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Fünfter Abschnitt.
Die Frauen der neuern Zeit

I. Das Zeitalter der Renaissance

1. In Italien.

Die Scheidung der europäischen Geschichte seit dem Auftreten der germanischen Völker in ein Mittelalter und eine neuere Zeit ist kein bloßer Wahn. Die Geschichte überschreitet jene, zwar keineswegs in ein bestimmtes Jahr fallende Grenzscheide nicht in ihrem gewohnten regelrechten Gange; denn es begegnen dem Forscher an derselben Ereignisse, welche in ihrem ganzen Wesen zu den Anschauungen, welche im Mittelalter herrschten, und zu dem Gesichtskreise, in dem die damalige civilisirte Welt Europas lebte, einen entschiedenen Gegensatz bilden. Es sind dies keine Ereignisse, welche plötzlich eintraten; sie zogen sich vielmehr durch weit mehr als ein Jahrhundert hin; ihr Anfang fällt in das 14., ihr Schlußpunkt in das 16. Jahrhundert; das 15. gehört ihnen sonach vollständig an. Ihr Sinn ist eine Befreiung des menschlichen Geistes von Fesseln, die ihm bis dahin angelegt waren, ein Hinausstreben desselben über Grenzen, von denen sein Denken und Forschen eingeengt war. Diese Fesseln und Grenzen bestanden in dem herrschenden Bestreben, die Kenntniß des klassischen Alterthums in seiner wahren Gestalt durch die mönchische Scholastik, und das Christenthum in seiner ursprünglichen Reinheit durch die römische Hierarchie zu verdrängen. Diese beiden Tendenzen riefen die Bewegungen hervor, deren Ziele die Wiedergeburt (Renaissance) des klassischen Alterthums und eine Reform der Kirche waren, – zwei Ziele, welche nicht vollständig erreicht werden konnten, weil sie einander gegenseitig beeinträchtigten und, durch einen Geist unbefangener wissenschaftlicher Kritik nicht unterstützt, weil ein solcher überhaupt noch nicht lebte, die eine das Gelingen der andern hintertrieb, worin aber, dem kirchlichen Reformbestreben gegenüber, von Seite der herrschenden Kirche und – Kirchen, weit wirksamere Waffen angewandt wurden, als von Seite der gelehrten Renaissance.

In diesen Kämpfen fühlte sich der Charakter der europäischen Menschheit dermaßen, daß in der Entwickelung ihrer Kultur das Individuum weit schärfer hervortrat und sich deutlicher vom Hintergrunde der Ereignisse abhob, als dies im Mittelalter und selbst im Alterthume der Hellenen und Römer der Fall gewesen war. Vergl. Kulturgeschichtliche Skizzen S. 88 f. Ganz im Gegensatze zu den Weltreligionen des Buddhismus und des Islam und selbst zu der orientalisch-christlichen Kirche, deren Glieder, ohne alles Hervortreten ihrer Individualitäten, in solcher Verschwommenheit farbloser Allgemeinheit aufgingen, wie sie nicht einmal das eigentliche europäische Mittelalter gekannt hatte, – entwickelte sich im Abendlande, d. h. in West- und Mitteleuropa, ein Geist individueller Unabhängigkeit im religiösen, politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Leben, welcher die Herrschaft vorbereitete, zu der sich das Abendland über die gesammte bewohnte Erde emporzuschwingen im Begriffe steht und die es im Laufe der Zeiten noch vollständig zu erreichen nicht verfehlen wird.

