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16. Familie: Nachtschwalben ( Caprimulgidae)

Die Nachtthiere unter den Leichtschnäblern sind so ausgezeichnete Geschöpfe, daß sie weder verkannt noch mit anderen Klassenverwandten verwechselt werden können. Ueberall, wo sie leben, haben sie die Beachtung der Menschen auf sich gezogen, überall in diesem Sinne Geltung sich zu verschaffen gewußt und zu den sonderbarsten Meinungen Veranlassung gegeben. Hiervon zeugt unter anderem die Menge und Bedeutsamkeit der Namen, welche sie führen.

Die Nachtschwalben oder Nachtschatten ( Caprimulgidae) bilden eine über hundert Arten zählende, also sehr zahlreiche, nach außen hin scharf, jedoch nicht von allen Forschern in derselben Weise abgegrenzte Familie. Ihr gemeinsamer Name »Nachtschwalben« ist nicht übel gewählt; jedoch kann man nur, insofern es sich um die allgemeineren Kennzeichen handelt, von einer Aehnlichkeit zwischen ihnen und den Schwalben sprechen: genauere Vergleichung der verschiedenen Gruppen ergibt wesentliche Unterschiede. Der äußere und innere Bau der Nachtschwalben ist ein durchaus eigenthümlicher. Sie ähneln streng genommen den Schwalben in viel geringerem Grade als die Eulen den Falken. Die Größe schwankt erheblich. Einige Arten sind fast so groß wie ein Rabe, andere kaum größer als eine Lerche. Der Leib ist gestreckt, der Hals kurz, der Kopf sehr groß, breit und flach, das Auge umfangreich und ziemlich stark gewölbt, der Schnabel verhältnismäßig klein, hinten außerordentlich breit, aber sehr kurz, stark nach vorn verschmälert und ungemein flach; die Kiefer hingegen sind sehr verlängert, und der Rachen ist deshalb weiter als bei irgend einem anderen Vogel. Der hornige Theil des Schnabels nimmt nur die Spitze des Freßwerkzeuges ein, ist schmal, am Oberkiefer oder seitlich herabgebogen, seine stumpfe Firste wenig nach rückwärts gezogen. Neben ihr liegen die gewöhnlich röhrenförmigen Nasenlöcher nahe neben einander. Die Beine sind regelmäßig schwach, ihre Läufe sehr kurz, auf der Hinterseite mit einer Schwiele bedeckt, vorn in der Regel mit kurzen Schildern bekleidet, oben oft befiedert, zuweilen auch ganz nackt. Die Zehen sind, mit Ausnahme der sehr entwickelten Mittelzehe, kurz und schwach, Innenzehe und Mittelzehe gewöhnlich am Grunde durch eine Spannhaut verbunden; die Hinterzehe richtet sich nach der inneren Seite, kann aber auch nach vorwärts gekehrt werden. Bei allen Arten einer Unterfamilie trägt die lange Mittelzehe auch einen langen, auf der inneren Seite aufgeworfenen und gezähnelten Nagel. Die Schwingen sind lang, schmal und spitzig; doch ist nicht die erste, sondern gewöhnlich die zweite und oft erst die dritte oder vierte Schwungfeder die längste von allen. Der Schwanz besteht aus zehn Federn, welche sehr verschieden gestaltet sein können. Das Gefieder ist eulenartig, großfederig und weich, seine Zeichnung regelmäßig eine außerordentlich feine und zierliche, die Färbung jedoch eine düstere und wenig auffallende. Am kürzesten wird man beide bezeichnen können, wenn man sie baumrindenartig nennt. Beachtenswerth sind die Borsten, welche den Rachen umgeben, ebenso merkwürdig die kurzen, feinen und dichten Wimpern, welche das Auge umstehen. Bei einigen Arten haben die Männchen besondere Schmuckzeichen: verlängerte und meist auch sehr eigenthümlich gestaltete Federn, welche nicht bloß in der Schwanzgegend entspringen, wie sonst die Regel, sondern auch dem Flügelgefieder entsprossen oder selbst als umgebildete Schwingen angesehen werden müssen.

Ueber den inneren Bau des Leibes unserer heimischen Art hat Nitzsch Untersuchungen angestellt, aus denen hervorgeht, daß im Gerippe namentlich Schädel und Füße auffallen. Die Seitentheile des Oberkiefers sind platt, breit und wie die ganze Hirnschale luftführend. Das Thränenbein verbindet sich mit den seitlichen Theilen des Oberkiefers; die Gaumenbeine sind flach und hinterwärts seitlich verbreitert; die Flügelbeine treten mit einer dritten Gelenkfläche an das Keilbein heran; dem Quadratknochen fehlt der freie Fortsatz gänzlich. Beispiellos ist die Gelenkung, welche in der Mitte der Aeste des Unterkiefers angelegt ist; denn der Unterkiefer der Nachtschwalben besteht aus drei, stets unverwachsenen Stücken. Das vordere und gepaarte Stück bildet den kleinen Unterschnabel und die vordere Strecke der Kinnladenleiste; die beiden anderen paarigen Stücke setzen die Kinnladenäste nach hinten fort und gelenken mit dem Quadratknochen nach vorn, aber in schiefer Linie mit dem Vorderstücke. Dieses nimmt keine Luft auf, während die hinteren Stücke Luftzellen zeigen. Das Brustbein biegt sich in seinem Hintertheile abwärts, wodurch der Magen Raum zur Ausdehnung gewinnt wie bei dem Kukuk. Die Vorderglieder sind hinsichtlich ihrer Verhältnisse zu einander nicht so auffällig wie die Armgliederknochen der Segler. Der luftführende Oberarmknochen ist länger als das Schulterblatt, der Vorderarm zwar etwas länger als der Oberarm, aber nicht kürzer als der Handtheil. Die schmale, längliche Zunge zeichnet sich durch ihre geringe Größe und noch mehr durch viele auf ihrer Oberfläche wie am Seitenrande stehende Zähne aus. Der Zungenkern ist knorpelig; den unteren Kehlkopf bewegt nur ein einziges Muskelpaar. Der Schlund ist bei den altweltlichen Arten ohne Kropf oder Erweiterung, bei einigen amerikanischen hingegen sackartig ausgebuchtet, der Vormagen klein, dickwandig, der Magen häutig, schlaffwandig und sehr ausdehnbar. Die Milz ist ungewöhnlich klein und länglichrund; die Nieren sind gestaltet wie bei den Singvögeln; die Leber verhält sich wie bei den Kukuken.

