Adolph Freiherr Knigge
Der Traum des Herrn Brick
Adolph Freiherr Knigge

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Einundzwanzigstes Kapitel

Fortsetzung. Auflagen. Abgaben. Staatseinkünfte. öffentliche Anstalten

Man sieht aus dem, was bisher ist gesagt worden, daß unser Staat große Lasten übernimmt, daß ihm die Ausstattung und Versorgung fast aller seiner Bürger allein obliegt, daß also auch für beträchtliche Einnahme gesorgt werden muß, wenn die Verfassung Bestand haben soll. Freilich fällt eine Menge unnützer Ausgaben weg, die in ändern Ländern erfordert werden, als: Besoldungen, Pracht am Hofe und dergleichen; immer aber bleiben die Bedürfnisse sehr beträchtlich. Auf folgende Weise wird nun dafür gesorgt, daß die Kassen imstande seien, dies zu bestreiten, und jeder Mitbürger verhältnismäßig dazu beitrage.

Eine Haupteinnahme zieht der Staat, wie man weiß, aus dem Ertrage der Amtsländereien und der vakanten Güter. Die Früchte werden in den öffentlichen Magazinen aufbewahrt, in wohlfeilen Zeiten aufgehäuft und in teuren zu einem immer gleichen, mäßigen Preise verkauft, damit dieser nie zu hoch steigen und der jüdische Wuchrer sich nicht auf Unkosten des armem Landmanns bereichern könne. Dagegen kann aber auch jeder Dorfbewohner sein Getreide in diese Magazine liefern und bares Geld dafür empfangen.

Die Bergwerke, Steinbrüche, die Münze, die Jagden und Fischereien sind gleichfalls beträchtliche Hülfsquellen für den Staat.

Sodann der zehnte Teil von allen Erbschaften und das Vermögen derer, die keine Söhne hinterlassen.

In die öffentlichen Warenlager werden die Arbeiten aus den Werkhäusern abgeliefert und dann teils verkauft, teils zu Ausstattung der Jünglinge und Mädchen angewendet.

Manufakturen und Fabriken, deren Anlage die Kräfte eines Privatvermögens übersteigt, werden auf öffentliche Kosten betrieben. Der Vorteil daraus, besonders durch den ausländischen Handel, fließt in die Staatskasse.

Allein dies alles würde zu den Abgaben bei weiten nicht hinreichen; es müssen also auch Auflagen und Abgaben stattfinden, und um diese so einfach, so billig als möglich und zugleich so einzurichten, daß ihre Hebung nicht schwerfalle, schlage ich folgendes vor:

Von jeder Landportion wird jährlich der zehnte Teil dessen, was sie in mittelmäßig guten Jahren eintragen kann, in die Staatskasse geliefert. – Das ist die einzige Abgabe, die der Landmann zu bezahlen hat. Der Stadtbewohner entrichtet dieselbe runde Summe jährlich und, wie schon ist erwähnt worden, für jeden Hausgenossen, den er über die verwilligte Anzahl hält, soviel, als wenn er noch eine halbe Landportion besäße. Wenn ein ähnliches Gesetz in Ansehung des Viehes, das jemand halten darf, verfaßt wird, so trägt der Reichere oder der, welcher größern Aufwand macht, als nötig wäre, verhältnismäßig mehr als der Ärmere, und niemand wird Ursache zu klagen haben.

Außer diesen Auflagen ist nur noch eine Zollabgabe bestimmt, nämlich der zehnte Teil des Werts von allen ausländischen Waren ohne Unterschied, die in das Reich eingeführt werden; von den ausgehenden Waren wird nichts entrichtet.

Die Posten sollen dem Staate keine Einkünfte tragen, sondern nur eine wohltätige Anstalt zur Gemächlichkeit des Publikums sein; jedem aber steht frei, sich ihrer auch nicht zu bedienen.

Große Straßen, Dämme und dergleichen öffentliche Werke anzulegen, dazu werden die Soldaten in Friedenszeiten genützt und bekommen dafür eine gewisse Vergütung. Da nun jeder Mitbürger eine Zeitlang in der Armee dienen muß, so ist auch keiner von dieser Arbeit befreit. – Handarbeit schändet niemand und stärkt den Körper.

Von den Waisenhäusern ist schon vorhin geredet worden; die Kinder werden darin mit der größten Sorgsamkeit, die bei öffentlichen Anstalten irgend möglich ist, erzogen, in allerlei Art Arbeit unterrichtet; sie besuchen die allgemeinen Schulen, und wenn sie das fünfzehnte Jahr erreicht haben, wird für sie wie für alle andre Mitbürger gesorgt.