Ein bedeutsamer Zug in diesem Emporstreben der Persönlichkeit ist die Gleichberechtigung der Geschlechter. Vorbedingt ist dieselbe in der Gleichheit der Gebräuche, welche das Christenthum zwischen denselben in Bezug auf ihre Aufnahme in die Kirche eingeführt hat, während das Judenthum und auch seine Nachahmung, der Islam, fortfuhr, nur das männliche Geschlecht durch eine Aufnahmeceremonie auszuzeichnen und dem weiblichen lediglich die Ritualgesetze aufzuerlegen. Im Gebiete des Geistes schaffende Frauen hat es daher schon im christlichen Mittelalter gegeben; aber dem Manne gleich geachtet wurde das Weib, wie Jakob Burckhardt Die Kultur der Renaissance in Italien. 2. Aufl., Leipzig 1869, S. 312 ff. nachgewiesen hat, erst im Zeitalter der Renaissance, und zwar zuerst in Italien, wo diese Bewegung ihren Anfang nahm, da dieses Land der Erinnerung an das klassische Alterthum niemals völlig entfremdet worden war und dieselbe daher nicht neu einzuführen, sondern nur aufzufrischen und zu verallgemeinern brauchte. Letzteres begann im 14. Jahrhundert. Seit dieser Zeit war »die Bildung des Weibes in den höchsten Ständen wesentlich dieselbe wie beim Manne«. Die Töchter der herrschenden Familien in Fürstenthümern und freien Städten wurden gleich den Söhnen in der Kenntniß des antiken Lebens und der alten Sprache Roms unterrichtet und erlangten Fertigkeit im lateinischen Sprechen und Schreiben, unterließen aber so wenig wie die Männer die Uebung im Gebrauche der edlen Form ihrer Muttersprache. Ja die Dichtungen von Frauen in toskanischer Zunge traten denjenigen der Männer so nahe, daß sie ohne Kenntniß der Verfasser von ihnen nicht zu unterscheiden sind. Die Frauen nahmen daher an der Entwickelung des Individualismus denselben Antheil wie die Männer. Die Frauen der Machthaber und der Heerführer ( Condottiori) theilten mit ihnen Ansehen und Ruhm, und auch andere Frauen zeichneten sich durch Anlagen oder geistige Wirksamkeit ebensosehr aus, wie durch Schönheit und Anmuth. Ja, was heute nicht mehr der Fall ist, die Eigenschaft eines Mannweibes ( virago) gereichte geradezu zur Ehre und wurde in den Heldengedichten an amazonenhaften Damen hervorgehoben. Nicht nur in diesen, auch in der Wirklichkeit betheiligten sich Frauen an kriegerischen Thaten. Daraus, und nicht aus einem Grade von Schamlosigkeit, erklärt es sich, daß in Gegenwart gebildeter Frauen die unzüchtigsten Geschichten des Decamerone und ähnlicher Bücher erzählt werden konnten. Freilich auf Mädchen in zarterem Alter erstreckte sich diese Art und Weise nicht. Dagegen suchten Weiber von zweifelhaftem oder auch unzweifelhaftem Lebenswandel nach Art der hellenischen Hetären (s. oben S. 116 f.) in Gelehrsamkeit oder wenigstens Schöngeistigkeit mit den ehrbaren Frauen zu wetteifern, mehr freilich die Maitressen von Fürsten als die Buhlerinnen von öffentlicherem Charakter.

Und daran schließen sich dann andere sittliche Uebelstände oder unsittliche Umstände an. Das Italien der Renaissance ahmte im Punkte der ehelichen Treue nicht das streng häusliche Leben der Griechinnen und der älteren Römerinnen nach, sondern hielt sich mehr an die entsittlichten Verhältnisse des römischen Kaiserreiches, welche, wie wir oben sahen, ihre Schatten bis in die mitteleuropäische Ritterzeit geworfen hatten. Die Leidenschaft der Liebe wurde nicht den »sorgfältig abgeschlossenen« Mädchen, sondern den verheiratheten Frauen gewidmet, und diese Art der Zuneigung bildete auch den Inhalt der Poesie, der lyrischen, dramatischen und novellistischen. Ihr Vorherrschen im Leben hatte oft genug tragische Folgen. Entweder wurde der dem geträumten Glücke im Wege stehende Gatte ermordet und durch seine Verwandten blutig gerächt, oder er entdeckte den Betrug und rächte sich selbst, oder die Verwandten der Sünderin thaten es, sowohl an dieser, als an dem Mitschuldigen. Auch der untreue Mann unterlag bisweilen dem Zorne der Gattin und wurde wohl wieder gerächt. Nicht nur aber die Untreue, auch heimliche Ehe einer Jungfrau oder Witwe gegen den Willen der Angehörigen war der Blutrache verfallen, ja sogar ihre Weigerung, eine gewünschte Ehe einzugehen! Selbst die Kinder unerwünschter Bünde wurden oft nicht verschont! Die Dichter aber und die öffentliche Meinung nahmen stets für jene Handlungen Partei, bei denen, ob gerechtfertigt oder nicht, die größte Kühnheit oder Schlauheit entwickelt wurde. Der politische Einfluß der Spanier im 16. Jahrhundert trieb die Leidenschaft der Eifersucht noch höher, als sie schon war. Schon aus diesem Umstande aber geht hervor, daß es auf diesem Gebiete in anderen Ländern nicht besser aussah. In Spanien spielte die Renaissance keine Rolle, in Frankreich, das in der Untreue einen sehr übeln Ruf hatte, eine weit geringere als in Italien, so daß wohl gesagt werden kann, diese Nachtseite der Kultur habe in keinem Zusammenhange mit der Wiedergeburt der Antike gestanden.

Die Gerechtigkeit fordert indessen, daß auch das Widerspiel jener Schattenseite, wenn wir so sagen dürfen: die hellere Partie des Schattens ihre Würdigung finde. Da nun einmal, der herrschenden Sitte zufolge, die Augen der Männer nur auf Frauen fielen, hatte auch die fleckenlose, schwärmerische Liebe zu Frauen anderer ihre Vertreter. Geistliche entzogen sich diesem Gefühle nicht, und die gefeierten Damen wurden selbst von Wüstlingen mit Ehrfurcht betrachtet und in einem Lande hochgeehrt, in dem es keine persönliche Sicherheit gab und die öffentliche Sympathie in Mordfällen stets auf die Seite des Mörders neigte. Burckhardt a. a. O. S. 336 f.

