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Des Autors Betrachtungen über das Erzählte.
Daß Reiche aufstreben, blühen und in Nichts zerfallen, ist der traurige Inhalt der Weltgeschichte – auch das Manhatten-Reich Ihrer Hochmögenden hatte ein solches Schicksal.
Die Geschichte dieses Landes ist lehrreich, und werth, mit Bedacht erwogen zu werden – hier in der Asche glimmen die Funken wahrer Wissenschaft und hier mag gelegentlich die Lampe der ewigen Weisheit angezündet werden.
Möge denn das glückliche Zeitalter Walters des Zweiflers vor jeder selbstfrohen Sicherheit und Trägheit behüten, welche eine Folge des Wohlstandes und Friedens ist, aber Verlust dieses Glückszustandes unvermeidlich nach sich zieht. Möge die vom Unstern verfolgte Regierung Wilhelms des Eigensinnigen zu einer heilsamen Warnung dienen vor der fieberischen und pedantischen Art, Gesetze nach Lieblingsmeinungen auszuprägen, wo man am Ende doch mit seiner Schwäche den Partheien zur Beute wird. Möge endlich das Regiment des guten Stuyvesant zeigen, was redliche Kraft und mannhafte Entschlossenheit in schlimmen Tagen vermögen, selbst wenn kein ruhiges Urtheil und kein Glück ihnen zur Seite steht; aber möge es zugleich vor dem allzugroßen Vertrauen auf die Ehrlichkeit anderer, besonders freundlich sich gebehrdender Nachbarstaaten warnen; endlich auch zur Lection allen souverainen Volksversammlungen dienen, die mit ihren Beschlüssen doch am Ende keinen Hund aus dem Ofen locken, da ihr Muth lediglich in der Zunge liegt.
Doch es sey genug der Andeutungen und Fingerzeige, die jeder aufmerksame Leser aus dieser Geschichte selbst entnehmen mag. Ehe ich aber schließe, muß ich doch noch einen feierlichen Wink aussprechen, der in einer Reihe feiner Verkettungen liegt, welche von der Eroberung des Forts Casimir ausgehen und bis zu den neuesten Umwälzungen auf unserem Erdboden reichen.
So höre denn, edler Leser, auf diese einfache Entwicklung, und wenn du ein Kaiser, König oder anderer mächtiger Potentat bist, so laß dir rathen, sie in dein Herz zu schreiben – doch habe ich freilich wenig Hoffnung, daß mein Werk zu solchen Händen gelangen wird, denn ich weiß wohl, wie listige Minister alle ernste und erbauende Bücher dieser Art den unglücklichen Monarchen aus dem Weg legen, damit sie dieselben nicht vielleicht lesen und Weisheit daraus schöpfen.
Durch die verrätherische Wegnahme des Forts Casimir erfreuten sich die hinterlistigen Schweden eines vorübergehenden Triumphes, zogen aber auf ihre Häupter die Rache Peter Stuyvesants herab, der ganz Neu-Schweden von ihnen befreite. Durch die Eroberung Neu-Schwedens weckte Peter Stuyvesant die Ansprüche des Lord Baltimore, dieser wandte sich an das Cabinet von Großbritannien, und dieses unterjochte die ganze Provinz der Neuen Niederlande. Durch die letztgenannte große That kam die ganze Ausdehnung Nordamerika's von Neu-Schottland bis zu den Florida's, unter die Botmäßigkeit der Krone England. – Aber nun bemerke, o Leser, die Folgen! Die bis dahin zerstreuten Colonieen, auf solche Weise verbunden und ohne eifersüchtige Nachbarcolonieen, die sie in Furcht und Zaum hielten, wurden groß und mächtig und wuchsen endlich dem Mutterland über den Kopf; sie schüttelten seine Fesseln ab und wurden durch eine glorreiche Revolution ein unabhängiges Reich. Aber die Kette der Wirkungen hört hier noch nicht auf. Die erfolgreiche amerikanische Umwälzung brachte die blutige französische Revolution hervor; diese gebahr den mächtigen Bonaparte, dieser den französischen Despotismus, und dieser machte vollends der Ruhe der Welt ein Ende! – Die großen Mächte sind allmählig für ihre unseligen Eroberungen gestraft worden, und so liegen denn, wie ich vorangestellt habe, alle die gegenwärtigen Convulsionen, Revolutionen und Unheilsdinge, welche das Menschengeschlecht überschwemmen, in der Eroberung des kleinen Forts Casimir wie im Ei beschlossen.
Und nun, würdiger Leser, ehe ich dir ein trauriges Lebewohl sage – welches, ach! ein ewiges ist – möchte ich gern in herrlicher Freundschaft von dir scheiden und um dein gütiges Andenken bitten. Daß ich keine bessere Geschichte von den Tagen der Patriarchen geschrieben habe, ist nicht meine Schuld – hätte irgend Jemand eine erträgliche aufgezeichnet, so würde ich sie nicht versucht haben. Daß mich spätere Geschichtschreiber übertreffen werden, will ich nicht bezweifeln, und mich noch weniger deßhalb abkümmern, denn ich weiß wohl, daß, als der große Columbus einmal sein Ei zum Stehen gebracht hatte, ein Jeder am Tisch es tausendmal geschickter machen konnte. – Sollte sich irgend Jemand durch meine Geschichte beleidigt finden, so würde mir dieß unendlich leid thun, obwohl ich mich nicht darauf einlassen kann, ihm begreiflich zu machen, daß er sich irrt und sich über Schatten an der Wand ärgert.
Ich habe eine zu hohe Meinung von der Fassungskraft meiner Mitbürger, um ihnen Belehrung geben zu wollen, und ich halte ihren guten Willen zu hoch in Ehren, um mir ihn durch guten Rath zu verscherzen. Ich bin auch keiner jener Cyniker, welche die Welt verachten, weil sie von ihr verachtet werden – im Gegentheil, obgleich ich in ihren Augen klein bin, sehe ich ihr doch mit dem besten Gewissen ins Gesicht und es thut mir wirklich nur leid, daß sie die unbegränzte Liebe, die ich gegen sie hege, gar nicht verdient.
Wenn mir jedoch in dieser meiner historischen Produktion – der kärglichen Frucht eines langen mühseligen Lebens – nicht gelungen ist, den verwöhnten Gaumen des Zeitalters zu kitzeln, so kann ich nur mein Mißgeschick beklagen – denn es ist zu spät in der Jahrszeit, um es besser wachsen zu lassen. Schon hat der starre Winter seinen trostlosen Schnee mir aufs Haupt regnen lassen; nur noch eine kleine Weile und die behagliche Wärme, die noch mein Herz umschleicht und dir, würdiger Leser, ja dir mit herzlicher Zuneigung entgegenbebt, wird auf ewig erkaltet seyn. Vielleicht gibt dann dieses arme Häuflein Staub, welches in seinem Leben nur schlechtes Unkraut hat wuchern lassen, eine demüthige Scholle im Thale ab, aus welcher manche wilde Blume sprießen mag, um meine geliebte Insel Mannahata zu schmücken!