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Die Indianerin.

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Abb. 94. Weibliche Eskimos von Baffinsland.

Die alte Behauptung, »wer einen Indianerstamm gesehen hat, hat sie alle gesehen«, ist längst als grotesker Irrtum erkannt worden. Die Verschiedenheit unter den Stämmen ist in der Tat so groß, daß es nicht leicht ist, allen gemeinsame Züge herauszufinden. Ihre Hautfarbe schwankt in allen Nuancen von Ocker bis Kupfer. Gemeinsam ist ihnen allein das schwarze, starke und straffe Haar. Der Kopf ist im allgemeinen groß, die Backenknochen sind stark entwickelt, daher findet sich allenthalben das »breite« Gesicht. Die Augen sind in ihren äußeren Winkeln mehr oder weniger nach oben gezogen; das Weiße darin zeigt einen Stich ins Gelbliche. Die Nase ist gut entwickelt, breit im unteren Teile und häufig gekrümmt. Die Frauen sind durchweg mittelgroß und gedrungen. Der Unterarm ist kurz, Hände und Füße sind klein, oft kleiner als bei Weißen; daher ein Zug von Zierlichkeit in dem gedrungenen Gesamtbau. Die Größenmaße unter den Indianern sind sehr verschieden. Unter den nordamerikanischen Stämmen finden sich Unterschiede bis zu 160-175 cm. Die Frauen sind durchschnittlich 12,5 cm kleiner, und zwar ist der Unterschied im Längenmaß der Geschlechter um so größer, je schlanker gewachsen die Männer sind.

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Eskimofrau.

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Abb. 95. Frau aus Labrador in der Nationaltracht.

Ist in früheren Zeiten die Beschäftigung des indianischen Mannes die Jagd und der Krieg gewesen, so ging das Leben des Weibes von jeher in Arbeit auf. Dabei darf aber nicht eine zu scharfe Abgrenzung in der sozialen Betätigung angenommen werden. Der rote Mann schätzte sein Weib viel höher ein als der Australneger und manche indonesischen Stämme, die wir noch kennen lernen werden. Wie er für seine eignen Zwecke des Weibes, z. B. zum Spähen des Feindes oder des Wildes zuweilen benötigte, zeigte auch er sich hilfsbereit, wo die schwachen Kräfte des Weibes nicht ausreichten.

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Abb. 96. Ostgrönländerin.

In seinem Wigwam fühlte sich der Mann als der Herr und Gebieter. Die weiblichen Mitglieder hatten stets für den Unterhalt der männlichen Sorge zu tragen. Sie waren es, die die Lebensmittel herbeischaffen mußten, was auf sterilem Gelände mitunter schwierig war. Hungersnöte brachen oft aus und dezimierten die Bevölkerung. So ist es auch zu verstehen, daß Nordamerika bis in das mexikanische Gebiet hinein nur schwach bevölkert war. Im Norden wurde animalische Kost bevorzugt. Getränke wurden von den Frauen aus Pflanzen bereitet, hatten aber, mit Ausnahme des aus der Mageypflanze bereiteten Pulque in Mexiko, nur eine erfrischende, keine berauschende Wirkung. Das unglückliche Feuerwasser haben die roten Kinder erst durch die Weißen kennen gelernt.

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Abb. 97. Eskimoschönheit in festlicher Pelzkleidung.

Auch die Kleidung wurde von den Frauen hergestellt, die es im Weben von Stoffen, zuweilen mit künstlerischen Mustern, zu einer Berühmtheit gebracht haben. Sie sammelten Feldblumen, die bunten Federn der Vögel, bunte Steine und Muscheln von den Küsten, um damit ihre Person und noch mehr ihre Männer, ihr Wigwam und die Wiegen ihrer Kinder zu schmücken. Diese Wiegen sind von keiner geringen Bedeutung. Jeder Stamm hat seine besondere Art, sie herzustellen und auszuschmücken. Doch muß man sich darunter keine Wiegen in unserer Art vorstellen. Solch eine indianische Wiege besteht in der Hauptsache nur aus einem flachen Rahmenwerk, in das das Papuhs(der Säugling) eingeschnürt wird. Dies trägt die Mutter, je nach dem Frauenbrauch ihres Stammes, bald auf dem Rücken, bald vorn, bald an den Seiten ihres Oberkörpers. Das Wiegen ihres Lieblings vollbringt sie beim Gehen.

Die kleinen Mädchen haben ihre Puppen und Puppenhäuschen gerade wie die unsrigen. Später werden sie die Gefährtinnen ihrer Mütter, die sie in allen häuslichen Angelegenheiten und in Frauenarbeiten unterweisen. Im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren hat die Mädchenzeit ein Ende. Der Gefährte ihres ferneren Lebens, dem die Tochter schon als Kind von den Eltern verlobt war, steht vor der Tür ihres Wigwams und hält um sie an.

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Abb.98-100. Westgrönländische Eskimofrauen.

Der Gebrauch des Totem herrscht ziemlich allgemein. Danach darf ein Indianer kein Mädchen freien, dessen Familie dasselbe symbolische Tierbild hat wie er. Der Indianer schließt seine Ehe aus Liebe, muß aber trotzdem eine Art Kaufpreis zahlen und mit dem Schwiegervater viel um die Begehrte feilschen. Platz erzählt von der nordamerikanischen Indianerin: »Der Stolz eines guten Weibes besteht darin, daß sie ihrem Manne erlaubt, gar nichts selber für sich zu tun. Sie kocht ihm seine Speisen, fertigt und flickt ihm seine Kleider, gerbt Häute, trocknet Fleisch, versorgt und sattelt sein Pferd. Trotzdem sind die Weiber aber doch nicht ohne eigenes Gewicht und Einfluß in allen Angelegenheiten des Stammes. Und wenn ihnen auch nicht die Befugnis zusteht, auch nur die Beratungshütte zu betreten, so leiten und lenken sie doch sehr häufig, beinahe ohne es selbst zu wissen. So viel ist gewiß, sagt Dogde, daß eine glücklichere und zufriedenere Frau nicht gefunden werden kann, als die Indianerin. Man betrachtet es zwar für unpassend von einem Manne, wenn er irgend welche Zärtlichkeit für sein Weib an den Tag legt; aber Ausnahmen kommen doch vor. Ein angesehener Häuptling der Arrapahoes, ein verzweifelter und gefährlicher Krieger, ›Pulvergesicht‹ genannt, küßte und liebkoste stundenlang seine Frau, kämmte ihr das Haar, bemalte ihr das Gesicht und gab sich einem Betragen hin, welches einem minder kühnen Krieger zur Schande angerechnet worden wäre.« Eheliche Treue wird bei den Indianern verschieden gewertet. Die Arrapahoes und einige Stämme der Sioux legen kein besonderes Gewicht darauf. Unter den Cheyennes würde die Entdeckung eines Aktes der Untreue sehr ernste Folgen haben, vielleicht sogar den Tod des Weibes nach sich ziehen. Daher sind die Cheyenneweiber sehr zurückhaltend und bescheiden. Man sieht sie nie allein. Wenn zwei oder drei Weiber an der Tür einer Hütte sitzen, so stehen sie bei der Annäherung eines Mannes, der nicht zu ihrer eignen Familie gehört, sogleich auf und treten in die Hütte. Die Komantschen pflegten untreuen Weibern die Nase aufzuschlitzen. – Die Indianerin liebt und liebkost ihre Kinder. Die Mädchen werden frühzeitig zum Gehorsam unterrichtet und beginnen schon zu arbeiten, wenn sie kaum gehen können. Sie haben, wie wir schon sahen, gerade wie unsere Kinder Freude an Puppen und am Spiel, und ihre Mütter zeigen viel Geschicklichkeit im Anfertigen von Kleidern für die Puppen der Kleinen.

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Abb. 101. Frau vom Tlinkitstamme im südöstlichen Alaska beim Flechten eines Korbes.

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Abb. 102. Tlinkit-Indianerin aus dem südöstlichen Alaska beim Korbflechten.

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Abb. 103. Tlinkit-Indianerin in zivilisierter Tracht. (Auf das Gewand sind als besondere Zierde Hemdenknöpfe aufgenäht.)

Bei den meisten Indianerstämmen ist Polygamie erlaubt; doch die geringe Zahl der Weiber und öfters Ernährungsschwierigkeiten machten von jeher die Vielehe zu einem Vorrecht der Häuptlinge. Die Unschuld junger Mädchen wird bei den einzelnen Stämmen verschieden bewertet. Bei einigen hatten die Priester die Aufgabe die jungen Mädchen zu deflorieren, bei andern war diese Aufgabe ein Vorrecht der Schwiegerväter. Im allgemeinen aber und besonders in Kanada, schätzt man die Keuschheit der Jungfrauen. Die Abtreibung der Leibesfrucht ist nicht ungewöhnlich, ebenso Aussetzung und Mord der Neugeborenen. Alles in allem ist die Stellung des Weibes eine ziemlich gedrückte; hier wie überall in der Welt zeigt es sich: je tiefer ein Volk steht, um so mehr vergrößert sich die Last auf den Schultern des Weibes.

Im zentral- und südamerikanischen Hochland ist die Indianerin kleiner von Gestalt als die Nordamerikanerin. Sie ist noch mehr Lasttier als diese. Ihre Gesichtszüge sind sehr verschieden. Ich habe oft beobachtet, daß neben ausnehmend schönen Frauengesichtern im benachbarten Stamm sich ebenso häßliche finden. Erst im chilenischen Küstenland und besonders in den südamerikanischen Tiefebenen trifft man fast ausnahmslos hübsche Gesichter, unter denen die des Guaranystammes sogar als wirkliche Schönheiten anzusprechen sind. Im tiefen Süden stoßen wir dann wieder auf männlichere, eckigere und kräftigere Erscheinungen.

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Abb. 104. Frau vom Klikitatstamme. (Korbhändlerin.)

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Abb. 105. Mädchen vom Klikitatstamme in den nordwestlichen Vereinigten Staaten in Gala.

Die Indianerinnen gebären teils in ihren Wigwams (Hütten), noch mehr aber im Freien, und bisweilen sogar vor versammeltem Volk. Wie schön sagt Longfellow in seinem Gedicht Hiawatha von der niederkommenden Frau aus dem Stamme der Ojibwähs und Dakotas:

Unter Farren, unter Moosen,
Unter Lilien auf der Wiese,
In dem Schein des Monds, der Sterne:
Da gebar Nokomis freudig
Eine wunderholde Tochter.

Betrachten wir nun die Frauen der einzelnen Indianervölker, indem wir im Norden beginnen.

 

Die Indianerin im nördlichen Nordamerika.

Die das kalte Alaska im Nordwesten des Weltteils bewohnenden Indianerstämme sind noch den Arktikern sehr ähnlich, abgesehen davon, daß an den Küsten auch richtige Eskimos und andere Arktiker leben. Diese von den weiter südlich in Nordamerika hausenden Indianern zu unterscheiden, ist gewiß nicht schwierig. Das speckige, sehr breite und flache Gesicht mit den sehr schmalen Nasenbeinen, die mehr gelbliche Hautfarbe sind die Kennzeichen der ersteren, während das fleischige, nervige Antlitz mit stark ausgeprägten Linien, das kräftige Nasenbein und die dunklere Hautfärbung die Indianerstämme charakterisieren.

Im übrigen aber sind die Stämme sehr verschieden voneinander. Bemerkenswert ist der Unterschied im Körpermaß der Geschlechter, der bis 12 cm beträgt. In ihrer physischen Entwickelung haben die nordwestlichen Völker durch die weißen Eindringlinge entschieden gelitten. Der einstige Reichtum an Lebensmitteln ist durch den Raubbau der Amerikaner geschwunden. Sie raubten dem roten Manne die Seehunde und Seelöwen, die Lachse und andere Fische, die in dichten Massen die Flüsse belebten, den Hirsch und das Reh, den Elch, den Bären, die wilden Ziegen, die Biber, Ottern und anderes Getier, das ihm zur Nahrung oder Herstellung seiner Kleidung diente. Im Gebiet der Vereinigten Staaten, bis wohin die Nordwester hineinreichen (in den Staaten Washington und Oregon) sind sie auf ihren »Reservationen« ganz auf die Gnade des »großen Vaters« in der Bundeshauptstadt angewiesen.