Alle Gegenden und Länder der Erde, mit Ausnahme derer, welche wirklich innerhalb des kalten Gürtels liegen, beherbergen Nachtschwalben. In Europa kommen nur zwei Arten vor, im Norden Amerikas mehr als doppelt so viele; schon in Nordafrika und bezüglich in Mittelamerika aber nimmt die Artenzahl beträchtlich zu. Dasselbe gilt für die entsprechend gelegenen Länder Asiens; auch Neuholland ist nicht arm an ihnen. Der Verbreitungskreis der einzelnen Arten ist ziemlich ausgedehnt, der Aufenthalt aber beschränkt sich auf besonders günstige Oertlichkeiten. Die große Mehrzahl aller Nachtschwalben lebt im Walde oder sucht diesen wenigstens auf, um auszuruhen, einige Arten dagegen bevorzugen ganz entschieden die Steppe, und andere wieder sogar die Wüste oder wüstenähnliche Steinhalden und dergleichen Plätze. Im Gebirge steigen diejenigen Arten, welche hier leben, bis zu bedeutender Höhe empor: so unsere Nachtschwalbe, laut Tschudi, in den Alpen bis zu achtzehnhundert, ein afrikanischer Nachtschatten, laut Heuglin, in Habesch bis zu viertausend, der Nachtfalk, laut Allen, in den Gebirgen Colorados zu mehr als dreitausend Meter über dem Meere.

Wie zu erwarten, spricht sich in der Grundfärbung des Gefieders der eine oder der andere dieser Wohnkreise aus. Alle waldbewohnenden Nachtschatten tragen ein echt rindenfarbiges Gefieder, die wüsten- oder steppenbewohnenden hingegen ein sandfarbiges; das allgemeine Gepräge der Färbung wird aber so streng festgehalten, daß Swainson behaupten durfte, wer einen Ziegenmelker gesehen, habe sie alle gesehen.

Standvögel sind wahrscheinlich nur diejenigen Arten, welche in den Waldungen der Gleicherländer leben. Alle übrigen dürften mindestens streichen, und sämmtliche nordische Arten wandern regelmäßig. Sie erscheinen ziemlich früh im Jahre in ihrer Heimat und verweilen bis zu Anfang des Herbstes. Ihre Wanderungen dehnen sie über weite Gebiete aus: unsere Nachtschwalbe zieht bis in das Innere Afrikas. Nur während dieser Reisen sind die Nachtschatten einigermaßen gesellig; in der Heimat selbst lebt jedes einzelne Paar streng für sich und vertreibt ein anderes aus seinem Gebiete. Der Umfang des letzteren pflegt jedoch gering zu sein, und da, wo die Vögel häufig sind, kann es vorkommen, daß ein großer Garten von mehreren Paaren bewohnt wird. Bei uns zu Lande meiden die Nachtschwalben die Nähe des Menschen, erscheinen wenigstens nur ausnahmsweise nachts über den Dörfern; im Süden ist dies nicht der Fall: hier siedeln auch sie sich in oder unmittelbar an Dörfern an, und zumal große Gärten werden zu ihrem gewöhnlichen Wohnsitze.

Kerbthiere verschiedener Art bilden die ausschließliche Nahrung der großen Mehrzahl, diese und allerlei kleine Wirbelthiere die Beute einiger Nachtschwalben. Sämmtliche Arten sind im höchsten Grade gefräßig und machen sich daher um unsere Waldungen sehr verdient. Mit der Gewandtheit eines Falken oder einer Schwalbe streichen sie bald niedriger, bald höher über freie Plätze, Gebüsche und Baumkronen, umschweben die letzteren oft in höchst anmuthigen Schwenkungen und nehmen während des Fluges vorübersummende Kerbthiere weg, lesen auch wohl solche auf, welche schlafend auf Blättern, Halmen und selbst am Boden sitzen. Ihr weites Maul gestattet ihnen, sehr große Käfer zu verschlingen, und es sind daher gerade diejenigen Arten, welche von anderen Vögeln verschont werden, ihren Angriffen besonders ausgesetzt. Unser Nachtschatten z.B. schlingt ein Dutzend und mehr Mai- und Junikäfer oder große Mist-, Pillen- und Dungkäfer nacheinander hinab, ist auch im Stande, die größten Nachtschmetterlinge oder Grillen und Heuschrecken in sein weites Maul aufzunehmen und wenigstens größtentheils hinabzuwürgen. Schwalme bewältigen selbst kleine Wirbelthiere, und die Schwalke verschlucken pflaumengroße Früchte. Zur besseren Verdauung nehmen wenigstens die kerbthierfressenden Arten kleine Steinchen auf, welche sie auf kiesigen Plätzen zusammenlesen. Ihre Jagd beginnt in der Regel mit Einbruch der Nacht, wird einige Stunden lang betrieben, sodann unterbrochen und gegen die Morgendämmerung hin von neuem wieder aufgenommen. Noch ehe die Sonne am Himmel erscheint, suchen sie die Ruhe. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Amerikanische Arten jagen nicht selten am hellen Tage und nicht nur in schattigen Waldungen, sondern auch im Freien und im hellsten Sonnenscheine. Die übrigen pflegen während des Tages der Länge nach auf einem umgefallenen Stamme und anderen liegenden Holzstücken oder auf dem Boden und bezüglich auf Felsgesimsen in düsteren Höhlungen zu sitzen oder richtiger vielleicht zu liegen; denn sie drücken sich so platt auf ihre Unterlage, daß sie viel breiter als hoch erscheinen.

Alle Nachtschwalben zeigen sich nur im Fluge als bewegungsfähige Wesen; auf den Zweigen kleben sie, und auf der Erde liegen sie mehr, als sie sitzen. Ihr Gang ist ein trauriges Trippeln, scheint sehr zu ermüden und wird niemals weiter als auf einige Meter hin fortgesetzt: der Flug hingegen, gewissermaßen ein Mittelding zwischen dem Fluge der Schwalbe und dem eines Falken, zeichnet sich durch Leichtigkeit und Zierlichkeit, Gewandtheit und Anmuth aus. Ungern erheben sich die Nachtschwalben zu bedeutenden Höhen; es geschieht dies jedoch nicht aus Unvermögen, sondern weil die Tiefe ihnen viel mehr bietet als eine größere Höhe. Bei ausgedehnteren Wanderungen sieht man sie oft hoch über dem Boden dahinziehen, und namentlich diejenigen, welche bei Tage fliegen, durchjagen sehr häufig auch die oberen Luftschichten.

Unter den Sinnen steht wohl das Gesicht obenan, wie das große Auge schließen läßt; nächstdem scheinen Gehör und Gefühl am meisten entwickelt zu sein. Ob der Geruch besonders ausgebildet ist, wissen wir nicht; wohl aber dürfen wir behaupten, daß der Geschmack schlecht sein muß.

Die geistigen Fähigkeiten sind gering, wenn auch wahrscheinlich nicht in dem Grade, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Die schlaftrunkene Nachtschwalbe, welche wir bei Tage beobachten können, macht allerdings einen höchst ungünstigen Eindruck, und auch die zufällig gefangene weiß sich nicht anders zu helfen als durch Aufsperren ihres ungeheueren Rachens und heiseres Fauchen: die ermunterte, in voller Thätigkeit begriffene zeigt sich von ganz anderer Seite. Sie bekundet zwar gewöhnlich recht alberne Neugier und sehr oft verderbliche Vertrauensseligkeit, lernt jedoch ihren Feind bald genug kennen und greift selbst zur List, um sich oder ihre Brut dessen Nachstellungen zu entziehen.

