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Geleitwort zur zweiten Auflage.

Ehret die Frauen! Sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Rühren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand.

Schiller.


Wurzel der Sünde, Rüstung des Teufels!
Wenn du ein Weib siehst, glaube nicht, daß
du ein menschliches Geschöpf oder auch nur
ein wildes Tier erblickst. Es ist der Teufel selbst.

Antonius der Heilige.

Als die erste Morgenröte über das werdende Menschengeschlecht heraufglühte, da fiel Licht und Schatten zugleich auf das Weib. Und je mehr das strahlende Gestirn unserer Erkenntnis das dämmernde Dunkel der Frühzeit erhellt, um so deutlicher sehen wir das Weib bedroht von den Wolken des Hasses und umgaukelt vom Zephyrhauche der werbenden Liebe. Diese Zwitterstellung ist ihm geblieben. Im höchsten Freudengefühl schlummerte der Keim der Übersättigung und der Enttäuschung und der Keim wuchs zum Baum der Askese, in dessen dumpfem Schatten die umgebende Natur dahinstarb. Da zwangen die Machthaber der Jahrhunderte Viele, in deren Adern noch gesundes, lebenswarmes Blut rollte, sich in diesem Schatten anzusiedeln. Sie wollten das Weib, aber sie durften es nicht haben. So gebar ihnen dafür die Askese den Haß und die Verachtung gegen das Weib, mit denen sie vor der Öffentlichkeit ihr ungestümes Verlangen zu erdrosseln schienen. Neid und Haß drückten ihnen den Griffel in die Hand und so entstand eine Schmähschrift. Das Weib sollte und durfte nicht einmal Mensch sein. Die Welt hat darüber gerichtet und wo man, wie ein Sprichwort sich derb ausdrückt, die Natur mit der Gabel austrieb, sie kehrte stets zurück. Daß sie stets zurückgekehrt ist, das zeigt die große Menge von Schriften, die dem Weibe gewidmet sind. Noch knüpft der Mutter liebevolle Hand die ersten Blüten in den Lebensfaden des Kindes, noch streut das Mädchen glühende Rosen auf den Pfad des jungen Mannes und schwebt durch die Träume seiner Jugend, noch ist die Liebe die gewaltigste Fessel, die Herz und Körper bindet, ein Zauberland, das niemals betreten zu haben, der bedauerlichste Verlust des Lebens ist. Soll da das Weib nicht schon um dessentwillen Gegenstand einer Betrachtung sein, das Weib, das am tiefsten und am längsten in den Werdegang des Mannes eingreift? Das Weib im Leben der Völker gleicht trotz der einheitlichen Grundlage den wechselnden Bildern eines Kaleidoskopes und wo das Weib den Mann nicht anzieht, da liegt es zumeist daran, daß es ihn nicht kennt und er nicht das Weib. Entweder war der Gang der Kultur nicht dazu angetan, oder Mann und Weib haben sich außerhalb der normalen Entwicklung begegnet. Die Natur hat beide verschieden geschaffen und darin liegt auch der verschiedene Wirkungskreis der Geschlechter begründet. Es ist eine Dekadenzerscheinung, wenn der Mann sich darin gefällt, weibisch zu erscheinen; eine ebenso große Dekadenz ist es aber, wenn ein Weib männlich erscheinen will. Nur die Ausbildung der natürlichen Eigenschaften und ihre Steigerung zum höchsten erreichbaren Grad liegt im Wollen der Natur, nur sie kann einer wahren Weiterentwicklung der Menschheit dienen. Wenn das Weib nicht mehr in der Lage ist, seine Kulturwelt auszubauen und zur verarmten Nachahmung schreiten muß, dann wird es zur Karikatur. Jede Karikatur ist aber in sich wertlos, sie ist negativ und dient nur zur Erheiterung oder zur Geiselung. Ein Zweig unserer Frauenbewegung, der in Männerkleidern männliche Berufe ausführen will und um extreme politische Ideen sich abstreitet, mutet an, wie eine Henne aus dem Hühnerhof, die das Krähen versuchen will und dazu eine Hahnenfeder in den Schnabel nimmt. Nicht die Hülle schafft reale Werte, sondern der Kern; dieser Kern aber bleibt dem Weibe ebenso unerreichbar, wie dem Manne das Kindergebären. Und in diesem Worte liegt die ewige, unvergängliche, chinesische Mauer für die Arbeitsteilung beider Geschlechter. Wenn es wahr ist, was mehrmals behauptet wird, daß das politische Leben stets ein trauriges Vorrecht des starken Geschlechtes bleibt, warum will das Weib, auf das die Natur große Pflichten geladen hat, unter einer traurigen Bürde seine schönen Seiten verkümmern lasten? Mit gewissem Recht sagt Mantegazza, daß das Weib in der Mutterschaft so viele Kräfte verbraucht, daß sie für zehn Athleten hinreichen würden, daß es dabei solche Werte an Liebe spendet, wie sie zur Entwicklung eines Genies nötig sind. Das Hervorbringen eines Menschen ist so groß, ist so gewaltig und fordert eine so mächtige Kraftleistung, daß mit geringer Ausnahme ein ästhetisches und individuelles Wirken ausgeschlossen wird. Berühmte Frauen, die zugleich glückliche und liebevolle Mütter waren, kannte die Geschichte nur wenige und fast alle, wenigstens bis heute, bezahlten den Versuch mit schmerzlicher Nervosität und dauernder Neurasthenie oder gar, was das traurigste ist, mit kläglicher Einbuße des Gefühlslebens. Zwei große Fragen hat die Welt zu lösen, Europa voran, die soziale und die sexuelle. Die soziale wird nur der Mann und die sexuelle muß das Weib lösen; ja ich stehe nicht an, zu behaupten, daß die soziale gar