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Am 14. Juli empfängt Ferrucci die Botschaft der Regierung. Zwei junge Florentiner, die verkleidet nachts sich durch das kaiserliche Lager schleichen, überbringen sie ihm. Er beschließt, sofort nach Pisa aufzubrechen und von da Florenz zu erreichen. Volterra, Pisa und Florenz bilden ein gleichseitiges Dreieck, dessen südliche Spitze Volterra ist. Jede Stadt von der anderen zwei bis drei Tagemärsche entfernt. Von Volterra gleich in nordöstlicher Richtung direkt auf Florenz loszugehen, war nicht tunlich, denn das gebirgige, zerrissene, den Florentinern feindliche Gebiet wäre zu durchschreiten gewesen. Ferrucci mußte über das in nordwestlicher Richtung am Meere gelegene Livorno nach Pisa zu gelangen suchen, das nicht weit von Livorno abliegt. Von da sich nach Osten wendend und im Tale des Arno marschierend, würde er Florenz am raschesten erreicht haben. Die Mitte dieses Weges aber bildete nun das verlorene Empoli: es mußte ein anderer Weg gefunden werden.
Nach Pisa schlug sich Ferrucci durch. Es war den Spaniern unmöglich, ihm den Weg zu verlegen. Glücklich angekommen aber, fällt er jetzt der in Volterra mit Gewalt überwundenen Krankheit aufs neue zum Opfer, und so werden 14 kostbare Tage verloren. Das Geld geht ihm aus, und die Truppen rebellieren. Mit furchtbarer Strenge vom Krankenbette aus kommandierend, treibt er von den Pisanern die nötigen Summen ein. Soweit ging Ferrucci, daß er einen Bürger, welcher behauptet hatte, er wolle lieber verhungern, ehe er das Geld gäbe, festnehmen und ihm kein Essen verabreichen ließ, bis die Verwandten die Summe erlegten. Mit ungeheurer Energie rüstete er den Zug nach Florenz, den er, nach schwerer Krankheit endlich wiederhergestellt, am letzten Juli antrat.
Mit der Wiedereinnahme von Empoli konnte man sich nicht befassen: Ferrucci wollte über Lucca, Pescia und Prato gehen, die in leichtem nach Norden gekrümmten Bogen eine Kette zwischen Pisa und Florenz bilden. Er hatte einen großartigen Plan im Sinne. Er wußte, wie erbärmlich die Soldaten Oraniens bezahlt wurden und wie leicht es war, Truppen, die keinen Sold erhalten, zur Empörung zu bringen. Ein großer Teil der Kaiserlichen bestand aus sogenannten Bisogni, der schlechtesten Sorte Soldaten damals, welche nicht durch den Respekt vor ihren Hauptleuten, sondern nur durch die Aussicht auf Beute zusammengehalten, überallhin ihre Richtung nahmen, wo sie ihre Raublust zu befriedigen hofften. Plötzlich nun vor dem Lager des Prinzen erscheinend, wollte er der Armee desselben den Vorschlag machen, mit dem Bourbon einst seine Leute von Florenz abgelenkt: die Stadt liegen zu lassen und mit ihm lieber auf Rom loszugehen, das längst wieder fett genug geworden wäre, und wehrlos wie damals in ihre Hände fallen müsse.
Am 1. August erscheint Ferrucci, durch das Gebiet von Lucca ziehend, vor Pescia. Aber Lebensmittel sowie freier Durchzug werden ihm verweigert. Auf Umwegen, um Maramaldo irrezuführen, der ihm auf den Fersen folgte, bewegt er sich im gebirgigen Lande nach Pistoia weiter. Mit dieser Stadt hatte es besondere Bewandtnis. Zwei Parteien bekämpften sich seit langen Jahren in ihr. Gerade in der letzten Zeit aber war die, welche von Florenz begünstigt wurde, besiegt und vertrieben worden. In Pisa hatten sich ihre Anhänger gesammelt und Ferrucci angeschlossen. Teilnehmend an seinem Zuge hofften sie die Herrschaft wieder zu erlangen. Aber auch ihre Gegner hatten sich gerüstet und bildeten eine 1000 Mann starke Masse, deren sich Ferrucci erwehren mußte. Dazu spanische Truppen, welche in der Stadt lagen, eine Bande aus empörten Ausreißern der Belagerungsarmee gebildet, die auf eigene Faust im Lande sengend und brennend umherzogen, und nachdem sie sich vorher den Florentinern selbst angeboten, durch die Aussicht auf den nahen Fall der Stadt zum Kampf gegen sie getrieben wurden.
