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Die drei Erzählungen »Die Flucht aus dem Sudan«, »Die Messingstadt« und »Die Fremdenlegionäre« gehören insofern zusammen, als die letzte den Schluß der beiden ersteren enthält, doch nicht so, daß nicht auch jede für sich gelesen werden könnte.
Statt eines Vorworts will ich hier einige Grundsätze namhaft machen, die ich in meinen Erzählungen befolge.
Ich vermeide alles, was mich beim Lesen anderer Bücher geärgert hat: Dazu gehören die völlig nichtssagenden Überschriften »Erstes Kapitel«, »Zweites Kapitel« usw. Freilich ist es oft leichter, ein Kapitel zu schreiben, als eine wirklich passende Überschrift dafür zu finden; allein der Leser hat von solchen geistlosen Numerierungen – nichts! Jeder Abschnitt soll eine Überschrift haben, die das Wesentliche seines Inhalts kurz und klar ausdrückt, so daß der Leser weiß, was er zu erwarten hat, ohne daß ihm zu viel verraten wird.
Es gibt ferner einen äußerst billigen Kunstgriff, die Spannung des Lesers zu erhöhen, ja sozusagen ihn auf die Folter zu spannen. Man bricht einfach da ab, wo eine Lösung erwartet wird, auf die man begierig machte, und bringt etwas ganz Neues oder die Fortsetzung eines früher abgebrochenen Fadens, um erst später die sehnlichst erwartete Lösung zu geben.
Dieses Verfahren hat mich immer unangenehm berührt und scheint mir ungesund. Ich führe daher die einzelnen Ereignisse bis zu einem Abschluß, einem Ruhepunkt, ehe ich mit einem neuem beginne. Den Zusammenhang unnötig zu zerreißen, halte ich für eine verwerfliche Künstlichkeit – keine Kunst! –, die eine ungesunde Aufregung erzeugt, nur um eine stärkere Wirkung zu erzielen und das Werk dadurch interessanter scheinen zu lassen.
Schließlich fühle ich mich verpflichtet, alles zu erzählen und zu beschreiben, und zwar so vollständig, als es der Leser mit Recht beanspruchen kann geschildert zu finden. Es ist äußerst einfach, wenn einem eine Schilderung Schwierigkeiten macht, zu behaupten, die Feder sträube sich, das weitere zu berichten, oder es sei unmöglich, es zu schildern und was dergleichen Ausflüchte noch mehr sind, oder gar zu erklären, es müsse dem Leser selber überlassen bleiben, sich das Fehlende auszumalen. Soll der Leser leisten, was man bekennen muß, selber nicht leisten zu können? So stellt man eine weiße Leinwand auf die Staffelei und überläßt es dem Beschauer, sich das Bild auszumalen, das darauf gemalt sein könnte! Ist das Kunst, ja ist es auch nur Vernunft?
Ich halte es für ehrlicher und anständiger, die Arbeit selber zu leisten und sich nicht zu dem zu versteigen, dem man sich nicht gewachsen fühlt. Fällt aber eine Schilderung schwächer aus, als der Leser es erwartet hat oder als er sie selber hätte niederschreiben können, so hat der Verfasser doch das Seinige nach Kräften getan und muß es sich eben gefallen lassen, wenn er nicht jeden Leser befriedigen konnte.
Vollkommenes zu schaffen, ist keinem Sterblichen gegeben. Ist es nicht genug, wenn man Vielen eine Freude machen konnte und vielleicht einigen Gewinn brachte, nicht mit jeder Seite, nicht mit jedem Abschnitt seines Werkes, aber doch mit einzelnen seiner Teile und schließlich mit dem gesamten Werk im großen ganzen, unbeschadet daß es nicht auf Schritt und Tritt jeden zu befriedigen vermochte? Und dann bleibt noch der Trost, daß nicht selten eben das einem andern gefällt, was des einen Widerspruch herausforderte.
Stuttgart, Am Kochenhof 1
Friedrich Wilhelm Mader