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Abb. 106. Frauen vom Cayusestamme. (Umatilla Reservation, Oregon.)

Eine gewisse Berühmtheit haben die Decken erlangt, die die nordwestlichen Indianerinnen aus der Wolle wilder Schafe weben. Diese Decken bilden den Reichtum der Familie, während dünne Kupferstücke in T-Form, die die Frauen am Körper tragen und auf welche das totemistische Stammtier geritzt ist, anzeigen, wie groß dieser Reichtum ist. Ein eigentümlicher Brauch der Nordwester ist das »Potlatsch«. Darunter wird eine Fülle von reichen Geschenken verstanden, die vergeben werden, um sich selber Vorteile irgend welcher Art zu verschaffen, sei es ein Weib, die Hilfe des »Medizinmannes«, Einfluß, Freundschaft, die Sühne für ein Unrecht usw. Besonders von Frauen wird der Austausch des Potlatsch gern betrieben.

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Abb. 107. Kanadisches Indianerweib.

Der erste Stamm, der gewissermaßen einen Übergang von den Eskimos zu den Indianern bildet, sind die Kenai in Alaska. Ihre Frauen sind in der Jugend leidlich hübsch; sie eignen sich gern Manieren der weißen Bevölkerung an. Im Wesen sind sie heiter und lustig wie Kinder, doch sind sie sorgsame und zärtliche Mütter. Sie heiraten etwa mit fünfzehn Jahren.

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Abb. 108. Alte Haidah-Indianerin von der Königin Charlotte-Insel in Britisch-Kolumbia mit Nasenring und Lippenpflock.

Die Frauen der südlich von ihnen lebenden Koljuschen erinnern in ihrem Brauch, 3-4 cm breite Pflöcke in den aufgeschnittenen und von Natur vollen und dicken Unterlippen zu tragen, an die im fernen Brasilien wohnenden Botokuden. Sie haben stark vorstehende Backenknochen, sehr große, schwarze und lebhafte Augen, überschattet von kleinen dunklen Augenbrauen. Im ganzen sind ihre Züge sehr angenehm.

Die Jungfrau wird bei Eintritt der Mannbarkeit in eine dunkle Hütte gesperrt. Sie heiratet im vorzeitigen Alter. Bei der Hochzeit findet Sang und Tanz statt, aber sonst keinerlei Zeremonie, auch darf das Paar erst einen Monat später zusammenleben. Der Mann darf die Frau zurückschicken und, im Falle von Untreue, sie und den Verführer töten. Der Neffe des Mannes ist stets gezwungen, die Witwe seines Oheims zu heiraten, sei sie auch noch so alt. Bei den Wohlhabenden findet sich Polygamie. Die Frauen haben das Recht sich Nebenmänner, die die Befugnisse von Cicisbeos haben, zu halten, was auf eine gewisse bevorzugte Stellung, die dem weiblichen Geschlecht eingeräumt wird, schließen läßt. Die Kinder werden bei der Arbeit von den Müttern in einem hölzernen Gestell auf dem Rücken getragen und werden gesäugt bis sie gehen können, auch werden sie täglich, Winter und Sommer, im Meerwasser gebadet.

Verwandt mit den Koljuschen sind die weiter südlich wohnenden Haidah, ein aussterbender Volksstamm, deren Frauen gleich gerühmt wegen ihrer Schönheit wie verrufen wegen ihrer Unsittlichkeit sind. Überhaupt wird mir Ausnahme der sehr sittenstrengen Thlimkiten den um das Behringsmeer sich gruppierenden Völkern allgemein Sittenlosigkeit nachgesagt.

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Indianerin vom Haidastamme im nordwestlichen Amerika.

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Abb. 109. Ein Havasupaimädchen (Arizona) bei der Tonarbeit.

Bei den letzteren müssen die jungen Mädchen in der Zeit der Geschlechtsreife ein ganzes Jahr lang eine gesonderte Hütte bewohnen, und nur der Mutter oder einer Dienerin ist gestattet, ihnen Lebensmittel zuzuführen. Es ist ihnen geboten, einen breitkrämpigen Hut zu tragen, um den Himmel vor Verunreinigung zu bewahren. Später wird ihnen ein silberner Pfeil durch die Unterlippe gezogen, und ein üppiges, ihnen zu Ehren veranstaltetes Mahl beendigt die Gefangenschaft. Rückt die Zeit der Ehe heran, so wird der Pfeil in der Unterlippe durch Pflöcke ersetzt, die durch solche von immer größeren Dimensionen ausgetauscht werden.

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Abb. 110. Indianerkind aus dem Havasupaistamme, Arizona.

Von den Frauen der Aht auf Vancouver wird erzählt, daß sie trotz ihrer Mopsnasen im ganzen angenehme Züge haben. Sie sollen ihre Männer an Intelligenz übertreffen. Diese behandeln sie nicht schlecht, erlauben ihnen aber nicht, an ihren Gelagen teilzunehmen. Nach Erlangung der Reife werden sie, da Polygamie im Schwunge ist, verkauft; nach dem Bericht eines Reisenden zahlt der Freier zehn Wolldecken oder ein Gewehr pro Weib und für Häuptlingstöchter noch Agio. Manche Häuptlinge protzen mit einem Wigwam von 8-10 Weibern, während freilich arme Teufel sich mit einem einzigen Ehegespons begnügen müssen. Abortivmittel florieren, so daß drei Kinder schon als gesegnete Ehe gelten. Blutsheiraten sind verpönt.

Die Wakosch wohnen ebenfalls auf der Vancouver-Insel am Nutkasund. Sie sind von mittelmäßiger Statur, haben einen nicht schönen, pyramidenähnlichen Kopf, dessen merkwürdige Form bei den Neugebornen durch Pressen mittels Binden hervorgebracht wird. Das scheint den geistigen Fähigkeiten aber nicht zu schaden, denn Dummköpfe sollen unter ihnen selten sein. Die kupferrote Hautfarbe wird meist mit Schminke und Tran überdeckt. Den kleinen Kindern werden in die Nasenscheibe und die Ohrläppchen mehrere Löcher gebohrt, durch die allerlei Zierrat gesteckt wird; um den Hals hängen sie Glas, Korallen, Münzen und Knöpfe.

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Abb. 111. Chemehuevifrau mit ihrem Kind.

Die Neigung zum Putz ist wie bei allen Indianern größer bei den Männern als bei den Frauen; letztere besorgen die Haushaltung, spinnen und weben. Den Häuptlingen ist die Vielweiberei gestattet. Die Frauen werden durch reiche Geschenke an die Eltern, wie Pelzwerk, Kähne, europäische Kleidungsstücke und Waffen, gekauft, aber die Ehemänner behandeln sie mit beachtenswerter Milde. Die Frauen schwingen meist den Pantoffel und mißhandeln ihre Männer oft grausam. Bei den Volksversammlungen sitzen sie nicht in der »Galerie« als müßige Gaffer, sondern werden mit zu Rate gezogen, auch sind sie fast immer die Anführerinnen der Kriegsfahrzeuge und zeichnen sich nicht selten durch Tapferkeit aus.

Infolge ihres Lebens auf schmalen Fahrzeugen haben sie einen häßlichen Gang; auch ist der untere Teil des Körpers mißgestaltet; der gegen die Mitte zusammengepreßte Bauch tritt auf jeder Seite wie eine Art Geschwulst hervor.

Von der sehr ausgebreiteten Völkerfamilie der Athabasken, die bis an die Grenzen Mexikos verstreut lebt, seien hier erwähnt die Athabasken im engeren Sinne in Britisch-Nordamerika, ein ernster Volksstamm, dessen Weiber als besonders fruchtbar gelten. Die Athabaskin arbeitet bis zum Moment ihrer Niederkunft und bringt das Kind ohne jede fremde Hilfe zur Welt. Vorausgesetzt, daß das Neugeborne nicht erwürgt wird, stillt sie es bis zu seinem dritten oder vierten Jahre. Sie behandeln die Frauen, die sie oft beim Spiel auf eine Karte setzen, schlecht; daher sind Fälle von Selbstmord unter den Frauen nicht ungewöhnlich. Das Äußere der Siouxfrau ist wenig ansprechend. Die Züge sind roh und plump, die Nase ist groß und unten stark verbreitert, die hohen Wangenbeine ragen aus der Gesichtsfläche heraus, der Mund ist breit, die Lippen sind dick und unschön, die Ohren groß, das Haar sehr grob und straff. Dennoch ist der Gesichtsausdruck freundlich. Die Gestalt ist kurz und gedrungen; sie sind stark, ausdauernd, frühreif; nicht selten finden sich Mütter von 13-14 Jahren. Als Zeichen, daß sie sich verliebt haben, färben sich junge Siouxmädchen die Wangen rot.

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Abb. 112. Ein Huallapai-Indianerkind (Arizona) in zivilisierter Tracht.

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Abb. 113. Eine Matrone der Hopi-Indianer (Arizona).

Bei den ihnen verwandten Hidatsa, auch Minetari oder Grosventres genannt, ist die Sprache der Frauen etwas verschieden von der der Männer. Wir kommen auf diese Merkwürdigkeit bei Besprechung der Karaiben zurück. Auch bei ihnen ist Polygamie allgemein üblich. Nach dem Tode eines Mannes muß dessen Bruder die Witwe heiraten. Mit der Schwiegermutter direkt zu sprechen gilt den Hidatsa als unschicklich. Scheidungen sind leicht, erfolgen aber nicht oft.

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Abb. 114. Mädchen von Oraibi (Arizona).

Die Pahnis (Pawnees), von den Franzosen Loups genannt, wohnen am Platte- und Kansasfluß. Die Frauen haben ein hartes Los, sind aber zum Glück sehr muskelstark und ausdauernd. Die Pahnifrau ist vollkommen rechtlos. Ihr Mann, der sie gewöhnlich für ein Pony, oder wenn sie besonders schön ist oder der Häuptlingsfamilie entstammt, für mehrere Ponies gekauft hat, hat das Recht sie wieder zu veräußern; er kann sie sogar zwingen, sich andern als Dirne anzubieten. Ist sie ihm aber ohne sein Wissen und ohne seinen Vorteil untreu, so schlitzt er ihr die Nasenflügel auf und verprügelt sie. So ist denn auch aus dem so roh behandelten Weib selbst ein tierisch rohes Geschöpf geworden. Waschen, Nähen und andere Arbeit ist ihre Beschäftigung bis an ihr Lebensende; sogar das Aufspüren des Wildes steht in Kanada den Frauen zu, dem Mann nur das Erlegen der Tiere. Ihrem Gatten ist sie sehr unterwürfig, doch kann von Liebe im höheren Sinn keine Rede sein; auch sieht der Mann bei der Wahl seines Weibes nur auf Geschicklichkeit, Arbeit und Fruchtbarkeit.

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Abb. 115. Alte Huallapai-Indianerin (Arizona).

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Abb. 116. Yuma-Indianerkinder (Arizona).

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Abb. 117. Jugendliches Hopimädchen. (Die eigenartige Haartracht gilt als ein Zeichen ihrer Jungfräulichkeit.)

Die Umatillas sind ein in ziemlichem Wohlstand lebender Stamm in Oregon. Die Frauen handeln mit geflochtenen Grassäcken, die für weibliche Utensilien bestimmt sind und beim Reiten am Sattel befestigt werden, ferner mit spitzen Hüten, Mokassins (Sandalen), Decken und anderen Dingen eigner Industrie. Ein hübsches Spiel ist bei ihnen beliebt, bei dem die Frauen in zwei Parteien einander gegenüber sitzen. Es handelt sich darum, zu erraten, welche Person eine Anzahl von Knochenstäbchen, die herum gehen, besitzt. Unter rhythmischen Armbewegungen und Gesängen befragt eine Partei die andere. Auf das Endresultat wird gewettet und der Gewinn unter den Teilnehmerinnen der obsiegenden Partei verteilt.

