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Der Lenz jubiliert ...

Ich weiß nicht, warum
mein Herze erwacht,
es hält mich munter
die langsame Nacht.

Bald klopft mein Puls
und bellt wie ein Hund,
bald liegt er zum Sterben
so matt und wund.

Ich zieh die Gardine:
es blaut schon der Tag,
Eiszapfen hängen
am Badehausdach.

Ich horche hinaus
und lausche still
dem seltsam bebenden
Frühjahrsspiel.

Der Lenz zieht ein in die Fluren,
die Tiere erwachen zu werbender Kraft,
das Harz entquillt schon der Fichte
wie lebenverjüngender Saft.
Der Sternenchor droben hört auf zu klingen,
die Vögel beginnen zu singen.

Hell werden die weiten Wege,
ein Stern nach dem andern wandert nach Haus,
doch fern an der Weltengrenze,
da breitet ein Fächer sich aus,
die Sonne, die Sonne, die göttliche Flamme,
ruht über dem Höhenkamme.

Berührte ein Zauber die Erde?
All' ihre atmenden Brüste gehn,
all' ihre Pulse schlagen,
kein Glied will je stille stehn.
Am Flusse hin treiben Morgendämpfe,
rings hallen dröhnende Kämpfe.

Der Lenz kam ins Tal gezogen.
Nun räumt er die Höhe, der magere Bär,
hoch droben segelt ein Adler
so königlich stolz daher.
Am Hause dort baut eine Elster am Neste
zum züchtigen Hochzeitsfeste.

Der Lenz jubiliert auf Erden!
Es klingt in den Chor der großen Natur
ein Danklaut von meinem Herzen
für alles, was mir widerfuhr.
Ein Hufschlag der Freude durchbebt meine Brust
und mein Auge wird naß vor Lust.

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