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Malatia, den 8. Dezember 1838
Wir befinden uns jetzt im Ramadan-scherif, d. h. in der edlen Fastenzeit; solange die Sonne am Himmel ist, dürfen wir weder essen noch trinken, der Geruch einer Blume, eine Prise Tabak, ein Trunk Wasser und, was schlimmer als alles, der Tschibuk sind verboten. Abends um 5 Uhr gehe ich in der Regel zum Kommandierenden, wo die Paschas versammelt sind, jeder mit der Uhr in der Hand; die große Messingscheibe ist schon mit Früchten, eingemachten Oliven, an der Sonne getrocknetem Rindfleisch, Käse, Scherbet usw. besetzt. Jetzt fehlt nur noch eine Minute an 12 (der türkischen Uhr), der Deckel wird von der Suppe aufgehoben und der verführerische Dampf steigert die Ungeduld aufs Höchste; endlich nach einer Minute, die gewiss 160 Sekunden hat, ruft der Imam sein »Lah-illah il Allah!« und mit einem »Bismillah« und »El ham d'illah!« fällt jeder über das, was ihm zunächst steht, her und rächt sich an Hammelfleisch und Pillaw für die lange Entbehrung.
Da es unseren Freunden, den Türken, unmöglich ist, zu arbeiten, ohne zu rauchen, so geschehen jetzt alle Geschäfte des Nachts; die Kanzlei ist versammelt, Briefe werden gelesen und spediert, Meldungen angenommen, Geschäfte besprochen. Du kannst dir eine Vorstellung von der Wirtschaft machen, wenn ich dir sage, dass zwei Stunden nach Mitternacht dem Soldaten das zweite Essen verabreicht wird; gegen Morgen geht jedermann zu Bett und hat den folgenden Tag einen verdorbenen Magen und üble Laune.
In acht Tagen haben wir nun den Beyram, was bei uns etwa das Osterfest ist, ein Fest der Freude, der Gratulationen und der Geschenke; jedermann gibt und empfängt an diesem Tag, wie überhaupt »Almaly-vermaly!« der Wahlspruch der Türken ist: »Nehmen und geben« oder »Leben und leben lassen«.
Bei schönem Wetter reiten wir manchmal aus, um mit der Büchse zu schießen oder Hasen mit Windhunden zu hetzen, die hier von vorzüglicher Güte und Schönheit sind. Es begleiten den Pascha dann die meisten Generäle, einige begünstigte Beys oder Obersten und ein Schwarm dienstbarer Agas. Nur wenige Städte wird es geben, wo so viele vortreffliche Pferde beisammen wären wie in unserem Lager; da sind die kleinen mageren, mit Kamelmilch genährten Renner, das kräftige turkmenische Ross mit schwerem Hals und Kopf, aber prachtvoller Kruppe, das große persische Pferd mit hoch aufgerichteter Vorhand, die trefflichen Tiere aus Sivas, vor allem aber die edlen Rassen der Nedschdi und Annesi.
Um sein Pferd zu probieren, jagt man hier einen abschüssigen Berghang mit Geröll herunter, auf dem der vorsichtige Reiter bei uns absitzt.
Sobald wir in die Ebene kommen, schießen aus dem Gefolge rechts und links Reiter hervor; sie halten einen Stab als Dscherid oder Wurfspieß oder auch nur die rechte Hand empor, als ob sie den Dscherid hielten, das Pferd weiß nun schon, worauf es ankommt: Es zäumt sich herbei, schnaubt und tanzt auf den Hinterbeinen, bereit, bei dem leisesten Stoß mit den schaufelartigen Steigbügeln wie ein Pfeil vorzuschießen. Der Reiter tummelt es in den kleinsten Volten, wobei das Pferd gewöhnlich abchangiert, dann schießt er mit einem »Jallah!« vorwärts, schleudert den Wurfspieß, pariert sein Pferd kurz aus der gestreckten Karriere und kehrt (freilich das Pferd meist mit blutendem Maul und triefenden Flanken) zum Haufen zurück, aus dem ein anderer es ihm zuvorzutun strebt.