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Vierunddreißigstes Kapitel

Ich war nun offenbar wieder gesund und erinnerte mich an den Zweck meiner Reise nach dem Wadi Ajis. Die Türken beabsichtigten aus Medina abzurücken, und Sir Archibald Murray verlangte von uns, daß wir sie in regelrechter Form angriffen. Es war lästig, daß er sich von Ägypten aus in unsere Angelegenheiten einmischte und eine uns nicht entsprechende Tätigkeit forderte. Aber die Engländer waren nun einmal die Stärkeren, und die Araber lebten nur dank ihres gnädigen Schutzes. Wir waren von Sir Archibald Murray abhängig und mußten mit ihm zusammenarbeiten bis zu dem Grade, daß wir unsere nicht unbedingt entscheidenden Interessen um seinetwillen opferten, wenn sie nicht miteinander vereinbar waren. Andererseits aber war es für uns nicht möglich, unser Handeln mit dem seinigen in Übereinstimmung zu bringen. Wenn auch Faisal beweglich war wie die Luft: Sir Archibalds Armee, vielleicht die schwerfälligste, die es gab, mit ihrem umständlichen Versorgungsapparat, mußte ganz langsam und mühsam vorgeschoben werden. Es war lächerlich anzunehmen, daß sie Schritt halten konnte mit etwas so Flüchtigem und rein Geistigem, wie es die arabische Bewegung war, die zudem vom britischen Heer wahrscheinlich in ihrem Wesen gar nicht recht verstanden wurde. Trotz alledem konnten wir vielleicht durch Sperrung der Bahnlinie die Türken von ihrem Plan der Räumung Medinas abschrecken und ihnen einen annehmbaren Grund geben, bei Medina in der Defensive zu verbleiben, ein für Araber wie Engländer äußerst vorteilhaftes Ergebnis, wenn es auch von beiden vorerst kaum richtig erkannt werden würde.

So ging ich denn zu Abdullas Zelt hinüber, erklärte mich völlig wiederhergestellt und kündigte meinen Wunsch an, etwas gegen die Hedschasbahn zu unternehmen. Wir hätten Mannschaften, Geschütze, Maschinengewehre, Sprengstoffe und selbsttätige Minen, reichlich genug, um etwas Nachhaltiges zu unternehmen.

Aber Abdulla war apathisch. Er zog es vor, sich über die europäischen Herrscherhäuser oder die Schlacht an der Somme zu unterhalten; der langsame Verlauf seines eigenen Krieges langweilte ihn. Doch sein Vetter, Scherif Schakir, der zweite Befehlshaber, war Feuer und Flamme für den Gedanken und erwirkte uns die Erlaubnis, unser Vorhaben auszuführen. Schakir hatte eine Vorliebe für die Ateiba und versicherte, sie wären der vortrefflichste Stamm auf Erden; so kamen wir überein, hauptsächlich Ateiba mitzunehmen. Zweckmäßig erschien es auch, ein Gebirgsgeschütz mitzunehmen, einen der Krupp-Veteranen der ägyptischen Armee, das Faisal aus Wedsch als Geschenk für Abdulla gesandt hatte.

Schakir versprach, die Abteilung zusammenzustellen; und wir kamen überein, daß ich (langsam, da ich noch immer schwach war) vorausreiten sollte, um ein geeignetes Objekt auszusuchen. Das nächste und größte war die Station Aba el Naam. Raho, ein algerischer Offizier der französischen Armee, der zu Bremonds Mission gehörte, ein sehr tüchtiger und anständiger Kamerad, begleitete mich. Unser Führer war Mohammed el Kadhi, dessen greiser Vater Dakhil-Allah, erblicher Richter der Dschuheina, die Türken im vergangenen Dezember nach Janbo geführt hatte. Mohammed war achtzehn Jahre alt, ein zuverlässiger, schweigsamer Mensch. Unsere Begleitmannschaft bestand aus etwa zwanzig Ateiba und fünf oder sechs unternehmungslustigen Dschuheina, unter Führung von Scherif Fausan el Harith, des berühmten Kriegsmanns, der Eschref bei Dschanbila gefangen genommen hatte.