Ein eigentliches Nest bauen die Nachtschwalben nicht. Sie legen ihre Eier ohne jegliche Unterlage auf den flachen Boden, denken nicht einmal daran, für diese Eier eine seichte Höhlung auszuscharren. Die Anzahl des Geleges ist stets gering: die meisten Nachtschwalben legen nur zwei Eier, viele sogar bloß ein einziges. König-Warthausen unterscheidet in seiner trefflichen Arbeit über die Fortpflanzung der Nachtschwalben insgemein vierfach verschiedene Eier unserer Vögel. Die Ziegenmelker der nördlichen Erdhälfte, insbesondere die des gemäßigten Gürtels der Alten Welt, legen solche, welche auf milchweißem bis gelblichweißem Grunde bräunlich oder bläulich aschgrau gefleckt und ziemlich glänzend sind, die im Norden der Neuen Welt lebenden solche, welche stark glänzen und auf grünlich grauweißem Grunde kleine braune oder graue, dicht und fein stehende Flecke, Punkte und Striche zeigen, die des Südens der Neuen Welt fast glanzlose und besonders zarte, welche auf blauröthlich isabellgelbem bis lebhaft fleischfarbenem Grunde gelbrothe oder violettgraue Zeichnungen, meist leichte Wölkungen, seltener grobe Flecke und Striche tragen, die Schwalme und Schwalke endlich ungefleckte, mehr oder minder reinweiße Eier. Wahrscheinlich brüten nur die Weibchen; beide Eltern aber bekunden rege Theilnahme für ihre Brut und vertheidigen sie, so gut sie können. Einige sichern die Eier auch in eigenthümlicher Weise, indem sie dieselben, wie Audubon uns mittheilt, in dem ungeheueren Rachen bergen und sie einer anderen, ihnen sicher dünkenden Stelle des Waldes zuschleppen, wo sie die Bebrütung fortsetzen. Die Jungen kommen in einem ziemlich dichten Dunenkleide aus dem Eie, sehen anfänglich, ihrer dicken Köpfe und großen Augen wegen, ungemein häßlich aus, wachsen aber rasch heran und erhalten bald das Kleid ihrer Eltern. Sie werden, soviel uns bekannt, von allen Arten mit hingebender Liebe gepflegt und nach besten Kräften vertheidigt.

Für die Gefangenschaft eignen sich wenige Nachtschwalben; doch ist es keineswegs unmöglich, sie bei geeigneter Pflege längere Zeit im Zimmer oder im Käfige zu erhalten, vorausgesetzt, daß man sie jung dem Neste entnimmt und anfänglich stopft. Besonders anziehende Gefangene sind sie nicht, wohl aber solche, welche die Beachtung des Liebhabers auf sich lenken. Diejenigen Arten, welche nicht ausschließlich Kerbthiere fressen, sondern auch kleine Wirbelthiere verzehren, halten sich verhältnismäßig leicht und dauern im Käfige jahrelang aus.

Die Anzahl der Feinde, welche den Nachtschwalben gefährlich werden können, ist verhältnismäßig gering. Der Mensch, welcher sie kennen lernt, verfolgt sie nicht. Eine solche Schonung wird ihnen jedoch keineswegs deshalb zu Theil, weil man ihren Nutzen erkannt hat, sondern viel häufiger, weil man in ihnen unheimliche Vögel sieht, deren Tödtung schlimme Folgen nach sich ziehen kann. So denken die Indianer, die Farbigen und Neger Mittelamerikas, nicht viel anders die Spanier und viele afrikanische Volksstämme. Unsere Bauern betrachten die harmlosen Geschöpfe mit entschieden mißgünstigem Auge, weil sie der Ansicht sind, daß jene ihren weiten Rachen zu nichts anderem als zum Melken der Ziegen benutzen könnten. Ungebildete erlegen sie nur zu häufig aus bübischer Mordlust. Nächst dem Menschen verfolgen bei uns zu Lande die schleichenden Raubthiere und Raubvögel und wohl auch größere Schlangen die Nachtschwalben; doch scheint der Schaden, welchen diese Thiere ihnen zufügen, nicht eben von Belang zu sein.


Die Schwalme oder Eulenschwalben ( Podarginae), denen wir den Rang einer Unterfamilie zusprechen, weichen von den übrigen Nachtschatten nicht unwesentlich ab und sind deshalb neuerdings gänzlich von ihnen getrennt, ja sogar anderen Ordnungen zugewiesen worden. Cabanis hat aus ihnen, den Raken und Rachenvögeln, eine Familie gebildet, und es läßt sich allerdings nicht verkennen, daß sie namentlich mit den letzteren eine gewisse Aehnlichkeit zeigen, soweit es sich um den Bau des Schnabels handelt; berücksichtigt man jedoch sämmtliche Merkmale der Schwalme, so wird man sich wohl der allgemeinen Ansicht anschließen und sie mit den Nachtschatten vereinigen müssen. Mit diesen haben sie auch in der Lebensweise vieles gemein.

Der Leib der Schwalme ist gestreckt, der Hals kurz, der Kopf breit und flach, der Flügel aber verhältnismäßig kurz und stumpf, der Schwanz lang, der Fuß hoch und kräftig. Der Schnabel hat nur insofern Aehnlichkeit mit dem der Nachtschwalben, als er sich sehr tief spaltet; in jeder anderen Hinsicht unterscheidet er sich. Er ist groß, platt, an der Wurzel sehr breit, breiter als die Stirne, an der Spitze hakig gebogen und durchaus hornig; beide Kiefer sind ungefähr gleich lang, glatt, das heißt zahnlos; die Ränder der Kinnladen sind unbefiedert; die Mundöffnung spaltet sich bis hinter die Augen; die Nasenlöcher liegen nicht auf der Mitte, sondern nahe der Wurzel, theilweise unter den Stirnfedern verborgen. Die Läufe der Füße sind kurz, aber doch viel höher als bei den Nachtschwalben; drei Zehen richten sich nach vorn, eine entschieden nach hinten. Als bezeichnend hebt Sclater noch hervor, daß ihre Außenzehe aus fünf Gliedern besteht. Das Gefieder ist weich und düsterfarbig wie bei den meisten Ziegenmelkern; die Federn am Schnabelgrunde, bei einigen Arten auch die der Ohrgegend, sind zu borstenartigen Gebilden umgewandelt.