nicht gelöst werden kann, bevor nicht die sexuelle wenigstens gefördert ist. Jene doktrinären Frauengestalten in Männerkleidern mit tribadenhaften Anstrich und jener politischen Clowns, wie sie besonders England gezeitigt hat, können das allerdings nicht; sie sind eine Degenerationserscheinung, sie sind verwelkte Knospen, die keine Frucht bringen können, weil sie aus irgend einem Grunde nicht blühen konnten. Arbeitsteilung muß also auch hier, wie überall auf der Welt sein und kann nur auf dem Boden der Natur gedeihen. Wir brauchen eine gesunde Frauenbewegung, die sich ein originales weibliches Ideal der Freiheit zum Ziel gesteckt hat, kein nachgeäfftes Idealphantom. Zunächst müssen im Riesenbau des sexuellen Lebens Tür und Fenster geöffnet werden, damit ein frischer Zug die Stickluft daraus vertreibt. Ein freies Weib neben einem freien Mann und beide in ihrer Eigenart entwickelt, das allein kann wahre Arbeitsteilung bringen und nur auf richtiger Arbeitsteilung kann eine gesunde Entwicklung basieren. Für diese bleibt aber maßgebend, daß das Weib die Kinder zu gebären hat und alles was damit und mit deren Entwicklung zusammenhängt, können muß. Das ist ein großes Stück Arbeit; eine Arbeit, die ihm nicht abgenommen werden kann. Richtig aufgefaßt füllt dies Gebiet, da an ihm die häusliche Tätigkeit haftet, das Leben des Weibes; allmonatlich erinnert es die Natur daran; keine Emanzipation wird diesen unbequemen Fingerzeig verwischen können. Will das Weib andere Berufe übernehmen, so wird die Leistungsfähigkeit auf dem bisherigen eingeschränkt, den aber umgekehrt der Mann nicht übernehmen kann. So ist ein Teil der heutigen Frauen nicht mehr mit sich selbst zufrieden und der Mann nicht mit ihnen. Seine Pflicht ist es daher das Weib kennen zu lernen, wie es im Leben der Völker erscheint, und ihm behilflich zu sein, den Weg zum Ideal der weiblichen Freiheit zu finden. Aber nicht nur praktische, sondern rein völkerkundliche Erwägungen sind es, die Monographien über das Weib berechtigt erscheinen lassen. Schon der Mensch des Paläolithikums räumte dem Weibe eine ganz besondere Position ein. Schon für ihn war eine Arbeitsteilung vollzogen, denn die Völker des Magdalenien stellten nur zwei Gebiete ihres Lebens plastisch dar: die Jagd und das Weib. Es soll hier nicht untersucht werden, welchen Zweck die kleinen überraschend gut durchgeführten weiblichen Figürchen dieser Frühzeit des Menschengeschlechtes hatten; auffällig ist nur, daß Jagd und Weib dem Manne von damals allein der Nachbildung wert erschienen; charakteristisch aber, daß er die sexuelle Seite an diesen Figürchen besonders betonte. Offenbar ließ sie es ihm wichtig genug erscheinen, monatelang mit seinen primitiven Werkzeugen an solch einem Figürchen zu schnitzen. Schon damals zwang die Natur das Weib mehr zu Berufen, die einen engeren Wirkungskreis erforderten, es sammelte Früchte, Wurzeln und kleine Tiere, während der Mann als Jäger durch die Fluren und Wälder zog; denn die Natur band das Weib besonders an den festen Platz. Damit zog sich eine eigenartige Scheidelinie, der Mann beschaffte mehr und mehr die animalische, das Weib die vegetabilische Kost, und so wurde das Weib zur Trägerin einer eigenen ihrer Natur angepaßten Kulturwelt. Diesem für alle Betrachtungen des Weibes und für die gesamte Kulturgeschichte so wichtigen Vorgang erblicken wir noch in deutlichen Umrissen bei den heutigen Naturvölkern, und es ist zweifelsohne ein Verdienst, daß das vorliegende Werk es versucht, der weiblichen Tätigkeit über die Erde nachzuspüren. Dies ist um so wichtiger, wenn wir daran denken, daß das Weib innerhalb seines natürlichen Wirkungskreises dazu kam, die größte Entdeckung zu machen, die es je machte, eine der größten Entdeckungen überhaupt, die einen Markstein der menschlichen Kultur bedeutet: die Erfindung des Ackerbaues. Wie oft mag es dem Weibe sauer geworden sein, die mit vieler Mühe gesammelten Samen vor der übermächtigen Eßgier des Mannes einigermaßen sicher zu stellen, wenn dieser von einer erfolglosen Jagd kam. Vielleicht hat sie diese in einen abgelegenen Winkel geschüttet, wo sie aufbewahrt werden sollten, aber statt ruhig zu bleiben, nach einiger Zeit keimten. Die eigenartige Verwandlung schien anfangs natürlich wertlos; aber wie erstaunt mag das Weib gewesen sein, als es nach einiger Zeit in dieser Metamorphose die Träger jener Samen entwickeln sah, von denen es seine Nahrungsstoffe gewinnen konnte. Wie weit mußte es oft vorher laufen, um sie zu finden! Der Landbau war entdeckt und damit eine ganz besonders wertvolle Stufe weiblicher Tätigkeit, die heute noch bei den meisten Naturvölkern die wichtigste des Weibes ist. So lassen sich eine Kette von Momenten anführen, die eine eigene geschlossene Kulturwelt des Weibes dartun. Besonders wichtig werden aber Monographen über das Weib dann, wenn es sich bewahrheitet – was noch sehr weitgehender Untersuchungen bedarf, – daß das Weib Rassencharaktere besser und schärfer bewahrt als der Mann, wie es ja zweifelsohne auch konservativer in seinen Anschauungen und in seiner Lebensweise ist, als sein Genosse.