Wir brachen am 26. März auf, dem Tage, an dem Sir Archibald Murray die Ghasa-Stellung angriff, und ritten das Wadi Ajis hinunter. Nach drei Stunden aber wurde mir die Hitze zuviel, und wir hielten bei einem großen Sidr-Baum (einer Art Lotus oder Rotbeerenstrauch, aber mit wenig Früchten) und ruhten darunter während der Mittagsstunden. Die Sidr-Bäume spendeten guten Schatten; dazu wehte ein kühler Ostwind, und es gab wenig Fliegen. Wadi Ajis war überreich an Dornbäumen und Gras und die Luft voll von weißen Schmetterlingen und dem Duft wilder Blumen. So brachen wir erst spät am Nachmittag auf zu einem nur kurzen Ritt, bei dem wir das Wadi Ajis verließen, nachdem wir bei einer Biegung des Tales an verfallenen Terrassen und Zisternen vorbeigekommen waren. An dieser Stelle hatten einst Dörfer gestanden mit reichen künstlich bewässerten Gärten; aber jetzt war alles Wüste.

Am nächsten Morgen hatten wir einen zweistündigen schwierigen Ritt um die Ausläufer des Dschebel Serd herum in das Wadi Turaa, ein historisches Tal, durch einen niedrigen Paß mit dem Wadi Janbo verbunden. Wir verbrachten auch diesen Mittag wieder unter einem Baume in der Nähe von ein paar Dschuheina-Zelten, wo Mohammed einkehrte, während wir schliefen. Dann ritten wir auf ziemlich schwierigem Wege zwei Stunden weiter und lagerten nach Einbruch der Dunkelheit. Während ich schlief, wurde ich dummerweise von einem frühzeitigen Skorpion heftig in die linke Hand gestochen. Die Stelle schwoll an, mein Arm wurde steif und schmerzte sehr.

Nach einer langen Nacht brachen wir gegen fünf Uhr am nächsten Morgen auf. Nach Durchquerung der letzten Berge kamen wir auf das Dschurf hinaus, eine leicht gewellte offene Ebene, die südwärts zum Dschebel Antar anstieg, einem Krater mit zerfurchter, wie zinnengekrönter Spitze, die als Orientierungspunkt diente. In der Ebene wandten wir uns halb rechts, um in Deckung der niedrigen Höhen zu kommen, die sie vom Wadi Hamdh trennten, in dessen Bett die Bahnlinie verlief. Im Schutz dieser Höhen ritten wir südwärts bis zu einem Punkt gegenüber von Aba el Naam. Dort schlugen wir das Lager auf, zwar in der nächsten Nähe des Feindes, aber doch einigermaßen in Sicherheit. Der Höhenrand beherrschte das Land, und wir kletterten noch vor Sonnenuntergang hinauf, um einen ersten Überblick über die Station zu gewinnen.

Der Aufstieg war sehr steil, und ich mußte oft Ruhepausen einlegen, doch die Sicht von oben war gut. Die Bahn war etwa drei Meilen entfernt. Die Station bestand aus zwei großen, zweistöckigen Steinhäusern, einem runden Wasserturm und einigen anderen Gebäuden. Neben der Station sahen wir Spitzzelte, Hütten und Schützengräben, aber keine Anzeichen von Geschützen. Die Besatzung schien, soweit wir feststellen konnten, etwa dreihundert Mann stark zu sein.

Wir hatten gehört, daß die Türken bei Nacht die Umgebung eifrig abpatrouillierten. Das war eine schlechte Gewohnheit, und so sandten wir zwei Mann aus, die bei jedem Blockhaus nach Einbruch der Dunkelheit ein paar Schüsse abfeuern sollten. Der Feind sah darin anscheinend das Vorspiel zu einem Angriff und hielt die ganze Nacht über die Gräben besetzt, während wir sehr behaglich schliefen. Aber die Kälte trieb uns frühzeitig wieder hoch, da ein unruhiger Morgenwind über das Dschurf wehte und in den großen Bäumen um unser Lager rauschte. Als wir zu unserem Beobachtungspunkt hinaufstiegen, kam die Sonne hinter den Wolken hervor, und eine Stunde später wurde es sehr heiß.

