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Dreizehntes Kapitel

Auf einem Wiesenhang unter dem fächerigen Blätterdach hoher Palmen fand ich das wohlgeordnete Lager des ägyptischen Detachements, das Sir Reginald Wingate kürzlich vom Sudan zur Unterstützung des arabischen Aufstandes heraufgesandt hatte. Die Abteilung bestand aus einer Gebirgsgeschützbatterie nebst einigen Maschinengewehren. Ihr Kommandant, der ägyptische Major Nafi Bej, war ein liebenswürdiger Mann und zeigte sich mir gegenüber sehr freundlich und gastfrei, trotz seiner schlechten Gesundheit und des Unmuts darüber, so weit fort in die Wüste in einen überflüssigen und beschwerlichen Krieg geschickt worden zu sein.

Den Ägyptern, einem heimatliebenden und bequemen Volk, bedeutete die Fremde immer ein Elend. Und in diesem unerfreulichen Falle mußten sie dazu noch um eines menschenfreundlichen Zweckes willen Ungemach erdulden, wodurch es nur noch härter für sie wurde. Sie kämpften gegen die Türken, die ihnen in vieler Hinsicht nahestanden, zugunsten der Araber, eines fremden Volkes, das zwar eine verwandte Sprache redete, aber gerade ihnen darum um so unähnlicher im Wesen und roh in seiner Art erschien. Die Araber schienen den materiellen Segnungen der Zivilisation eher feindlich gegenüberzustehen, als irgendwelche Wertschätzung dafür zu haben. Wohlgemeinten Versuchen, ihre Dürftigkeit auszustatten, begegneten sie mit Hohngelächter.

Die Engländer, überzeugt von ihrer eigenen unbedingten Vortrefflichkeit, setzten trotzdem, ohne sich viel beirren zu lassen, ihre Bemühungen fort; aber die Ägypter verloren den Mut. Sie besaßen weder den Sinn für eine gemeinschaftliche Verantwortung ihrem Staat gegenüber, noch ein Gefühl persönlicher Verpflichtung, eine widerstrebende Menschheit die Bahn aufwärts zu treiben. Das gewissermaßen stellvertretende Wächteramt, das für den Engländer der stärkste Antrieb ist gegenüber den Wirrnissen anderer, wird in ihrem Fall durch den instinktiven Drang ersetzt, sich so unbemerkt wie möglich auf der anderen Straßenseite vorbeizudrücken. Obwohl also diese Soldaten hier über nichts klagen konnten, reichlich ernährt und in gutem Gesundheitszustand waren und keine Verluste hatten, waren sie doch mit dem Gang der Dinge nicht einverstanden und hofften, daß der unvermutet eingetroffene Engländer alles zurechtrücken werde.

Bald wurde Faisal gemeldet. Er erschien in Begleitung des Maulud el Mukhlus, eines fanatischen Arabers aus Tekrit, der als türkischer Offizier wegen seines überschäumenden Nationalismus zweimal degradiert worden war und zwei Jahre im Exil im Nedschd verbracht hatte als Sekretär Ibn Raschids. Vor Schaiba hatte er die türkische Kavallerie befehligt und war von uns gefangen genommen worden. Sobald er von der Erhebung des Scherifs hörte, meldete er sich freiwillig und wurde als der erste aktive Offizier zu Faisal geschickt, dessen Adjutant er jetzt war.

Er beklagte sich bitterlich über die Ausrüstung der Truppen, die in jeder Beziehung zu wünschen übrig lasse. Das wäre auch der Hauptgrund ihres Versagens. Sie bekämen vom Scherif monatlich dreißigtausend Pfund, aber nur geringe Mengen Mehl, Reis und Gerste, wenig Gewehre, ungenügende Munition, keine Gebirgsgeschütze, keine Maschinengewehre, kein technisches Material, keine Nachrichten.

Hier unterbrach ich Maulud und erklärte, daß ich eigens zu dem Zweck gekommen wäre, um ihren Bedarf festzustellen und darüber zu berichten; aber daß eine wirksame Zusammenarbeit nur dann möglich wäre, wenn ich über die allgemeine Lage eingehend unterrichtet würde. Faisal stimmte dem zu und begann, mir in kurzer Übersicht den bisherigen Verlauf des Aufstandes von seinen Anfängen an zu schildern.

