Washington Irving
Humoristische Geschichte von New-York
Washington Irving

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Sechstes Kapitel.

Worin die entsetzliche Schlacht beschrieben wird, so jemals in Poesie oder in Prosa gefeiert worden, mit den bewunderungswürdigen Thaten Peters des Starrköpfigen.

«Nun hatten,» heißt es in jenem Manuscript, «die Holländer eine ungeheure Mahlzeit hinabgeschlungen»; wunderbar gestärkt und ermuthigt, rüsteten sie sich zum Angriff. «Die Erwartung,» sagt das Manuscript weiter, «stand jetzt auf Stelzen.» Die Erde vergaß sich umzudrehen, oder vielmehr, sie stand still, um dem Spektakel zuzusehen, gleichwie ein runder dicker Rathsherr dem Kampf zweier ritterlichen Fliegen auf seinem Rockermel zusieht. Die Augen der ganzen Welt waren, wie in solchen Fällen gewöhnlich, auf das Fort Christina gerichtet. Die Sonne lief wie ein kleines Männchen in einem Gedränge vor einem Puppenspiel am Himmel hin, steckte den Kopf bald da, bald dort durch, um einen Blick über die Schultern der unhöflichen Wolken zu thun, die ihr in den Weg traten. Die Geschichtschreiber füllten ihre Tintenfässer; die Poeten kamen ohne Essen im Leibe, entweder um sich dafür Papier und Gänsekiele zu kaufen, oder weil sie nichts zu essen bekommen konnten. Das Alterthum schielte mißgünstig aus seinem Grabe, um sich übertroffen zu sehen, und selbst die Nachwelt stand stumm in Erstaunen verloren, im Zurückblicken auf das Feld so großer Ereignisse.

Die unsterblichen Gottheiten, die sich in der «Affaire» bei Troja «im Dienst umgesehen,» bestiegen nun ihre Federbett-Wolken und schifften nach der Ebene oder mischten sich in verschiedenen Verkleidungen, alle erpicht, ihren Finger in dem Teig zu haben, unter die Kämpfenden. Jupiter schickte seinen Donnerkeil zur Reparatur an einen geschickten Kupferschmidt. Venus schwur bei ihrer Keuschheit, sie wolle die Schweden beschützen, und stolzirte in Gestalt eines schlechten Weibsbildes auf den Wällen des Forts Christina umher, von Diana begleitet, welche eine Unterofficiers-Wittwe von üblem Rufe vorstellte. Der bekannte Lärmmacher Mars steckte zwei Reiterpistolen in den Gürtel, nahm eine Flinte auf die Schulter und wankte wie ein besoffener Corporal an ihrer Seite, während Apoll als ein krummbeiniger Queerpfeifer hinter ihnen drein ging und verteufelt falsch aufspielte. Auf der andern Seite war die ochsenäugige Juno zu sehen, die über Nacht, bei einer heftigen Gardinenpredigt gegen ihren alten Gemahl, ein Paar blauaufgelaufene Augen erwischt hatte; sie entfaltete ihre hohe Schönheit auf einem Bagagewagen. Minerva, als eine kräftige Marketenderin gekleidet, welche Fusel zapfte, schürzte ihre Röcke, schwang die Faust und schrie heldenmüthig in schlechtem Holländisch, (eine Sprache, die sie erst kürzlich gelernt hatte) womit sie bei den Soldaten ordentlich Feuer anschürte, während Vulkan als ein plumpfüßiger Hufschmidt, der kürzlich zum Hauptmanne vom Landsturm avancirt war, umher humpelte. Rings herrschte stummes Entsetzen oder lärmendes Klingenwetzen; der Krieg zeigte seine fürchterliche Stirn, knirschte laut mit den eisernen Zähnen und schüttelte seinen entsetzlichen borstigen Kamm von Bajonetten.

Und nun musterten die mächtigen Fürsten ihre Heere. Hier stand der derbe Rising, fest wie tausend Felsen, umstarrt von Pallisaden und bis zum Kinn in Schlammbatterien verschanzt. Seine tapfere Garnison reihte sich in grausiger Linie hinter der Brustwehr hin, jeder mit trotzig gewichstem Schnurrbart, das Haar zurückpomadisirt und strack in den Zopf gezogen, daß sie über die Wälle grinzten wie Todtenköpfe.