Oben auf der Höhe lagen wir wie die Eidechsen in dem hohen Gras zwischen den Steinen des vordersten Randes und beobachteten den Morgenappell der Besatzung. Dreihundertneunundneunzig Mann Infanterie, wie kleine Spielzeugsoldaten, kamen auf ein erstes Hornsignal herbeigelaufen und stellten sich in geordneten Reihen unter dem schwarzen Gebäude auf; als dann zum zweiten Male geblasen wurde, gingen sie auseinander, und nach ein paar Minuten stieg der Rauch der Kochfeuer auf. Dann kam eine Herde Schafe und Ziegen unter der Hut eines kleinen zerlumpten Burschen aus der Station hervor auf uns zu. Bevor sie noch den Fuß der Höhen erreicht hatte, ertönte ein lautes Pfeifen von Norden her das Tal herauf, und ein kleiner Zug, wie aus einem Bilderbuch, kam langsam in Sicht, fuhr über die hohl widerhallende Brücke und hielt, weiße Dampfwolken ausstoßend, kurz vor der Station.

Der kleine Schafhirt ging stetig weiter und trieb seine Herde unter schrillen Rufen unseren Berg hinauf zu der besseren Weide auf der westlichen Seite. Wir schickten zwei Dschuheina einen Vorsprung entlang, der sie der Sicht des Feindes entzog, zu ihm hinunter; sie liefen von beiden Seiten auf ihn zu und fingen ihn. Der Junge gehörte zu den Hetejm, den Parias der Wüste, deren Kinder sich meist als Schafhirten bei den umliegenden Stämmen verdingten. Er weinte herzzerbrechend und suchte immer wieder zu entwischen, sobald er sah, daß sich seine Herde unbeaufsichtigt über die Hänge verstreute. Schließlich verloren unsere Leute die Geduld und banden ihn, während er verzweifelt schrie in seiner Angst, umgebracht zu werden. Fausan hatte große Mühe, ihn zu beruhigen, und fragte ihn über seine türkischen Herren aus. Aber alle Gedanken des Jungen galten seiner Herde; er verfolgte sie ständig mit traurigen Augen, während die Tränen ihre Spuren kreuz und quer über sein schmutziges Gesicht zogen.

Die Schafhirten waren eine Menschenklasse für sich. Für die gewöhnlichen Araber war der heimatliche Herd gewissermaßen die hohe Schule, um den sich ihre Welt abspielte, wo sie die besten Reden hörten, die Neuigkeiten ihres Stammes, seine Dichtungen, Geschichte, Liebeserzählungen, Prozesse und Händel. Während sie so regelmäßig an den Beratungen am Herde teilnahmen, wurden sie zu Meistern der Sprache, zu vorzüglichen Dialektikern und Rednern, die an jeder Versammlung mit Würde teilnehmen konnten und nie um das treffende Wort verlegen waren. Die Schafhirten kannten das alles nicht. Von Jugend an gingen sie ihrem Beruf nach, der sie zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter, bei Tag und Nacht, in die Berge bannte und sie der Einsamkeit nur in Gesellschaft ihrer Tiere überließ. Dort in der kargen Öde der Wüste wuchsen sie wie Naturwesen heran, ohne etwas von den Menschen und ihrem Tun zu wissen; kaum fähig, ihren Gedanken Ausdruck zu geben, aber voller Weisheit in bezug auf Pflanzen, wilde Tiere und ihre Schafe und Ziegen, deren Milch ihre Hauptnahrung war. Als Erwachsene wurden sie mürrisch und unzugänglich, oft sogar von gefährlicher Wildheit, mehr einem Tier als einem Menschen gleichend, ganz verwachsen mit ihren Herden, bei denen sie, ausgeschlossen von allen menschlichen Zärtlichkeiten, Befriedigung ihres männlichen Begehrens fanden.