Bei vereinten Kräften und gemeinschaftlichem Plane wäre der Feind jetzt schon Ferrucci überlegen gewesen, der durch seine Bagage behindert und von Spionen umgeben sich mühsam nach Florenz durchwand. Niemand aber wagte ihn anzugreifen.
Hätte ein Mann wie er in Florenz als Fürst an der Spitze der Dinge gestanden und nach eigenem Ermessen den Kampf geführt, wie anders wären die Dinge dann verlaufen. Wenn man seine Berichte liest, in denen er mit sachgemäßer Genauigkeit kurz und bündig die Ereignisse mitteilt, glaubt man den strengen, umsichtigen, unermüdlichen Mann vor sich zu sehen und sprechen zu hören. Stets ist er in Person voran und tut die schwerste Arbeit. Immer ist er guten Mutes und sein Geist voll von Hilfsmitteln, um erlittenen Nachteil zu ersetzen. Ermattet von der letzten Krankheit und oft kaum fähig, sich aufrecht zu halten, erteilt er stets die richtigsten Befehle und verliert keinen Moment den Überblick über seine Lage. Schwierigkeiten erhöhten seine Spannkraft. Unbeschränkt war das Zutrauen der Truppen auf seine Führung. Von Jugend auf war er rücksichtslos aufgetreten, wo er Unrecht begehen sah, in den Straßen von Florenz sowohl als im Felde. Mehr als einmal appellierten streitende Parteien an ihn. Beliebt und verehrt von seinen Freunden, geachtet und gefürchtet von seinen Feinden, gab er jetzt die Probe, wie sehr er den Ruf verdiente, den er genoß. Leider, daß man in Florenz zu spät erkannte, welche Stelle man ihm hätte geben müssen.
Die vierzehn Tage, die er in Pisa krank lag, waren für die Stadt verderblich geworden. Hätte man an dem Tage, als der Beschluß gefaßt wurde zu siegen oder zu sterben, frisch darauf losgehen können, man wäre imstande gewesen, sich dem Tode so heroisch entgegenzustürzen, wie die Worte lauteten, in denen es ausgesprochen war. Statt dessen mußte gewartet und gehungert werden. Der Gedanke an Unterhandeln mit dem Papste erwachte selbst bei denen endlich, welche früher laut über Verrat geschrien, wenn davon gesprochen worden war. Dennoch gelang es der Partei, welche für das Äußerste war, die Oberhand zu behalten. Die Prediger begeisterten das Volk für den letzten großen Kampf, Malatestas Gegenreden wurden nicht gehört, er mußte sich fügen, weil er bei so gesteigerter Stimmung aller nicht sicher war, daß ihn nicht die eigenen Soldaten verlassen und sich unter den unmittelbaren Befehl des Gonfaloniers gestellt hätten. Am 31. Juli wurde die letzte große Revue gehalten: 16 000 Bewaffnete, Bürger und Soldaten, mit 21 Geschützen zogen auf. Die Hauptleute empfingen das Sakrament. Am 1. August fand eine allgemeine Prozession statt. Der Gonfalonier und die Mitglieder der Regierung voran, barfuß sämtlich, ging es von Kirche zu Kirche. Allgemein ward kommuniziert, Testamente wurden gemacht, jeder bestellte sein Haus, als nehme er für immer Abschied. Am 2. August, während Ferrucci von den Höhen von Pistoia her herunterkäme, sollte der Kampf unternommen werden. Zweitausend Mann würden ihm entgegengehen, während die übrigen sich auf das Lager des Feindes stürzten, dessen Vernichtung um so leichter schien, als er an demselben Tage von Oranien mit seinen Truppen verlassen worden war. Der Prinz wollte Ferrucci in Person entgegentreten.
Ein entscheidender Kampf war möglich also. Die Partie stand gleich. Was sie zugunsten der Bürger hätte entscheiden müssen, war die Todesbegeisterung, mit der sie sich zu fechten sehnten, war die Mitwirkung Ferruccis, war endlich die Unsicherheit der Kaiserlichen, von denen die Mehrzahl halb in Empörung begriffen sich lässig geschlagen, und wenn sich der Sieg den Florentinern zuneigte, diesen angeschlossen hätten.