Erstaunlich ist aber, daß die Italiener ungeachtet der großen bei ihnen herrschenden Unsittlichkeit ein gesundes Volk blieben, ja daß sie sogar der Ordnung des Hauswesens eine große Aufmerksamkeit schenkten. Man dachte über den Hausbau, die Wirthschaft im Hause, die Einrichtung derselben, die Behandlung des Gesindes, die Erziehung der Kinder, sogar die der Frau zur Hausfrau u. s. w. eifrig nach und bildete sich Systeme darüber, deren Motto Solidität und Einfachheit war. Man liebte, darin der Blüthezeit römischer Dichtung nachlebend, den Aufenthalt auf dem Lande, in der Villa, die sich der wohlhabende Bürger außerhalb der Stadtmauern baute und erhielt. Hier trieb er rege Landwirthschaft, baute Korn, Obst, Wein, Oel, Pflegte die Waldungen und Wiesen, züchtete Vieh, jagte, fischte u. s. w., und die öftere Zerstörung dieser Stätten des Friedens in Zeiten des Krieges hielt nicht von dem tiefen Hange zu ihnen ab.

Gehen wir nun zu den einzelnen Frauen, welche sich in der Geschichte der italienischen Renaissance einen Namen erworben haben, und zu den ihren Ruhm begründenden Männern über.

An der Spitze der letzteren steht jener seltene Geist, der als der erste völlig individuell und original ausgestaltete Charakter der Kulturgeschichte betrachtet werden kann. Durante (genannt Dante) Alighieri aus Florenz (geb. 1265, † 1321), obschon er mit seinen religiösen Anschauungen noch im vollen Mittelalter stand, und obschon sein Hauptwerk mehr ein dogmatisch-gelehrtes als ein dichterisches ist, steht vermöge seiner Hinweisung auf den modernen Staat, seiner Neigung zu den Naturwissenschaften, sowie durch seine Verkündung der Wiedererweckung des antiken Studiums und durch die Schöpfung der italienischen Schriftsprache als der erste Vertreter einer neueren Zeit da; er ist der erste, welcher Liebe zu den Schönheiten der Natur empfand, der erste, welcher (durch seine vita nuova) ein Spiegelbild des eigenen Lebens entwarf, der erste endlich, der die reine Liebe dichterisch schilderte. Bezeichnend in dieser letzteren Hinsicht sind seine Antworten auf die Frage von Frauen nach dem Zwecke seiner Liebe. »Der Endzweck meiner Liebe, sagt er, war vormals der Gruß meiner Herrin, und in diesem Gruße lag meine Seligkeit und das Ziel meiner Wünsche. Seitdem es ihr jedoch gefallen, mir solchen zu verweigern, hat Amor, mein Gebieter, alle meine Seligkeit in das gelegt, was mir nimmer verloren gehen kann.« Auf die Frage, worin denn diese Seligkeit bestehe, antwortete er: »In den Worten, die meine Herrin preisen.« Vita nuova cap. 13. Vergl. L. Geiger, Renaissance und Humanismus in Italien und Deutschland, Berlin 1882, S. 18 ff.

Diese Liebe Dantes galt der jungen Beatrice de'Portinari, die er kennen gelernt, als beide noch Kinder waren, die zwar früh starb, ihm aber ihr Andenken für das ganze Leben hinterließ, und die er, nachdem die Gestalt des Heiden Vergil ihn zur Unterwelt und nach dem auf der jenseitigen Hälfte der Erdkugel geträumten Reinigungsberge geleitet, zur Personifikation der Kirche sublimirt und zur Führerin in den Himmel erkoren hat.

Dante war nur ein Vorläufer der eigentlichen Renaissance, ihr Begründer und Vollender, wenn von dem griechischen Zweige derselben abgesehen wird, war Francesco Petrarca (geb. 1304, † 1374). Schon weit mehr als Dante steht er auf dem Boden der neueren Zeit. Mit mehr Entschiedenheit als jener verurtheilt er die Entartung der Kirche, mit mehr Wärme feiert er die Naturschönheit. In ihm feiert zum ersten Male die rein geistige Liebe zu einer verheiratheten Frau dichterische Triumphe. Laura, die in Wahrheit Mutter vieler Kinder war, wurde durch Petrarca so sehr idealisirt, daß man sie für eine erdichtete oder symbolische Gestalt gehalten hat. Doch ist die lange Zeit nach dem Tode der Verehrten fortgesetzte dichterische Verherrlichung mehr durch die Schönheit der ihr gewidmeten 317 Sonette als durch die Wahrheit und Wärme der Gefühle des Dichters hervorragend, welche letzteren zwar nicht fehlen, aber durch die ermüdende Eintönigkeit ihrer Schilderung leiden.