Da kam der unerschrockne Peter mit gerunzelter Stirn, knirrschenden Zähnen, geballten Fäusten, und Wolken Rauchs gingen aus seinem Munde, so stark war das Feuer, welches ihm im Busen tobte. Sein treuer Knappe Van Corlear trat ritterlich auf seine Fersen, die berühmte Trompete über und über mit rothen und gelben Bändern, den Andenken seiner Geliebten auf Manhattan, behangen. Dann kamen die herzhaften Ritter des Hudson angewatschelt; da die Van Wycks und die Van Dyk's, und die Ten Eycks – dort die Van Nesses, die Van Tassels, die Van Grolls, die Van Hoesens, die Van Giesons und die Van Blarcoms – die Van Warts, die Van Winkles, die Van Dams; die Van Pelts, die Van Rippers und die Van Brunts. Dort kamen die Van Hornes, die Van Hooks, die Van Bunschotens; die Van Gelders, die Van Arsdales, und die Van Bummels; die Van der Belts, die Van der Hoofs, die Van der Voorts, die Van der Lyns, die Van der Pools und die Van der Spiegels – da die Hoffmans, die Hooglands, die Hoopers, die Cloppers, die Ryckmans, die Dyckmans, die Hogebooms, die Rosebooms, die Oothouts, die Quackenbossels, die Roerbacks, die Garrebrantzs, die Bensons, die Brouwers, die Waldrons, die Onderdonks, die Varra Vangers, die Schermerhorns, die Stoutenburgs, die Brinkerhoffs, die Bontecous, die Knickerbockers, die Hockstrassers, die Zehnhosen und die Zähhosen mit einer Menge anderer Edlen, deren Namen zu holperig sind, um sie aufzuzählen, und die, wenn sie auch geschrieben werden können, nicht auszusprechen sind – alle mit einer guten Mahlzeit gestärkt, wie jener große holländische Poet singt:

«Bis zu dem Rand gefüllt mir Zorn und Kraut!»

Plötzlich hielt der mächtige Peter mitten in seinem Laufe ein, bestieg einen Baumstümmel und redete seine Truppen in elegantem Holländisch an, munterte sie auf, wie Duyvels zu fechten, versprach ihnen fette Beute, wenn sie nicht den Tod fürs Vaterland vorzögen, wo dann ihre Namen in dem Tempel des Ruhms eingeschrieben und mit allen berühmten Männern des Jahres an die Nachwelt gebracht würden. Endlich schwur er ihnen auf sein Ehrenwort zu (und sie wußten wohl, daß es in Erfüllung gehen werde), wenn er einer Mutter Sohn unter ihnen blaß oder sich memmenhaft geberden sähe, wolle er ihm das Fell gerben, bis er aus der Haut sähe wie eine Blindschleiche im Frühjahr. – Dann zog er sein betrautes Schwerd, schwang es dreimal über seinem Haupt, ließ Van Corlear den Signalstoß geben und rannte mit dem Feldgeschrei: «St. Nikolaus und die Manhatto's!» muthvoll voran. Seine kriegerischen Gefährten, die den Halt benutzt hatten, um ihre Pfeifen anzuzünden, steckten sie sogleich in den Mund, zogen gehörige Wolken und luden ritterlich unter der Decke des Tabacksdampfes ihre Gewehre.

Die schwedische Garnison, welche von Rising den Befehl erhielt, nicht zu feuern, bis sie an den Feinden das Weiße im Auge sehen könnten, standen in fürchterlichem Schweigen auf dem bedeckten Gang, als die ungeduldigen Holländer über das Glacis stiegen. Nun gaben sie ihnen eine solche Ladung, daß rings alle Anhöhen bebten, dabei aber eine so starke Erschütterung erlitten, daß sie das Wasser nicht mehr halten konnten und mehrere Quellen ihnen aus den Seiten sprangen, die noch bis auf den heutigen Tag fließen. Alle Holländer hätten jetzt ins Gras beißen müssen, wenn nicht die schützende Minerva darauf gedacht hätte, daß die Schweden wie gewöhnlich allesammt die Augen zudrückten und die Köpfe wegwandten, als sie feuerten.

