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Während dieser Anfänge saßen Papst und Kaiser in Bologna. Außer den von Spanien mitgebrachten Soldaten hatte Karl die vor Mailand siegreichen Truppen bei sich. Seine Absicht war, sich krönen zu lassen und dann mit der gesamten Armee nach Deutschland aufzubrechen, um dort, wo der Norden des Landes dem Vertrage von Cambray gemäß von Frankreich nicht unterstützt werden durfte, seine Autorität zu begründen.
Auch der Papst hätte seinen Segen dazu geben müssen, daß endlich die Lutheraner zu Paaren getrieben würden, aber Florenz ging ihm vor. Dagegen, wäre es Karl nicht so sehr darum zu tun gewesen, als gekrönter Kaiser in Deutschland aufzutreten, er hätte die Armee von der Stadt zurückgezogen und sich mit aller Kraft nach dem Norden aufgemacht. So aber mußte er sich halten lassen. Der Papst setzte durch, daß Mailand an Sforza zurückgegeben ward und daß die Venezianer diesem den von ihnen eroberten Teil der Lombardei, ihm selbst aber Ravenna restituieren mußten. Dagegen erlangte der Kaiser, daß Modena dem Herzog von Ferrara, dem es gelungen war, sich trotz der innigen Verbindung mit Frankreich in das herzlichste Verhältnis zu ihm zu setzen, einstweilen erhalten blieb. Wiederum versprach er, was Clemens bis dahin nicht hatte verhindern können, keine Unterhandlungen mit Florenz für sich allein anzuknüpfen. Es wurde die politische Anschauung damals festgestellt, daß Florenz, wie es sich jetzt verteidigte, gar nicht Florenz sei, sondern nur die von einer aufrührerischen Minorität den rechtmäßigen Einwohnern vorenthaltene Stadt. Rechtmäßige Besitzer aber seien die als Flüchtlinge teils in Rom, teils in anderen Städten, teils im Lager der Kaiserlichen vor Florenz befindlichen Bürger, welche in ihren Besitz wieder eingeführt werden müßten. Diese Auffassung machte sich in der Folge sogar der König von Frankreich zu eigen, eine Perfidie, welche ebenso jämmerlich erscheint als der Verrat, den er in Cambray übte. Denn der Papst dachte wirklich so, dem Kaiser stand jede Anschauung offen, er hatte sich zu nichts verpflichtet, bei Franz dem Ersten aber war es eine Bemäntelung der eigenen Schwäche, die er nicht durch eine solche Verleugnung seiner Freunde hätte noch erbärmlicher erscheinen lassen sollen.
Es lag im Interesse des Kaisers, nun, da die Bekämpfung der Stadt einmal übernommen war, alles in Bewegung zu setzen, um sie durchzuführen. Den Genuesen wird verboten, mit Florenz Handel zu treiben. Damit wäre der größte Teil der Zufuhr abgeschnitten. Der Herzog von Ferrara muß die im florentinischen Heere befindlichen angeworbenen Ferraresen zurückrufen. Er muß Oranien, der sich in Bologna über unzureichende Mittel beklagt, mit Artillerie beistehen. Er gab ihm Kanonen, die er 1527 von Bourbon erhalten, weil sie diesen auf dem Marsche behinderten. Mit 8000 Mann neuer Truppen nebst 25 Kanonen schwersten Kalibers, die mit ungeheurer Mühe mitten im Winter jetzt über die Apenninen geschafft werden, kommt Oranien von Bologna im Lager wieder an. Die Kardinäle selber hatten ihre Maulesel als Lasttiere hergeben müssen. Sobald er zurück ist, wird das Bombardement fortgesetzt. Am 19. und 21. November beschießen die Kaiserlichen San Miniato von Morgen bis in die Nacht. Ihre Kugeln bleiben ohne Erfolg. Gerade in jenen Tagen war Michelangelo zurückgekehrt. Auf seine Anordnungen wurden von der Höhe des Turmes herab an Stricken freihängende Wollsäcke ausgehangen, die, weil die Krönung des Turmes überstand, frei schwebten und, von den Kugeln des Feindes hin- und hergeschleudert, die Wände schützten. Vor der Fassade der Kirche ward ein Erdwall aufgeworfen, in dem die Kugeln steckenblieben. Diese Kirche, eine der ältesten der Stadt, ein reizendes Musterstück der vorgotischen Architektur aus den besten hohenstaufischen Zeiten, in deren Bauart man den Übergang von der antiken Tradition zum Modernen empfindet, war ein Liebling Michelangelos. Er nannte sie seine Braut und hat sie durch die bösen Tage glücklich durchgebracht. Und unangegriffen seitdem und wohlerhalten heute noch, steht sie da als eins der herrlichsten Werke in der herrlichsten Gegend.