Alle bis jetzt bekannten Arten der Schwalme leben in den Waldungen Südasiens und Neuhollands, einige auf den betreffenden Festländern, andere auf den großen Eilanden jener Erdgegend. Ihre Lebensweise ist noch wenig erforscht; soviel aber weiß man, daß sie von den Sitten und Gewohnheiten der Nachtschwalben wesentlich abweicht. Aber auch die einzelnen Arten der Familie selbst unterscheiden sich in ihrem Treiben und Wesen, und so läßt sich zur Zeit etwas allgemein gültiges über die Gesammtheit kaum sagen.


Die Eulenschwalben oder Riesenschwalme ( Podargus), welche in zwölf Arten Australien, Neuguinea und die benachbarten Inseln bewohnen, kennzeichnen sich durch folgende Merkmale. Der Schnabel ist kurz, auf der Firste gekielt, vorn stark hakig hinabgebogen, seitlich dachförmig abgeflacht und sehr breit, mit dem Schneidenrande über den flachen Unterschnabel weggreifend. Die Nasenlöcher werden von Borstenfederhaaren bedeckt und die Mundränder von ähnlichen Gebilden umgeben. Der Fuß ist sehr kräftig, der ungefiederte Lauf vorn mit sechs Platten gedeckt. In dem spitz zugerundeten Flügel sind die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längsten, die zweite und sechste etwas kürzer. Die Federn des langen stufigen Schwanzes spitzen sich am Ende zu. Das sehr reiche, aus langen und faserig zerschlissenen Federn bestehende Gefieder ist weich wie bei den Eulen; nur sehr wenige von den Federn am Schnabelgrunde sind zu eigentlichen Borsten umgestaltet.

 

Der Eulen- oder Riesenschwalm ( Podargus humeralis, australis, gracilis und cinereus, Caprimulgus podargus und strigoides), welchen wir den würdigsten Vertreter seiner Sippe nennen dürfen, ist ein Vogel von Krähengröße. Die Federn der ganzen Oberseite sind auf dunkel graubraunem Grunde mit sehr feinen graulichweißen und schwarzen Punkten wie überspritzt, die Schultergegend auf graulichweißem Grunde mit Zickzackquerflecken, Oberkopf, Mantel und Flügeldecken mit schmalen, deutlich hervortretenden, schwarzen Schaftstrichen, die kleinen tiefbraunen Flügeldecken am Buge mit feinen, hellen Spritzpunkten gezeichnet, welche letztere unterseits von einer Reihe graulichweißer, braun punktirter Spitzenflecke begrenzt werden. Die Handschwingen zeigen außen abwechselnd schwarze und graulichweiße, dunkel überspritzte Querbinden; die Armschwingen und Steuerfedern sind auf graubraunem Grunde mit hellen und schwarzen Pünktchen dicht bespritzt und durch undeutliche schmale Fleckenquerbinden, die Untertheile endlich auf graulichweißem Grunde mit braunen Pünktchen und Querflecken sowie mit schmalen schwarzen Schaftstrichen verziert. Letztere bilden auf den Kropfseiten einige größere schwarze Flecke, welche unterseits von einigen hell graulichweißen Querflecken begrenzt werden. Der Schnabel ist lichtbraun, purpurfarbig überlaufen, der Fuß ölbraun, das Auge gelblichbraun. Mehr über die Färbung des Gefieders zu sagen, ist aus dem Grunde unthunlich, weil mehrere Arten der Sippe sich so außerordentlich ähneln, daß nur durch seitenlange Federbeschreibungen die betreffenden Unterscheidungsmerkmale festgestellt werden können.

Gould und Verreaux haben uns ziemlich ausführliche Mittheilungen über das Leben der Riesenschwalme gegeben. Aus ihnen geht hervor, daß die verschiedenen Arten auch hinsichtlich ihrer Lebensweise fast vollständig sich ähneln, und daß man daher alles, was von einer Art beobachtet wurde, auf die übrigen beziehen darf. »Wir haben«, sagt Gould, »in Australien eine zahlreiche Gruppe von Nachtvögeln dieser Form, welche, wie es scheint, bestimmt sind, die Baumheuschrecken im Schach zu halten. Sie sind feige und träge Gesellen, welche sich ihre Nahrung nicht durch Künste des Fluges, sondern durch einfaches Durchstöbern der Zweige verschaffen. Wenn sie nicht mit dem Fange beschäftigt sind, sitzen sie auf offenen Plätzen, auf Baumwurzeln, Geländern, Dächern, auch wohl aus Leichensteinen der Kirchhöfe und werden deshalb von abergläubischen Leuten als Todesverkündiger betrachtet, wozu ihre unangenehme, rauhe Stimme auch das ihrige beiträgt. Hinsichtlich ihres Brutgeschäftes unterscheiden sie sich auffallend von ihren Verwandten; denn sie erbauen sich ein flaches Nest aus kleinem Reisig auf den wagerechten Zweigen der Bäume.«

siehe Bildunterschrift

Riesenschwalm.

Der Riesenschwalm gehört zu den häufigsten Vögeln von Neusüdwales, und es hält deshalb durchaus nicht schwer, ihn zu beobachten. »Er ist das schlafsüchtigste aller Geschöpfe und läßt sich schwerer erwecken als irgend ein anderes. So lange die Sonne am Himmel steht, hockt er schlafend auf einem Zweige, den Leib fest auf seinen Sitz gedrückt, den Hals zusammengezogen, den Kopf zwischen den Schulterfedern versteckt und so bewegungslos, daß er mehr einem Astknorren als einem Vogel gleicht. Ich muß ausdrücklich hervorheben, daß er sich immer der Quere und nicht der Länge nach setzt. Er ist aber so still, und seine düstere Farbe stimmt so genau überein mit der Rindenfärbung und Zeichnung, daß schon eine gewisse Uebung dazu gehört, den großen Vogel bei hellem Tage zu entdecken, obgleich sich dieser gewöhnlich gar nicht versteckt, sondern auf Aesten niederläßt, welche zweiglos sind.«

Der Schlaf des Riesenschwalms ist so tief, daß man einen der Gatten vom Baume herabschießen kann, ohne daß der andere dicht daneben sitzende sich rührt, daß man mit Steinen nach dem Schläfer werfen oder mit Stöcken nach ihm schlagen mag, ohne ihn zum Fortfliegen zu bewegen, daß man im Stande ist, ihn mit der Hand zu ergreifen. Gelingt es wirklich, ihn aufzuscheuchen, so entwickelt er kaum soviel Thatkraft, daß er sich vor dem Herabfallen auf den Boden schützt. Er flattert scheinbar bewußtlos den nächsten Zweigen zu, klammert sich dort fest und fällt sofort wieder in Schlaf. Dies ist die Regel; doch kommt es ausnahmsweise vor, daß ein Schwalm auch bei Tage eine kleine Strecke durchfliegt.