Die Schweden verfolgten ihre vermeintlichen Siegesschüsse damit, daß sie über die Contrescarpe sprangen und mit fürchterlichem Geschrei den Feind anfielen. Und nun sah man Wunder von Tapferkeit, desgleichen weder die Geschichte noch die Poesie aus alter und neuer Zeit aufzuweisen hat. Hier stand der trotzige Stoffel Brinkerhofd und schwang seinen starken Knüttel, wie der furchtbare Riese Blanderon seinen Eichbaum (denn er verachtete jede andre Waffe) und spielte damit gar schöne Melodieen auf den Köpfen der Schweden. Da waren die listigen Van Kortlands zu sehen, in der Entfernung postirt wie die alten Locrischen Bogenschützen, denen sie nichts nachgaben. Auf einer andern Seite standen in einen Knoten verschlungen die tapfern Männer von Sing-Sing, die dem Kampf bedeutenden Vorschub leisteten, indem sie das große Lied vom heiligen Nikolaus anstimmten; aber die Gardeniers vom Hudson waren von der Schlacht abwesend, indem sie als Marodeurs beordert wurden, sich über die Wassermelonen-Pflanzungen in der Nähe herzumachen. Auf einer entgegengesetzten Seite des Feldes sah man die Van Grolls von Antoni-Nase; sie waren furchtbar erschrocken, als sie in einen Hohlweg kamen, denn sie konnten wegen der Länge ihrer Nasen nur mit Mühe hindurchkommen. Dann waren dort die Van Bunschotens von Nyak und Kakiat, so berühmt wegen ihres Tretens mit dem linken Fuß, aber ihre Geschicklichkeit half ihnen jetzt wenig, da sie von der starken Mahlzeit etwas kurz athmeten; sie wären unwiederbringlich verloren gewesen, wenn sie nicht von einem ritterlichen Corps Voltigeurs verstärkt worden wären, welches aus den Hoppers bestand, die zu ihrem Beistand schnell auf einem Fuß daherkamen. Auch darf ich nicht vergessen, die unvergleichlichen Heldenthaten Antons Van Corlear zu erzählen, der eine gute Viertelstunde sich mit einem kleinen engbrüstigen schwedischen Tambour heftig herumkampelte, auf dessen Haut er ganz charmant Wirbel schlug; wäre er mit noch anderen Waffen als seiner Trompete in die Schlacht gekommen, so hätte er ihm ohne Zweifel ein frühzeitiges Ende bereitet.

Nun aber wurde der Kampf immer dichter. Da rückten der mächtige Jacobus Varra Vanger und die fechtenden Helden von Wallabout heran, hinter ihnen donnerten die Van Pelts von Esopus sammt den Van Rippers und den Van Brunts und warfen alles vor sich nieder – dann die Suy Dams und die Van Dams, die mit manchem verwetterten Fluch vorwärts drängten; sie führten die Krieger des Höllenthors an, die in ihren Donner- und Blitz-Kitteln einherschritten; endlich erschien die Leibgarde und der Fähndrich Peter Stuyvesants mit dem flatternden großen Biber von Manhatta.

Jetzt begann das furchtbare Getümmel, der desperate Kampf, die wahnsinnige Wildheit, die tolle Wuth, die Verwirrung und Bewußtlosigkeit des Faustkampfs: Holländer und Schweden durch einander rissen, pufften und lederten auf einander los, was sie konnten. Der Himmel verfinsterte sich von dem Hagel der Wurfgeschosse und Schießgewehre. Pautz! gingen die Kanonen los – ratsch! hieben die Säbel ein – plumps!. fielen die Prügel drein – piff, paff! plautzten die Flinten – heillose Risse – Schläge – Tritte – Kopfnüsse – Ohrfeigen – eine Menge schwarze Gesichter und blutige Nasen verstärkten immer mehr das Schauderhafte der Scene. Schwipp schwapp, ritsch ratsch, holterdipolter, kopfüber kopfunter, knall und fall, Purzelbaum und hast du nicht gesehen! gings durch einander. – Dunder und Blixum, fluchten die Holländer – Splitter und Splutter, schrieen die Schweden – Lauft Sturm, brüllte der hardkoppige Peter – Feuer an die Minen! kreischte der heftige Rising – Tanta-ra-ra-ra! schmetterte die Trompete Antons Van Corlear – bis alle Stimmen und Töne verworren durch einander tobten – Grunzen und Röcheln, Wuthgeschrei, Siegesjubeln, mischte sich in Ein satanisches Geheul. Die Erde erzitterte, als ob sie einen Schlaganfall über den andern bekäme – Bäume schauderten zurück und verdorrten vor dem Anblick – Felsen krochen in die Erde wie Kaninchen – selbst der Christinafluß floh erschreckt zurück und lief in athemlosen Entsetzen einen Berg hinan!