Der erste Ansturm gegen Medina war eine verzweifelte Sache gewesen. Die Araber waren schlecht bewaffnet und knapp an Munition, die Türken dagegen in bedeutender Stärke, da Fakhris Detachement gerade eingetroffen war und die Truppen, die von Stotzingen nach dem Yemen geleiten sollten, noch in der Stadt lagen. Im kritischen Augenblick fielen die Beni Ali ab und die Araber wurden aus den Verschanzungen herausgeworfen. Dann eröffneten die Türken Artilleriefeuer auf die Weichenden, und die Araber, ungewohnt dieser ihnen neuen Waffe, wurden von Panik erfaßt. Die Ageyl und die Ateiba brachten sich in Sicherheit und weigerten sich, wieder vorzugehen. Faisal und Ali ibn el Hussein setzten sich vergebens vor der Front ihrer Leute dem Feuer aus, um ihnen zu beweisen, daß die berstenden Geschosse nicht so gefährlich waren, wie es sich anhörte. Die Demoralisierung nahm zu.

Abteilungen des Stammes der Beni Ali machten sich an den türkischen Befehlshaber heran mit dem Anerbieten, sich zu ergeben, falls ihre Dörfer verschont blieben. Fakhri hielt sie geschickt hin, und in der darauffolgenden Pause der Feindseligkeiten umstellte er mit seinen Truppen die Vorstadt Awali. Dann gab er plötzlich Befehl, die Vorstadt im Sturm zu nehmen und alles Lebendige darin niederzumachen. Hunderte von Einwohnern wurden hingemetzelt, die Frauen vergewaltigt, die Häuser in Brand gesteckt und alles Lebendige oder Tote in die Flammen geworfen. Fakhri und seine Leute waren gut aufeinander eingespielt; sie hatten sich in der Kunst, auf jederlei Weise zu morden, an den Armeniern im Norden geübt.

Diese bittere Vorprobe türkischer Kampfmethoden ließ ganz Arabien wie unter einem Schlag erbeben. In der Kriegführung der Araber nämlich galt als erste Regel die Unantastbarkeit der Frauen; als zweite, daß Leben und Ehre der noch nicht kampffähigen Jugend zu schonen war; als dritte, daß alles nicht fortzuschaffende Eigentum unbeschädigt blieb. Faisal und die Araber begriffen, daß sie vor einer gänzlich ungewohnten Art der Kriegführung standen; sie lösten sich vom Feinde ab, um zur Neuordnung Zeit zu gewinnen. Von nun an konnte von Unterwerfung keine Rede mehr sein; das Blutbad von Awali hatte Blutrache heraufbeschworen und ihnen die Pflicht auferlegt, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Doch war es nun klar, daß dieser Krieg von langer Dauer sein würde, und daß sie wenig Aussicht hätten, ihn mit Vorderladern an Stelle moderner Waffen zu gewinnen.

So zogen sie sich aus der Ebene um Medina in die Berge um Aar, Raha und Bir Abbas zurück, wo sie vorläufig blieben, während Ali und Faisal Boten auf Boten nach Rabegh, ihrem Hafenstützpunkt, sandten, um festzustellen, wann mit dem Nachschub von Vorräten, Geld und Waffen zu rechnen wäre. Der Aufstand war sozusagen ins Blaue hinein begonnen worden, auf ausdrücklichen Befehl ihres Vaters; und der alte Mann, zu selbstherrlich, um seine Söhne ganz ins Vertrauen zu ziehen, hatte mit ihnen keinerlei Pläne zur weiteren Durchführung des Unternehmens vereinbart. Als Antwort auf ihre dringenden Anforderungen erhielten sie eine geringe Menge Lebensmittel. Später wurden ihnen japanische Gewehre geschickt, die meisten davon unbrauchbar. Und selbst die wenigen, die noch intakte Läufe hatten, waren so mürbe, daß sie bei der ersten Gelegenheit den lebhaften Arabern unter den Händen zerbrachen. Geld erhielten sie überhaupt nicht. Als Ersatz dafür füllte Faisal eine Kiste mit mäßig großen Steinen, verschloß und verschnürte sie sorgfältig, ließ sie auf den täglichen Märschen von seinen eigenen Dienern bewachen und jeden Abend unter allerlei Vorsichtsmaßregeln in sein Zelt stellen. Mit solchen kleinen Täuschungsmitteln suchte er seine abbröckelnden Streitkräfte zusammenzuhalten.