Schwebte Beatrice unerreicht über Dante, lebte Laura unberührt neben Petrarca, so wurzelte die Neapolitanerin Maria Fiammetta tief in der leidenschaftlichen Seele des Giovanni Boccaccio (geb. 1313, † 1375) und war in des Wortes verwegenster Bedeutung, obschon Frau eines anderen, 15 Jahre lang seine Geliebte, wenn auch, wie es scheint, eine standhafte. Dagegen entflammte sie ihn zu weit mannigfaltigeren Schöpfungen des Geistes, als ihre beiden Vorgängerinnen ihre Verehrer, zu (in Prosa und Versen) erzählenden Dichtungen, in welchen sie selbst unter verschiedenen Gestalten, meist aber unter dem zweiten Theile ihres Namens erscheint. Eine dieser Schriften, bei welchen das letztere der Fall ist, macht eine Ausnahme und enthält statt einer Erzählung »Tagebuch-Bekenntnisse«, welche L. Geiger einen Vorläufer des Werther nennt.

Für unser Buch ist besonders erwähnenswerth, daß Boccaccio im Jahre 1360 ein Werk » de claris mulieribus« (von berühmten Frauen) herausgab, welches von 97 Frauen des Alterthums (mit Eva beginnend) und von 7 des Mittelalters handelt, deren erste die fabelhafte »Päpstin« Johanna, und deren letzte die Königin Johanna I. von Neapel ist. Diese (geb. 1326, reg. 1343, † 1382) obschon von Verbrechen belastet (sie gab die Ermordung ihres freilich rohen Gatten Andreas von Ungarn durch ihren Geliebten Ludwig von Tarent zu, den sie dann heirathete), wurde von dem Dichter, der gewissermaßen Hofschmeichler des frevelhaften Paares war, übermäßigst als Tugendheldin gepriesen. Das Werk ist wohl ernst gehalten, aber durchaus unkritisch, und schwelgt in Mythen, die es für baare Münze nimmt. Wie wandelbar des Verfassers Ansichten waren, zeigt der Umstand, daß er in einem zweiten geschichtlichen Buche » de casibus virorum illustrium« (von den Schicksalen berühmter Leute) gegen die Tyrannen eifert und die Helfershelferin Johannas, die Megäre Philipps von Catania an den Pranger stellt. Von seinem berühmtesten Werke, dem ebenso heftig geschmähten wie eifrig gelesenen Decamerone ist anzuerkennen, daß er die Gesellschaft seiner Zeit und alle ihre Stände so schilderte, wie sie wirklich war, daß er in der Einleitung die Pest in Florenz (1348) schaurig prachtvoll malte, und daß eine große Anzahl sehr schöner und sittlicher Erzählungen (welche die Lüsternheit freilich darin nicht sucht) die wirklich schamlosen weit überwiegt. Es ist denn auch bezeichnend, daß der ernste und keusche Petrarca das Buch gegen die Angriffe seiner Gegner in Schutz nahm. Boccaccio hat sich, nach seiner Trennung von Fiammetta, in Florenz mit einer uns Unbekannten verheirathet; seine drei Kinder starben vor ihm.

Hatten sich schon die Beziehungen der drei Begründer des Humanismus zu den Frauen auf die italienische Muttersprache beschränkt und war die Pflege der altrömischen Zunge von diesen Verhältnissen unberührt geblieben, so fiel, als seit dem Ende des 14. Jahrhunderts, zuerst durch den Griechen Emanuel Chrysoloras, die Begeisterung für die Laute des alten Hellas ihren Anfang nahm, vollends jeder Einfluß der Frauen auf das antike Studium weg. Der erste Papst, welcher die antiken Bestrebungen beschützte, Nikolaus V. (1447-1455) hatte einen hervorragenden Rathgeber in dem gelehrten Künstler Leon Battista Alberti aus Florenz († 1477), einem ebenso vielseitigen wie wankelmüthigen Manne, der namentlich in Bezug auf die Frauen in Widersprüchen lebte, bald ihre Schönheit und ihre Tugenden pries, bald vor ihnen warnte und sie (nach der Auffassung der Genesis) beschuldigte, das Uebel in die Welt gebracht zu haben.

Dagegen fehlte es nicht an Frauen, welche an der gelehrten und künstlerischen Bewegung theilnahmen und, wenn hochgestellt, sie begünstigten. Hippolita, Tochter des Herzogs Franz Sforza von Mailand, galt »fast als gelehrt«. Isabella von Este, Gattin Giovanni Francescos II., Markgrafen von Mantua (geb. 1474, † 1539), war kunstsinnig; sie bemühte sich, ohne Erfolg, die von Carlo Malatesta, dem Befehlshaber der mantuanischen Truppen (1397) in den Mincio geworfene Bildsäule Vergils wieder aufzufinden, sie sammelte eifrig, urtheilte fein, ließ sich von Lionardo da Vinci und Tizian malen, von Benvenuto Cellini eine Medaille mit ihrem Bilde prägen. Ihrem Gatten, der trotz seiner Bildung ein wilder Geselle war, bewahrte sie treue Liebe; für ihr Vaterland Italien bewies sie große Begeisterung, fühlte für die Litteratur ihrer Muttersprache mehr Neigung als für die der alten Römer, und vernahm zuerst von Ariosto den Plan zu seinem großen Gedichte.