Ganz anders zeigt sich der Vogel, wenn die Nacht hereinbricht. Mit Beginn der Dämmerung erwacht er aus seinem Schlafe, und nachdem er sich gereckt und gedehnt, die Federn geordnet und geglättet hat, beginnt er umherzuschweifen. Nunmehr ist er das gerade Gegentheil von dem, was er übertages war: lebendig, munter, thätig, rasch und gewandt in allen seinen Bewegungen, emsig bemüht, Beute zu gewinnen. Rasch rennt er auf den Zweigen dahin und nimmt hier die Heuschrecken und Cikaden auf, welche sich zum Schlummer niedergesetzt; nach Spechtesart hämmert er mit dem Schnabel an der Rinde, um die dort verborgenen zum Vorscheine zu bringen; ja, er schlüpft wohl selbst in das Innere der Baumhöhlungen, um auch hier nach Nahrung zu suchen. Man kann nicht eben behaupten, daß er ein besonders guter Flieger sei: sein Flug ist vielmehr kurz und abgebrochen, wie es die verhältnismäßig kurzen Schwingen erwarten lassen; ungeschickt aber ist er durchaus nicht: denn er fliegt spielend zu seinem Vergnügen von Baum zu Baum. Mit einbrechender Nacht endigt dieses Vergnügen. Dann bewegt er sich höchstens noch im Gezweige der Bäume, hier alles durchschnüffelnd. Gould meint, daß die Riesenschwalme nur Kerbthiere fressen, Verreaux hingegen versichert, daß sie auch anderer Beute nachstreben. Während des Winters ziehen sie sich die versteckten Kerfe aus den Ritzen und Spalten der Bäume hervor; mangelt ihnen diese Nahrung, so begeben sie sich nach den Morästen, um dort Schnecken und andere kleine Wasserthiere zu suchen. Während der Brutzeit rauben sie junge Vögel, tödten sie, wenn sie ihnen zu groß sind, nach Art der Baumeisvögel, indem sie dieselben mit dem Schnabel packen und wiederholt gegen den Ast schlagen, und schlucken sodann den Leichnam ganz hinunter. Ihre Jagd währt nur, so lange es dämmert; bei dunkler Nacht sitzen sie ruhig auf einem und demselben Aste. Einige Stunden vor Tagesanbruch jagen sie zum zweiten Male, ganz wie die Ziegenmelker auch thun.

Die Stimme des Männchens ist laut und unangenehm, für den, welcher sie zum ersten Male hört, überraschend. Sie soll, nach Verreaux, dem Ruksen der Tauben ähneln. Am lautesten und eifrigsten schreien die Schwalme selbstverständlich während der Paarungszeit. Dann gibt ihr Ruf das Zeichen zum Streite. Sobald ein anderes Männchen herbeikommt, entspinnt sich heftiger Kampf, bis einer unbestrittener Sieger bleibt. Die Fortpflanzungszeit fällt in den Juli und August. Die Paarung selbst geschieht in der Dämmerung; nach ihr bleiben beide Geschlechter dicht nebeneinander sitzen und verharren unbeweglich, bis ihre Jagd von neuem beginnt. Das kleine, flache Nest wird aus feinen Zweigen zusammengebaut und zwar von beiden Gatten eines Paares. Es ist ein erbärmlicher Bau, welcher innen nur mit einigen Grashalmen und Federn belegt wird. Gewöhnlich steht es sehr niedrig, etwa zwei Meter über dem Boden in der Gabel eines Baumastes, so daß es bequem mit der Hand erreicht werden kann. Die zwei bis vier länglichen, reinweißen Eier sieht man, wie die mancher Tauben, von unten durchschimmern. Beide Geschlechter theilen sich in das Geschäft der Brut; das Männchen brütet gewöhnlich nachts, das Weibchen bei Tage. Ersteres sorgt allein für die ausgebrütete Familie. Ist das Nest den Sonnenstrahlen zu sehr ausgesetzt und sind die Jungen so groß, daß die Mutter sie nicht mehr bedecken kann, so werden sie von den Alten aufgenommen und in eine Baumhöhle gebracht. Diese Sorgfalt ist aus dem Grunde bemerkenswerth, weil die Alten sich auf ihren Schlafplätzen den Einwirkungen des Wetters rücksichtslos preisgeben. Anfang November verlassen die Jungen das Nest, bleiben aber wahrscheinlich noch längere Zeit in Gesellschaft ihrer Eltern.

Bei fühlbarer Kälte trifft man zuweilen einzelne freilebende Schwalme über acht Tage lang auf einem und demselben Aste an, so ruhig und unbeweglich, als ob sie im Winterschlafe lägen. Sie erwachen dann höchstens, wenn man sie anrührt. Dies ist von Gould beobachtet und von Verreaux bestätigt worden. »Obgleich ich nicht vollständige Gewißheit darüber habe«, sagt der erstgenannte, »daß dieser Vogel in gewissen Abschnitten des Jahres eine Art von Winterschlaf hält, so kann ich doch eine Beobachtung nicht verschweigen, die nämlich, daß er sich manchmal zurückzieht und längere Zeit in Baumhöhlen verbleibt. Meine Annahme erklärt es auch, daß einzelne Schwalme, welche ich erhielt, ganz außerordentlich fett waren, so sehr, daß mich dies von dem Aufbewahren ihrer Bälge abhielt. Ich sehe keinen Grund ein, warum nicht auch ein Vogel einen Theil seines Lebens im Winterschlafe zubringen soll, wie so viele Arten von Säugethieren thun, obgleich sie höher stehende Thiere sind, als jene.« Nach meinem Dafürhalten darf man Goulds Ansicht nicht ohne weiteres zu der seinigen machen; denn das Zurückziehen und der höhere Grad von Schlafsucht, welchen die Schwalme zeigen, beweist noch nichts bei Vögeln, welche, wie bemerkt, sich nicht einmal durch einen unmittelbar vor ihnen abgefeuerten Schuß aus ihrem schlaftrunkenen Zustande erwecken lassen.

