines Trostes können wir immer gewiß sein, wenn wir nur seine Kinder sind. – Die Großmama sprach weiter von der Himmelshoffnung, und daß es ihr zuweilen wohl sei, als ob sie selig und erwartungsvoll an der Himmelsthür schon stände. Das Leben ist kurz, schloß sie, Du wirst auch so weit kommen, Du wirst auch selig und erwartungsvoll an der Himmelsthür stehen und auf diese jetzige Zeit herab schauen als auf eine Zeit der Gnade.

Elisabeth konnte lächeln, ja es ging ihr wie ein Blitz durch die Seele. Sie hatte es zwar oft gelesen und gesprochen, aber zuweilen fällt ein plötzliches Licht auf eine Stelle der heiligen Schrift, wir verstehen sie dann nicht nur, sie bringt eine Lebensfülle in unsere Seele. »Ich halte dafür, daß dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht werth sei, die an uns soll geoffenbart werden.« Diese Worte standen jetzt wie ein leuchtendes Licht vor ihr.

Seit dem unfreundlichen Abschied ihres Mannes war sie sehr betrübt und kummervoll gewesen. Sie gab sich auch diesem Kummer hin und dachte: Der Herr will es so haben, er schickt dir das Kreuz, daß du daran tragen sollst, oder er schickt es nicht, er hat es nur zugelassen, daß du selbst es dir auflegtest. Wenn ihre Seele sich auch wieder zum Herrn gefunden, so fürchtete sie, ihr zeitliches Glück war verloren, ja eigentlich verscherzt. Sie durfte ihn aber immer noch darum bitten, bitten und immer wieder bitten, ganz nach ihres Herzens Verlangen, auch um dies zerwehte Glück. Ein jedes innige Gebet wird erhört; folgt auch nicht Erfüllung, so folgt Ergebung; die Erfüllung ist ein zeitliches Glück und die Ergebung ein seliges Glück. – Einem ungläubigen Herzen klingt das bitter; um selig zu sein, muß das Herz aber blind sich im Glauben dem Herrn hingeben.

Elisabeth war, nachdem sie jetzt mit der Großmutter so tröstlich gesprochen, aufgestanden, sie ging langsam auf der Wiese hin. Lange Schatten legten sich auf das lichte Grün, die Sonne blitzte Strahlen über die Baumwipfel und über den sammetnen Wiesengrund, und zitterte auf den silbernen feinen Geweben, die zwischen feinen Grashalmen ausgespannt oder an einzelnen Blumenkronen wie silberne Schleier flatterten. Elisabeth schaute auf die lichten silbernen Schleierlein und auf das weite friedliche Himmelsblau, sie schaute, wie eine zierliche Bachstelze im klaren Bach sich badete und wie ein goldschimmernder Käfer einen grünen Halm zu erklettern suchte. O Du lieber Herr, dachte Elisabeth, es ist schon so schön hier auf dieser Welt, wie wird es dort wohl sein! Sie fühlte mit der Großmutter Himmelshoffnung und Himmelssehnsucht in der Seele und eine Seligkeit in der Ergebung. – Sie hatte heute nicht um ihres Mannes Liebe zu bitten, sie wollte nur mit ihm einst selig sein, mit ihm und ihren Kindern, mit ihm zum Himmel wandern, mit ihm sich des Herrn freuen, sich freuen seiner Güte, seiner Gnade, seiner Allmacht, seiner Werke, die das Herz bewegen müssen zum Dank und zur Freudigkeit. »Gieb ihm so kleines Herzweh immer hin, er giebt dafür die größre Herzensfreude.« Daß ist gewißlich wahr.

Sie kehrte jetzt zurück zur Großmama, die schon im Zimmer war und, wie sie so gern zu thun pflegte, der verblühenden Abendröthe sinnend nachschaute. Elisabeth mußte etwas sagen. Außer dem erzwungenen Geständniß in der Mutter Gegenwart hatte sie nichts wieder von ihrem Manne, und wie sie zu ihm stand, gesagt, wenigstens nicht von Einzelnheiten gesprochen, ganz zur Befriedigung der Großeltern, die nicht daran dachten, in ein solches Heiligthum durch unnöthiges Geschwätz und Reden einzudringen.

Ich bin doch nicht so unglücklich als die selige Großtante, begann Elisabeth, als sie neben der Großmutter stand, mit etwas stockender Stimme und erröthend, die hatte einen ungläubigen Mann, und ich habe einen gottesfürchtigen Mann. – Die Großmutter nickte. – Als ich im größten Unglück war, fuhr sie fort, hat er mir gerathen, ich sollte mich vom Herrn trösten lassen und hat es mir vorgethan. Er hat mir auch jeden Tag aus der Bibel vorgelesen, und wenn er zurück ist, lesen wir immer zusammen.

Die Großmama hatte während ihres Sprechens ihre Hände gefaßt und sagte: Liebe Elisabeth, Du glaubst nicht, wie mich das freut!

Darum sage ich es Dir auch, entgegnete Elisabeth leise. Du sollst wissen, das ich nie unglücklich sein kann. Aber, fügte sie nach einer Pause hinzu, mir ist eigentlich bange davon zu reden.

Wir wollen es auch niemand sagen, schloß die Großmama.


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