Ihr mißfiel die Heirath ihres Bruders, des Herzogs Alfonso I. von Ferrara, mit Lucrezia Borgia, der Tochter des Papstes Alexander VI.; der brave, aber wenig gebildete Herzog ging diese Ehe (als Prinz) nicht sehr willig ein, sondern fügte sich der Politik seines Vaters Ercole. So rein, wie ihre Bewunderer Lucrezia haben waschen wollen, war sie gewiß nicht, aber wohl auch kein solches moralisches Ungeheuer, wie der geschäftige Klatsch ihrer Zeit eines aus ihr machte. Sicher ist, daß sie als Erbprinzeß und Herzogin nicht nur einen musterhaften Lebenswandel führte, sondern auch von allgemeiner Achtung und Liebe umgeben war. Eine treffliche Gattin und Mutter geworden, starb sie schon mit 39 Jahren (1519) an den Folgen einer Geburt. Obschon weder gelehrt noch geistreich, übernahm sie an der Stelle ihres Gatten den Schutz der Wissenschaften an seinem Hofe, an welchem Ariosto sie verherrlichte und mit ihrer altrömischen Namensschwester verglich.

Eine andere Namensschwester, aber eine nur um ein halbes Jahrhundert ältere, war Lucrezia Tornabuoni, die Mutter Lorenzos von Medici, des Prächtigen (Magnifico), des größten Mäcenaten der Renaissancezeit. Geiger A. a. O. S. 184. vergleicht ihre Einwirkung aus den Sohn mit jener der Mutter Goethes und sagt: »Sie war eine schöne Frau, ihren sieben Kindern eine gute Mutter, eine wackere Hausfrau, ein Weib, das Gefallen hatte an den stillen Freuden der Familie und an dem Glanze des Hauses, an dem heiteren Spiel des Lebens und an den ernsten Erquickungen der Poesie und Litteratur.« Eines der in jener belebten Zeit nicht seltenen Räthsel ist, wie sie zugleich geistliche Lieder dichten und das Entstehen des Priester- und wunderfeindlichen Orlando-Epos von Luigi Pulci, der sie dafür in den Himmel erhob, unter ihren Schutz nehmen konnte! Abermals eine Lucrezia war es, vom Geschlechte Donati, aus Liebe zu welcher und zu deren Ehren der unter der Leitung solch einer Mutter herangewachsene Lorenzo im Jahre 1469 das prachtvollste Turnier gab, das Florenz je gesehen hatte. Er besang sie in Sonetten, die ihn als nicht unbedeutenden Dichter kundgeben, der sogar eine Vergleichung mit Petrarca nicht zu scheuen hat. Ohne Zweifel war Lucrezia Donati bereits vermählt; denn Lucrezia di Medici suchte ihrem Sohne in Rom, ohne ihn zu fragen, eine Gattin, die er auch ohne Widerrede hinnahm, Clarice Orsini. Sie war schön, reich und edeln Sinnes; er sprach selten von ihr, trauerte aber tief um ihren frühen Tod (1488). Von ihren drei Söhnen wurde einer der spätere schicksalsreiche Papst Leo X. Ihr Erzieher, des freigeistigen Lorenzo gleichgesinnter Freund Angelo Poliziano, hatte mit der frommen Mutter seiner Zöglinge manchen harten Kampf zu bestehen und mußte dem weiblichen Gegenpart das Feld räumen, was aber dem öffentlichen Ruhme des Lehrers der beiden klassischen Sprachen nur zu statten kam.

Ein furchtbares Widerspiel zu Lorenzo, dem wohl Leichtfertigkeit in der Liebe, aber keine unrechte That zur Last fällt, bildete der verbrecherische Condottiere Sigismondo Malatesta, Beherrscher von Rimini. Es ist unfaßbar, wie ein gebildeter und sich in dem Umgange mit Gelehrten (deren Aufgabe freilich war, ihm zu schmeicheln) gefallender Mann sich so in allen Lastern und Unthaten wälzen konnte wie dieser Tyrann, dem nichts heilig war als seine Lüste. Er, der seinen Spott mit der Religion trieb, baute doch eine Kirche, in der er aber seiner Geliebten, der »klugen und schönen« Isotta degli Atti ein Grabmal errichtete, dessen Aufschrift sie »göttlich« nannte, wie er auch eine Denkmünze auf sie prägen ließ mit der Bezeichnung ihrer Person als »Zierde Italiens in Schönheit und Tugend.«