Dennoch gelang es dem Feinde, den 1. Dezember, den Turm in Brand zu schießen. Es brennt die ganze Nacht hindurch; das Holzwerk darin verzehrt sich, und die Wollsäcke gehen in Flammen auf. Unverzüglich aber wird der Schaden ausgebessert und das Feuer von seiner Spitze wieder aufgenommen. Dagegen am 6. Dezember ein bedeutender Verlust. La Lastra auf der Straße nach Pisa wird erstürmt und 200 florentinische Bürger verlieren das Leben dabei. Am 11ten dagegen ein Ausfall. Um Mitternacht verlassen 600 Mann die Stadt. Sie haben, um sich im Dunkeln zu erkennen, die Hemden über die Panzer gezogen. San Miniato gegenüber wird das Lager angegriffen, und, während die Florentiner keinen Mann verlieren, 200 feindliche Italiener zusammengehauen. Die kaiserliche Armee war den Nationen nach geteilt: Spanier, Deutsche und Italiener lagen in abgegrenzten Verschanzungen. Und zu derselben Zeit schlägt Ferruccio, der Befehlshaber der städtischen Armee außerhalb der Mauern, dem es oblag, die Straße nach Livorno offen zu halten, den Feind so glücklich in offener Schlacht, daß er eine ganze Abteilung vernichtet und sechs Fahnen erbeutet.
Immer noch war der ganze Kampf eine Kette einzelner Scharmützel. In der zwischen Florenz und dem Meere gelegenen Gegend, nördlich vom Arno, hatten die Bürger freie Hand. Das eigentliche Florenz war nicht eingeschlossen. Die jungen Leute gingen da auf die Jagd und stiegen die Höhen von Fiesole hinauf, ohne dem Feinde zu begegnen. Und selbst gegen San Miniato und die südliche Stadt, in der Malatestas Sitz und die Quartiere der fremden Truppen lagen, kein planmäßiges Verfahren. Man bombardierte einen Tag, schwieg dann wieder und begann gelegentlich von neuem. Die Zufuhr ins Lager wurde auf den unergründlichen Wegen immer schwieriger, und das Geld ging oft auf die Neige, während Florenz im Überflusse lebte. Und so, indem die Eifersucht der drei Nationen in der Armee des Prinzen hinzukam, die zu gegenseitigem innerlichen Kampfe geneigter waren als zum Angriff gegen Florenz, erschien die Stadt in jeder Beziehung dem Feinde überlegen, und je länger sich die Belagerung hinzog, um so vorteilhafter gestaltete sich ihre Lage. Frankreich gab verstohlen wieder wohllautende Versprechungen. Nur seine Söhne wolle der König zurückhaben, und auf der Stelle werde er zur Hilfe erscheinen. Ferrara und Venedig machten ähnliche Zusicherungen. Der Kaiser, der seine Armee anderweitig brauchte, ward ungeduldig. Der Papst sah den Moment kommen, wo kein Geld mehr für Oranien aufzutreiben war; denn daß er die sämtlichen Kosten des Krieges trug, verstand sich von selber.
Clemens, so sehr er zum Äußersten entschlossen war, brach deshalb auch jetzt noch nicht ganz mit der florentinischen Regierung. Er hielt immer einen Finger ausgestreckt. Ein stiller Wechsel von gegenseitigem Vorschlägen hörte nicht auf. Nicht nur, daß je schlechter es mit der Belagerung ging, um so freisinniger wieder von Verfassung und dergleichen gesprochen wurde, sondern sogar vergrößern wolle er das Gebiet der Republik, wenn man sich mit ihm verständigte. Cervia und Ravenna sollten dazu geschlagen werden, ein meisterhafter Schachzug, um Venedig mit Florenz zu entzweien, wie dem auch, sobald davon verlautet, der venezianische Gesandte nicht verfehlt, seine Regierung aufmerksam zu machen. Doch wurde dies tief im Geheimen betrieben. Die öffentliche Meinung war für Kampf auf Leben und Tod, und der neue Gonfalonier, welcher am 1. Januar 1530 eintrat, der Mann, diesen extremsten Gedanken festzuhalten: Raffael Girolami, aus einer der ältesten Familien stammend, ehemaliger Palleske, jetzt aber bitterster Feind der Medici, eine rasche, gewandte Natur, beim Volke beliebt seiner glänzenden Gaben wegen, der einzige von den vier nach Genua geschickten Gesandten, der sich augenblicklich in Florenz wieder eingestellt hatte.