Die südlich und östlich wohnenden Algonkin und Krihs sind den Athabasken verwandte Stamme. Früher war Blutschande und Sodomie bei ihnen zu Hause, und heute noch gilt Keuschheit als keine besondere Tugend, ebensowenig wie Treue als ein wesentliches Erfordernis zu ehelichem Glück. Ein besonderes Vergnügen gewährt ihnen der zeitweilige Austausch der Weiber, die sie auch ihren Gästen anbieten.

 

Die Indianerin der Vereinigten Staaten.

Gedenken wir zunächst der Dakota, gewöhnlich Sioux (sprich Ssu) genannt, im Norden der Vereinigten Staaten und über die kanadische Grenze hinaus. Bei ihnen findet sich vorherrschend Polygamie. Bei diesem Volksstamm, übrigens auch, wie wir sehen werden, bei einigen andern Indianerstämmen, findet sich das Wort, daß »Weiber zu Hyänen werden«, verwirklicht. Der männliche Pahni begnügte sich seinen Feind zu skalpieren; das Weib aber ging weiter: es trieb dem Skalpierten, schon mit dem Tode Ringenden, Scherben unter die Nägel, legte ihm Feuer unter die Sohlen und zog ihm möglichst die Haut vom lebendigen Leibe ab. Natürlich sind diese Grausamkeiten längst Bilder der Vergangenheit. Heute hält die amerikanische Regierung Wacht über Ausschreitungen ihrer roten Kinder. Ob aber die grausamen Triebe nicht noch immer in der Brust eines Volkes schlummern, das bisher noch keinen Fingerbreit von Zivilisation angenommen hat?

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Abb. 118. Eine Pima-Indianerin (Arizona) beim Korbflechten.

Die Kalifornier zeigen eigentümlicherweise nicht die scharf geschnittenen, markanten Linien im Antlitz der vorgenannten und der östlichen Indianerstämme. Ihre Züge sind weicher, mehr abgerundet, ohne daß sie aber darum einen schönen Typus präsentieren. Ich habe nur wenige halbwegs hübsche Gesichter gesehen. Die Mehrheit der Weiber war häßlich, ältere Weiber wahrhaft abschreckend. Übrigens gelang es mir nicht, das Lebensalter dieser älteren Kategorie festzustellen. Von einer solchen Blocksberggestalt behauptete der Häuptling, sie sei durchaus nicht so alt, wie ich anzunehmen scheine, während ein anderer Indianer mir eine an Methusalem erinnernde Zahl als die Lebensjahre der alten Dame angab. Junge Mädchen genießen freien Verkehr, ohne daß dies als unsittlich empfunden wird. In der Tat sind sie auch in ihrem Gebaren bescheiden und züchtig. Sie heiraten mit 12-14 Jahren, und wenn eine junge Südkalifornierin verliebt ist, malt sie sich wie ihre Siouxschwester die Wangen rot. Eine große Scheu herrscht bei den Kaliforniern vor verwandtschaftlichen Berührungen. So wagt ein Bruder kaum allein mit seiner Schwester auszugehen, und eine Schwiegermutter darf nie mir ihrem Schwiegersohn allein gelassen werden. Die verheirateten Frauen werden von ihren Männern mit Argusaugen beobachtet. Indessen bieten neuerdings heruntergekommene Stämme ihre Weiber zu Dirnenzwecken an.

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Abb. 119. Chemehuevi-Mädchen von der nördlichen mexikanischen Grenze bei der Bereitung des Meskitgetränkes.

Die Hupa-Indianer sind ein kalifornischer Stamm. Sie bewohnen gute Blockhäuser und erfreuen sich eines bescheidenen Wohlstands. Übrigens ist das Wohnhaus nur der Aufenthalt der weiblichen Familienmitglieder; die Männer müssen die Nacht in einem gesonderten Haus zubringen, eine Sitte, die an die fernen Malaien gemahnt. In der Mitte des Wohnhauses befindet sich der Feuerplatz, darüber wird der Räucherfisch und das Wild aufgehängt. Als einzige Möbel dienen »Stühle«, die aus Baumstumpfen herausgearbeitet sind. An den Wänden wird die Hausindustrie der Frauen aufbewahrt, Lederarbeiten, Stickereien und Flechtarbeiten. Nachts schläft die Weiblichkeit um das Feuer herum in ihren Kleidern aus Tierhäuten und auf Matten.

Die Hupafrau ist reichlich bekleidet. Zu ihrer Tracht gehören ein Rock, eine Schürze, eine Decke, eine Kopfbedeckung und Mokassins aus weicher Rehhaut für die Füße. Ihr mit Muscheln und anderem Tand geschmücktes Haar tragt sie meist offen und parfümiert es durch Zweige einer wohlriechenden Pflanze. In den Ohren steckt Schmuck aus Muschelschalen oder Holz. Das Kinn wird in vertikalen Strichen tätowiert.

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Abb. 120. Indianerkind vom Mokistamme (Arizona).

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Abb. 121. Cocopayuma-Indianerin.

Der Eintritt der Geschlechtsreife ist wie bei so vielen anderen Stammen mit umständlichen Zeremonien verknüpft. Während zehn Tagen darf das junge Hupamädchen niemandem ins Gesicht schauen, sie darf nie ihr Haupthaar berühren und muß in der Unterhaltung jede Unwahrheit vermeiden.

Die am Sakramentofluß wohnenden Maidu sind den vorigen verwandt und gleichen ihnen vielfach im Aussehen wie in den Gebräuchen. Die Frauen verfertigen hübsches Korbwerk und sind besonders geschickt in der Anfertigung von Federarbeiten, sowie Gürteln, die sie beim Tanze tragen. Sie leben noch nicht im Zeitalter des Löffels. Jedes beliebige Stückchen Holz, das ihnen gerade zur Hand liegt, wird zum Umrühren der Suppe oder des Breis benutzt, und Muscheln dienen ihnen zum Sippen, während der Brei mit zwei Fingern der Rechten gegessen wird. Eicheln sind ein Hauptnahrungsmittel der Maidu. Die Männer klettern auf die Bäume und schlagen sie mit Stöcken herunter, indessen die Weiber mit den Kindern das Sammeln und später das Mahlen besorgen. Aus den zermahlenen Eicheln wird der Brei bereitet. Die Maidu sind ein fröhliches Völkchen. Besonders lieben die Frauen Spiele und Gesang. Es gibt bei ihnen Liebeslieder, Gesänge für die Zeit der Pubertät, zur Begleitung des Tanzes, und Lieder, die beim Flechten der Körbe gesungen werden.

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Mädchen vom Stamme der Schwarzfußindianer.

Ganz im Osten der Vereinigten Staaten finden sich nur noch spärliche Reste von Indianern, so die Irokesen, die in Einehe leben und deren Weiber züchtig sind, und die Krieks (Creek), deren Frauen als sehr hellfarbig geschildert werden. Das Abplatten der Köpfe durch mechanische Vorrichtungen, das bei den Krieks, wie überhaupt bei den meisten Indianervölkern früher sehr beliebt war, wird von den östlichen Stämmen längst unterlassen.

Die Frauen der sehr zahmen Pueblos in Neu-Mexiko sind oft nur 1,220 m hoch. Im allgemeinen ziemlich fleischig, werden sie zuweilen sogar fett und dickleibig. Ihre Züge sind gut abgerundet und weich. Aus dem Gesicht strahlt Anmut und Klugheit. Ihre Hautfarbe ist ein helles Kupferbraun. Das Haar ist dunkel, fein und weich. Hände und Füße sind zierlich. Der Gang ist leicht und graziös. Nicht selten finden sich Albinos unter ihnen.

Die Pueblofrauen kleiden sich in einen wunderlichen dunkelblauen Sack, der, an der linken Schulter zusammengehalten und, am Leibe durch einen Gürtel geteilt, bis zu den Waden reicht. Um ihre Mokassins zu schonen, gehen sie am liebsten barfuß. Sie sind nüchterne, fleißige Frauen, deren Tongefäße und Webereien auch von den Weißen sehr geschätzt werden. Außerdem sind sie beim Bauen ihrer Stein- und Adobehäuschen, die wie Bienenzellen aneinander kleben, den Männern behilflich.

Die vor kurzem wiederentdeckten Hopi in den Bergen von Arizona sind offenbar ein Pueblostamm; über sie hat Frederic Monsen kürzlich eine Studie veröffentlicht. Nach dieser bildet das Völkchen der Hopi eine Art Frauenstaat.

Die jungen Hopifrauen sind hübsche und kräftige Erscheinungen und in der Regel von tadellosem Charakter. Sie sind die Erbauer und Besitzer ihrer Häuser. Das gesamte Familieneigentum gehört der Frau, die als Haupt des Haushaltes anerkannt ist. Das Erbe geht ausschließlich auf die weibliche Linie über; auch die Verwandtschaft wird nach der Abkunft mütterlicherseits berechnet. Die Hopifrauen genießen völlige Freiheit und Wertschätzung, sind aber trotzdem schlicht, zurückhaltend und bescheiden geblieben. Nach ihrem Gebaren möchte man glauben, sie hätten ihr ganzes Leben in völliger Abschließung und unter der Herrschaft von Männern verbracht. Mit besonders großer Liebe widmen sie sich ihren Kindern. Die Eheverhältnisse des Stammes sind geordnete und glückliche.

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Abb. 122. Seri-Indianerin (Arizona.)

Die Frauen der Navajos, im Südwesten der Staaten, sind unter allen Indianerinnen Nordamerikas die geschicktesten Weberinnen. Die phantastischen Muster, die sie in ihre Decken hineinweben, sind oft von großer Schönheit. Sie treiben auch selbst ihre gewaltigen Schafherden von Weide zu Weide, besorgen das Scheren und schaffen die Wolle ins Lager. Die Navajofrauen verstehen sogar Strümpfe mit vier Nadeln zu stricken; man hat selbst gestrickte Beinkleider aus Menschenhaar bei ihnen gefunden.

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Abb. 123. Apatschenweib (Arizona).

Unter den Pimas mögen noch heute hin und wieder Neugeborene ermordet werden. Jedenfalls wissen sie Abortive ohne schlimme Folgen für die Gesundheit und mit bestem Erfolg anzuwenden. Die Ehe wird sans façon geschlossen und ist auch nicht bindend. Häufig verläßt das Weib den Mann, häufig geschieht es umgekehrt. Es sollen Beispiele von unwandelbarer Treue vorhanden sein, aber die meisten Frauen zögern nicht, ihre Reize andern zur Verfügung zu stellen. Viele leben mit Weißen zusammen, von denen sie Syphilis kontrahiert haben. Die Unterhaltung ist nicht selten unzüchtig, selbst in Gegenwart von Kindern.

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Abb. 124. Junges Hopimädchen in der üblichen Volkstracht.

Die Frauen der Yumas stehen ihren Männern an Schönheit und Vollendung des Körperbaues nach. Wie schön schreiten diese Männer aus! Dagegen erscheinen die Bewegungen der Frauen plump. Nichtsdestoweniger sind sie, obzwar erheblich kleiner, gut gebaut und haben oft hübsche Züge. Polygamie ist gestattet, wird aber wenig geübt. Ich halte die Yumas, Mädchen wie Frauen, für sehr unsittlich. Bei den Seri-Indianern, einem polygamisch lebenden Yumastamm auf der Insel Tiburon an der kalifornischen Küste, überwiegen die Frauen bedeutend. Sie zeichnen sich durch einen edlen Körperbau und aufrechte, schöne Haltung, sowie durch üppigen Haarwuchs aus. Der Brustkorb ist breit, die Gliedmaßen sind dünn, doch sind ihre Hände und besonders die Füße recht groß geraten. Das Gesicht pflegen sie sich zu bemalen. Ihre durch das Mutterrecht bestimmte Erbfolge weist auf das hohe Ansehen, das die Frauen bei ihrem Stamme genießen. Nicht nur im Schamanismus, auch als Gesetzgeber und Richter spielen die Seri-Indianerinnen eine Rolle, und zu ihrer viel umfassenden Tätigkeit gehört auch der Bau der Häuser.