Schließlich machte sich Ali selbst nach Rabegh auf, um nachzuforschen, was an der Organisation nicht klappte. Er stellte fest, daß Hussein Mabeirig, der dortige Stammeshäuptling, zu der Überzeugung gelangt war, der Sieg würde den Türken zufallen (er hatte sich zweimal mit ihnen eingelassen, war aber sehr übel weggekommen), und demgemäß entschieden hatte, sich ihrer Sache als der besseren anzuschließen. Als nun von den Engländern Waffen und Vorräte gelandet wurden, nahm er diese an sich und speicherte sie heimlich in seinen Vorratshäusern auf. Ali ergriff sofort energische Maßregeln und sandte dringende Botschaft an seinen Halbbruder Seid in Dschidda, unverzüglich mit Hilfskräften zu ihm zu stoßen. Hussein bekam es mit der Angst und entfloh als ein Geächteter in die Berge. Die beiden Scherifs nahmen von seinen Dörfern Besitz und fanden darin große Vorräte an Waffen, sowie Lebensmittel genug, um die Truppen einen Monat lang zu ernähren. Doch war für sie beide die Versuchung, in Bequemlichkeit und Ruhe zu leben, zu groß: sie blieben von da ab in Rabegh.

Faisal, alleingelassen in den Bergen, geriet sehr bald in bedrängte Lage; die rückwärtigen Verbindungen brachen ab, und er sah sich auf die kärglichen Vorräte im Lande angewiesen. Eine Weile hielt er durch, benutzte dann aber einen Besuch des Obersten Wilson in dem soeben eroberten Janbo, um zu ihm zu eilen und ihm eine genaue Darstellung seiner Lage zu geben. Auf Wilson machte die Persönlichkeit Faisals starken Eindruck, und er versprach ihm sofort eine Batterie Gebirgsgeschütze, einige Maschinengewehre und zu ihrer Bedienung Offiziere und Mannschaften aus den ägyptischen Besatzungstruppen im Sudan. So erklärte sich die Anwesenheit Nafi Bejs und seiner Abteilung.

Die Araber begrüßten die Verstärkung mit großer Freude und glaubten sich nunmehr den Türken gewachsen. Aber die vier Geschütze waren zwanzig Jahre alte Krupp-Kanonen mit einer Schußweite von nur dreitausend Yard, und die Mannschaft war für einen irregulären Krieg nicht geistig beweglich und geschult genug. Dennoch gingen Faisals Haufen vor, und es gelang ihnen, die türkischen Außenposten zu überrennen und in deren vorderste Stützpunkte einzudringen; bis dann der rasch herbeigeeilte Fakhri die Front besichtigte und die bedrohte Stellung bei Bir Abbas um etwa dreitausend Mann verstärkte. Die Türken führten Feldgeschütze und Haubitzen und genossen den Vorteil überhöhter Beobachtungsstellung. So begannen sie, die Araber mit indirektem Feuer zu belegen, und eine Granate schlug dicht neben Faisals Zelt ein, wo die Stammeshäupter eben zur Beratung versammelt waren. Die ägyptischen Kanoniere wurden aufgefordert, das Feuer zu erwidern und die feindliche Artillerie in Schach zu halten. Sie mußten eingestehen, daß ihre Geschütze nutzlos seien, denn sie reichten nicht auf die erforderlichen neuntausend Yard. Man lachte sie aus, und die Araber eilten wieder in die Berge zurück.

Faisal war tief entmutigt. Er hatte starke Verluste gehabt, und der Rest seiner Leute war erschöpft. Seine einzig wirksame Taktik gegen den Feind hatte in überraschenden Reiterüberfällen gegen dessen rückwärtige Verbindung bestanden; aber bei diesen gewagten Vorstößen waren viele Kamele getötet, verwundet oder unbrauchbar geworden. Es wurmte ihn, die ganze Last des Krieges allein auf seinen Schultern tragen zu sollen, während Abdulla in Mekka, Ali und Seid in Rabegh saßen. Schließlich zog er die Hauptmasse seiner Streitkräfte zurück und überließ es den Unterstämmen der Harb, die türkischen Verbindungen und Nachschubkolonnen durch fortgesetzte Überfälle unter ständigem Druck zu halten, in der gleichen Art, die für ihn selbst auf die Dauer nicht durchführbar gewesen war.