Girolami wäre vielleicht imstande gewesen, Florenz zu retten. Die Abhängigkeit aber, in der er als Gonfalonier gehalten wurde, war zu groß, als daß auch der genialste Kopf in dieser Stellung jetzt noch etwas hätte erreichen können. Ein Staatsmann, der an der Spitze der Regierung steht, muß in gewissen Dingen aus freiem Ermessen handeln und jede Mitwissenschaft ausschließen dürfen. Das Consiglio aber mischte sich in alles, und die Leute, durch welche die Majoritätsbeschlüsse zustande kamen, urteilten weder nach festen Regeln noch oft genug nur aufgrund klarer Kenntnis. Den Beschlüssen mangelte das Gepräge, das dem Worte eines aus sich handelnden Alleinherrschers Wirksamkeit gibt. Wo ein einziger fest sagt, was er will, fühlt das Volk, daß eine Nötigung eintritt, entweder zu gehorchen oder sich aufzulehnen; wo eine Majorität befiehlt, weiß jeder, daß am nächsten Tage der Beschluß wieder aufgehoben werden kann. Dadurch im Schoße des Consiglio ein ewiges Hin- und Herreden, die Meinung wechselt, die Eifersucht ruht niemals, das Mißtrauen hält ewig seine Augen offen, und der Gonfalonier, statt den Ausschlag zu geben, unterliegt dem Willen der aus zufälligen Ursachen heute so, morgen anders gestimmten Bürgerschaft. Und das Schlimmste: dieser bürgerlichen vielköpfigen Regierung gegenüber befand sich innerhalb der Mauern trotzdem eine unabhängige Macht, alleinstehend, ohne Kontrolle im einzelnen und mit Plänen im Kopfe, zu deren Geheimnissen keiner den Schlüssel besaß: Malatesta Baglioni.
Als der Sohn des Herzogs von Ferrara den Oberbefehl niedergelegt hatte, forderte Malatesta dessen Stellung für sich und erhielt sie. Die Gestalt Malatestas steht immer wie der Schatten eines Teufels im Hintergrunde, wenn vom Untergange der florentinischen Freiheit erzählt wird. Das aber kann man ihm nicht vorwerfen, daß er einen arglosen Freund betrogen.
Diese Herren von militärischen Metier waren damals alle so. Nicht an Malatesta, sondern an dem System ging Florenz zugrunde, dessen Vertreter er war. Man hielt ihn für nichts Besonderes. Was die Bürgerschaft bewogen hatte, ihr Vertrauen in ihn zu setzen, war die Berechnung seiner politischen Lage. Das Schicksal Malatestas hing mit dem von Florenz zusammen. Er war ein Sohn jenes Baglioni, dem Machiavelli einst zum Vorwurf gemacht, daß er Giulio den Zweiten samt den Kardinälen nicht gefangen nahm, und der später von Leo dem Zehnten nach Rom gelockt und dort enthauptet wurde. Der Sohn eines solchen Mannes, glaubte man, werde nie zu den Medici Vertrauen haben, am wenigsten zu Clemens, unter dessen Beirat Leo damals gehandelt. Es war bekannt, daß in Rom nur die Gelegenheit erwartet wurde, um aus Perugia die Baglioni zu entfernen wie die Bentivogli einst aus Bologna. Alle die kleinen Tyrannen sollten in den Städten des Kirchenstaates entwurzelt und beseitigt werden. Das hatte Malatesta zu erwarten, mochte man ihm vom Vatikan aus für den Moment noch so günstige Bedingungen stellen. Dagegen, war in Florenz die Freiheit von Bestand, so gewann er einen Rückhalt dadurch Rom gegenüber, den keine Freundschaft der Päpste gab.