Lange schwankte das Kriegsglück über den Streitern; ein tüchtiger Platzregen, von dem «wolkenversammelnden Zeus» gesandt, kühlte einigermaßen ihre Hitze, gleichwie ein Kübel mit Wasser, den man über eine Hetze bissiger Hunde gießt; doch war dieß nur auf Augenblicke, und mit zehnfach erneuerter Wuth kehrten sie auf den Kampfplatz zurück und schlugen einander blau, grün und blutrünstig. Gerade als sie wieder handgemein wurden, zeigte sich eine lange und dicke Rauchwolke, die sich langsam nach dem Schlachtfeld bewegte; die Kämpfenden hielten einen Augenblick inne und betrachteten die Erscheinung mit stummem Erstaunen – plötzlich verwehte ein Windstoß die dicke Wolke, und aus ihrer Mitte tauchte das flatternde Banner des unsterblichen Michael Paw hervor. Dieser hochherzige Anführer kam ohne Furcht heran mit einer geschlossenen Reihe von austerfetten Pavoniern, welche dahinten geblieben waren, theils um ein Reservecorps zu bilden, theils um die große Mahlzeit zu verdauen, die sie gehalten hatten. Diese kühnen Dienstmannen rückten unerschrocken heran, rauchten ihre Pfeifen mit Nachdruck, marschirten jedoch ausnehmend langsam, weil sie kurzbeinig und um den Gürtel von ziemlicher Rundung waren.

Doch jetzt verließen die schützenden Gottheiten des Meeres von Neu-Amsterdam unbedachtsam das Feld und gingen in ein benachbartes Bierhaus, um sich mit einem frischen Trunk zu erquicken; da hätte die schrecklichste Krisis den Niederländern beinahe den Garaus gemacht. Kaum waren die Myrmidonen des gewaltigen Paw zur Schlachtordnung angerückt, als die Schweden von dem pfiffigen Rising einen Wink erhielten und eine Tracht Hiebe auf die Tabackspfeifen regnen ließen. Betroffen über den unerwarteten Angriff und durch die zerbrochenen Pfeifen aus der Fassung gebracht, geriethen die ritterlichen Holländer in totale Verwirrung – schon fliehen sie und wie eine scheu gemachte Elephantenheerde bringen sie einander selbst in Verwirrung, indem sie eine Schaar von kleinen Hoppers in den Boden stampfen, und das heilige Banner, worauf die riesenhafte Auster von Communipaw erglänzte, wird in den Koth getreten! Die Schweden sammelten jetzt frischen Muth, drängten nach, applicirten den Fliehenden mit großer Virtuosität Tritte a posteriori, so daß es war, als flögen sie davon; selbst der berühmte Paw empfing ganz infame Grüße und empörende Berührungen von schwedischem Sohlenleder.

Aber, o ihr Musen! wer malet den Zorn des muthigen Heerführers der Holländer, als er von weitem seine Leute weichen sah? Mit einer Donnerstimme brüllte er seinen schurkischen Kriegern nach. Die Männer von Manhatta rafften sich zu neuer Besinnung auf, als sie ihren Feldherrn rufen hörten – oder vielmehr sie fürchteten seine nachdrückliche Ungnade, die sie mehr scheuten, als alle Schweden in der ganzen Christenheit – aber der kühne hartkoppige Peter wartete nicht auf ihre Hülfe und stürzte sich, das Schwerd in der Faust, in den dichtesten Haufen der Feinde. Er verrichtete hier Thaten, wie sie seit dem wunderbaren Weltalter der Riesen nicht geschahen. Wo er sich hinwandte, wich der Feind bebend zurück. Mit heftigem Ungestüm drang er vorwärts und trieb die Schweden wie Hunde in ihre eignen Gräben, aber als er sich so tollkühn hineinwagte, kamen sie ihm bei und drängten ihn von der Seite. Ein heimtückischer Schwede näherte sich ihm auf diese Weise und führte sein feiges Schwerd gerade nach dem Heldenherzen; aber die schützende Macht, die über dem Leben aller großen und braven Männer wacht, lenkte die tödtliche Waffe nach einer Seitentasche, wo eine ungeheure blechene Tabacksdose ruhte, die wie der Schild des Achilles mit übernatürlicher Kraft begabt war – ohne Zweifel, weil der fromme Held auf ihr ein Bildniß des schützenden St. Nikolaus mit sich herum trug; so ward der fürchterliche Stoß abgewandt, indeß dem großen Helden ein furchtbarer Seufzer entfuhr.

