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Wanka, der Schläfer

Friedlich lag Wanka, der störrische Mensch, im Schuppen; er hatte sich müde gearbeitet und abgerackert und ruhte aus. Da kommt der Bojar dahergelaufen und brüllt:

»Wanka, steh auf!«

»Wa–rum?«

»Auf, Moskau retten!«

»Was ist los mit Moskau?«

»Der Pole ist drüber her.«

»Sieh an, dieser Halunke …«

Wanka ging hin retten. Aber da schreit ihn der Teufel Bolotnikow Iwan Bolotnikow, Führer aufständiger Bauern (1607 ertränkt) an:

»Dummkopf, weshalb setzt du für die Bojaren unnütz deine Kräfte ein. Bedenk' doch!«

»Ich bin nicht gewöhnt zu denken, für mich denken bestens die heiligen Väter Mönche,« antwortete Wanka. Er rettete also Moskau; dann kehrte er nach Hause zurück. Da sieht er: der Schuppen ist nicht mehr da!

Er seufzte:

»Ach, diese Spitzbuben!«

Er legte sich auf die rechte Seite, um recht schön zu träumen. So lag er zweihundert Jahre. Da kommt der Dorfschulze gerannt:

»Wanka, steh auf!«

»Wa–as ist?«

»Auf, Rußland retten!«

»Wer tut ihm was?«

»Bonapart mit zwölf Völkern!«

»Sieh mal an … Der Verfluchte!«

Er ging hin retten. Aber der Teufel Bonapart flüstert ihm zu:

»Warum mühst du dich für die Herren, Wanka? Wäre es nicht endlich Zeit für dich, Wanjuschka, die Leibeigenschaft los zu werden?!«

»Sie werden mich schon von selbst freilassen,« antwortete Wanka. Er rettete also Rußland und kehrte nach Hause zurück. Da sieht er: auf der Hütte ist kein Dach mehr.

Er seufzte:

»Ach, diese Hunde! Alles rauben sie.«

Er ging zu seinem Herrn und fragte:

»Wie ist das, bekomme ich gar nichts für die Rettung Rußlands?«

Der Herr aber fragte ihn:

»Wenn du willst, peitsche ich dich durch.«

»Nein, lieber nicht. Danke!«

Er arbeitete und schlief noch hundert Jahre. Schöne Träume hatte er, aber nichts zu fressen. Hatte er Geld, dann versoff er's. Hatte er keins, so dachte er:

»Ächma, jetzt wär's schön, eins zu trinken.«

Da kommt der Büttel angestürzt und schreit:

»Wanka, steh auf!«

»Was ist schon wieder?«

»Auf, Europa retten!«

»Was hat es denn?«

»Der Deutsche ist drüber her.«

»Daß die immer so unruhig sind, dieser und jener! Sollten doch in Frieden leben …«

Er ging hin und fing an zu retten. Da riß ihm der Deutsche ein Bein ab. Wanka kehrte mit einem Bein nach Hause zurück. Da sieht er: seine Hütte ist nicht mehr da, die Kinder sind verhungert, seine Frau zieht für den Nachbar den Wasserwagen.

»Das ist eine Bescherung!« staunte Wanka und hob die Hand, um sich den Nacken zu kratzen: – er hatte aber gar keinen Kopf mehr.


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