Dennoch mißtraute man ihm. Denn auch für den entgegengesetzten Fall war die Rechnung einfach. Diesen Fall aber hatte man in Florenz mit weniger kaltem Blute vor Augen als Malatesta selbst. Er muß schon zu einer Zeit daran gedacht haben, sich für jeden möglichen Ausgang den Rückzug zu decken, wo den Florentinern diese Politik seinerseits noch nicht in so hohem Grade für ihn geboten deuchte. Es bedarf, um Malatestas Stellung aufzufassen. keiner Enthüllungen oder Erwägung absonderlicher Charaktereigenschaften des Mannes. Er mußte, wenn er sich mit dem Papste verständigen wollte, diesen nur an der Stelle packen, wo er sich halten ließ. Clemens hatte Oranien Versprechungen gemacht, von denen er wußte, daß der Prinz sie mit Gewalt würde zur Erfüllung bringen können. Nahmen die Kaiserlichen Florenz, so konnte Oranien mit den Bürgern ohne den Papst unterhandeln, und wer weiß, wozu man sich aus Haß gegen die Medici und in Hoffnung einstiger besserer Wendung entschlossen hätte. Deshalb die Bemühungen des Papstes, mit den Bürgern in Verbindung zu bleiben. Und hier fand Malatesta seine Stellung. Unter allen Umständen mußte er verhindern, daß die Stadt in fremde Gewalt käme. Darin liegt noch keine Verräterei. Aber auch das war notwendig, daß, wenn Florenz so weit gebracht worden wäre, Oranien nicht länger Widerstand leisten zu können, Malatesta innerhalb der Mauern noch ungeschwächt genug dastände, um dessen Einzug zu verhindern. Dazu aber mußte er seine Soldaten schonen. Darin liegt das Verächtliche seines doppelten Spieles. Günstige Ausfälle waren möglich, die er aus dieser Rücksicht entweder verhindert oder mit zu wenig Nachdruck ausgeführt zu haben scheint. Sobald er merkte, daß auf Frankreich, Ferrara und Venedig nicht mehr zu hoffen sei, kam es ihm nicht mehr darauf an, den Widerstand der Florentiner zu verstärken und seine Leute in Gefechten aufzureiben, deren günstiger Erfolg sogar ihm jetzt keinen Nutzen brachte.
Und so kann man sagen, Malatesta habe diejenigen, denen er treuen Dienst geschworen, verraten und betrogen, während man den Bürgern den Vorwurf nicht ersparen darf, daß sie zugleich sich selbst verraten und betrogen haben, indem sie einem Manne, den sie so wohl durchschauten, die Macht einräumten, die ihnen endlich über den Kopf wuchs.
Am 26. Januar 1530 wurde ihm das oberste Kommando übertragen. Vor dem Regierungspalaste geschah die feierliche Handlung. Der Marmorlöwe an der in den Platz hineinragenden Rednerbühne, wo die Signorie ihren Sitz hatte, trug einen goldenen Kranz, die bewaffneten Bürger erfüllten den freien Raum umher, Malatesta erschien mit einer Medaille am Barette, auf der das Wort Libertas stand, und empfing vom Gonfalonier, der eine schwungvolle Rede hielt, den Kommandostab. Den die Zeremonie unterbrechenden Regenschauer legte man je nachdem zum Heil oder Unheil aus. Kaum 10 000 Mann waren die Mietstruppen stark, wofür jedoch Malatesta eine Bezahlung bezog, als wären es 14 000; ebensohoch etwa mag sich die Zahl der bewaffneten Bürger belaufen haben. Fortwährender Ab- und Zuzug veränderte diese Zahlen. Bald kommen aus den aufgegebenen kleineren Festungen die Mannschaften in die Stadt, bald verschwinden Soldaten oder Bürger ins feindliche Lager. Doch auch von außen stellen sich Überläufer ein. Im ganzen wuchs die Zahl der Kämpfenden langsam, während im Lager eine konstante Erhöhung der Streitkräfte in großartigerem Maßstabe stattfand. Der Papst ließ werben, was nur irgend aufzutreiben war. Die vom Kaiser aus Bologna geschickten Truppen waren besonders deshalb wichtig, weil ein Teil aus alten kriegserfahrenen Spaniern bestand.