Ein gut bekannt gewordener Stamm sind die Komantschen, deren Frauen durch kurze, zuweilen stumpfe Näschen charakterisiert sind. Gregg erzählt von ihnen, daß der Freier die Braut deren Eltern abkaufen muß; aber das Jawort der Erwählten ist doch unerläßlich. Führt sie das Pferd des Bewerbers, das dieser draußen vor der Hütte angebunden hat, in den Stall, so gibt sie damit ihre Zustimmung, und der Hochzeit steht nichts im Wege.

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Abb. 126. Indianerkind vom Apatschenstamme (Arizona).

Wir schließen mit den Apatschen, dem grausamsten Indianerstamme Nordamerikas. Ihr Typ erinnert etwas an die Mongolen, besonders die Stellung der gläsern schillernden Rattenaugen. Die Backenknochen treten stark vor. Die Haut ist gelblich-rot-braun und ledern. Außer der Kopfhaut ist der Körper völlig unbehaart. Besonders die Weiber sind schlecht entwickelt; das rundliche Gesicht ist häßlich, die ganze Erscheinung des ziemlich kleinen Apatschenweibes wirkt abstoßend.

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Abb. 125. Indianerin vom Apatschenstamm (Arizona).

Der Häuptling hat das Recht auf mehrere Weiber. Es gibt keine eigentliche Ehe, sondern nur ein mehr oder weniger kurzes Zusammenleben (Hetärismus?) der Geschlechter. Kinder werden bis ins dritte Jahr gesäugt und bleiben bei der Mutter, bis sie selbst Früchte erhaschen oder Schlangen und Ratten fangen können. Dann trennen sie sich, und jeder Familienzusammenhang hört auf. Die Vermehrung ist schwach, sie findet selten schneller als in dreijährigen Zwischenräumen statt.

Alles was von der Grausamkeit der Pahni gesagt wurde, findet sich vielleicht in noch schlimmerem Maße bei der Apatschin wieder. Während es von den ersteren nicht sicher ist, ob, wenn heute die Gelegenheit sich böte, sie ihrem Drang nach Grausamkeit freien Lauf ließen, bin ich davon fest überzeugt bei den Frauen der Apatschen, deren bis zur äußersten Grausamkeit gehenden niedrigen Triebe ich auf meinen Reisen in den Vereinigten Staaten in der Mitte der 80er Jahre hinreichend kennen gelernt habe.

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Abb. 127. Wohlgekleidete Wichita-Indianerin.

 

Die Indianerin Mexikos und Zentral-Amerikas.

Die Frauen der Azteken, jenes geschichtlich und ethnologisch so interessanten Volkes, das noch heute in mehreren Millionen Seelen das Plateau von Mexiko bewohnt, sind von kleiner Gestalt, rundlich und voll. Die rötlich kupferfarbene Haut ist von sammetartiger Weichheit. Ein dichtes Zellengewebe verhindert das Durchschimmern der Adern, so daß den Azteken, mit Ausnahme der Kinder, Wangenröte fehlt. Das nie ergrauende Haar ist schwarz, glänzend, dicht und schlicht. Die Kinder werden bereits mit vollem Haarwuchs geboren.

Die wenig vortretende Stirn ist niedrig, aber gut geformt, der stark entwickelte Hinterkopf erscheint ein wenig nach oben gedrückt. Das Gesicht stellt ein gefälliges, regelmäßiges Oval dar, belebt durch sanfte, wohlgefällige Züge. Bei älteren Personen markieren sich die Wangenbeine ziemlich deutlich, bei jungen Mädchen sind sie indessen von Fleisch wohl bedeckt. Die schönen dunklen, halb melancholisch, halb sinnlich blickenden Augen liegen meist horizontal; zuweilen glaubt man etwas von der Mongolenfalte oder eine leichte Schlitzung an ihnen zu bemerken. Das Weiße im Auge ist ein wenig gelblich getönt. Das Näschen ist wohl geformt, zuweilen ganz leicht gebogen und an den Flügeln breit. Den wohlgebildeten Mund zieren zwei Reihen blendend weißer Zahne. Die Lippen sind fleischig und sinnlich, aber nicht aufgeworfen. Das Kinn ist rund und voll, der Hals kurz, der Nacken von vollendeter Form. Die Brüste sind fast konisch, aber wohl geformt. Hände und Füße sind fein und zierlich. Mit dem Alter nehmen die Aztekinnen an Fleischigkeit zu, und die Schönheit und Anmut, die man vorher bei den jungen Mädchen bewundert hat, läßt stark nach.

Die Aztekin ist früh reif, heiratet in jungen Jahren und erweist sich sehr fruchtbar. Über ihre Moral sind die Ansichten verschieden. Sicher ist, daß Frauen ihre oft noch unreifen Töchter gelegentlich verkuppeln oder auch für ein länger währendes Konkubinat fortgeben, ohne daß sie sich etwas arges dabei denken, ebenso daß Mädchen und Frauen sich nicht ungern gegen entsprechenden Lohn verführen lassen, vorausgesetzt, daß ihre sehr eifersüchtigen Beschützer, Geliebten oder Gatten es nicht merken. In ihrem Wesen ist die zivilisierte Aztekin freundlich, überaus höflich und gutherzig. An ihren Kindern hängt sie mir großer Liebe; ihren Mann liebt sie auch wohl in höherem Sinne. Sie arbeitet tüchtig und sorgt für den sehr bescheidenen Haushalt. Bei den noch im halbwilden Zustand lebenden Azteken stehen die moralischen Verhältnisse auf einer weit niedrigeren Stufe. Bei ihnen steht dem Vater des jungen Mannes das jus primae noctis bei dessen eben angetrauter Gattin zu.

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Abb. 128. Wichita-Indianerin von Oklahoma.

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Abb. 129. Frauen vom Cheyennestamm (Nebraska).

Die Aztekin weiß sich nie und nimmer in die veränderte Welt, in die Kultur der Cachupines (Sonnensöhne, wie zu Cortez' Zeit die Spanier genannt wurden), zu fügen. Der Europäer ist ihr ein völlig unverstandener Fremdling; während sie ihrem »Halbbruder«, dem Mexikaner (Kreolen), dessen stillen Haß von ganzer Seele erwidert. So erscheint sie uns ernst, fast traurig. Doch verhält sie sich anders unter ihresgleichen. An der Seite ihres roten Mozo, wenn bei beiden der gegorene Saft der Maguey, Pulque genannt, seine Wirkung getan hat, erwacht laut ihre Sinnlichkeit. Von erheiternder Wirkung für den Beobachter ist es, wenn sie dann, ihre Umgebung ganz vergessend, ihren Körper an den des Geliebten reibt und drückt. Sieht man sie in ihrem Dorf, unter ihren Volksgenossen, so erscheint sie voller Leben, witzig und fast ausgelassen.

Den Azteken verwandt sind die Zapotekas auf der Landenge von Tehuantepek. Ihre Frauen sind klein von Gestalt, aber verführerisch und voller Grazie. Sie tragen außer ihrem bis an die Knöchel reichenden, oft mit kunstvollen Stickereien besetzten Rock das » huipil«, ein Hemdchen mir kurzen Ärmeln, das mit kostbaren Spitzen und Gold- und Silberfäden bordiert ist, sowie eine weiße sackartige Kopfbedeckung, die rückwärts herunterhängt.

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Abb. 130. Vornehme Wichitafrau von Oklahoma.

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Abb. 131. Jonkawafrau von Oklahoma.

Andere mexikanische Stämme sind die Taraskaner und die Otomis, von denen mehr als eine halbe Million leben. Die Otomis sind in moralischer und intellektueller Beziehung nicht sehr angesehen. Starr erzählt, daß die Frauen ihre Spinnarbeit oft beim Gehen besorgen. Ihre reich verzierten Stoffe werden sehr geschätzt. Die Otomifrau ist vielleicht die ungraziöseste aller Mexikanerinnen. Wenig anziehend wirken ihre starken Wangenbeine und die sehr große Nase. Sie gilt auch als unsauber im Vergleich zu ihren übrigen Landsmänninnen, denen Baden ein köstlicher Zeitvertreib, der täglich gepflegt wird, bedeutet. Oft kann man die geschmeidigen Najaden zu Dutzenden beobachten, wie sie ihren tiefbraunen Körper, umflossen von schönem, tiefschwarzem Haar, im Schatten von Palmen und dichtem Buschwerk in die kristallenen Fluten der Bäche ihres Dorfes tauchen; ein Bild, das jeden europäischen Maler locken könnte.

Das Fischervolk der Juaves im äußersten Süden der Republik, dessen Weiber außerhalb der Plaza mit nacktem Oberkörper gehen, ist vermutlich von Zentralamerika eingewandert.

In Zentralamerika scheidet man die einheimische Bevölkerung gemeinhin in »wilde« und »zahme« Indianer, Indios bravos und Indios mansos, von denen die letzteren in den Ortschaften wohnen; sie sind halbwegs zivilisiert in Kleidung und Gebräuchen und streng katholisch.

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Abb. 132. Frau vom Lipanstamme (Texas).

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Abb. 133. Shoshonenweib von Utah.

Die Zentralamerikaner sind von lohbrauner Farbe, mittlerem Wuchs, schwarzen, etwas stechenden Augen, und struppigem, schwarzem Haarwuchs. Im Norden (Guatemala) zeigen sie noch die meiste Ähnlichkeit mit der Aztekenfamilie, nur sind sie, namentlich die Frauen, sehr viel häßlicher. In der Tat ist der Anblick solch einer India Guatemalteca, die man auch Lakondonin nennt, wenig erfreulich. Geht man aber die einzelnen Staaten südwärts hinunter, so wandeln sich die Körperformen und Gesichtszüge allmählich zu einem neuen, recht angenehmen Typus, bis wir in der südlichsten Republik, Costa Rica, ausgesprochen hübsche Frauen antreffen von kleiner Gestalt, weicher Haut, sympathischen Gesichtszügen und rundlichen Formen. In den Städten und Ortschaften, besonders in San José de Costa Rica, sowie in Salvador, pflegen sich Mädchen wie Frauen bunt, aber mit unverkennbarem Geschmack zu kleiden.

Das moralische Niveau der Zentralamerikanerinnen ist, wenngleich der äußere Anstand gewahrt wird, kein hohes. So ist die kleine rothäutige, oft bildhübsche Salvadoreña leicht käuflich. Unter den wilden Stämmen finden sich noch Mädchenraub und manche andere primitive Sitte.

Von dem besonderen nach Honduras verpflanzten Stamm der Karaiben sprechen wir im nächsten Artikel.

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Abb. 134. Shoshonenweib (Utah). Die neben ihr liegende »Wiege«, in die das » papuhs« – das Kind – noch hineingehört, pflegt sie auf dem Rücken zu tragen.

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Abb. 135. Indianerin aus Nentuna mit Schönheitsfleck auf der Wange.

 

Die Karaibin.

Zur Zeit der Entdeckung des Neuen Weltteils bewohnten die Karaiben, auch Kariben oder Galibi genannt, mehrere Millionen Menschen an Zahl, die westindischen, Antillen genannten Inseln. In kürzester Frist gelang es den rohen, räuberischen Spaniern der Conquista, dieses harmlose, gutmütige Volk so gründlich auszurotten, daß heute nur noch ganz winzige Reste (auf Trinidad, St. Vincent und Dominique) zu finden sind.

Dagegen leben die Karaiben noch in größerer Anzahl auf dem Festland von Südamerika, vor allem im Delta des Orinoko, ferner an den Ufern des Xingu, wohin Teile ihres Volkes versprengt wurden, und schließlich in der zentralamerikanischen Republik Honduras, wohin ein Rest von ihnen verpflanzt wurde.