Wie ein wüthender Bär, den die Hunde anfallen, sich verzweifelnd wehrt, die Zähne fletscht und auf den Feind losspringt, so wandte sich unser Held nach dem verrätherischen Schweden. Der Schurke suchte in der Flucht sein Heil – aber der lebhafte, hurtige Peter erwischte ihn bei seinem unmenschlichen Haarzopf. «Ha, raupiger Bankart!» brüllte er, « hier habe ich etwas, das Hundespeise aus dir machen soll!» So sprechend, that er mit seinem trauten Schwerd einen Hieb, der dem Schweden den Kopf wie eine Rübe weggenommen hätte, wenn er weiter ausgeholt hätte, so aber trennte er nur den Zopf dicht an der Wurzel vom Kopfe. In diesem Moment richtete ein Büchsenschütze, auf der Höhe eines Erdwalls gelagert, sein tödtliches Geschoß auf den ritterlichen Stuyvesant und würde ihn ohne Zweifel als einen weheklagenden Todten zu den stygischen Gestaden hinabgesandt haben – hätte nicht Minerva, die sich so eben gebückt hatte, um ihr Strumpfband zu binden, ihren Liebling aus der plötzlichen Gefahr errettet, indem sie Boreas mit seinen Bälgen gerade noch vor dem Schuß sandte, als der Lunten ans Rohr gelegt wurde, wo der Gott mit einem glücklichen Windhauch alles Pulver von der Pfanne blies.

«So wogte die schreckliche Feldschlacht» – als der stolze Rising, der das Ganze von der Höhe einer kleinen Vorschanze überblickte, seine Leute durch den unbestechlichen Peter bedrängt, geschlagen und zertreten sah. Die Sprache malt nicht den Zorn, der ihn bei diesem Anblick ergriff – er hielt nur einen Augenblick inne, um eine Last von fünftausend Flüchen abzuschütteln, dann zog er seinen Türkensäbel und stürzte in den Kampf, mit so donnernden Tritten, wie es bei Hesiod von Jupiter heißt, als er von dem Sphärensitz herabkam, um den Titanen seine Donnerkeile an die Köpfe zu werfen.

Wie sich die feindlichen Anführer von Angesicht erblickten, fuhren beide stark zurück, wie routinirte Helden der Bühne zu thun pflegen. Dann sahen sie sich einen Augenblick sauer an, wie zwei wüthende verliebte Kater, wenn sie im Begriff sind, mit ihren Krallen eifersüchtige Ohrfeigen auszutheilen. Jetzt stellten sie sich in Position, darauf in eine andere, wetzten die Schwerter am Boden, und nun gings los. Worte sind unvermögend, die Wunder der Stärke und Tapferkeit bei diesem verhängnißvollen Zusammentreffen zu beschreiben, ein Zweikampf, mit welchem der des Ajax mit Hector, des Aeneas mit Turnus, des Orlando mit Rodomont, des Gui von Warwick mit Colbrand dem Dänen, und des berühmten wälischen Ritters Sir Owen von den Bergen mit dem Riesen Guylon, pure Kindereien und Sonntagsspäße waren. Endlich nahm Peter seine Gelegenheit wahr, holte aus und wollte eben den Schädel seines Gegners bis zum Kinn spalten; aber Rising hob rasch den Säbel und parirte, doch so kurz, daß der Hieb ihm die Seite streifte und ein ungeheures Schnapsfutteral wegrasirte, das er stets angeschnallt trug, dann seinen Lauf verfolgend in eine tiefe Rocktasche fuhr, die mit Käse und Brod reichlich versehen war – diese Leckerbissen rollten zwischen die Kämpfenden und verursachten ein hartnäckiges Handgemenge unter den Schweden und Holländern, so daß die Schlacht sich mit zehnfacher Heftigkeit erneuete.