Ende Januar traten in der Stadt die ersten Zeichen zutage, welche die Notwendigkeit einer Entscheidung andeuten: das Fleisch begann knapp zu werden. Dagegen fehlte im Lager Brot und Wein. Vieh ließ sich draußen eher zutreiben, aber die beladenen Wagen blieben stecken. Zu dieser Zeit setzten sich die Kaiserlichen endlich auf dem nördlichen Ufer des Arno fest. Maramaldo, ein berühmter neapolitanischer Soldat, führte 2000 von den aus Bologna gekommenen Spaniern über den Fluß. Keineswegs war damit die Stadt völlig eingeschlossen, aber die Zufuhr mußte vorsichtiger hineingeschafft werden. Varchi bemerkt jedoch, wie weder der beginnende Mangel noch der Fortschritt in den Bewegungen des Feindes Einfluß ausgeübt habe auf die Stimmung der Bürgerschaft. Niemand, erzählt er, hätte dem Leben in den Straßen nach geglaubt, daß man sich in einer belagerten Stadt befinde. Geld in Überfluß, wenn auch bei ungeheurer Steuerlast, zu der Michelangelo für sich allein 1500 Dukaten zuzuschießen hatte. Erhebend wirkte ein Geist versöhnender Freundlichkeit im Verkehr, wie er niemals in Florenz erlebt worden war. »Arm aber frei!« war überall mit Kohle oder Kreide an die Häuser angeschrieben. »Laßt das, bis die Gefahr vorüber!« war der allgemeine Einspruch, wo Streit auftauchte. Dabei ununterbrochenes Arbeiten an den Befestigungen, denn Anzeichen waren vorhanden, daß bald größere Truppenmassen ans diesseitige Ufer geschafft werden würden, und hier hatte bis dahin für die Verteidigungswerke weniger geschehen können.
Allmählich wird nun auch auf der nördlichen Seite die Umzinglung vollbracht. Am 13. Februar langen deutsche Landsknechte unter dem Grafen von Lodron im Lager an, Truppen, welche durch den Frieden mit Venedig in der Lombardei entbehrlich geworden waren. Sie fassen Posto am nördlichen Ufer, wo sie eine Batterie von 22 Kanonen errichten. Von jetzt ab ist nicht bloß San Miniato das Ziel der kaiserlichen Geschütze. Und am 2. Februar bereits, wo die Verbindung mit Pisa und Livorno noch weit freier war als nach der Ankunft der Deutschen, hatte der venezianische Gesandte nach Hause berichtet, das Fleisch sei so rar, daß bald überhaupt keins mehr aufzutreiben sein werde.
In Anbetracht der wachsenden Gefahr beschließt die Regierung, 5600 Handwerker und 6000 Landbewohner zu bewaffnen und 15 der Verbindung mit den Medici nicht ganz unverdächtige Bürger ins Gefängnis zu setzen. Man wird diese Maßregel nur natürlich finden, wenn man die oft erstaunlich geniale Art und Weise kennt, mit der trotz aller Vorsicht Nachrichten über die geheimsten Pläne der Regierung ihren Weg zu den Florentinern ins Lager fanden, die dort in reichlicher Anzahl den Sieg des Papstes erwarteten. Papst und Kaiser weilten noch immer in Bologna. Clemens hatte sich im Jahre 1527 durch Tribolo, einen Bildhauer und Schüler Michelangelos, ganz im geheimen eine plastische Nachbildung von Florenz anfertigen lassen, welche die Stadt bis auf die einzelnen Häuser erkennen ließ. Daran studierte er die Ereignisse. Mit wie anderen Gefühlen mag Michelangelo damals in die Stadt hinuntergeblickt haben, als er den 22. Februar – wie eine zufällig erhaltene Notiz uns mitteilt – auf besondere Erlaubnis des Kirchenvorstandes die Kuppel von Santa Maria del Fiore bestieg und Umschau hielt. Der Frühling brach ein. Für die Belagernden gestalteten sich die Dinge von Tage zu Tage günstiger; innen aber begannen die Bürger zu fühlen, daß bei all der erfrischenden Begeisterung die Luft schwül sei und daß ein entscheidender Schlag geführt werden müsse.