Bei diesem Volke findet sich die bemerkenswerte Eigentümlichkeit, daß die Frauen außer der allgemeinen Sprache noch ihre eigene Sprache reden. Die Ursache ist darin zu suchen, daß die Karaiben, die überall als Eroberervolk auftraten, nach Niedermetzelung der männlichen autochthonen Bevölkerung die vorgefundenen Weiber zu ihren eignen machten. Da nun nach dem Brauch der meisten amerikanischen Völker das Weib nicht berechtigt ist, an den Gesprächen und Beratungen der Männer teilzunehmen, vielmehr allenthalben die Weiber ihren geselligen Verkehr auf ihr eignes Geschlecht beschränken müssen, haben diese auch die Sprache ihrer Väter beibehalten und vererben sie wieder ihren Töchtern.

In Guayana rühmt man die Sittlichkeit des karaibischen Volkes.

Die Karaiben in Honduras werden geschieden in eigentliche oder rote, und in die mit Negern vermischten oder schwarzen Karaiben. Bei allen ist Polygamie im Gebrauch. Zuweilen finden sich drei bis vier Frauen bei einem Manne, doch muß jede ein besonderes Haus und ebenso eine besondere Pflanzung haben; zugleich verlangen die Weiber von dem gemeinsamen Gemahl, gleichmäßig in seinen Gunstbezeugungen bedacht zu werden. Dieser pflegt abwechselnd eine Woche bei jeder Gattin zu verbringen. Die Frau, die in der Ehe zur Herrin ihres Bodens wird, zeigt sich gewandt und spekulativ veranlagt; sie dingt zuweilen ihren eignen Mann als Bootführer, um in den Flüssen und an den Küsten Handel zu treiben. In ihrem Äußeren ist die Karaibin meist unschön, zuweilen sogar abschreckend häßlich. Besonders unangenehm wirken die durch Umschnürungen verdickten Waden.

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Nordamerikanische Indianerin vom Navajo-Stamme.

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Abb. 136. Navajofrauen beim Spinnen und Weben.

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Abb. 137. Shoshonin.

 

Die Indianerin von Venezuela und Guayana.

Die Guaraunos im Orinokodelta sind ein den Karaiben verwandtes Volk. Die Frauen sind wohlgebaut und von sanftem, sympathischem Gesichtsausdruck. Die Backenknochen stehen leicht hervor; die nahe bei einander stehenden Augen sind öfters etwas schief gerichtet. Die Gliedmaßen sind schlank. Sie malen sich Wangen und Nase oder die Stirn rot. Das volle Haar bedeckt die Stirn völlig und fällt hinterwärts in den Nacken. In ihren eignen Ortschaften begnügen sie sich mit primitiver Kleidung aus Rinde, doch kleiden sie sich halbwegs zivilisiert, wenn sie die Orte der Europäer besuchen. Sie leben in Polygamie, dürfen aber erst heiraten, nachdem sie die »Ameisenprobe« bestanden haben. Diese besteht darin, daß der Jüngling oder die Jungfrau in einer Hängematte den Ameisen ausgesetzt wird. Nur wer die Bisse der kleinen Wüteriche erträgt, darf heiraten.

Die Frauen der Arawaken in Guayana werden als herrliche Gestalten von ebenmäßiger Bildung geschildert. Ihr Gesicht mit den schönen schwarzen und großen Augen erinnert an klassische Modelle. Die Formen des Körpers, von dem sie jedes Härchen entfernen, sind echt weiblich, weich und anmutig. Das lange schwarze Haar fällt ihnen weit über die Schultern.

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Abb. 138. Alte Navajo-Indianerin.

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Abb. 139. Altes Navajoweib mit dem Wollkratzer.

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Abb. 140. Gruppe von Frauen vom Shoshonen- oder Paiutestamme in Utah.

Mit ihnen wetteifern an Schönheit die Arekuna, deren Nase als von edlem römischen Schnitte geschildert wird; der kleine Mund und die leicht geschwellten feinen Lippen sind von eigner Wirkung. Die Augen sind feurig und schwarz, das Haar rabenschwarz und schlicht, Hände und Füße sind zierlich.

Die Frauen der Atorai sind weit weniger schön; man nimmt einen mulattenähnlichen Typus wahr; nur hin und wieder findet man unter den jungen Mädchen hübsche Gestalten mit anmutigen Physiognomien.

Im stärksten Kontrast zu den vorhergehenden sind die Taruma von ausgesuchter Häßlichkeit und überdies unbeschreiblich schmutzig.

Alle Indianerinnen Guayanas pflegen in Gegenwart von Europäern scheu und verlegen zu sein, sind aber unter sich die Heiterkeit und Ausgelassenheit selbst. Ihr Benehmen könnte kaum dezenter sein. Ihren Männern sind sie nicht viel mehr als Sklavinnen, denen kein Augenblick Ruhe gegönnt zu werden braucht. Sogar des Nachts haben sie für kleine Feuer zum Vertreiben der Moskiten und zum Warmhalten der Hütte zu sorgen.

Die Guayana-Indianerin heiratet bereits mit zehn oder elf Jahren und hat mit dreizehn oder vierzehn nicht selten schon zwei Kinder. Indessen ist ihre Ehe nicht sehr fruchtbar, woran, nach Appun, schwach entwickelte physische Liebe die Schuld tragen soll.

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Abb. 141 Navajofrau mit der Spinnkunkel.

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Abb. 142. Siouxmädchen.

Die Kinder werden oft bis sie mannbar sind, gesäugt, wobei nicht selten die Großmutter mithilft. Das Säugen scheint überhaupt eine der Hauptbeschäftigungen der Guayana-Indianerinnen zu sein. Es wird als Tatsache berichtet, daß sie auch mutterlose Affen, Beuteltiere, Rehe und Wildschweine (Pekkaris) zu säugen pflegen, die ihnen dann wie zahme Haustiere folgen. Hier ist wohl einzuschalten, daß alle Waldindianer große Freunde von Tieren sind, deren jede Hütte eine Anzahl beherbergt.

Das Eheverhältnis ist polygam; exogame Grundsätze werden streng befolgt. Erbberechtigt ist allein die weibliche Linie (Matriarchat).

Auch die Couvade ist hier bekannt, jener seltsame, in vielen Teilen der Erde, besonders aber in Südamerika beliebte Brauch. Nach der Geburt eines Kindes nämlich legt sich der Vater als »Wöchnerin« in die Hängematte, wird sorgsam gepflegt und enthält sich gewisser Speisen, sowie des Rauchens und des Berührens von Waffen.

Llaneras nennt man die in den Orinokoniederungen lebenden gemischtblütigen Frauen. Sie bilden keinen besonderen Volksstamm, sondern sind ein mixtum compositum von Indianern, Schwarzen und Weißen. In ihrem Äußern oft von angenehmster Bildung, hervorragend sinnlich und nach europäisch-venezolanischem Muster gekleidet, ist die Llanera die rechte Repräsentantin südamerikanischer Halbzivilisation. Sie verlangt gewöhnlich keine Heirat, die ja nach katholischen Vorschriften für das Leben bindend wäre; vielmehr zieht sie die freie Ehe mit dem, den sie gern hat, und mit dem sie viele Kinder zeugt, vor. Treten mißliche Umstände ein, so kann das Verhältnis leicht gelöst werden, und jeder Teil pflegt sich anderweitig zu supplementieren.

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Abb. 143. Frau der Sioux-Indianer.

Gedenken wir nun noch, da wir von den Völkern Guayanas sprechen, der Buschneger, jener Nachkommen der im Jahre 1663 entlaufenen Negersträflinge, die in Guayana ein Stückchen Afrika für sich bilden. Die Buschnegerin ist schön in der ersten Blüte der Jugend. Sie ist von tiefschwarzer Farbe. Ihre Kleidung besteht aus einem Stück Zeug, das, an einer Schnur befestigt, um die Taille geschlungen wird. Außerdem liebt sie es, ihren Körper mit zahlreichen Bändern und Ringen zu schmücken. Sie ist sehr reinlich, badet täglich und spült ihren Mund nach jeder Mahlzeit aus. Häuptlinge haben zwei bis drei Frauen, andere nur eine. Trägen Burschen ist das Heiraten verboten.

 

Die Indianerin im nordwestlichen Südamerika.

Die Indianer Kolumbiens, besonders des nördlichen Küstenlandes, schließen sich ethnisch den Zentralamerikanern an, während die weiter südlich lebenden, ebenso die von Ecuador, Übergänge zu den Kordillerenstämmen bilden.

Bei den wilden, noch ganz unzugänglichen Goajira-Indianern an der Nordküste findet sich der Gebrauch des Totem. Beim Eintritt der Pubertät der jungen Mädchen werden diese allen Schmuckes beraubt, abgeschlossen gehalten und auf Magerkost gesetzt. Die Heirat ist für den Goajira nur ein Handelsgeschäft; trotzdem sollen die Frauen geachtet sein.

Die Napo zwischen Quito und dem Amazonenstrom sind bereits den Inka-Indianern (Ketschua) der Kordillere verwandt. Ihre Frauen sind fleißig, während die Männer jagen und faulenzen. Dennoch scheint es, daß Messalinenblut in ihren Adern rollt. Es wird erzählt, daß eine Napofrau, wenn sie ihres Mannes überdrüssig ist, ihm ein Getränk braut, wonach er dem Kretinismus verfällt. Alsdann schließt sie die vermutlich längst geplante Ehe mit einem andern.

Die Jivarro im östlichen Ecuador, die sich notabene jeden Morgen durch Federkitzel zum Erbrechen zwingen, lieben die Unterhaltung des Frauenaustausches. Auch bei ihnen ist die Couvade üblich.

Die Mädchen der Kampo in Ostperu folgen willig jedem Mann, der ihren Eltern mit Geschenken naht.

Die Tschontakiro, auch Chonquiro oder Piru genannt, sind ihre Nachbarn. Ihre etwa 1,275 m großen Frauen zeichnen sich durch Häßlichkeit aus. Sie haben eine dicke, rauhe Haut, kleine schräge, enggeschlitzte Augen mit gelblicher Tönung des Weißen. Das schwarze Haar ist grob und straff. Sie schneiden es dicht über den Augen in gerader Linie ab. Wimpern und Augenbrauen pflegen sie auszureißen. Als Bekleidung dient ihnen ein kleiner Schurz; die übrige Garderobe malen sie sich auf den Körper. Polygamie ist Volkssitte, doch finden sich selten mehr als vier Weiber, von denen die älteren die jüngeren beaufsichtigen, wofür jene aber mehr arbeiten müssen.

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Abb. 144. Schulmädchen des völlig zivilisierten Stockbridgestammes.

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Abb. 145. Frau vom Cayusestamme.

Ihnen verwandt und im Äußern ähnlich sind die Konibe im südöstlichen Peru. Die Eitelkeit der Frauen wird noch von der ihrer Männer übertroffen. Zur Zeit der Reife dürfen die Mädchen ausnahmsweise mit den Männern tanzen und sich volltrinken, bis sie umsinken. Die Geburt eines Mädchens ist höchst unerwünscht und gilt als beschämend für die Mutter. Bei den jungen Mädchen soll eine Beschneidung der Genitalien stattfinden; leider ist es nicht möglich gewesen, näheres darüber zu erfahren.

 

Die Indianerin des Kordilleren-Hochlands.

Die im Hochland von Bolivia, Peru und Ecuador lebenden Indianer sind die Nachkommen der Völker, die sich zur Zeit der spanischen Eroberungen durch eine hohe Kultur unter der Regierung des Inkageschlechts auszeichneten. Man nennt sie daher auch öfters Inka-Indianer. Ethnologisch scheidet man sie in Quichoa (Ketschua) und Aimará.