Malatestas Todfeind war Federigo von Montefeltro, Herzog von Urbino, ein edler Fürst, von dessen beiden Gattinnen nichts Näheres zu berichten ist. Desto erwähnenswerther ist die Gattin seines Sohnes und Nachfolgers Guidobaldo, Elisabeta von Gonzaga (geb. 1475, † 1526), welche den Hof des unbedeutenden Gemahls zu einem Sammelpunkte feiner Sitte und künstlerischen Strebens erhob. Hier verkehrten der Vater Rafaels, der Maler Mantegna, der Dichter und spätere Kardinal Pietro Bembo und der höfisch gewandte Schriftsteller Baldassare Castiglione, der für Hofleute eine ebenso berühmte und kulturgeschichtliche, aber harmlosere Anleitung schrieb, als Macchiavelli für Fürsten.

Aber nicht nur Fürstinnen und Geliebte von Fürsten wurden von der Dichtung der Zeit gepriesen, sondern auch Geliebte von Dichterfürsten. Als der hervorleuchtendste der letzteren steht wohl unbestritten Ludovico Ariosto (geb. 1474, † 1533), die Zierde des Hofes von Ferrara, da. Die bleibendste seiner vielen Flammen war die mit ihm aus Rücksicht auf seine kanonische Würde seit 1513 heimlich verehelichte Alessandra Strozzi. Sie war ihm, wie er sagt, Bei Geiger S. 241. »der Hafen, in dem er Winde und Stürme dem Meere verzieh«; er liebte sie »wegen ihrer franken und freien Seele, ihrer edeln Sitte und ihrer aus dem Quell der Gedanken strömenden Beredsamkeit«. Sie regte ihn zu manchen Schöpfungen seines Geistes an, wogegen er sie in vielen Sonetten und anderen Kunststrophen glühend besang und durch ihre Liebe ein Anwalt ihres Geschlechtes wurde.

Die letzte Gestalt der italienischen Renaissance ist eine edle Frau, Vittoria Colonna, geb. 1490, seit 1525 Witwe des bei Pavia gefallenen Marchese von Pescara, † 1547. Nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch nach dem Tode des Gatten lebte sie der Liebe zu ihm, zu seinem Andenken, was sie aber nicht abhielt, auch an der Natur und an der Kunst die reinste Freude zu empfinden. Reine Freundschaft verband sie mit dem großen Michelangelo. Ihre Dichtung hauchte Frömmigkeit ohne Askese und erntete Ruhm, ohne ihn zu suchen oder nur zu lieben.

2. In Deutschland.

In den Kreisen des deutschen Humanismus treten die Frauen weit mehr zurück als in denjenigen der italienischen Renaissance. Die Männer waren hier allein die Träger der neuen Bewegung, und dies um so mehr, als sich in Deutschland mit dem Wiederaufleben der antiken Studien keine neue Belebung der Muttersprache verband, wie sie in Italien die Frauen mächtig ergriffen hatte. Daß in dem holländischen Städtchen Amersfoort nicht nur selbst die Handwerker lateinisch verstanden, sondern auch die Mädchen in dieser Sprache sangen, ist nicht hinlänglich verbürgt. Dagegen sind als seltene Frauen jener Zeit die beiden Schwestern des Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer, Charitas (geb. 1466, † 1532) und Clara bemerkenswerth, während von des ebenfalls humanistischen Augsburger Patriziers Konrad Peutinger Tochter nur bekannt ist, daß sie in sehr zartem Alter ein lateinisches Gedicht deklamirte. Charitas Pirckheimer, seit 1478 Nonne, seit 1503 Aebtin, las und schrieb die alte Sprache Roms in Prosa und Versen und briefwechselte in derselben mit ihrem Bruder, dem Dichter Konrad Celtes, dem Juristen Christoph Scheurl und dem Maler Albrecht Dürer, und empfing von ihnen gelehrte Werke, u. a. die der Nonne Hrotsuit (oben S. 241), für die sie, als Berufsschwester, sich besonders begeisterte, lehnte aber Huldigungen für ihre Gelehrsamkeit ab, zog die frommen Betrachtungen der weltlichen Wissenschaft vor und tadelte die Beschäftigung mit der antiken Mythologie als »unziemlichen Sagen«.

Der genannte Franke Konrad Celtes (ursprünglich Pickel, geb. 1459, † 1508) erscheint in seinem geistigen Verkehr mit einer Nonne um so seltsamer, als er nicht nur deren kirchliche Richtung nicht theilte, sondern geradezu durch das Extrem der Weltlichkeit glänzte. Er führte ein unstetes Wanderleben, durchzog ganz Deutschland und dessen Grenzgegenden und that sich etwas darauf zu gute, daß in seinen lateinischen Dichtungen, die er mit denen des Horaz zu vergleichen liebte und demselben nachahmte, die vier Bücher Amores vier Damen verschiedener Gegenden (Hasilina, Elsula, Gratula und Barbara) gewidmet sind, die aber nicht die einzigen seiner höchst wandelbaren Neigungen waren. In der That aber sind seine Liebesverse von wahrer Dichterleidenschaft erfüllt, so ferne sie auch sittlichen Grundsätzen liegen.