Jung aus dem Neste genommene Schwalme werden, wie Verreaux angibt, bald zahm, lernen ihren Gebieter kennen, setzen sich auf seinen Kopf, kriechen in sein Bett, jagen auch wohl andere Thiere aus demselben und ändern ihr Wesen nach einiger Zeit insoweit, daß sie selbst bei Tage fressen. In der Neuzeit sind mehrere dieser gefangenen nach Europa gebracht worden. Der erste lebende Schwalm kam im Jahre 1862 nach London, ein zweiter im Jahre 1863 nach Amsterdam. Einen dritten erhielt ich selbst kurze Zeit darauf, und da ich außerdem in den letzten Jahren mehrere gepflegt und andere beobachtet habe, vermag ich aus eigener Erfahrung über das Gefangenleben des Vogels zu sprechen. Der erste, welchen ich besaß, war so zahm, daß er mir nicht nur das Futter aus der Hand nahm, sondern auch ohne Widerstreben sich ergreifen, auf die Hand setzen und im Zimmer umhertragen ließ, ohne daß er Miene machte, seinen Platz zu verlassen. Aber auch alle übrigen zeichneten sich durch stille Ruhe und behäbige Trägheit aus. Bei Tage sitzt der gefangene Schwalm, wie er in der Freiheit gewohnt, regungslos auf einer und derselben Stelle in der von Gould beschriebenen Haltung; so tief, wie genannter Forscher behauptet, schläft er aber nicht, läßt sich vielmehr schon durch Anrufen ermuntern, und wenn sein Pfleger sich an ihn wendet, ist er sogleich bei der Hand. Von meinem ersten Pfleglinge vernahm ich anfänglich nur ein leises Brummen, einem langgezogenen »Humm« etwa vergleichbar, vermuthete, daß dieser sonderbare Laut sein Lockruf sei, und versuchte durch Nachahmung desselben seine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Der Erfolg übertraf meine Erwartungen; denn der Schwalm rührte sich nicht nur nach dem Anrufe, sondern antwortete auch sofort und zwar regelmäßig, so oft ich meinen Versuch wiederholte. Hielt man ihm dann eine Maus oder einen kleinen Vogel vor, so bewegte er sich wiegend hin und her, brummte lebhafter, richtete die weitgeöffneten Augen starr auf den leckeren Bissen und flog schließlich auch von seiner Stange herab, um diesen in Empfang zu nehmen. Fette Maden, welche ich ihm zuweilen reichte, wurden von ihm nicht bloß aufgelesen, sondern auch aus dem Sande hervorgezogen. Er verschlingt seine Beute ganz und ist fähig, eine große Maus oder einen feisten Sperling, von dem die Flügel entfernt sind, hinabzuwürgen. Letzteres geschieht sehr langsam: von einer verschlungenen Maus z. B. ragt die Schwanzspitze oft eine halbe Stunde lang aus seinem Schnabel hervor, bevor sie verschwindet. Seine Verdauung ist vortrefflich; man findet deshalb auch nur selten kleine Gewölle im Käfige. Daß er bei Tage nicht bloß gut, sondern auch scharf in die Ferne sieht, konnte ich wiederholt beobachten. Der eine, welchen ich pflegte, vermochte von seinem Käfige aus einen Teich zu überblicken, auf welchem Wasservögel umherschwammen. Sie erregten sehr oft seine Aufmerksamkeit; namentlich die auf das Wasser einfallenden Flugenten schienen ihn anzuziehen. Er sah scharf nach ihnen hin und bewegte seinen Kopf nach Art des Käuzchens hin und her oder auf und nieder, wie er überhaupt that, wenn er seine Erregung kundgeben wollte. Nach Sonnenuntergang wird der Schwalm lebhafter, bewegungslustig zeigt er sich jedoch auch dann nicht. Nachdem er gefressen hat, bleibt er mehr oder weniger ruhig auf seinem Platze sitzen; aber er brummt dann öfter als sonst und auch in anderer Weise. Seine Stimme wird hörbarer, und die einzelnen Laute ertönen mehr im Zusammenhange. Dann gleicht das Gebrumme allerdings dem Ruksen einer Taube, am täuschendsten dem eines Trommlers.

Sehr auffallend geberdete sich mein gefangener Schwalm, als ich ihn in einen kleinen Käfig mit Vögeln setzte. Er mochte sich erinnern, daß er während seines Freilebens mancherlei Anfechtungen von dergleichen Gesindel erlitten hatte und oft als Eule angesehen worden war. Als er sich in so zahlreicher Gesellschaft sah, streckte er sich lang aus, indem er den Hals weit vorschob und den Schnabel so richtete, daß er die eine, der Schwanz die andere Spitze des gerade gehaltenen Leibes bildete. Dabei stieß er ein, von seinem Gebrumme durchaus verschiedenes Geschrei aus, welches durch die Silben »Krä, krä, krärä, kräkä, kräkä, kräkäkäk« ungefähr ausgedrückt werden kann. Ab und zu sperrte er auch das Maul weit auf, gleichsam in der Absicht, die Vögel zu schrecken, wie überhaupt sein ganzes Gebaren mehr auf Abwehr als auf Lust zum Angriff deutete. Einen Sperling, welcher ihm zu nahe kam, packte er mit dem Schnabel und schüttelte ihn tüchtig hin und her; doch gelang es dem Spatz, wieder frei zu kommen. Mit mehreren anderen Sperlingen war er tagelang zusammen gesperrt, hatte sich aber nicht an ihnen vergriffen. Demungeachtet zweifle ich nicht im geringsten, daß er Vögel frißt; junge, unbehülfliche nimmt er höchst wahrscheinlich ohne Umstände aus den Nestern.


Die Froschschwalme ( Batrachostomus), Bewohner Indiens und seiner Eilande, sind kleiner als die Riesenschwalme, besitzen aber verhältnismäßig noch größere Fangwerkzeuge als diese. Der Schnabel ist kräftig und starkkieferig, am Grunde ungemein flach und so verbreitert, daß er in der That einem Froschmaule ähnelt, längs der Firste leicht, an der Spitze hakig herabgebogen, der Oberkiefer viel breiter als der untere, welcher von ihm allseitig umschlossen wird, das schmale Nasenloch seitlich gestellt und mit Federn überdeckt, der Fuß kurz, ziemlich stark und insofern von dem allgemeinen Gepräge abweichend, als die äußere Zehe halb gewendet werden kann, der Fittig kurz zugerundet, der Schwanz endlich allseitig verkürzt oder abgestuft.

 

Der Hornschwalm ( Batrachostomus auritus, Podargus auritus und Fullerstonii, Bombycystomus Fullerstonii) zeichnet sich ebensowohl durch sonderbare Federbildung wie durch Schönheit des Gefieders aus. Zu jeder Seite des Kopfes in der Ohrgegend, über und hinter den Augen wuchert ein Büschel langer, etwas zerschlissener Federn hervor, welcher vom übrigen Gefieder des Kopfes absteht, die Augen fast ganz beschattet und dem Kopfe eine unverhältnismäßige Größe gibt. Das Gefieder der Oberseite ist hellrostfarben, durch feine, schwarze Zickzacklinien gezeichnet; den Nacken ziert ein weißes, halbmondförmiges Band; auf den Schultern stehen große, weißbläuliche Flecke, welche durch schwarze Halbkreise an der Spitze der einzelnen Federn hervorgehoben werden, an der Stirne und hinter den Augen brandgelbe Flecke; Kehlmitte, Vorderhals und Bauch sind weiß, theilweise auch im Zickzack gestreift; die Brust ist rostfarben weiß und schwarz gefleckt, der stark abgestufte Schwanz hell rostfarben, durch sieben bis acht dunklere, schwarz eingefaßte Bänder und viele schwärzliche Zickzacklinien gezeichnet; die Schwingen sind in ähnlicher Weise gebändert. Das Auge ist rein schwefelgelb, wie bei vielen Raubvögeln, der Schnabel hellgelb, der Fuß bräunlich.

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Hornschwalm ( Batrachostomus auritus). ½ natürl. Größe.