Wir haben nun genug gesagt über die Berechtigung des Werkes, und es mag deshalb umsomehr angezeigt erscheinen, auch zum Werke selbst einige Worte zu sprechen. Herr Albert Friedenthal ist kein Ethnologe von Fach, er ist auch kein Anthropologe; er ist Künstler. Und doch durfte er sich gerade berufen fühlen, an eine derartige Arbeit heranzutreten; denn er kennt die meisten Frauen der Erde von Auge zu Auge, ja seine Stellung als Pianist hat ihn vielleicht bei vielen Frauen der Erde mehr Einblick und Gehör verschafft, ließ ihn in tiefere Falten ihrer Seele sehen, als es manchem Forscher möglich ist. Schon in den Jahren 1882-85 führten ihn seine Reisen durch die Vereinigten Staaten, Mexiko, Westindien und Venezuela; 1885 bis 1886 bereiste er Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien; 1887 bis 1890 Westindien, ganz Südamerika und machte dann seine erste Reise um die Welt über Südamerika, Zentralamerika, die Vereinigten Staaten, Britisch-Kolumbia, Japan, China, die Philippinen, die Sundainseln, Siam, Birma, Indien, Afghanistan, Belutschistan, das Himalayagebiet, Ceylon, dann über Suez nach Europa, wohin er 1893 zurückkehrte. Es ließ ihn aber auch jetzt nicht ruhig; 1894 bereiste er Griechenland, den übrigen Balkan, die asiatische Türkei, Ägypten, fuhr 1898 um ganz Afrika und unternahm 1899 seine zweite Weltreise, die ihn über Ceylon, Australien, die Südsee und die Vereinigten Staaten führte. 1900 lebte er in Europa, 1901 in Südamerika, 1902 wieder in Europa, um 1903 die dritte Weltreise über die Vereinigten Staaten, die Südsee, Australien, die Sundainseln, Philippinen, Neu-Guinea, den Bismarckarchipel, Birma, Indien zu machen. Die Jahre 1904-1907 sehen ihn in Europa, und 1907 reiste er durch Sibirien und die Mandschurei nach China und Japan. Damit hat der Verfasser zweifelsohne Möglichkeiten ganz seltner Art gehabt, sich die Frauen anzusehen und sich ein eigenes, oft auch für den Fachmann wichtiges Urteil zu bilden. So ist es in diesem Werke besonders erfreulich, daß einmal der Versuch gemacht wurde, den Mischrassen gerecht zu werden. In weitgehendster Weise ist dies bei Amerika erfolgt; wir finden eingehende Schilderungen der eigentümlichen Rassenmischungen des Südens, wo Indianer- und Negerblut sich mit dem des Weißen kreuzte, oder des Nordens, wo die verschiedensten Abkömmlinge Europas sich mischten. Mag es eine Anregung sein, daß sich die Forschung mehr mit diesen Fragen beschäftigt und etwaigen Gesetzen ein größeres Augenmerk geschenkt würde.

