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XVI

In einer Nacht aber, als ich wieder las, sah ein Gesicht zu meinem Fenster herein und dieses Gesicht trug eine weiße Haube. Poupoul schlug an.

Ich legte den Herald beiseite und öffnete.

»Ah, du bist es, Rosseherre?«

»Ja, ich bin es,« sagte sie ohne Atem, »ich komme – Jean Louis ist krank.«

»Was fehlt ihm denn?«

»Er spricht und lacht. Er hat Fieber. Komm und sieh!«

Wir gingen rasch über die Heide. Jean Louis lag in seinem Bettschrank und empfing mich mit lautem Lachen. Hühühü!

»Hallo, Jean Louis, kennst du mich nicht?«

Nein, er erkannte mich nicht. Eine heiße, dumpfe, alkoholgeschwängerte Luft schlug aus seinen Kissen. Rosseherre leuchtete mit einem Stümpfchen Licht, das ihr über die Finger rann, und ich sah, daß er die Augen offen hatte. Er lachte und plapperte.

»Was sagt er denn, Rosseherre?«

»Er sagt: komm heraus, mein Herzchen. Er meint den Fisch.«

Der Meerkönig war nicht nur betrunken, er hatte auch starkes Fieber, was war zu tun? Wir legten ihm Kompressen auf den Kopf und die Brust und er kicherte vor Vergnügen, als er das kalte Wasser fühlte. Rosseherre zitterte.

»Es wird nicht schlimm sein, Rosseherre.«

»Nein?«

»Ich glaube nicht.«

Dann saßen wir und warteten. Rosseherre klebte das Lichtstümpfchen am Tisch fest und der Talg floß und tropfte auf den Boden. Der Docht sank in den geschmolzenen Talg und erlosch. Nun war es ganz finster.

»Hü–hü–hü!« lachte der Meerkönig.

Ich legte meine Hand an Rosseherres kleine Brust.

»Rosseherre?«

Sie neigte sich vor und legte die Hände um meinen Nacken.

» Une bonne pêche – mon vieux – mon vieux!« heulte Jean Louis und lachte.

»Aber Jean Louis –?« flüsterte Rosseherre.

»Er kann uns ja nicht sehen!« –

»Hühü – sakrenomdedü – trente souquarante – hühü,« lachte der Meerkönig in seinem Bettschrank.

Rosseherre bebte am ganzen Körper. Sie gebärdete sich unsinnig, weinte und flüsterte und bedeckte mein Gesicht mit raschen Küssen. Dann küßte sie mir Hände und Füße, hundertmal. » Me o car,« flüsterte sie.

»Gute Nacht, Rosseherre.«

Sie begleitete mich vor die Türe.

»Gute Nacht!« Sie lächelte und ihre Brust atmete noch rasch.

Aber als ich schon gegangen war, rief sie mich nochmals zurück.

»Höre,« sagte sie, »könntest du mir nicht – hundert Sou leihen – ich habe eine alte Schuld.« Sie stammelte. »Nein, nicht hundert – fünfzig – zwanzig Sou?« – – –

Am nächsten Abend klopfte es wieder an meinem Fenster und Rosseherre stand vor der Tür. Sie war gekommen um mir zu sagen, wie es mit Jean Louis gehe.

»Es geht ihm gut, ja. Morgen wird er wieder hinausfahren.«

»Willst du nicht hereinkommen, Rosseherre?«

Rosseherre lachte. »Ja.«

»Nun, so tritt ein.«

Wie laut die Grillen doch in diesen Sommernächten um Sturmvilla lärmten! Yann hatte viel drüben an der Küste zu tun, er mußte Kohlen holen für Creach.

Wenn es Abend wurde saß ich gewöhnlich auf dem Stein vor meiner Tür, der noch heiß von der Sonne war, und spielte mir ein Lied auf meiner Flöte.


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