Erst durch Bernstein haben wir einige Nachrichten über Vorkommen und Brutgeschäft dieses wunderlich gestalteten Vogels erhalten. Seine eigentliche Heimat sind die Dickichte, namentlich die der Allangallangpalme, welche in einem Höhengürtel von tausend Meter über dem Meere so häufig sind. In dem bebauten Lande hat ihn genannter Forscher nie beobachtet, und nach Versicherung der Eingeborenen soll er weder dort, noch in den niedriger gelegenen Ebenen gefunden werden. Ueber seine Lebensweise, seine Stimme, seine Sitten weiß Bernstein nichts mitzutheilen; dagegen beschreibt er sein Nest sehr ausführlich. Dasselbe stand mitten im Glagahrohre und wurde beim Schneiden desselben zufällig entdeckt. Es war eirund, niedrig, in der Mitte nur wenig vertieft und bestand bis auf einige wenige kleine, aus der Außenseite befindliche Blattstückchen ausschließlich aus den kleinen, grauen Flaumfedern des Vogels; seine Festigkeit ist deshalb sehr gering. Die Kleinheit des Nestes erlaubt dem brütenden Vogel nicht, sich auf dasselbe zu setzen. Der von Bernstein beobachtete Hornschwalm saß auf dem Glagahhalm, welcher das Nest trug, und zwar der Länge nach, beide Füße dicht neben einander gesetzt, so daß sein Längendurchmesser mit dem Rohre dieselbe Richtung hielt. Das Ei wurde nur mit dem Bauche bedeckt, ganz wie es bei den Baumschwalben der Fall ist. Bernstein fand ein einziges, frisch gelegtes Ei im Neste und kann deshalb die Frage, ob der Vogel nur ein Ei oder ob er mehrere legt, nicht beantworten. Das Ei ist länglich eiförmig, an beiden Enden kurz abgerundet. Seine Grundfärbung ist ein mattglänzendes Weiß, von dem sich größere und kleinere, unregelmäßige, braunrothe, am stumpfen Ende etwas dichter kranzartig zusammen stehende Tüpfel, Flecke und Punkte abheben.


Einige auf Neuholland beschränkte Arten unserer Gruppe, welche die Sippe der Zwergschwalme ( Aegotheles) bilden, zeigen unter ihren Verwandten die meiste Aehnlichkeit mit den Nachtschwalben. Ihr Leib ist lang, aber kräftig, der Hals kurz, der Kopf rundlich, das heißt weniger platt als bei den übrigen, der Flügel kurz und abgerundet, weil die dritte und vierte Schwinge die anderen an Länge übertreffen, der Schwanz, welcher die zusammengelegten Flügel bedeutend überragt, mittellang und abgerundet; die Füße sind verhältnismäßig hoch, und ihre nackten Läufe schwach, die Zehen kurz, unter sich fast von gleicher Länge und nicht durch Spannhäute verbunden. Der Schnabel ist kurz, dick und breit, im Grunde zusammengedrückt, gegen die Spitze hin plötzlich verschmälert und flachhakig herabgekrümmt, durch eine erhabene, von seiner Spitze an über die Mitte weg bis zur Stirne verlaufende Wulst ausgezeichnet, der Unterschnabel an der Spitze mit einer Rinne versehen, welche den Haken des Oberschnabels aufnimmt; die Schnabelränder sind hornig, die Rachenspalte reicht bis gegen das Auge hin. Das Gefieder ist weich und, mit Ausnahme der borstenartigen Gebilde in der Schnabelgegend, sehr gleichmäßig. Letztere umgeben nicht bloß den Schnabelrand, sondern stehen auch an der Stirne und am Kinne, sind an der Wurzel und theilweise auch auf beiden Seiten gefiedert, und nur wenige von ihnen spitzen sich wirklich borstenförmig zu.

 

Der Schleierschwalm ( Aegotheles Novae-Hollandiae, Caprimulgus Novae-Hollandiae, cristatus, vittatus und lunulatus) erinnert an unser Käuzchen, ebensowohl hinsichtlich seiner Größe als bezüglich seines Wesens. Seine Länge betrügt fünfundzwanzig, die Breite etwas über dreißig Centimeter. Das Gefieder der Oberseite ist auf braunschwarzem Grunde mit sehr feinen graulichen Pünktchen dicht gespritzt; diese Pünktchen treten auf den Halsseiten und den Untertheilen deutlicher hervor und bilden verloschene, hellere Querbinden; Bauchmitte, After und untere Flügeldecken sind weiß. Ein verwaschener Fleck, welcher auf der vorderen Ohrgegend steht, hat bräunlichweiße Färbung, ein Hinterhalsband wird durch heller oder dunkler punktirte Federn angedeutet. Die Schwingen sind dunkel erdbraun, die der Hand außen mit fahlweißlichen Querflecken, die des Armes mit graulich gepunkteten Querbinden, die braunschwarzen Steuerfedern mit zwölf schmalen graubraunen, dunkler punktirten Querbändern gezeichnet, welche jedoch auf der Innenfahne der zweiten und vierten Feder jederseits fehlen. Den schwarzen Schnabel umgeben lange schwarze Zügelborsten. Die Iris ist nußbraun, der Fuß fleischfarben. Männchen und Weibchen sind in Größe und Färbung kaum zu unterscheiden; die Jungen haben dunkleres Gefieder.

Ueber die Lebensweise hat Gould Beobachtungen angestellt. Er fand den Schleierschwalm in ganz Südaustralien und Tasmanien als Standvogel, welcher ebensowohl im Gebüsche an der Küste, wie in den dünn bestandenen Waldstrecken des Inneren vorkommt. Das Betragen erinnert ebenso sehr an die Käuze wie an die Nachtschwalben. Tagsüber hält sich der Schleierschwalm in Baumhöhlungen auf, namentlich in denen der Gummibäume, und hier verbirgt er sich so vortrefflich, daß man von ihm nicht das geringste wahrnimmt. Eine sonderbare Gewohnheit des Vogels aber gibt dem Kundigen ein Mittel in die Hand, ihn zu entdecken. Sobald man nämlich an den Stamm seiner Lieblingsbäume klopft, klettert der kleine Bewohner schleunigst bis zur Mündung seiner Höhle empor und schaut hier heraus, um sich von der Ursache der Störung zu überzeugen. Glaubt er sich sicher, so zieht er sich auf seinen Schlafplatz zurück, und verbleibt hier ruhig, bis er von neuem gestört wird. Erst wenn ihm die Sache zu arg dünkt, fliegt er nach einem anderen sicheren Orte hin, gewöhnlich nach einem zweiten hohlen Baume, gar nicht selten aber auch in das dichte Gezweige eines solchen. Sein Flug ist gerade und verhältnismäßig langsam, ohne plötzliche Schwingungen, seine Haltung im Sitzen mehr die der Eulen als die der Ziegenmelker, von denen er sich auch dadurch unterscheidet, daß er sich nicht der Länge nach, sondern immer der Quere nach auf den Ast setzt. An die Käuze erinnert er auch dadurch, daß er, wenn er überrascht wird, seinen Kopf in verschiedenen Richtungen bewegt oder dreht und, wenn man ihn ergreift, zischt.