An jenem zweiten August aber wurde der Verrat von Malatesta vollbracht. Er weigerte sich, den Ausfall geschehen zu lassen. Niemand wußte besser als er, daß das Lager so gut wie entblößt von Truppen und leicht zu erobern sei. Genauere Nachrichten hatte er darüber als Gonfalonier und Signoren. Denn diese ahnten nicht, daß Oranien überhaupt nur deshalb mit der Blüte seiner Leute nach Pistoia abgegangen war, weil er Malatestas Versprechen in Händen hielt, an diesem Tage einen Angriff auf die Verschanzungen verhindern zu wollen.
Schon seit längerer Zeit unterhandelten beide. Zuerst in der Art, daß die Regierung darum wußte, dann aber, als diese sich auf nichts einlassen wollte, in den letzten Tagen ohne ihr Vorwissen. Nicht ganz und gar allerdings auf eigene Faust verhandelte Malatesta mit Oranien. Eine Anzahl vornehmer Florentiner, nicht allein solche, welche für die Medici waren, denn diese hatten längst entweder die Stadt verlassen oder in die Gefängnisse wandern müssen, sondern Männer aus allen Parteien, deren gemeinsame Überzeugung war, daß der Kampf nicht weiter geführt werden könne, schlossen sich Malatesta an. Keine Verschwörung fand statt, aber eine Art stillschweigende Garantie wurde ihm geleistet, daß man gut heiße, was durch ihn für eine friedliche Ausgleichung geschähe. Ohne dies hätte er auch noch nicht gewagt, der Signorie mit dem Worte entgegenzutreten, daß der Ausfall unmöglich sei. Und ohne diese Partei, deren Gewicht die Signorie selber fühlte, hätte dieselbe wenigstens das durchgesetzt, daß man Ferrucci die 2000 Mann entgegenschickte. An jenem zweiten August aber, als Malatesta der Regierung gegenüber noch den besten Willen zeigte und nur strategische Gründe vorgab, weshalb man nicht kämpfen dürfe, hatte er früh den Prinzen bitten lassen, Seine Hoheit möchte entscheiden, ob er, Malatesta, mit all seinen Truppen die Stadt verlassen, oder ob er diese zwingen solle, die Medici aus freien Stücken wieder aufzunehmen. Und der Prinz, nachdem er sich für das erstere entschieden, war gegen Ferrucci abgezogen.
Malatesta hatte nicht gewagt im Palaste zu erscheinen. Schriftlich sandte er der Regierung die Aufzählung der Gründe zu, warum man nicht kämpfen dürfe. Diese Schrift war eine Lüge. Es wurde ihm erwidert, er habe zu halten, wozu er verpflichtet sei, und man werde kämpfen. Am dritten August antwortete er. Er werde, da der Kampf unmöglich sei, einen oder zwei Bevollmächtigte an Oranien schicken. Stelle der Prinz Bedingungen, die mit der Ehre der Stadt unverträglich wären, dann sei er bereit, den letzten Kampf zu wagen. Vorher aber müsse das Consiglio grande berufen werden, vor ihm habe die Regierung sich auszusprechen, auch er werde erscheinen und seine Ansicht vortragen: laute die Abstimmung dann für den Kampf, so wolle er ihn unternehmen, und er ergebe sich dem Willen der Gesamtheit.
Die Absichten der durch Malatesta arbeitenden Parteien blickten so deutlich aus den Zeilen dieses Briefes, daß die Regierung keinen Zweifel mehr hegen konnte über das, was im Werke sei. Der Schluß des Schreibens besonders, der auf rasche Entscheidung drängte, klingt wie absichtlich insolent. Ein Aufstand gegen die Regierung sollte hervorgerufen werden. Malatesta und seine Leute wollten so die Oberhand zu gewinnen suchen, damit Florenz sich selbst und nicht die äußere Gewalt es dem Papste überlieferte. Jeden Augenblick erwartete er die Nachricht von der Vernichtung Ferruccis, damit dieser letzte Schlag das Signal zur Entscheidung gäbe.