Dennoch hegte er keinerlei Besorgnis vor einem etwaigen erneuten Vorstoß der Türken. Seine Fehlschläge und ihre offenbare Überlegenheit hatten ihm keinerlei Respekt vor ihnen eingeflößt. Sein jüngster Rückzug auf Hamra war freiwillig gewesen: mehr eine Geste des Überdrusses und des Mißmuts über seine unverkennbare Ohnmacht; und er war gewillt, für einige Zeit den Zwang der Muße mit Würde zu tragen.

Im ganzen waren beide Seiten noch unerprobt. Ihre Bewaffnung machte die Türken auf weite Entfernung so überlegen, daß die Araber niemals zum Zupacken kamen. Aus diesem Grunde spielten sich die Nahkämpfe meist des Nachts ab, wenn die Geschütze schwiegen. Für meine Ohren klang dieses Kämpfen seltsam urtümlich, denn es wurde in einem Wettstreit des Witzes von beiden Seiten, mit einer Flut von Worten eingeleitet. Nach den unflätigsten Schmähungen in den Sprachen, die sie kannten, kam der Höhepunkt, wenn die Türken in ihrer Wut die Araber »Engländer« nannten und die Araber ihnen »Deutsche« zurückschrien. Es gab natürlich keine Deutschen im Hedschas, und ich war der erste Engländer; aber beiden Parteien war das Fluchen eine Wonne, und bei diesen Künstlern der Zunge wurde jedes Attribut zu einem Giftstich.

Ich fragte Faisal nach seinen weiteren Absichten. Er erklärte, solange Medina nicht fiele, wären sie unweigerlich im Hedschas gebunden und genötigt, nach Fakhris Pfeife zu tanzen. Seiner Meinung nach hatten es die Türken auf die Wiedereroberung von Mekka abgesehen. Sie hätten ihre Hauptkräfte jetzt in einer beweglichen Kolonne vereinigt, mit der sie auf den verschiedensten Wegen überraschend nach Rabegh marschieren könnten, wodurch die Araber ständig in Atem gehalten würden. Die Verteidigung der Subh-Berge hätte bewiesen, daß die Araber zum rein passiven Widerstand wenig geeignet wären. Trete der Feind den Vormarsch an, so müsse ihm offensiv begegnet werden.

Faisal gedachte sich noch weiter zurückzuziehen bis zum Wadi Janbo, der Grenze des großen Stammes der Dschuheina. Mit neuen Aufgeboten aus diesem Stamme wollte er dann ostwärts gegen die Hedschas-Bahn hinter Medina vorrücken, sobald Abdulla durch die Lavawüste marschierte, um Medina von Osten her anzugreifen. Er hoffte, daß Ali gleichzeitig von Rabegh herankommen würde, während Seid im Wadi Safra einrückte, um die starken türkischen Kräfte bei Bir Abbas zu beschäftigen und von dem Hauptkampf fernzuhalten. Durch diesen Plan würde Medina von allen Seiten zugleich bedroht oder angegriffen werden. Wie nun auch der Erfolg des Angriffes sein mochte, jedenfalls würde die Konzentrierung von drei Seiten her den geplanten türkischen Vorstoß nach der vierten Seite hin verhindern und Rabegh wie dem südlichen Hedschas die nötige Atempause verschaffen, damit eine wirksame Verteidigung oder ein Gegenangriff genügend vorbereitet werden konnte.

Maulud, der während unseres langatmigen Gesprächs sichtliche Unruhe verraten hatte, konnte nicht länger an sich halten und rief: »Wozu erzählst du immer nur Geschichten. Was allein nottut, ist kämpfen und wieder kämpfen und sie alle vernichten. Gib mir ein paar Maschinengewehre und eine Batterie Schneider-Gebirgsgeschütze und ich werde es für dich erledigen. Wir reden und reden und kommen zu nichts.« Ich widersprach ihm ebenso lebhaft, und Maulud, ein Kämpfer, für den eine gewonnene Schlacht wertlos war, wenn er nicht eine Wunde als Beweis seiner Tapferkeit aufweisen konnte, legte sich energisch ins Zeug. Während wir miteinander stritten, saß Faisal dabei und lächelte vergnügt.