siehe Bildunterschrift

Schakir.
Pastellzeichnung von Kennington

Nach der Festnahme des Schafhirten bewegte sich innerhalb unserer Sicht stundenlang nichts mehr, außer der Sonne. Als sie höher stieg, schützten wir uns vor ihr so gut es ging durch unsere Mäntel und schmorten in einer recht üppigen Wärme. Die friedliche Bergeshöhe gab mir etwas von meiner Eindrucksfähigkeit zurück, die ich seit meiner Krankheit eingebüßt hatte. Ich hatte wieder Sinn für die typische Höhenlandschaft mit ihren scharf abgesetzten steinigen Kämmen, den kahlen Felswänden und den tieferliegenden Halden aus lockerem Geröll, die nach unten zu von festem, trockenem Erdreich durchsetzt waren. Das Gestein war glänzend gelb, sonnengedörrt, metallisch klingend und brüchig, die Bruchstücke je nachdem rot, grün oder braun. Wo weicher Boden war, sproßten Dornsträucher und vielfach auch Gras, meist einzelne Büschel aus etwa einem Dutzend kräftiger Halme, kniehoch und strohfarben; die Spitzen trugen leere Ähren, die von einem Kranz, wie aus weichen, langen, silbrigen Flaumfedern, umgeben waren. Daneben gab es kürzeres, nur etwa fußhohes Gras mit perlgrauen Wedeln; und die Hänge waren überall dicht besetzt mit diesen weißlichen Tuffen, deren Spitzen sich uns bei jedem vorübergleitenden Windstoß sanft entgegenneigten.

Das Gras war nicht frisch, aber bot eine ausgezeichnete Weide, und in den Tälern gab es kräftigere Büschel eines rauhen, hüfthohen Grases, das im Anfang frischgrün ist, aber bald zu dem allgemeinen brandigen Gelb verblaßt. Dicht wuchs es in all den trockenen Flußbetten mit dem sandigen und kiesigen, vom Wasser gewellten Untergrund, dazwischen ein paar Dornbäume, oft bis zu vierzig Fuß hoch. Die Sidr-Bäume mit ihren trockenen, zuckerhaltigen Früchten waren selten. Aber bräunliche Tamariskenbüsche, hoher Ginster, andere Arten von harschem Gras, einige Blumen und alles, was sonst noch Dornen trug, wuchs und blühte rings um unser Lager, eine reichhaltige Mustersammlung der Hochlandvegetation im Hedschas. Für uns war nur eine Pflanzenart verwendbar, die Hemeiden, eine Art Sauerampfer mit fleischigen, herzförmigen Blättern, deren angenehme Säure unseren Durst stillte.

Als es dunkelte, stiegen wir wieder herab mitsamt unserem Gefangenen, dem Geißhirten und seiner Herde, soweit wir sie einfangen konnten. Unsere Hauptabteilung sollte an diesem Abend eintreffen; daher wanderten Fausan und ich über die dunkelnde Ebene, bis wir zwischen niedrigen Rücken, noch nicht zweitausend Yard von der Station entfernt, eine geeignete Maschinengewehrstellung fanden. Als wir ermüdet zurückkehrten, sahen wir zahlreiche Feuer zwischen den Bäumen. Schakir war eben angekommen, und seine wie unsere Leute waren eifrig beschäftigt, sich Ziegenfleisch zu rösten. Den Schafhirten hatte man hinter meiner Schlafstelle festgebunden, da er fast tobsüchtig geworden war, als man seine Zöglinge wider Recht und Gesetz geschlachtet hatte. Er weigerte sich, davon zu essen; und nur durch die Drohung, ihn fürchterlich zu bestrafen, wenn er unsere Gastfreundschaft beleidigte, konnten wir ihn dazu bringen, etwas Brot und Reis zu sich zu nehmen. Wir suchten ihm klarzumachen, daß wir die Station am nächsten Tag einnehmen und seine Herren umbringen würden, aber er ließ sich nicht trösten und mußte später wieder an den Baum gebunden werden, damit er uns nicht entwischte.