So verstand jetzt aber auch die Regierung die Lage der Dinge. Immer noch hielt das Volk fest am Glauben an seine Unbesiegbarkeit. In den letzten Tagen war ein Adler gefangen und sein Kopf triumphierend in den Palast zum Gonfalonier getragen worden, als gutes Vorzeichen für die Vernichtung der kaiserlichen Gewalt. Die Prediger ermüdeten nicht, Savonarolas Prophezeiungen zu wiederholen. Ein ungeheurer Tumult entstand, als die Kunde von Malatestas Botschaft durch die Straßen flog. Die Bürger stürmen zusammen, um mit den Waffen in der Hand Malatesta seines Amtes zu entsetzen. In zwei Feldlager teilte sich die Stadt. Dort die Regierung im alten Florenz, wo Tod den Verrätern geschworen wird, hier der General in der südlichen Stadt, mit seinen Soldaten in der Position, die Bürger zurückzuschlagen. Zwischen beiden der Fluß, dessen Brücken das Schlachtfeld geliefert hätten wie vor Jahrhunderten, als die letzten Familien des alten Adels an den Brücken die Bürger erwarteten.
Ganz andere Nachrichten aber, als jeder erwartet, treffen da ein. Eine Schlacht ist geschlagen, Ferrucci hat gesiegt, Oranien ist gefallen! Ungeheurer Jubel erfüllt die Bürger und erneute Zuversicht, während Malatesta und die Seinigen plötzlich gefügig werden. Die Regierung setzt durch, daß, wenn auch kein Angriff, doch ein herausfordernder Auszug gegen das Lager stattfindet. Dicht an die Schanzen kommen sie heran, niemand aber zeigt sich, und sie greifen nicht an. Man erwartete Ferrucci. Zeit genug, um zu kämpfen, wenn er nur erst eintraf. Dann auch Zeit, um mit Malatesta abzurechnen.
Aber Ferrucci kam nicht. Die Schlacht hatte er gewonnen, Oranien war getötet, beides wahr, aber das Glück hatte sich gewandt im Laufe des Tages, und Ferrucci war tot wie sein Gegner. Das Treffen entspann sich bei einer der kleinen Städte im Gebirge von Pistoia. Mangel an Lebensmitteln hatte ihn zum Angriff gezwungen. Während er von der einen Seite in den Ort eindringt, kommen die Spanier durchs andere Tor ihm schon entgegen. Innerhalb der Straßen und außen im freien Felde wird zu gleicher Zeit gekämpft. Auf dem Punkte zu gewinnen, wird Ferrucci von der andrängenden Übermacht dennoch zurückgeworfen. In ein Haus gedrängt mit wenigen Begleitern, fällt er den Spaniern in die Hände, die ihn vor Maramaldo führen.
Endlich hatte dieser den Mann in der Gewalt, der ihn durch seine Kunst so oft beschämte und dem er nie anders gegenüberstand, als um besiegt oder umgangen zu werden. Von Volterra herunter hatten die Soldaten Miau, Miau gerufen, weil Maramaldo in der Mundart Neapels, seines Geburtsortes, Maramau ausgesprochen ward. Einen Trompeter, den er an Ferrucci als Parlamentär geschickt, hatte dieser kurzweg aufgehangen. Es erscheint begreiflich, wenn der wütende Neapolitaner jetzt eine Pike nimmt und sie dem wehrlosen, zum Umsinken ermatteten Feldherrn mit einem Fluche durch die Brust stößt. »Du tötest einen, der schon tot ist«, waren Ferruccis letzte Worte. Er stürzte zu Boden. Die Spanier schlugen ihn vollends tot.
Das geschah am dritten August. Am fünften erst, scheint es, wurde die Nachricht in Florenz für wahr gehalten. Wer sie hörte, schreibt Varchi, dem begann der Boden unter den Füßen zu wanken, der wurde bleich wie der Tod. Nur die Piagnonen, die an Ferrucci wie an einen zweiten Gideon geglaubt, hofften jetzt noch, die Engel würden kommen und die Mauern von Florenz verteidigen. Alles müsse vorher verloren gehen, endlich aber werde die Stadt dennoch siegen, lautete die alte Prophezeiung. Einen furchtbaren letzten Aufschwung nahm der Geist der Bürger. Untergang und Rettung schienen dasselbe: nur kämpfen wollte man. Aber die Zahl derer vergrößerte sich, die jetzt um jeden Preis die Stadt der verderblichen Begeisterung zu entreißen suchten. Um den Palast scharen sich die, welche festbleiben, und der Gonfalonier erläßt seine letzte Mahnung an Malatesta. Um diesen sammelt sich die andere Partei jetzt öffentlich und in Waffen gleichfalls, nicht nur um sich innerhalb der Mauern zu behaupten, sondern nun auch, um dem beutegierig auf die Stadt zurückströmenden Heere draußen Widerstand zu leisten.
