Irene Forbes-Mosse
Peregrina's Sommerabende
Irene Forbes-Mosse

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Der Wahnsinn des Königs Goll

        Ich sass auf weichem Otterfell,
Von Ith bis Emen Recht zu sprechen,
In Invar Amargin ward's hell . . . .
Wo Feinde unsre Satzung brechen
Da liess ich frei mein Banner wehn,
Und Frieden konnte endlich blühn,
Das gelbe Kornfeld reifend stehn,
Die Wildgans hoch in Lüften ziehn . . . .
Die Hütten blieben unberaubt,
Und manches silberweisse Haupt
Sprach Segen meiner treuen Wacht . . . . . .
Wie rauscht so laut das dürre Laub, das Laub der Buchen in der Nacht!

Ich sass und trank den starken Wein,
Da hört' ich Hirten sich beschweren,
Der Räuber fing die Heerden ein
Und trieb sie fort nach den Galeeren:

Ich rief die Streiter allzumal,
Mit Klirren stürmten sie herbei,
Vom Berghang und vom Felsenthal
Klang unsrer Sippschaft rauher Schrei.

Pirat am sternenhellen Strand,
Nie lichtet Anker Deine Hand!
Und hell' die goldne Beute lacht . . . . . .
Wie rauscht so laut das Buchenlaub, die dürren Blätter in der Nacht!

Doch wie ich heiss und streitend stand,
Den Fuss in dunkelrothen Pfützen,
Da fühlte ich wie Irrlichtbrand
Durch meine heisse Stirne blitzen –
Ich sah der Menschen wilden Blick
Und über mir den Sternenschein . . . . .
Da lacht ich laut und lief zurück
Und tiefer in den Wald hinein:
Die Vögel huschten schattengleich,
Die Wolken fuhren todtenbleich,
Der Wildbach gegen Felsen kracht:
Wie rauscht das dürre Buchenlaub – die dürren Blätter in der Nacht!

Wie glüht der Wald zu dieser Zeit,
Nun sind die Bienen satt und träge,
Der Bäume Leopardenkleid
Wirft goldne Lichter auf die Wege . . . . .
Und später – wenn am eis'gen Strand
Die Wasservögel schauernd stehn,
Da wink' ich mit erhobner Hand
Und meine wirren Haare wehn!
Grau-Wolf mein Freund, trollt sich herbei,
Das Reh kommt zu mir ohne Scheu,
Das Häslein nimmt mich kaum in Acht . . . . .
Wie rauscht das alte Buchenlaub – die todten Blätter in der Nacht!

Ich kam an eine kleine Stadt,
Im Erntemond lag sie in Schlummer,
Ich blies auf einem grünen Blatt
Der stillen Erde meinen Kummer,
Ich hörte tief im Waldrevier
Der Riesen fürchterlichen Schritt,
Ich fand an moosbewachsner Thür
Ein Saitenspiel . . . . . und nahm es mit.
Dort wo der Quell durch's Dickicht zieht
Da tönte nun mein traurig Lied,
Von dunkler Feinde Uebermacht . . . . . .
Wie rauscht so laut das Buchenlaub, die dürren Blätter in der Nacht!

Ich sang wie in der Abendluft
Orchil die düstern Flechten löste,
Der Sonnenball versinkt in Duft,
Küsst ihre Schulter, die entblösste –
Wenn unter meiner Finger Spiel
Der Zauberklang der Saiten quoll,
Da war's als ob ein Regen fiel
Auf meine Stirne ruhevoll . . . . . . .
Doch nun ist wieder Finsterniss
Da mir die letzte Saite riss . . . . . . .
Die alten Schmerzen sind entfacht . . . . . .
Wie rauscht das alte Buchenlaub, wie flattert's um mich in der Nacht!

 


 


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