Ihre Hautfarbe ist ein Gemisch von dunkeloliv, braun und rot. Es ist ein kleingestaltetes Volk, dessen Frauen noch unter Mittelgröße sind. Das unaufhörliche Tragen von Lasten hat ihre Gestalten überdies gebeugt, so daß eine aufrechtgehende Kordilleren-Indianerin kaum zu finden ist. Das lange und straffe Haar wird in zwei Zöpfen getragen. Das Gesicht ist breit und platt, mit fliehender, enger Stirn, die Züge ermangeln der Anmut. Bekleidet sind die Inka-Indianerinnen mit einem roten Leibchen und einem blauen Rock, der ein wenig über die Knie fällt. Dazu kommt ein Mäntelchen, das mit einer silbernen Nadel zusammengehalten wird. In ihrem Heim führen sie ein unfrohes, trübes, jeder Abwechselung bares Leben. Selten wird man Zeuge einer heiteren Szene. Ob das arme Aimaráweib im bolivischen Hochland wohl ahnt, daß es noch Dinge auf Erden gibt, die das Leben des Lebens wert machen? Fast möchte man es bezweifeln; denn sie kennt nur die erbärmlichen Verhältnisse, die die Armut des Landes und der sklavische, nur zum Dienen geeignete Geist ihres Volkes geschaffen haben. Zum Glück wird sie von ihrem Mann nicht schlecht behandelt. Sie liebt den Gesang bei der Arbeit, jene tief wehmütigen Lieder, die man tristes de la Cordillera nennt. Mit unendlichem Fleiß besorgt sie ihre Hausarbeit und das Feld, oder webt und hilft bei der Bearbeitung von Vicuñafellen.

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Abb. 146. Zivilisierte Frau vom Irokesenstamme.

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Abb. 147. Zivilisierte Frau vom Irokesenstamme.

Heiterer als die Aimará sind die Quichoa in Ecuador. Wenn wir von dem ärmellosen Kittel absehen, erscheinen sie bei aller Einfachheit fast europäisch gekleidet.

Im Anschluß an diese Völker des Hochlands mögen wir auch der Stämme in den tropischen Niederungen Ecuadors und Perus gedenken, die man dort schlechtweg als Indios bravos (wilde Indianer) bezeichnet. In Peru sind sie von gelber bis dunkelbrauner Farbe. Unter den Frauen finden sich bald dicke und untersetzte, bald schlankere Gestalten, die nur mit dem Lendenschurz bekleidet sind. Das Haar ist straff und lang. Das Gesicht und andere Körperteile pflegen sie zu bemalen. Meistens findet sich Einweiberei. Sie besorgen ihre reichen Felder und Gärten, in denen die Banane, der Mais, die Yuka gedeihen, spinnen, weben, kochen, verfertigen Hängematten usw. Zu den Indios bravos in Ecuador gehören die Yumbos, Nachkommen der alten Quitus, die der Inka Huaynacapak unterwarf. Ihre Frauen sind gut gewachsen und von angenehmen Zügen, mit schönen schwarzen Augen. Sie tragen ein ärmelloses, kaum bis an die Knie reichendes Hemd, von einem roten oder gelben Gürtel zusammengehalten, und um den Hals 10-20 Reihen von Glasperlen. Das lange schwarze Haar fällt in dichten Massen um die Schultern.

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Abb. 148. Azteken-Indianerin (Mexiko).

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Abb. 149. Aztekenweib und Kind.

 

Die Waldindianerin Brasiliens.

Von den im Nordwesten Brasiliens lebenden Indianerinnen berichtet Koch-Grünberg, daß sie bei ihrem Volk geachtet sind und sich durch Fleiß und Kunstsinn in der Kleinindustrie auszeichnen.

Der Eintritt in die Pubertät wird durch Fasten und durch verschiedene Festlichkeiten gefeiert. Bei den Nacpez u. a. bestehen Reste des Frauenraubes und Frauenkaufes, Polygamie ist selten, die Heiligkeit der Ehe steht auf hoher Stufe. Als Koch-Grünberg einen Kaziken fragte, was die Männer seines Stammes tun, wenn ein Weib untreu wird, bekam er zur Antwort: »Es kommt nie vor.« Das Benehmen der Frauen ist durchaus dezent und ihr Einfluß auf die Handlungsweise des Mannes gar nicht zu unterschätzen. Tatsächlich schließen sie zumeist den Handel ab, während der Mann nie ein Stück aus ihrem Besitztum ohne ihre Zustimmung veräußern würde.

Die Frauen am Isana üben sogar die ärztliche Kunst aus. Die Kultur der Manioka und die Töpferei liegen völlig in ihren Händen. Neben hoher Intelligenz ist Gutmütigkeit ein hervorstechender Zug der Indianerinnen Nordwest-Brasiliens; so werden auch die Kinder liebevoll von ihren Eltern behandelt.

Bei den von Karl von den Steinen beschriebenen Indianerstämmen am Xingu sind die Frauen erheblich kleiner als die Männer, nämlich etwa 1,460-1,470 m groß. Die Hautfarbe enthält in allen Abstufungen eine Skala von gelbgrauen Lehmtönen. Das schwarze oder braunschwarze Haar ist von mäßiger Stärke und zuweilen wellig. Es bedeckt vorn die Stirn völlig und fällt hinten frei herab. Die Iris der ziemlich horizontal liegenden Augen ist dunkelbraun. Die Wimpern, wie überhaupt alles übrige Haar am Körper, werden rasiert oder ausgezogen. Die Frauen lieben die Läusejagd, ein Sport, der bei den Männern nie beobachtet worden ist. Sie tragen vor der Scham ein winziges, dreieckig geformtes Stückchen Rindenbast, Uluri genannt, das aber nur als Schutz des Geschlechtsorgans gilt; denn ein Schamgefühl in unserm Sinne kennen diese glücklichen Völker nicht. Dagegen hat v. d. Steinen bei ihnen ein lebhaft ausgeprägtes Sich-Schämen beim Essen beobachtet, daher sie lieber haben, wenn ihnen niemand bei dieser Verrichtung zuschaut. Allenthalben findet sich die Einrichtung des Mutterrechts. Hinterläßt der Häuptling keinen Sohn, so geht die Würde auf den Sohn seiner Schwester über.

Die Ehe wird ohne besondere Feierlichkeit geschlossen. Der Vater des jungen Mädchens erhält, nachdem die Angelegenheit genügend besprochen, eine größere Anzahl von Pfeilen und Steinbeilen; alsdann hängt der junge Mann seine Hängematte über der des Mädchens auf, womit alle Zeremonien erledigt sind. Auch die Scheidung ist von gleicher Umstandslosigkeit. »Die Frau geht fort; vielleicht erwischt er sie wieder«, heißt es. Die Stellung der Frau ist zwar eine dienende, doch wird sie nicht schlecht behandelt und bis zu einem gewissen Grade geachtet.

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Abb. 150. Azteken-Indianerin (Mexiko).

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Abb. 151. Junge Sokifrau aus Tuxtla (Mexiko).

Abortivmittel werden häufig angewandt, da die Frau sich vor der Niederkunft fürchtet. Nach dieser macht der Mann regelmäßig eine Couvade durch. Von den Karipanas-Indianerinnen am Madeira wird berichtet, daß sie vor versammeltem Volk gebären müssen.

Die Typen der verschiedenen, an Volkszahl übrigens unbedeutenden Stämme, wie der Bakairí, Bororó, Trumaí, Péua u. a. zu unterscheiden und besonders zu beschreiben, ist außerordentlich schwierig.

Nach den Abbildungen in den Werken Karl von den Steinens zu urteilen, machen die Frauen der Bororó den günstigsten physischen Eindruck. Nicht nur erreichen sie das respektable Durchschnittsmaß von 1,605 m Höhe, sondern auch ihre Gesichter sind oft recht anmutig und freundlich. Auffallend sind die schlanken, feingeformten Beine, sowie die kleinen Hände und Füße. Allein die Häuptlinge der Bororós leben in Polygamie. In der Hütte der Ehefrau und deren Kinder darf der Gatte nur die Nacht verbringen, während er am Tage seine Zuflucht in einem gemeinschaftlichen Männerhause findet. Dieser »Ranchão«, das Männerhaus, ist beiläufig eine Einrichtung, die an die Gebräuche der malaiischen Völker im fernen indischen Ozean erinnert. Er wird nur von unverheirateten Männern bewohnt, die sich des Abends Mädchen einfangen, sie vorübergehend festhalten und gemeinsam benutzen; doch scheint der Gewaltakt von den Frauen nicht unangenehm empfunden zu werden. Solche Mädchen können freilich nicht mehr heiraten. Alle Männer des Ranchão gelten als die Väter der hier erzeugten Kinder.

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Abb. 152. Huicholes-Indianerinnen von der Sierra del Nayarit, Mexiko.

Ein bekannter Volksstamm im östlichen Brasilien sind die nach dem Pflock in ihrer Oberlippe (portugiesisch botoque) genannten Botokuden. Übrigens entwöhnt sich die jüngere Generation bereits dieser sonderbaren Zierde. Die Frauen sind kräftig und mittelgroß; ihre Hautfarbe ist ein schmutziges, fast bronziertes Braun. Die Typen sind sehr verschieden, doch haben alle tiefliegende Augen, die nicht besonders groß sind, aber recht lebhaft dreinblicken. Bezeichnend sind ferner eine niedrige Stirn, vorstehende Backenknochen, rabenschwarzes, schlichtes Haar und überraschend zierliche Gliedmaßen. Vom Körper, den sie mit verschiedenen Farben bemalen, entfernen sie alle Haare. Als Schmuck sind besonders die Zähne aller Arten Tiere beliebt. Sie heiraten in jugendlichem Alter. Die Ehe ist monogam; nur besonders glückliche Jäger haben wohl 2-3 Weiber. Für gewöhnlich gelten sie als treu in der Ehe. Kommt aber ein Fall von Ehebruch vor, so ist der Mann schändlich genug, seinem Weib ein Stück Fleisch – aus dem Steiß auszuschneiden.

Die Weiber der Coroados oder Kaingangs im südlichen Brasilien, von den dortigen Deutschen Bugres genannt, sind klein, aber wohl proportioniert und in der Jugend öfters von angenehmen Zügen. Die kleinen Augen liegen etwas schräg, die Lippen sind dick. Auch bei ihnen herrscht der Brauch, alle Haare vom Körper zu entfernen. Die Scham bedecken sie mit einem Fasergürtel. Sie werden von ihren Männern gut behandelt. Den Kriegsspielen der Männer wohnen sie bei, indem sie sie unter fürchterlichem Geschrei anfeuern, ihnen die Kalabassen mit dem berauschenden Getränk reichen und die sinnlos Betrunkenen vom Platze schaffen. Vielweiberei ist allgemein üblich; es kommen vier bis sechs Weiber bei einem Manne vor, die alle derselben Familie entstammen.

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Abb. 153. Galtipan-Indianerin beim Wassertragen.

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Abb. 154. Zapotekfrau aus Tehuantepek, Mexiko.

Die Frauen der Guato oder Buató, die Reisende als die schönsten Indianerinnen Brasiliens bezeichnen, leben in Paraguay und in Matto Grosso. Auch sie tragen einen Holzpflock in der Lippe. Ihre Scham bedeckt nur ein Lendenschurz. Polygamie steht hier im vollsten Schwunge. Es gibt Männer, die drei bis zwölf Frauen ihre Ehehälften nennen, und sie alle mit so großer Eifersucht bewachen, daß selbst die eignen Söhne, sobald sie halbwegs erwachsen sind, zum Tempel hinausgeworfen werden und einen eignen Hausstand gründen müssen.

 

Die Indianerin der Plataländer.

Die ziemlich zahlreichen, kräftigen Stämme im Gran Chaco sind von dunkler Farbe. Die Weiber tätowieren ihren ganzen Körper mit zahllosen Arabesken. Während bei andern Stämmen die Männer das Haar kurz tragen, und die Frauen es lang wachsen lassen, ist es bei den Gran Chaco-Indianern umgekehrt: bei den Männern reicht es bis zur Stirn und den Schläfen, wogegen die Frauen es gänzlich abschneiden.

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Abb. 155. Frauen von Tehuantepek (Mexiko) in der heimischen Tracht.