Der gelehrte und kluge Erasmus von Rotterdam, der ein »Lob der Ehe« ( Encomium matrimonii) schrieb, ohne sie zu kennen, handelte in seinen »vertraulichen Gesprächen« ( Colloquia familiaria) auch von den Frauen, und schilderte darin eine Frauenversammlung, Geiger a. a. O. S. 536 »in welcher über die Zulassung der Jungfrauen gestritten, die Rangordnung der Versammelten nach ihrer Kinderzahl bestimmt und zuletzt der Beschluß gefaßt wird, für die Frauen das Vorrecht der Kindererziehung und womöglich abwechselnd mit den Männern die Bekleidung öffentlicher Aemter, bei denen das Tragen von Waffen nicht nothwendig ist, zu erwirken«. In dem bedeutendsten seiner Werke, dem »Lobe der Narrheit« ( Encomium moriae, 1509), welches Holbein illustrirte, spricht die Narrheit selbst als Person, als Herrscherin der Welt, rühmt ihre Macht über alle Alter, Geschlechter, Stände, Beschäftigungen, Schwächen der Menschen und geißelt ganz besonders die Theologen.

Ulrich von Hutten, der letzte Humanist, dessen Verirrungen im Umgange mit dem weiblichen Geschlechte bekannt sind, entnahm die Veranlassung zu einer seiner heftigsten polemischen Schriften einem Falle der versuchten Verletzung weiblicher Ehre, nämlich der Ermordung seines Vetters Hans von Hutten durch Herzog Ulrich von Würtemberg, der nach der Gattin desselben lüstern war (1515) – und erhob darin des Herzogs baierische Gattin Sabine mit hohem Lobe.

Der Lieblingsherrscher der Humanisten war keiner von den Einzelfürsten des Reiches, sondern kein Geringerer als der Kaiser Maximilian I. Es war eine um so uneigennützigere Hingebung, als die Schätze des Monarchen niemals an Ueberfluß litten. So wenig beständig auch, gleich seiner politischen Haltung, seine Neigungen waren, so ist doch seine Verbindung mit Maria von Burgund, der Erbin des hochstrebenden und unglücklichen Karls des Kühnen, mit dem Schimmer der Romantik umwoben. Die Heirath fiel noch in das Todesjahr des Vaters der Braut (1477) und wurde in Gent unter dem Jubel des Volkes mit großer Pracht gefeiert. Die junge Fürstin starb aber schon 1482 an den Folgen eines Sturzes mit dem Pferde auf der Falkenjagd. Der Kaiser hat sie lange nachher in dem trocken moralisirenden Gedichte Theuerdank als Prinzeß Erenreich verherrlichen lassen. Seine und ihre Tochter Margaretha, welche ihr Bräutigam Karl VIII. von Frankreich schimpflich zurücksandte, als er Maximilians zweite Braut, Anna von Bretagne, ihm wegnahm, wurde zweimal früh Witwe und regierte 1504 bis zu ihrem Tode 1530 erst für den Vater, dann für den Neffen Karl V. die Niederlande zu deren großer Zufriedenheit.