Nach dem Essen sagte mir Schakir, daß er nur dreihundert Mann statt der abgemachten acht- oder neunhundert mitgebracht habe. Aber schließlich war es sein Krieg, er gab die Melodie an, und so änderten wir in der Eile unsere Pläne ab. Wir verzichteten auf die Einnahme der Station, wollten sie nur durch einen frontalen Artillerieangriff in Schach halten und währenddessen die Bahnlinie im Norden und Süden unterminieren, in der Hoffnung, den haltenden Zug abzufangen. Demgemäß bestimmten wir eine Gruppe aus den von Garland geschulten Sprengern, die bei Morgengrauen an irgendeiner Stelle nördlich der Brücke eine Sprengung vornehmen sollte, um diesen Teil der Strecke abzuriegeln, während ich mit Sprengstoff und einem Maschinengewehr nebst Bedienungsmannschaft loszog, um eine Mine südlich der Station zu legen, die Richtung, aus der voraussichtlich die Türken im Notfall Hilfe schicken würden.

Mohammed el Khadi führte uns kurz vor Mitternacht zu einem einsamen Teil der Strecke. Ich stieg ab, und zum erstenmal in diesem Kriege berührte ich voller Erregung die Schienen der Bahn. Dann legten wir in einer Stunde eifriger Arbeit die Mine, die mittels eines Abzugs zwanzig Pfund in die Luft gehen ließ, sobald das Gewicht der darüberfahrenden Lokomotive den Hebel niederdrückte.

Danach stellten wir die Maschinengewehrschützen in einem kleinen buschbedeckten Wasserlauf auf, etwa vierhundert Yard entfernt und die Stelle voll beherrschend, wo der Zug hoffentlich entgleisen würde. Sie sollten sich dort versteckt halten, während wir uns daranmachten, die Telegraphendrähte zu durchschneiden, damit die Unterbrechung jeder Verbindung die Station Aba el Naam veranlaßte, den dort haltenden Zug nach Verstärkungen auszuschicken, wenn unser Hauptangriff begann.

Wir ritten eine halbe Stunde weit, schwenkten dann nach der Bahnstrecke ein und hatten wiederum das Glück, eine einsame Stelle zu finden. Leider waren die vier uns noch verbliebenen Dschuheina nicht fähig, eine Telegraphenstange zu erklettern, und ich mußte mich selbst hinauf bemühen. Das nahm nach meiner Krankheit alle meine Kräfte in Anspruch, und als ich den dritten Draht durchschnitten hatte, schwankte die lockere Stange so stark, daß ich den Halt verlor und die sechzehn Fuß heruntergeschliddert kam, geradeswegs auf die kräftigen Schultern Mohammeds, der herbeigeeilt war, um meinen Fall abzufangen, und sich dabei selbst fast das Genick gebrochen hätte. Wir brauchten ein paar Minuten, um zu Atem zu kommen, aber dann waren wir wieder fähig, unsere Kamele zu besteigen. Schließlich erreichten wir das Lager, gerade als die anderen zum Abmarsch rüsteten.

