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Bevor wir erwachten, hatten die Diener ein Mahl aus Brot und Datteln für uns bereitet. Die Datteln waren frisch, saftig und süß, so gut, wie ich sie noch nie gegessen hatte. Der Hausherr, ein Harbi, war mit seinen Nachbarn im Dienste Faisals abwesend; seine Frauen und Kinder zelteten mit den Kamelen in den Bergen. Die Araberstämme des Wadi Safra lebten höchstens fünf Monate des Jahres in ihren Dörfern. Die übrige Zeit wurden die Gärten Sklaven anvertraut, Neger gleich den ausgewachsenen Burschen, die uns das Mahl hereinbrachten und die mit ihren rundlichen Gliedmaßen und plumpen, glänzenden Körpern seltsam fremd wirkten unter den vogelartigen Arabern. Khallaf erzählte mir, daß die Schwarzen ursprünglich als Kinder von ihren nominellen Takruri-Vätern aus Afrika herübergebracht und während der Pilgerzeit in Mekka verkauft worden wären. Wenn sie sich kräftig entwickelt hatten, waren sie fünfzig bis achtzig Pfund das Stück wert und wurden ihrem Preis entsprechend sorgsam behandelt. Einige wurden Haus- oder Leibsklaven ihrer Herren; die meisten aber kamen in die Palmendörfer dieser fieberheißen, feuchten Täler, deren Klima für arabische Arbeiter zu ungesund war. Doch die Neger gediehen dort, bauten sich feste Häuser, heirateten Sklavinnen und verrichteten alle Handarbeit.
Sie waren sehr zahlreich – so gab es zum Beispiel hier im Wadi Safra dreizehn Dörfer dicht nebeneinander – bildeten daher eine Gemeinschaft für sich und lebten auf ihre Art. Die Arbeit war schwer, aber die Aufsicht nicht streng und die Flucht leicht. Ihre rechtliche Lage war schlecht, denn sie konnten sich nicht an die Stammesgerichtsbarkeit oder gar an die Gerichte des Scherifs wenden. Aber die allgemeine Anschauung und das Eigeninteresse des Besitzers bewahrte sie vor schlechter Behandlung; und die Glaubenslehre, daß die Freilassung eines Sklaven ein gutes Werk sei, hatte zur Folge, daß so gut wie alle zuletzt die Freiheit erhielten. Wenn sie geschickt waren, konnten sie sich noch nebenbei ein Taschengeld verdienen. Die ich sah, besaßen Eigentum und erklärten sich mit ihrer Lage zufrieden. Für eigene Rechnung bauten sie Melonen, Kürbisse, Gurken, Trauben und Tabak, abgesehen von den Datteln, deren Überschuß in Daus nach dem Sudan hinübergesandt und dort gegen Getreide, Stoffe und die Annehmlichkeiten Afrikas oder Europas eingetauscht wurde.
Nachdem die Mittagshitze vorüber war, stiegen wir wieder in den Sattel und ritten das klare, gemächliche Rinnsal aufwärts, bis es sich zwischen dem Palmenhain mit seinen niedrigen Grenzmauern aus sonnengetrocknetem Lehm verlor. Kreuz und quer zwischen den Baumwurzeln waren kleine Gräben gezogen, ein bis zwei Fuß tief und so angelegt, daß der Strom aus der steinernen Rinne in sie hineingeleitet und jeder Baum einzeln bewässert werden konnte. Der Oberlauf des Wassers, das diese Anlage speiste, war Eigentum der Gemeinde, und nach einem alten Brauch wurde das Wasser jedem Landeigentümer täglich oder wöchentlich auf eine bestimmte Anzahl Minuten oder Stunden zugeteilt. Das Wasser war leicht salzig, wie es edlere Palmen brauchen; doch gab es in den Hainen auch zahlreiche süße Brunnen in Privatbesitz, die aus dem drei bis vier Fuß unter dem Boden liegenden Grundwasser gespeist wurden.