Was die anthropologische Gruppierung anlangt, so hat sich der Verfasser eng an das anthropometrische System und den Aufbau von Professor Fritsch angeschlossen, ohne Zweifel für die Zwecke dieses Werkes die günstigste Methode.

Besonders muß aber auch des Verlages gedacht werden. Die Fülle von schönen, z.T. neuen Bildern, die hier beigebracht wurde, ist überraschend. Man darf wirklich sagen, daß der Verlag, dem auch an der Beschaffung der Illustrationen ein großes Verdienst zukommt, keine Kosten und keine Mühe gescheut hat.

So mag das Werk hinaus gehen und Interesse für die Betrachtung des Weibes wecken, vor allem aber das Verständnis für seine eigentümlichen Züge fördern. Denn wer zu den modernen Tagesfragen über die Frau Stellung nehmen will, sollte sich wirklich erst orientieren, welcher Gesamtmerkmalbestand für das Wesen des Weibes überhaupt in Betracht kommt. Zur Gewinnung dieser Bilder sind aber die Naturvölker durchaus wichtig, denn bei ihnen erscheinen die verschiedenen Stufen des weiblichen Werdegangs noch deutlich erkennbar. Wer aber einmal ein wirklich klares Bild über das Weib gewonnen hat, der wird weder dem Mannweibe noch der asketischen Weltauffassung den Apfel zuerkennen; er wird das Weib als das betrachten, als was es die Natur geschaffen hat, als die unbedingt erforderliche Ergänzung des Mannes. Er wird einsehen lernen, daß sich hier zwei große Kulturkreise schneiden und daß es für die menschliche Entwicklung um so segensreicher sein muß, je verschiedenartiger, je eigenartiger sich beide ausbilden. Je mehr sich Mann und Weib unterscheiden, je weiter sie physisch und psychisch einander zu entwachsen scheinen, desto größer wird das Interesse beider Teile sein, desto größer das Verlangen nach beiderseitiger Ergänzung. Je mehr das Weib dem Manne zu geben hat und je mehr ihm der Mann bietet, desto mehr Achtung, desto mehr Wertschätzung werden sich beide Teile zollen. Dann werden sich am ersten Kinkels Worte bewahrheiten:

Das Beste was das Leben gibt,
Das hab ich nun genossen.
Mich hat ein edel Weib geliebt
Und gab mir holde Sprossen.

Berlin-Friedenau, im August 1911.
Ferd. Fhr. v. Reitzenstein.


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