Das Legen der Mine hatte vier Stunden länger als vorgesehen in Anspruch genommen, und diese Verzögerung stellte uns vor die Frage, ob wir auf jedes Ausruhen verzichten oder aber die Hauptmacht ohne uns abmarschieren lassen sollten. Schließlich ließen wir sie auf Wunsch Schakirs ziehen und legten uns unter die Bäume nieder für eine Stunde Schlaf, ohne die ich, wie ich fühlte, völlig zusammengebrochen wäre. Es war just die Zeit vor Tagesanbruch, die Stunde, in der die Unruhe der Atmosphäre sich auf Pflanzen und Tiere überträgt und auch die Menschen sich stöhnend im Schlaf umherwerfen läßt. Mohammed, begierig auf den bevorstehenden Kampf, wachte auf. Um mich wach zu bekommen, beugte er sich über mich und schrie mir den morgendlichen Gebetsruf ins Ohr; seine heisere Stimme fuhr wie Schlacht, Mord und jäher Tod durch meine Träume. Ich setzte mich auf und rieb mir den Sand aus den rotgeränderten, schmerzenden Augen, während wir in eine heftige Auseinandersetzung über Gebet und Schlaf gerieten. Mohammed machte geltend, daß es nicht jeden Tag eine Schlacht gäbe, und wies auf seine Schrammen und Quetschungen, die er in der Nacht, als er mir zu Hilfe kam, erlitten hatte. Da ich selbst braun und blau war, hatte ich Verständnis für sein Fühlen, und wir ritten los, um die Truppe einzuholen, nachdem wir den unglücklichen Hirtenjungen freigelassen und ihm geraten hatten, auf unsere Rückkehr zu warten.

Ein breites Band vieler Spuren über einem Streifen glänzenden, vom Wasser gewellten Sandes wies uns den Weg; wir langten gerade an, als die Geschütze das Feuer eröffneten. Sie machten ihre Sache gut, zerschossen das ganze Dach des einen Gebäudes, beschädigten das andere, trafen den Pumpraum und durchschlugen den Wasserbehälter. Eine Granate traf erfreulicherweise den ersten Wagen des Zuges in die Seite, so daß er binnen kurzem in Flammen stand. Der Lokomotivführer koppelte schleunigst die Maschine los und fuhr mit ihr nach Süden davon. Voller Spannung beobachteten wir, wie die Lokomotive sich unserer Mine näherte; als sie darüber war, schoß eine leichte Staubwolke hoch, ein Knall folgte, und die Maschine stand still. Die Vorderseite war beschädigt, da sie rückwärts gefahren und die Ladung zu spät explodiert war; aber während die Fahrer abstiegen und sich an die Ausbesserung der Vorderräder machten, warteten und warteten wir vergeblich, daß unser Maschinengewehr das Feuer eröffnete. Nachher erfuhren wir, daß die Bedienungsmannschaft, in Furcht über ihr Verlassensein, alles aufgepackt und sich zu uns herangemacht hatte, als bei uns das Schießen begann. Eine halbe Stunde später war die Maschine repariert und dampfte nach Dschebel Antar zu davon; sie fuhr im Schritt und rasselte hörbar, aber sie fuhr doch.

Unsere Araber arbeiteten sich unter dem Schutz des Artilleriefeuers an die Station heran, während uns die Wut gepackt hatte über unsere Maschinengewehrschützen. Die Rauchwolken von den brennenden Güterwagen deckten die vorrückenden Araber; ein feindlicher Vorposten wurde erledigt, ein anderer gefangengenommen. Die Türken zogen ihre übrigen Abteilungen in die Hauptstellung zurück und erwarteten dort standhaft den Angriff, den zurückzuweisen sie wohl ebensowenig imstande waren, wie wir, ihn durchzuführen. Bei den Vorteilen, die wir bereits gewonnen hatten, wäre uns die Station leicht in die Hände gefallen, wenn wir nur ein paar von Faisals Leuten bei uns gehabt hätten, um die Beute einzuheimsen.

Indessen brannten das Holz, die Zelte und die Waggons in der Station weiter, und der Rauch wurde so dicht, daß wir nicht mehr schießen konnten, daher brachen wir das Gefecht ab. Wir hatten dreißig Gefangene gemacht, ein Pferd, zwei Kamele und ein paar Schafe erbeutet und siebzig Mann der Besatzung verwundet oder getötet, während auf unsrer Seite nur ein Mann leicht verletzt worden war. Der Verkehr war für mindestens drei Tage unterbrochen, und so war die Sache nicht ganz umsonst gewesen.


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