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Die Dämpfung ist eine Politik, wie sie nicht sein soll.

Nach der Dämpfung kam die vage Hoffnung auf den neuen Liberalismus, dann die überschwenglichen Erwartungen, die sich an den Sitz eines Sozialdemokraten im Reichstagspräsidium knüpften. Alle diese Hoffnungen sind zu Boden gefallen; aber sie zeigen, daß unsere Politik und Taktik nicht auf der Höhe steht. – Wir haben jetzt den Jubiläumsrummel Im Juni 1913 wurde das 25jährige Regierungsjubiläum Wilhelms II. mit großen Feiern monarchistisch-militaristischen Charakters begangen. erlebt und den Besuch des Blutzaren am Berliner Hofe. Diese Gelegenheit hätte benutzt werden müssen zu irgendeiner republikanischen Aktion. Haben wir dazu 4 Millionen Sozialdemokraten, daß wir ins Mauseloch kriechen, wenn der Blutzar kommt? Wie viele Anhänger hätten wir gewinnen können, wenn wir eine Demonstration veranstaltet hätten!

Wenn wir uns den kommenden großen Ereignissen würdig zeigen wollen, dann dürfen wir nicht am verkehrten Ende anfangen und den Massenstreik technisch vorbereiten wollen. Wenn die Verhältnisse reif sind, dann wird sich auch die Taktik des Massenstreiks ergeben. Zerbrechen wir uns nicht die Köpfe mit der rechtzeitigen Unterstützung. – Was notwendig ist, Parteigenossen, das ist, daß Sie aufpassen auf die Parteipresse, damit sie Ihr Werkzeug ist und Ihre Meinung und Stimmung zum Ausdruck bringt. Auch darauf müssen Sie achten, daß unsere Parlamentarier hinter sich eine drängende Masse spüren, damit sie nicht so verhängnisvolle Bahnen betreten wie bei der Militärvorlage. Gestalten Sie die Organisation so, daß Sie nicht warten brauchen, bis mit dem Kommandostock von oben gewinkt wird, sondern daß der Kommandostock in Ihrer Hand ist. Nicht in technischen Einzelfragen dürfen Sie sich verlieren, wie Umgestaltung der Zahlabende und des Delegiertensystems. Alles das ist ja wichtig, aber vor allem muß sich das Auge den allgemeinen Richtlinien unserer Politik im Parlament und im ganzen Lande zuwenden. Die Politik darf nicht so gemacht werden, daß die Massen immer vor vollendeten Tatsachen stehen. Vor allem müssen Sie darauf sehen, daß die Presse eine scharfgeschliffene Waffe im Kampfe ist und daß sie die Dunkelheit in den Köpfen zerstreut. Die Massen müssen zur Geltung kommen, um das Schiff der Partei vorwärtszustoßen, dann können wir getrost in die Zukunft blicken. Die Geschichte wird ihre Sache schon machen. Schauen Sie, daß auch Sie Ihre Sache gut machen. (Starker Beifall.)

Rosa Luxemburg sagte in ihrem Schlußwort, sie sei von der Diskussion sehr enttäuscht. Die Diskussionsredner hatten das Problem des Massenstreiks als politisches Kampfmittel der Arbeiterklasse nicht erkannt und bei ihren Stellungnahmen für oder wider die Ausführungen Rosa Luxemburgs oberflächlich nur Teilfragen behandelt. Es sei beschämend, daß nicht andere Gegner aufgetreten seien. Was hier gegen sie gesagt worden sei, das sei an ihren Ausführungen vorbeigesprochen. Weiter betonte die Rednerin, sie habe nicht, wie in der Diskussion gesagt wurde, unsere Organisation herabgesetzt. Sie habe doch anerkannt, die Macht der Organisation sei so groß, daß, wenn sie rufe, die Massen sich unter ihre Fahne stellen. Die Organisation der Sozialdemokratie sei die Seele der Volksbewegung, des Klassenkampfes. Die große Masse sei der Leib. Man setze doch nicht die Seele herab, wenn man sage, sie sei imstande, den Leib mitzureißen. Die Geldfrage sei hier berührt worden. Zum Kriegführen im Sinne des Militarismus sei Geld allerdings die Hauptsache. Im proletarischen Klassenkampf komme es aber auf die Kraft des Geistes an. Wer für gefüllte Kassen und große Mitgliederzahlen sorgen wolle, der müsse zeigen, daß er den Herzen der Masse die Nahrung geben könne, nach der sie lechzen. Wann und bei welcher Gelegenheit der Massenstreik kommt, könne die Rednerin nicht sagen. Aber sie wolle, daß, wenn er kommt, die Massen reif dafür seien. – Wenn wir auch an die Gesetze der Entwicklung gebunden seien, so sei es am letzten Ende doch unsere Aktion, die berufen sei, Werkzeug und Vollstrecker der Entwicklung zu sein. – Die Debatte über den Massenstreik solle nicht beeinträchtigt werden durch billige Begeisterung, auch nicht durch den Pessimismus, der nur mit eingeschriebenen Mitgliedern rechnet. Sie solle vielmehr Anstoß geben zu einer gründlichen Prüfung der Parteitaktik, nicht um kleinlich an den Führern zu nörgeln, sondern um große und starke Entschlüsse zu fassen. Dann werden Führer und Massen, wenn die Stunde ruft, auf dem Posten sein. (Lebhafter Beifall.)


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