Diese Unterredung mit mir war für ihn ein Festtag. Mein Kommen allein schon hatte seine Zuversicht belebt, denn er war ein Stimmungsmensch, pendelnd zwischen Hoffnungsseligkeit und Verzweiflung, und gerade jetzt tief entmutigt. Er sah um Jahre älter aus als einunddreißig, seine dunklen, sprechenden Augen, die leicht schräg saßen, waren blutunterlaufen und seine Wangen hohl und zerfurcht von Sorgen und Grübeln. Das Denken widerstrebte seiner Natur, denn es lähmte die beflügelte Tat; sein Gesicht bekam etwas mühsam Schmerzvolles, wenn er zu überlegen gezwungen war. Seiner äußeren Erscheinung nach war er groß, geschmeidig und kraftvoll, in Gang und Haltung von einer wahrhaft königlichen Würde. Das war ihm natürlich bewußt, und bei öffentlichem Auftreten äußerte er sich am liebsten nur durch Zeichen und Gebärde.

Seine ganze Art wie seine Bewegungen hatten etwas Ungestümes; er war heißblütig, empfindlich bis zur Unvernunft und unberechenbar im Zorn. Heftiger Wille und Kühnheit paarten sich in ihm mit physischer Schwäche. Sein persönlicher Zauber, seine Verwegenheit und das Rührende, das gerade darin lag, daß ein so zarter Körper der einzige Träger dieses stolzen Charakters war, machten ihn zum Idol seiner Anhänger. Ob er gewissenhaft war, bleibe dahingestellt; aber es zeigte sich später, daß er Vertrauen mit Vertrauen, Mißtrauen mit Mißtrauen vergelten konnte. Seine Klugheit überwog bei weitem sein Gemüt.

Seine Erziehung in der Umgebung Abdul Hamids hatte ihn zum unübertrefflichen Meister der Diplomatie gemacht. Durch seine Dienstzeit bei den Türken hatte er praktische militärische Kenntnisse erworben, und sein Aufenthalt in Konstantinopel wie im türkischen Parlament hatte ihn mit europäischen Gewohnheiten und Fragen vertraut gemacht. Auch war er ein vorzüglicher Menschenkenner. Hatte er Ausdauer genug, seine Träume zu verwirklichen, so mußte er Großes erreichen; denn er war ganz erfüllt von seinem Werk und lebte für nichts anderes. Die Gefahr war nur, daß er sich zeitig abnutzen würde in dem Bestreben, das Unmögliche möglich zu machen, und daß er an einer Überspannung der Kräfte zugrunde gehen würde. Nach einem schweren Gefecht, so erzählte man mir, in dem er stundenlang auf dem Posten sein und die Angriffe persönlich leiten und vorwärtstragen mußte, war er körperlich zusammengebrochen, und man hatte ihn nach gewonnenem Sieg bewußtlos und mit Schaum vor den Lippen forttragen müssen.

Uns indessen schien hier, wenn wir nur entschlossen zugriffen, der Prophet gegeben, der unbewußt der Idee, die hinter dem äußeren Geschehen der arabischen Erhebung stand, die zwingende Form geben würde. Das war viel, mehr als wir hoffen konnten, mehr als unsere zögernde Haltung verdiente. Damit hatte sich der Zweck meiner Reise erfüllt.

Mir lag jetzt ob, die Nachricht auf dem kürzesten Wege nach Ägypten zu bringen. Und was ich in dem Palmenhain an diesem Abend erfuhr, das wuchs in meiner Phantasie und breitete sich aus in tausend Ästen und Zweigen, fruchtbeladen und schattenspendend gleich jenen, unter denen ich halb zuhörend, halb träumend saß, während die Dämmerung wuchs und die Nacht. Dann kam eine Reihe Sklaven mit Lichtern den geschlängelten Pfad zwischen den Palmen herab, und wir gingen durch die Gärten zurück zu Faisals niedrigem Haus, dessen Hof wartendes Volk erfüllte, während im heißen Raum drinnen die Vertrauten versammelt waren. Hier hockten wir uns miteinander zum Abendessen vor die dampfende Schüssel mit Reis und Fleisch, die Sklaven auf den Fußteppich gesetzt hatten.


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