3. Gleichzeitige regierende Frauen.

Während in Italien und Deutschland Frauen die Wissenschaften und Künste beförderten oder schriftstellerisch wirkten, regierte in Frankreich eine Frau als politische Größe. Anna, die Gattin Peters von Bourbon, Herrn zu Beaujeu, Schwester König Karls VIII. (geb. 1462, † 1522), eignete sich für ihren minderjährigen Bruder die Lenkung des Staates an. Obschon selbst noch jung, besaß sie »einen männlichen Verstand, klare politische Einsicht und ungewöhnliche Thatkraft, aber auch großen Ehrgeiz, den sie geschickt mit der Sorge für das allgemeine Wohl zu verkleiden wußte.« Sie befestigte sich in ihrer Stellung durch Besetzung der höchsten Aemter mit ihren Verwandten und Günstlingen und machte sich im Lande namentlich dadurch beliebt, daß sie die Opfer der Despotenlaune Ludwigs XI. zu Ehren brachte und dagegen die Urheber des Unglücks derselben bestrafte. Es fehlte ihr aber nicht an Gegnern, an deren Spitze ihr Schwager, der ritterliche Herzog Ludwig von Orleans stand, für welchen aber, da es ihm an Ernst in der Sache fehlte, Graf Dunois, der Sohn des »Bastards«, des Mitkämpfers der Jungfrau von Orleans, handelnd eintrat. Die tapfere Frau widerstand allen Ränken der Verschwörer und wußte jedem Bundesgenossen derselben einen andern entgegenzustellen, so daß letztere, als ihr Hauptgönner, Richard III. von England fiel, um Frieden baten, und als Dunois eine größere Erhebung versuchte, flohen und schließlich unterlagen. Aber Karl VIII., inzwischen volljährig geworden, war der schwesterlichen Vormundschaft müde, begnadigte den gefangenen Orleans und den sich ihm unterwerfenden Dunois, und Anna trat vom öffentlichen Schauplatz ab, zufrieden, ihrem Bruder den Thron behauptet zu haben, der nun, mit Hilfe der neu gewonnenen Freunde, die durch Vollmacht geschlossene Ehe Annas, der Erbin der Bretagne, mit Maximilian bei Seite setzte, sie selbst heirathete und so dies wichtige Land an Frankreich brachte. Anna von Bretagne (geb. 1477, † 1514) hatte diese Ehre nicht gesucht; die Gatten blieben sich fremd, er dachte an Frankreichs Größe, sie nur an das Glück der Bretagne, die sich jedoch seitdem französirte. Die Ehe blieb kinderlos, und der einstige Verschwörer Orleans folgte 1498 Karl VIII. als König (Ludwig XII.) und – als Gatte, indem ihm, damit ihm die Bretagne nicht entginge, der schlechte Papst Alexander VI. den Gefallen erwies, seine Ehe mit Johanna, der Tochter Ludwigs XI., aufzulösen!

Eine Krise anderer Art, bei welcher Frauen die Hauptrolle spielten, machte damals Spanien durch. Heinrich IV., der letzte König Kastiliens, anerkannte als Erbin eine Tochter seiner Gattin Johanna von Portugal, deren Echtheit jedermann außer ihm bezweifelte und die man nach einem Günstlinge der lockeren Königin, Beltran de la Cueva, Beltraneja nannte. Die gegen den König verbündete Partei des Adels stellte dagegen als Prätendenten seinen Bruder Alfons, und als dieser früh starb, seine Schwester Isabella I. (geb. 1451, † 1504) auf. Als aber diese die ihr zugedachte Rolle zurückwies, vereinigte man sich dahin, Isabella als Thronfolgerin anzuerkennen und die Beltraneja auszuschließen. Der König, welcher nur zum Scheine zustimmte und seine angebliche Tochter doch noch zu erheben hoffte, widersetzte sich der Ehe Isabellas mit Ferdinand von Aragon; aber als er bald starb, fand Isabella allgemeine Anerkennung. Nun Verlobte sich aber Alfons V. von Portugal mit seiner Nichte Beltraneja, in der Hoffnung, Kastilien zu erobern, und das Land zerfiel in Parteien. Ferdinand und Isabella siegten jedoch über Portugal, und Beltraneja ging in ein Kloster.

Der große Schritt zur Vereinigung Spaniens war geschehen. Die beiden »katholischen Könige« waren außerordentliche Erscheinungen, im guten wie im schlimmen, welch letzteres sie jedoch offenbar für gut hielten. Ferdinand war ein umsichtiger Landesvater, ein kluger, berechnender Staatsmann, Isabella eine Idealgestalt aller weiblichen Tugenden mit Zugabe eines energischen männlichen Geistes. Aber die Herrsch- und Habsucht des Gatten und der kirchliche Fanatismus der Gattin führten beide zur Errichtung der spanischen Inquisition, welche 1478 durch Papst Sixtus IV. genehmigt wurde. Fälschlich ist diese entsetzliche Anstalt durch neuere kirchlich-politische Schönfärberei als eine Reformation der spanischen Kirche hingestellt worden, während die mit ihr verbundenen Reformen lediglich aller Reform entgegengesetzte Herstellungen einer arg gelockerten Kirchenzucht waren. Allerdings war diese Neuerung sehr nach dem Geschmacke der ungeheueren Mehrheit des spanischen Volkes und unterstützte unleugbar die völlige Verchristlichung und damit Reeuropäisirung des Landes mittels der Zerstörung des letzten Restes mohammedanischer Herrschaft in Granada (s. oben S. 221); aber traurige Mittel begleiten oft höhere Ziele. Aehnlich verhielt es sich mit Isabellas letzter und größter That, mit ihrer Beförderung der Entdeckung des vierten Erdtheils auf der Westhalbkugel. Als sie vor Granada dem Genuesen Colombo auftrug, Indien von Osten her aufzusuchen, ahnte sie weder die blutige Unterdrückung und allmähliche Ausrottung einer ziemlich kultivirten Rasse, noch die daraus erfolgende Entwickelung eines mächtigen und in seiner Zukunft noch unberechenbaren Ablegers der europäischen Kultur im – nun nicht mehr – fernen Westen!


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