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Abb. 156. Mexikanische Indianerinnen aus dem Staate Oaxaca beim Spinnen.

Die Kaziken (Häuptlinge) haben eine Anzahl von Weibern, die übrigen gewöhnlich nur zwei.

Bei den Mataguayos oder Matacos macht das junge Mädchen, ehe es heiratet, eine schwere Fastenzeit durch; Ehebruch gilt bei diesem Stamme als Verbrechen, kommt aber nur selten vor.

Von der Polygamie machen die Tobas eine Ausnahme, vielleicht deswegen, weil ihre Weiber äußerst eifersüchtig sind. Der Toba darf sein Weib verstoßen; aber Unheil entsteht, wenn er dann eine andere nimmt. Sofort beginnt ein Zweikampf der beiden Rivalinnen, die aufeinander mit Fisch- oder Ziegenknochen losgehen. Täglich beginnt der Kampf aufs neue, bis eine unterliegt. Der Freier erhält die Erwählte ohne Umstände von deren Eltern; die Heirat erfolgt etwa in der Weise der Waldindianer (siehe voriges Kapitel). Bei den Mataguayos und Tobas tragen zwar die Männer Schamgürtel, dagegen gilt den Weibern wohl oft nur die rotgelbe Bemalung ihres Körpers als Garderobe.

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Abb. 157. Juavefrau mit Wassergefäßen. Gegend von Tehuantepek.

Den Tobas sind die Pilagá verwandt. Ihre Weiber werden von der gleichen Eifersucht gequält wie die der Toba. Aber nicht nur um begehrte Männer, wie bei diesen, sondern oft um Nichtigkeiten werden von ihnen Duelle so lange ausgefochten, bis sie zur Einsicht gelangen, daß es besser ist, gesund zu bleiben als sich den Körper zu zerfleischen.

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Abb. 158. Mexikanische Indianerin bei der Bereitung der Tortillas.

Die Stämme im Zentral-Chaco brauen berauschende Getränke aus der Algarobofrucht oder aus Honig. Während der alljährlich einen Monat lang währenden Bereitung leben sie beständig in einem Alkoholtaumel. Da die Frauen erst trinken dürfen, nachdem sie geheiratet haben, kann man das Alter eines Kindes erfahren, indem man seine Mutter fragt, wie oft sie schon betrunken war.

Bei den stammverwandten Abiponern im nordöstlichen Argentinien, die ebenfalls in Polygamie leben, wird die Tüchtigkeit der Frauen gerühmt.

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Abb. 159. Zapoteka-Indianerinnen im Sonntagskostüm aus Tehuantepek im Staate Oaxaca, Mexiko.

Außer der Anfertigung von Waffen ruht alle Arbeit auf ihren Schultern. Sie bauen die Hütte, schleppen Holz und Wasser herbei, richten die Mahlzeit her, formen und brennen Töpfe und bereiten den Männern das berauschende Getränk, Aloja genannt; oder sie spinnen und färben Wolle oder Baumwolle und verfertigen ihre primitiven Kleidungsstücke.

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Abb. 160. Taraskanerin aus Santa Fé de Laguna, Mexiko.

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Abb. 161. Taraskanerin aus Santa Fé de Laguna, Mexico.

Die Guaranys, zur Tupifamilie gehörig, leben vornehmlich in Paraguay. Ihre Frauen gehören meines Erachtens zu den schönsten, die unter den indianischen Völkern der beiden Kontinente zu finden sind. Die gewöhnliche Hautfarbe ist gelblichbraun, doch gibt es viele Nuancen, sogar, wie ich nicht selten gesehen habe, reines Weiß. Indessen ist anzunehmen, daß diese Farbe aus Beimischung europäischen Blutes (vielleicht der alten Paulistaner) entstanden ist. Die Guarany heiratet im Alter von zehn bis elf Jahren; eine neunzehnjährige Unvermählte gälte als alte Jungfer. Platz sagt von ihnen:

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Abb. 162. Otomifrau aus Huixquilucan bei Dos Rios, Mexiko.

»Die Damen der vornehmeren Klassen kleiden sich schwarz; schwarz ist im schwarzen Haare der Kamm, schwarz sind die mutwillig feurigen Augen, schwarz sind Mantel und Kleid. Die Mädchen der mittleren Klassen, die ›Guigaberas‹ oder ›Mädchen vom goldnen Kamm‹, die in diesem Weiberstaate den gesamten Kleinhandel, die Gewerbe, die kleinen Partikuliers, mit einem Worte den Bürgerstand darstellen, sieht man auf der Straße mir untadelhaft sauberem Hemde, mit weißem, spitzenbesetztem Unterrocke, mit schwarzer Seitenmantille, mit goldnem oder Schildpattkamme im schwarzen, glänzenden Haare, Fingerringen und ein paar Korallenketten über der Brust. Schuhe gibt es ebensowenig wie Strümpfe, niemals aber fehlt in der Hand ein eleganter Fächer, niemals hinter dem rechten Ohre eine Rose oder Nelke, die gerade so befestigt ist, wie unsere Kaufleute eine Feder zu tragen pflegen. Bei den Frauen niederen Standes besteht die einfache Kleidung aus weißem Zeuge. Der Rock reicht bis auf die Waden und eine Schnur gilt als Gürtel.«

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Abb. 163. Mexikanisches Indianermädchen bei der Herstellung von Tongefäßen.

Es gewährt einen hübschen Anblick, diese Guaranyfrauen im Gänsemarsch zum Wasserholen oder auf den Markt gehen zu sehen. Jede Frau, jung oder alt, raucht Tabak; fast immer hat sie eine kolossale Zigarre im Munde. Selbst die Kinder rauchen; wenn Säuglinge unartig sind, steckt ihnen die Mutter eine angekaute Zigarre in den Mund. Man rühmt an den Guaranyfrauen große Anhänglichkeit an ihre gleichviel ob angetrauten oder nicht angetrauten Männer; sie widersprechen nicht, sind außerordentlich sauber in allen Dingen, fleißig und verständig.

Weiter erwähnt Platz die Sitte, daß man bei Ankunft wie beim Abschied jedem Einzelnen bis zum jüngsten Kinde die Hand reicht. »Dabei fehlt es nicht an gewählten Redensarten, in denen gerade spanische Lippen so Unübertreffliches leisten. Freilich darf man sich nicht wundern, wenn Damen der besten Gesellschaft frei und frank über Dinge sprechen, bei deren Erwähnung einem Europäer die Haare zu Berge stehen würden. Auch darf man nicht in Erstaunen geraten, wenn die Hausfrau eigenhändig sich eine mächtige Zigarre zurechtdreht. Dabei liebt man den allerschwersten Tabak und läßt entweder die angerauchten Zigarren ein paar Stunden lang liegen, damit sie noch kräftiger werden, oder überträgt auch wohl das Geschäft des Anrauchens den Dienstboten.

Die Männer faulenzen und lungern herum, die Frauen mühen sich im Schweiße ihres Angesichtes. Ja, die Frauen bearbeiten nicht nur die Felder, sie befassen sich auch mit Gartenbau, exportieren Yerba Mate und Orangen, andere leben von der Hausindustrie, wie Spitzenklöppelei; kurz, es scheint, als ob hier Handel, Gewerbe und Industrie gänzlich in den Händen der Frauen liege.«

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Abb. 164. Indianerin im Staate Yucatan, Mexiko.

Bei den Frauen der Payagua, ebenfalls in Paraguay, geht der Abscheu vor Haaren am Körper so weit, daß sie sich selbst die Augenliderhärchen ausreißen. Zur Zeit der Pubertät beginnen die Martern der Tätowierung, die sie ohne ein Zeichen des Schmerzes ertragen müssen. Sie heiraten oft schon mit zehn Jahren. Die Brüste, die sie sich vorher schon durch Druck von unten verlängert haben, werden nun durch Bandagen noch mehr ausgedehnt.

Bei den Chamacocos, wieder einem Stamm in Paraguay, kommt die Ehe offenbar nur mit Hindernissen zustande. Zunächst knüpft der Jüngling Beziehungen zu einer alleinstehenden älteren Frau oder Witwe an. Allmählich sammelt er Erfahrungen, und schließlich wagt er es, einem jungen Mädchen einen Antrag zu machen. Diese weist ihn vorläufig zurück, gibt aber schließlich seinen und seiner Freunde Überredungskünsten nach. Sobald nun die Folgen des Verkehrs sichtbar werden, legen sich die Eltern der beiden ins Mittel und schaffen Ordnung, indem sie nach Standesbrauch Hochzeit feiern lassen. Das junge Paar hält fortab gut zusammen, und selten ereignet es sich, daß später der eine oder der andere Teil untreu wird.

Die Indianerin der argentinischen Pampa ist etwa mittelgroß oder darunter, von häßlich gelblichroter Haut, ziemlich fleischig, zuweilen sogar fett. Sie hat ein breites Gesicht mit vorstehenden Wangenbeinen, zierliche Hände und kleine, aber breite Füße. Ich stimme mit den Reisenden überein, die die südliche Pampa-Indianerin an die Zigeunerin Europas erinnert hat. Feingliedrigkeit dagegen, und ein nicht unelegantes Wesen findet sich bei der nördlichen.

Der Gang der südlichen Pampera ist jedenfalls ungraziös. Sie ist sehr fleißig, durchaus die Sklavin ihres müßiggehenden Mannes. Zu Pferd, das sie bald ungesattelt, bald auf einer gehäuften Anzahl von Schaffellen reitet, ist sie vielleicht noch gewandter als zu Fuß. Auch das Hüten und Treiben des Viehes ist ihre Sache. Im übrigen ist sie diebisch und unsauber.

Um eine Gattin zu erlangen, veranlaßt der Jüngling alle seine Freunde und Verwandten bei den Eltern der Braut Besuche zu machen und für ihn zu werben. Schließlich darf er das Weib heimführen, nachdem er die Schwiegereltern mit allerlei Tieren und Dingen beschenkt hat; doch wird die Heiratszeremonie sehr umständlich, nach einer gewissen Etikette vollzogen.

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Abb. 165. Gruppe von Otomifrauen und -Mädchen in heimischer Tracht aus Huixquilucan.

Im Falle von Untreue ist der Mann berechtigt, das Weib und den Verführer zu töten; meist aber wird er durch Geschenke beschwichtigt und darf der Frau dann nie wieder Vorwürfe wegen ihres Vergehens machen. Neugeborne werden häufig getötet; ist aber einmal beschlossen, sie am Leben zu erhalten, so werden sie mit großer Liebe erzogen.

 

Die Indianerin des südlichen Südamerika.

Zwischen den in Chile und im riefen Süden, in Patagonien und Feuerland lebenden Indianerstämmen einerseits, und ihren Nachbarn ein paar Grad nördlicher andrerseits, sehe ich guterdings keinen Zusammenhang. Nach den winzigen herabgekommenen Inka-Indianern und den unbedeutenden Pampavölkern stoßen wir im mittleren und südlichen Chile plötzlich auf einen Stamm von urkräftigen, fast riesenhaft gewachsenen Menschen, die Araukaner.

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Abb. 166. Otomifrau aus Huixquilucan bei Dos Rios, Mexico.

Die Araukanerin ist zwar viel kleiner als die Männer ihres Stammes, aber immer noch über mittelgroß, von schmutzig kupferroter Farbe, fleischig und öfters fett, sehr muskulös und von energischen, scharfen Zügen, obwohl sie weicher sind als die der Männer.

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Abb. 167. Mexikanische Indianerinnen bei der Bereitung von Tortillas.