Wüthend, seine Kriegsvorräthe so schmählig zerstreut zu sehen, sammelte der stolze Rising alle Kraft und hieb dem Helden gerade auf den Kamm. Vergebens widersetzte sich der kleine dreieckige Hut; der Stahl biß sich durch den steifen, widerhaarigen Filz und würde ihm ohne Zweifel den Hirnkasten gespalten haben, wäre der Schädel nicht von solcher demantnen Härte gewesen, daß der schwache Säbel in Stücke brach und tausend Funken sprühte, die das gräßliche Gesicht wie Strahlen des Ruhms umgaben.

Von dem Schlag betäubt, taumelte der ritterliche Peter, verdrehte die Augen nach oben und sah fünftausend Sonnen zwischen Monden und Sternen am Firmamente tanzen – endlich verlor er durch seinen hölzernen Fuß das Gleichgewicht und kam auf seinen Sitz der Ehren nieder, mit einem so heftigen Fall, daß die Höhen rings erzitterten, und gewiß sein ganzes anatomisches System zu Grund gegangen wäre, hätte ihn nicht ein Kissen, weicher als Sammt, gastlich aufgenommen, welches die Vorsehung, oder Minerva, oder der heilige Nikolaus, oder eine gütige Kuh wohlwollend zu seinem Empfang dahin gelegt hatte.

Der wüthende Rising war ganz gegen jenen Grundsatz echter Ritterlichkeit, «großmüthige Fehde ist ein Juwel,» erpicht, in dem Fall des Helden seinen Vortheil wahrzunehmen, aber als er sich bückte, um ihm den Todesstreich zu versetzen, gab ihm der besonnene Peter mit dem hölzernen Bein einen kräftigen Schlag aufs Capitol, daß ihm die Ohren klangen wie von einem Dutzend Glockenspiele und Schellenbogen. Der verwirrte Schwede taumelte und in demselben Augenblick erwischte der behende Peter einen Sackpuffer, der auf dem Boden lag (er war seinem getreuen Trompeter Van Corlear während des Wirbelschlagens auf dem kleinen Tambour aus dem Schnapsack gehüpft) und feuerte ihn dem taumelnden Rising an den Kopf – doch der Leser irre sich nicht, es war keine mörderische Waffe, mit Pulver und Blei geladen, sondern ein ganz nettes steinernes Krüglein, bis zur Schnauze mit Doppeltem von ächter holländischer Courage gefüllt, die der kluge Van Corlear immer mit sich führte, um seiner Stärke von Zeit zu Zeit etwas zuzugeben. Die schmählige Bombe fuhr durch die Luft und fiel wohlgezielt, wie jenes von dem riesigen Ajax auf Hector geschleuderte Felsenstück, dem gigantischen Schweden mit unvergleichlicher Kraft auf den Schädel.

Dieser schwere Schlag entschied den Ausgang der Schlacht. Das dumpfe Haupt des Generals Rising sank an die Brust, die Knie wankten, eine Todtenkälte überlief ihn und er stürzte mit solcher Heftigkeit zu Boden, daß der gute alte Pluto sehr erschrack und nicht anders glaubte, als er falle ihm das Dach seines unterirdischen Palastes ein.

Der Sturz des Helden war das Signal zur Flucht und zum Siege. Die Schweden wichen, die Holländer drangen vor; die ersteren flohen Hals über Kopf, die letzteren waren rasch hinterdrein. Einige rannten mit ihnen zusammen ins Thor hinein – andere stürmten die Werke und noch andere kletterten über den Kamm. So war in kurzer Frist das Fort Christina, das, wie ein zweites Troja, eine Belagerung von vollen zehn Stunden ausgehalten hatte, mit Sturm genommen, ohne daß auf beiden Seiten nur ein Mann umgekommen wäre. Die Siegsgöttin saß in der Gestalt einer großen Bremse auf dem dreieckigen Hut des ritterlichen Stuyvesant, und alle Schriftsteller, die er miethete, um die Geschichte dieses Zuges zu beschreiben, versicherten, daß er an diesem denkwürdigen Tage eine Fülle strahlenden Ruhmes erlangt, womit man ein Dutzend der größten Helden in der Christenheit dauerhaft hätte vergolden können!


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