Die übrigen Arbeitshäuser sind von dreierlei Art: In einigen finden einzelne bejahrte Personen beiderlei Geschlechts und Witwen einen Zufluchtsort und Gelegenheit, ein ihren Kräften und Kenntnissen angemessenes Geschäft oder Handwerk zu treiben. Wer Vermögen hat, kauft sich ein und kann sich zugleich mehr Gemächlichkeit ausbedingen; wer kein Vermögen hat, wird auf den gewöhnlichen, anständigen, reinlichen, aber freilich einfachen, nicht prächtigen Fuß behandelt und muß sich gefallen lassen, bestimmte Stunden des Tags für die Manufakturen, oder was ihm sonst, seinen Talenten gemäß, aufgetragen wird, zu arbeiten.

In die zweite Art von Arbeitshäuser werden Menschen aufgenommen, die durch schlechte Wirtschaft zurückgekommen sind. Sie genießen hier, wie billig, nicht soviel Gemächlichkeit und Freiheit als in den vorhin beschriebnen Werkhäusern, müssen gröbere Arbeit verrichten, werden genauer beobachtet, aber doch keineswegs strenger behandelt.

Die Arbeitshäuser der dritten Gattung sind für Verbrecher bestimmt. Sie sind die eigentlichen Gefängnisse. Die Art der diesen Leuten obliegenden leichten oder schweren Arbeit richtet sich nach dem Grade ihrer Vergehungen. Viele unter ihnen werden, gefesselt und bewacht, auch außer den Gebäuden bei beschwerlichen und unangenehmen Arbeiten angestellt, wozu freie, gebildete Menschen sich ungern brauchen lassen; doch wird auf alle Weise auch für ihre Gesundheit gesorgt.

Alle diese öffentlichen Anstalten sind von der Art, daß der Staat, durch die darin verfertigten Arbeiten, mehr oder wenigstens ebensoviel Vorteil zieht, als die Unterhaltung derselben kostet; Hospitäler und Tollhäuser hingegen erfordern mehr Aufwand; doch muß für diejenigen, welche Vermögen haben und darin aufgenommen werden wollen, eine bestimmte Summe eins für alles in den öffentlichen Schatz niedergelegt werden.

Damit der Staat von richtiger Einnahme der festgesetzten Abgaben gewiß sei und nicht zuweilen Hauptunglücksfälle einzelne Familien oder ganze Gegenden insolvent machen, so sind im ganzen Reiche Assekuranzkassen errichtet, durch welche alle Mitbürger sich einander nicht nur für erlittenen Brandschaden, sondern auch für Mißwachs, Hagelschlag, Viehsterben, Verlust von Schiffen und dergleichen entschädigen.

Auf dem Lande und in den Städten sind Ärzte, Wundärzte, Apotheker und Hebammen angestellt, denen jede Familie jährlich eine gewisse von der Obrigkeit einzusammelnde kleine Summe bezahlt, wogegen sie aber auch ohne Unterschied jedermann, ohne weitre Forderungen zu machen, mit Rat und Tat beistehen müssen; so wie denn auch alle von den besoldeten Ärzten verschriebne Arzneimittel denenjenigen, welche nur einfache Taxen entrichten (das heißt soviel, als von einer einzelnen Landportion bezahlt wird), unentgeltlich verabfolgt werden.

Obgleich jedem Mitbürger erlaubt ist, das Land zu verlassen, so fällt doch, wenn er sein bares Vermögen mit aus Abyssinien nehmen will, die Hälfte davon der Staatskasse anheim. Dies ist sehr billig; dem Ertrage des vaterländischen Bodens, der ihn ernährt hat, verdankt er seinen Reichtum, dem Staate seine Bildung und Sicherheit aller Art. – Kann er sich beklagen, wenn man, was sein eigner Fleiß dabei bewirkt hat, auf die Hälfte des Erworbnen anschlägt? Es ist sehr begreiflich, daß dies Gesetz leicht zu täuschen sein würde; allein sollen wir denn gar nichts auf den Erfolg der bessern moralischen Bildung unsrer Bürger und darauf rechnen, daß sie nicht geneigt sein werden, aus Leichtsinn ein Land zu verlassen, in welchem sie sich freier und glücklicher fühlen, als sie in irgendeinem andern sein können?


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