Sie tragen große Lenden- und Nackentücher, die an einer Schulter durch starke silberne Nadeln zusammengehalten werden, und silbernen Schmuck. Der Araukaner lebt in Polygamie; er erwirbt seine Weiber durch Kauf von deren Eltern. Die Häuptlinge machen außerdem gefangene Weiber zu ihren Konkubinen. Alle Weiber leben friedlich nebeneinander in einem Haus, nur hat jede ihre gesonderte Feuerstelle. Früher tötete der Araukaner ein untreues Weib; ich zweifle, daß er noch heute so streng verfährt. Mit dem laxen Leben der jungen Mädchen hatte man stets Nachsicht; sie pflegen auch heute noch, besonders in den Städten, freieste Sitten. Alle Arbeit ruht auf den Schultern des Weibes. Sie muß das Haus und Feld besorgen, Wolle spinnen, Matten flechten, Hüte, Fischnetze, Körbe verfertigen usw.

An die Araukaner schließen sich südlich die Tehueltschen oder Patagonier, die sich selbst Tsoneka nennen, an. Die Frauen der Patagonier sind ziemlich große, fleischige Gestalten von 1,602-1,670 m Höhe und oliven- oder kastanienbrauner Farbe. Sie sind heiter und freundlich und von gutem Aussehen. Ihre Wangen schmückt ein natürliches Rot, wenn es nicht gerade durch ein Gemisch von Straußenfett und rotem Ton hervorgerufen ist. Ihre Augen sind glänzend, dunkelbraun, und von dichten Wimpern beschattet. Der Mund ist normal, die Lippen sind verhältnismäßig fein. Das dichte, schwarze und glänzende Haar fällt gleich der Mähne eines Pferdes auf die Schultern. In der Jugend sind sie etwas schlanker und wohl auch etwas heller. So hübsch die jungen Mädchen oft sind, so grundhäßlich erscheinen die alten Weiber.

Die Patagonierin ist bescheiden und liebenswürdig, aber nicht minder kokett als unsere zivilisierten Schönen. Strapazen und Arbeit, die ihnen reichlich zufallen, scheinen ihren Reizen nicht viel Abbruch zu tun. Jeden Morgen nehmen sie ihr Bad, züchtig von den Männern getrennt; sie besorgen nicht nur gegenseitig ihre eigne Frisur, sondern auch die der Männer. Obschon sie einen peinlichen Reinlichkeitssinn bezeugen, täglich ihre Toldas (Hütten) aufs sorgfältigste säubern, obwohl sie förmlich versessen auf Seife sind und sofort alles Ergreifbare damit waschen, sind sie doch von Läusen bedeckt, die sich in die Mäntel, in die sie sich vom Hals bis zu den Füßen einhüllen, fest eingenistet haben. Der Eintritt der Pubertät der jungen Mädchen wird durch Feste gefeiert. Sie heiraten nach Herzensneigung im Alter von vierzehn bis fünfzehn, nach andern erst im sechzehnten Jahre. Nie wird den Mädchen eine Heirat aufgezwungen.

Polygamie ist erlaubt, doch finden sich meist nur ein bis zwei Frauen in jeder Ehe. Ehepaare, die keine Aussicht haben, Familiennachwuchs zu bekommen, nehmen nicht selten einen Hund an Kindesstelle an.

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Abb. 168. Mexikanische Indianerinnen beim Wasserholen.

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Abb. 169. Ein Ketschimädchen aus Senahu, Guatemala (Zentralamerika).

Die Feuerländerin im tiefen kalten Süden, den vorigen verwandt, ist etwas unter mittelgroß. Sie ist olivbraun, ein wenig heller als die Patagonierin, und präsentiert einen feisten und fetten Körper, dem entsprechend auch jegliche feinere Gliederung abgeht. Die Haut ist weich und zart und fühlt sich stets warm an. Tätowierungen oder Bemalungen am Körper fehlen, dagegen liebt die Feuerländerin ihr Gesicht durch Querstreifen mit rotem, weißem oder schwarzem Ton zu färben. Das tiefschwarze lange und straffe Haar gleicht wie das der Patagonierin einer Pferdemähne, doch wird es im Nacken und vor der Stirn abgeschnitten. Das Gesicht ist rund und flach, die Nase groß und vollkommen platt gedrückt (mehr als bei den Männern); zugleich stehen die Backenknochen enorm hervor. Die Stirn ist gewölbt. Die äußeren Winkel der kleinen schwarzen Schweinsaugen stehen um 39 mm voneinander ab, also noch mehr als bei den Eskimos. Der Mund ist plump, mit dicken, vollen, hängenden Lippen. Das Kinn bildet eine runde, fast kugelige Hervorwölbung.

Die wadenlosen Arme und Beine sind schwach. Die Büste dagegen ist wieder kräftig breit und hat einen Umfang von 945-1030 mm; die Brüste sind voll, nur wenig hängend, mit nach unten gerichteten Warzen. Stark hervorgetrieben erscheint der Bauch.

Die Feuerländerin ist sehr unsauber; ihre Kleidung besteht gewöhnlich aus einem um die Lenden geschlagenen Pelz, aber häufig ist sie ganz nackt. Die Jünglinge heiraten im Alter von vierzehn bis sechzehn Jahren mit Vorliebe ältere Mädchen; denn dem Alter wird bei den Feuerländern besondere Verehrung zuteil. Doch sind die Mädchen gewöhnlich zwölf bis dreizehn Jahre alt, wenn sie für eine Anzahl von Fellen von ihren Eltern, indessen mit ihrer – der Mädchen – Zustimmung in die Ehe gegeben werden.

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Abb. 170. Indianerin, wie man sie in den Straßen der Hauptstadt von Mexiko zu sehen pflegt.

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Abb. 171. Frau und Kind vom Ketschistamme, Guatemala (Zentralamerika).

Über die Eheverhältnisse der Feuerländer ist man sich noch nicht im klaren. Angeblich herrscht Polygamie. Nach einigen Berichten soll jeder Mann 2-4 Frauen haben; nach andern zeigt sich im Verkehr der Geschlechter vollkommener Kommunismus.

Die Feuerländerin gebärt oft und leicht, jedoch ist die Sterblichkeit der Kinder groß. Neugeborne werden sofort ins Meer getaucht. Die Kinder werden zuerst mit großer Liebe behandelt, allmählich aber stellt sich Gleichgültigkeit ein.


Wir betrachten nun die Frauen der in Amerika sehr zahlreichen gemischten Völker. Während wir in andern Weltteilen mit wenigen Ausnahmen nur auf Mischungen mehr oder minder verwandter Völker stoßen, die selbst im Falle ferner Verwandtschaft noch ein und derselben größeren Völkerfamilie angehören, begegnen wir in Amerika auf beiden Hemisphären einer Vermischung heterogenster Elemente: der Verschmelzung von Kaukasiern mit eingebornen Amerikanern (Indianern), Kaukasiern mit afrikanischen Negern, und Indianern mit Negern. Das bedeutet, in Farben ausgedrückt, eine Vermischung von weiß mit rot, weiß mit schwarz, schwarz mit rot; ja selbst ein Kompositum aus allen drei Farben ist etwas ganz gewöhnliches. Für die verschiedenen Mischungen sind bestimmte Bezeichnungen gebräuchlich, ohne daß aber eine feste Übereinstimmung vorhanden ist. Im folgenden gebe ich die von Middendorf für die Bevölkerung der Westküste Südamerikas, insonderheit Perus, aufgestellte Tabelle wieder, indem ich bemerke, daß die mit einem * bezeichneten Namen in den meisten andern Ländern ungebräuchlich sind. Vgl. damit die von mir weiter unten gebrauchten Bezeichnungen.

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Abb. 172. Nikoya-Indianerin aus Costa Rica (Zentralamerika) vor ihrem Blätterhause.

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Abb. 173. Weib vom Karaibenstamme (Orinokomündung).

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Abb. 174. Talamanca-Indianerinnen, Zentralamerika, Kinder tragend.

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Abb. 175. Indianerinnen aus Salina Cruz, zentralamerikanische Küste.

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Abb. 176. Indianerin von Niederländisch Guayana.

Tabelle nach Middendorf.

Vater: Mutter: Kind:
Europäer Europäerin Weißer Kreole
Kreole Kreolin Weißer Kreole
Weißer Indianerin Mestize
Weißer Mestizin Weißer Mestize
Weißer Negerin Mulatte
Weißer Mulattin Quarteron
Weißer Quarteronin Quinteron
Weißer Quinteronin Weißer
Neger Indianerin Chino*

 

Abarten der Vorigen; sogenannte Salta-atrás.

Vater: Mutter: Kind:
Neger Mulattin Zambo*
Neger Zamba Dunkler Zambo
Neger Dunkle Zamba Neger
Neger China Zambo
Mestize Indianerin Cholo

 

In den Vereinigten Staaten werden alle Schwarzfarbigen, also sowohl reine Neger wie deren gemischtblütige Nachkommen, aus deren Antlitz noch die afrikanische Herkunft erkennbar ist, gemeinhin coloured people genannt. In Haïti dagegen unterscheidet man streng zwischen der population noire, den eigentlichen Schwarzen, und den gens de couleur, den Gemischtfarbigen, die sich oft feindlich gegenüberstehen. So gibt es in Kuba, Haïti und Santo Domingo niemals einen gesellschaftlichen Verkehr zwischen den »Klassen« der Schwarzen, der Mulatten und der Hellerfarbigen.

Über den Charakter und den Kulturwert der Mischlingsrassen sind genug ungünstige Urteile, besonders unter Engländern und Amerikanern, im Umlauf. Eine eingehende Beobachtung des neuen Menschenmaterials läßt uns bald erkennen, daß es sich meist nur um leichtfertige Rassenvorurteile handelt, wie sie eben in der ganzen Welt bestehen. Die Mischlinge haben so gute Eigenschaften, natürlich neben minderwertigen, wie die Angehörigen sogenannter reiner Rassen. Den Mischungen der ersten Generation kann ich allerdings selber keinen sehr großen Geschmack abgewinnen; dahin gehören also die aus Weißen und Negern entstandenen »Mulatten«, die aus Weißen und Indianern entstandenen »Mestizen«, und die aus Negern und Indianern entstandenen »Zambos«.

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Abb. 177. Typus einer Llanera von Niederländisch Guayana.

Statt Mulatten findet sich bei den Spaniern häufig der Ausdruck Pardo, und für Zambos hin und wieder Jibarros (portug. Xbaros) oder Cimarrones (in Brasilien außerdem Cafuzos, Caribocos, Tapanhunas usw.).

Die erste Generation der Mischlinge neigt sichtbar zu der farbigen Rasse der Väter. So erkennt man die Mulattin auf den ersten Blick, abgesehen von der dunkeln Hautfarbe, an dem wolligen Haupthaar als afrikanische Deszendentin. Das Haar der nächsten helleren Generation, also der Kinder von Weißen und Mulattinnen, ist bereits wellig, nur die gelbbraune Haut, zuweilen auch das glänzend schwarze, eigentümliche Auge lassen auf die gemischte Herkunft schließen.

Die weiteren »Aufhellungen« aber, die von einer vermehrten Zufuhr weißen Blutes herrühren, präsentieren völlig neue Völker, wie die Quadronen in den südlichen Vereinigten Staaten und in Westindien, und die Kreolen in Zentral- und Südamerika, denen wir unsere Sympathien nicht versagen können.

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Abb. 178. Kolumbische Indianerinnen aus Antioquia.

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Abb. 179. Sumu-Indianerinnen von der Moskitoküste (Zentralamerika).

Betrachten wir nunmehr die Frauen der verschiedenen Mischrassen, indem wir mit den Mulatten und ihren Deszendenten beginnen. Ethnographisch wäre eine Besprechung dieser Völker im afrikanischen Weltteil mehr am Platze. Hier sind sie aber verhältnismäßig in so geringer Zahl vorhanden, daß ihre Erwähnung unter den amerikanischen Völkern, bei denen sie in vielen Millionen über die südlichen Vereinigten Staaten, über ganz Westindien und Brasilien verbreitet sind, gerechtfertigt erscheint.

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Abb. 180. Colorado-Indianerin von Ecuador.

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Abb. 181. Chaco-Indianerinnen in festlicher Tracht.

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Abb. 182. Indianerin aus Guatemala.

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Abb. 183. Choroteweib und -Kind vom Bolivischen Chaco.


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