Malatesta war nur dem Prinzen von Oranien verpflichtet gewesen. Sogleich setzte er sich nun mit Ferrante Gonzaga, Oraniens Nachfolger, in Verbindung. Baccio Valori, der Kommissar des Papstes im Lager, wird zu ihm in die Stadt gesandt, und drei Punkte werden mit diesem als Grundbedingungen der Unterwerfung vereinbart: Rückkehr der Medici, Freiheit der Stadt, Unterwerfung unter die binnen vier Monaten zu treffende Entscheidung des Kaisers über die endgültige Gestaltung der Dinge. Immer noch, sehen wir, ist Clemens gezwungen, die Freiheit zu versprechen, weil er dem Kaiser das letzte Zugeständnis hätte machen müssen und er diesem gegenüber nur als die eine von zwei Parteien dastand. Auch mußten Gonfalonier, Regierung und Volk erst gewonnen werden, denen das wenigstens noch freistand, die Stadt anzuzünden und sich den Tod zu geben.
Die Regierung gibt Malatesta einfach Bericht was geschehen war. Die Herren geraten in solche Wut, daß sie den Träger der Botschaft mit gebundenen Händen zurückpeitschen lassen wollen. Ruhiger geworden, beschließen sie eine schriftliche Antwort. Malatesta solle sie zum Kampfe führen, seine Ehre verlange es. Malatesta kommt darauf um seine Entlassung ein. Es wird beschlossen, diesem Gesuche zu entsprechen. Die Schriftstücke sind vom 8. August. In der ehrenvollsten Form wird ihm der geforderte Abschied erteilt und zugleich in festen Worten anbefohlen, mit den Truppen die Stadt zu räumen. Jetzt gerät er in Wut. Demjenigen, der das Schreiben der Regierung überbringt, stößt er seinen Dolch in die Brust. Die Bürgerschaft, die auf jedes geringste Ereignis ein scharfes Auge hat, erhebt sich, um diesen Frevel zu rächen. Der Gonfalonier legt die Waffen an, und vorwärts auf die Brücken soll es losgehen, auf die von der anderen Seite Malatesta die Kanonen richten läßt, während er die Tore den Banden Ferrante Gonzagas zu öffnen droht. Soldaten gegen Soldaten, Bürger gegen Bürger, denn von den Soldaten waren in den letzten Tagen viele vom Gonfalonier herübergezogen und mit heiligen Eidschwüren zum Äußersten verpflichtet worden, während von den Bürgern immer mehr zu Malatesta gingen, um, wenn es sein müsse, mit ihm gegen die Regierung zu streiten. Und neben alledem draußen die Kaiserlichen, die zu merken anfangen, daß ihnen Florenz nicht in die Hände gegeben werden solle, und wie Geier um die Leiche schwärmen, die sie nicht berühren dürfen.
Der Kampf in der Stadt sollte beginnen. Es wurde nur noch der Gonfalonier erwartet: daß er zu Pferde steigend das Zeichen zum Sturm auf die Brücken gäbe. Da im äußersten Momente wird ihm von seinem Freunde eingeredet, den letzten Versuch friedlicher Unterhandlung zu wagen.
Girolami gab nach und das entschied.
Zu sterben waren die Bürger bereit gewesen, aber noch einmal warten, erst nach ein paar Tagen kämpfen? Vielleicht, wenn sie nicht so völlig ausgehungert gewesen wären, hätten sie es vermocht. Plötzlich aber versagt ihnen die Kraft. Aus dem Palaste wird ein Bürger an Malatesta abgesandt. Die Nacht brach ein. Die Bürger sollten auf dem Platze unter den Fahnen zusammentreten, um die Wachen zu beziehen. Sie kamen nicht. Eine Erschlaffung war eingetreten, die wie der Schlaf nach vielen durchwachsen Nächten bleiern auf den Leuten lastete, daß sie, starr mit ansehend was geschah, sich nicht mehr regten, um es zu verhindern.
Einsam bleiben die Fahnen auf dem Platze. Die Männer, die eben noch sich in den Tod stürzen wollten, hatten den Mut nicht mehr, die Straßen zu betreten, und während, solange fremde Truppen in den Mauern waren, keiner von den Soldaten nachts das Quartier zu verlassen und sich zu zeigen wagte: ohne einen Schlag zu tun, war Malatesta plötzlich Herr der Stadt. Das war das Ende der Freiheit von Florenz. Am Abend des 8. August 1530 erlosch ihr letzter Funken, und in der Nacht, welche folgte, wurde das weitere von den Anhängern der Medici nach Gutdünken eingerichtet.