Unser Weg führte uns durch das Hauptdorf und seine Basarstraße. In den Läden war wenig zu finden; überhaupt machte der ganze Ort einen verfallenen Eindruck. Wasta war noch vor einer Generation ein großer, volkreicher Ort gewesen (man sprach von tausend Häusern); eines Tages aber wälzte sich eine gewaltige Wasserflut durch das Wadi Safra herab, durchbrach die Dämme der Palmengärten und schwemmte die Palmen weg. Manche der Inseln, auf denen die Häuser jahrhundertelang gestanden hatten, wurden überflutet, die Lehmhäuser sanken aufgeweicht zusammen und erstickten oder ersäuften die unglücklichen Bewohner. Menschen und Bäume hätten ersetzt werden können, wenn nicht der Erdboden mit fortgeschwemmt worden wäre. Aber die Gärten waren in jahrelanger Arbeit mühsam aus Erde aufgebaut, die man aus den Anschwemmungen nach normalen Regengüssen gewonnen hatte, und jene Wasserflut – acht Fuß tief und drei Tage lang rasend – hatte diese künstlichen Hemmnisse auf ihrer Bahn wieder in die ursprünglichen Geröllhalden verwandelt.
Etwas oberhalb von Wasta erweiterte sich das Tal auf etwa vierhundert Yard Breite, und der sandige Kies des Flußbettes war durch die Winterregen zu einer weichen, glatten Fläche geebnet. Die Talwände bestanden aus nackten, roten oder schwarzen Steilfelsen, deren Ecken und Grate scharf wie Messerklingen waren und die das Sonnenlicht wie gleißendes Metall zurückwarfen. Als eine wahre Wohltat erschien uns dagegen das frische Grün von Laub und Gras. Wir begegneten bereits einzelnen Abteilungen von Faisals Truppen mit Herden weidender Reitkamele, und nach Hamra zu war jedes Felsenloch und jede Baumgruppe ein Biwak. Die Soldaten riefen Tafas fröhliche Grüße zu, und dieser, wieder zum Leben erwacht, winkte und rief zurück, während er eilig vorwärts drängte, um bald seiner Pflicht gegen mich entbunden zu sein.
Hamra tauchte zu unserer Linken auf, ein Dorf mit etwa hundert Häusern, verborgen zwischen Gärten und breiten Erdwällen, die etwa zwanzig Fuß hoch waren. Wir durchwateten einen kleinen Fluß, stiegen zwischen Gärten einen gemauerten Pfad bis zu einem der Erdwälle hinan, und nahe dem Hoftor eines breiten niedrigen Hauses ließen wir unsere Kamele niedergehen. Tafas sprach ein paar Worte mit einem Posten, der vor dem Tor stand, einen Säbel mit silberbeschlagenem Griff in der Hand. Er führte mich in einen Innenhof; an der gegenüberliegenden Seite, umrahmt von den Pfeilern eines schwarzen Torwegs, stand eine weiße Gestalt, die mich gespannt erwartete. Ich fühlte auf den ersten Blick: dies war der Mann, den zu suchen ich nach Arabien gekommen war – der Mann, der die Erhebung Arabiens zu glorreichem Ende führen würde. Faisal machte einen sehr großen, säulenhaft schlanken Eindruck in seinen langen, weißseidenen Gewändern und dem braunen Kopftuch, das von einer scharlachroten, golddurchwirkten Schnur gehalten war. Seine Lider waren gesenkt, und das bleiche Gesicht mit dem schwarzen Bart wirkte wie eine Maske gegenüber der seltsamen, regungslosen Wachheit seines Körpers. Die Hände hielt er vor sich über seinem Dolch gekreuzt.
Ich grüßte ihn. Er ging vor mir her in das Zimmer und setzte sich auf seinen Teppich nahe der Tür. Als sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sahen sie in dem kleinen Raum eine ganze Anzahl schweigender Gestalten sitzen, die unverwandt auf mich oder Faisal starrten. Dieser hielt den Blick immer noch auf seine Hände gesenkt, die sich langsam um den Dolch wanden. Schließlich fragte er leise, wie ich die Reise gefunden hätte. Ich sprach von der Hitze, und er fragte, wie lange ich von Rabegh gebraucht hätte, worauf er erklärte, daß ich für die Jahreszeit schnell geritten wäre.
»Und wie gefällt dir unsere Stellung hier im Wadi Safra?«
»Gut; aber sie ist weit von Damaskus.«
Das Wort war wie ein Schwert unter sie gefahren. Ein Beben durchlief alle. Dann erstarrten sie zu Regungslosigkeit, und eine Minute lang hörte man nicht den leisesten Atemzug. Einige träumten vielleicht von fernem Erfolg; andere mochten darin eine Anspielung auf ihre jüngste Niederlage sehen. Endlich hob Faisal die Augen, lächelte mir zu und sagte: »Türken gibt es, gelobt sei Gott, näher bei uns.« Wir lächelten alle mit ihm, und ich erhob mich, um mich für den Augenblick zu verabschieden.