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Schleierschwalm ( Aegotheles Novae-Hollandiae). 2/5 natürl. Größe.

Gould behauptet, daß der Schleierschwalm zweimal im Jahre brüte. Auf Vandiemensland fand man Junge im Oktober, in Neusüdwales erhielt unser Forscher Eier im Januar. Ein eigentliches Nest baut der Vogel nicht; er legt seine vier bis fünf rundlichen und reinweißen Eier ohne jegliche Vorrichtung auf den Mulm der Baumhöhlungen.

Ueber das Gefangenleben fehlen ausführliche Mittheilungen. Gould erwähnt bloß, daß er ein Pärchen eine Zeitlang lebendig hielt, und daß dasselbe sich bei Annäherung des Menschen rückwärts mit gesträubten Kopffedern, und unter lebhaftem Zischen in eine Ecke des Käfiges flüchtete.


In Südamerika leben riesige Nachtschwalben, welche sich wegen ihres sehr kräftigen und hakigen Schnabels sowie der derben Füße, deren Mittelzehen keinen gezahnten Nagel tragen, den Schwalmen enger anschließen als den Nachtschatten und deshalb der ersten Unterfamilie zugezählt oder als Vertreter einer gleichwerthigen Gruppe angesehen werden. Die von ihnen gebildete Sippe der Schwalke oder Riesennachtschwalben ( Nyctibius) kennzeichnet sich durch folgende Merkmale: Der Leib ist kräftig, der Kopf ungewöhnlich groß, der Flügel, in welchem die dritte Schwinge alle anderen überragt, lang und spitzig, der Schwanz verhältnismäßig lang und schwach zugerundet, das Gefieder reich, weich und locker. Dies alles ist wie bei den Nachtschwalben; der Schnabel aber weicht bedeutend ab. Auch er ist von oben gesehen dreieckig, an der Wurzel ungemein breit, bis zu den Nasenlöchern hin gleichmäßig abfallend, von hier aus in einen dünneren, rundlichen Nagel zusammengedrückt, welcher sich sanft bogenförmig über den Unterschnabel herabwölbt und dessen Spitze mit herabbiegt, obwohl letztere zu seiner Aufnahme ausgehöhlt und deshalb bedeutend kürzer ist; der scharfe Mundrand trägt einen linienlangen Zahn, welcher da hervortritt, wo der Haken beginnt; der Schnabelspalt öffnet sich bis unter das Ohr, und die Rachenöffnung ist deshalb erstaunlich groß. Vom hornigen Theile des Schnabels sieht man übrigens wenig, weil der größte Theil, der Oberschnabel bis zu den Nasenlöchern, der Unterschnabel bis gegen die Spitze hin befiedert ist. Viele Federn am Schnabelgrunde sind zu feinen Borsten umgestaltet. Die Beine sind kurz, ihre Zehen schlank, die Nägel mäßig groß, etwas bogig; der mittlere zeigt einen scharf vortretenden Rand.

 

Der Riesenschwalk ( Nyctibius grandis ), die größte Art der Sippe, ist von den Guaranern »Ibijau«, zu deutsch »Erdfresser«, genannt worden, und jener Name in unsere Lehrbücher übergegangen. Seine Länge beträgt nach den Messungen des Prinzen von Wied 55 Centimeter, die Breite 1,25 Meter, die Fittiglänge 40, die Schwanzlänge 27 Centimeter. Das Gefieder der Oberseite zeigt auf fahlweißlichem Grunde sehr feine, dunkle Zickzackquerbinden, rostbraune Endsäume und dunkle Schaftstriche; Kinn und Kehle sind rostrothbraun, schmal schwarz in die Quere liniirt, Kehle und Brustmitte durch braunschwarze Spitzenflecke unregelmäßig getüpfelt, die unteren Schwanzdecken weiß mit schmalen, dunklen Zickzackquerlinien, die oberen Flügeldecken längs des Unterarmes rothbraun mit dichtstehenden schwarzen, die Unterflügeldecken schwarz mit fahlweißen Querbinden geziert; die braunschwarzen Handschwingen und deren Deckfedern zeigen außen bräunlichgraue dichtstehende Querbänder, innen undeutliche Flecke, welche sich nur im Spitzendrittheil zu zwei oder drei breiten, silbergrauen, dunkel gepunkteten Querbändern gestalten, die silbergrauen Armschwingen und Steuerfedern rostbraune, schwarz gemarmelte Ränder und schwarze Fleckenquerbinden. Der Schnabel ist gelblichhorngrau, das Auge dunkel schwarzbraun, der Fuß gelblichgrau.

Es scheint, daß der Ibijau in allen Wäldern Südamerikas gefunden wird: man hat ihn ebensowohl in Cayenne wie in Paraguay erlegt. Wahrscheinlich ist er nicht so selten, als man gewöhnlich annimmt; es hält aber schwer, ihn bei Tage zu entdecken oder des Nachts zu beobachten. Prinz von Wied und Burmeister geben übereinstimmend an, daß er übertages immer in dicht belaubten Kronen der höchsten Bäume sitzt, nach anderer Nachtschatten Art der Länge nach auf einen starken Ast gedrückt. Sein Baumrindengefieder ist sein bester Schutz gegen das suchende Auge des Jägers oder eines anderen Feindes, und seine Regungslosigkeit erschwert noch außerdem das Auffinden. Azara beschreibt unter dem Namen »Urutau« einen verwandten Schwalk und sagt, daß er seinen Sitz gewöhnlich am Ende eines abgestorbenen Astes wähle, so daß er mit dem Kopfe über demselben hervorsehe und den Ast dadurch gleichsam verlängere, demungeachtet aber außerordentlich schwer zu entdecken sei. Ist solches einmal geschehen, so verursacht es keine Mühe, den schlafenden Vogel zu erbeuten, vorausgesetzt, daß er sich nicht einen sehr hohen Ruhesitz erwählt hat. Von einer anderen Art erzählt der Prinz, daß seine Leute sie mit einem Stocke todtgeschlagen haben, und bestätigt dadurch Azara's Angabe, nach welcher die Jäger Paraguays um die Mittagszeit dem Urutau eine Schlinge über den Kopf werfen und ihn dann vom Baume herabziehen. Auch Burmeister erfuhr ähnliches. Er sah einen Ibijau frei unter der Krone eines der höchsten Bäume sitzen und feuerte wiederholt nach ihm, ohne den Vogel auch nur zum Fortfliegen bewegen zu können. Gosse erhielt einen Urutau oder, wie der Vogel auf Jamaika genannt wird, einen Potu, welcher mit einem Steine von seinem Sitzplatze herabgeworfen worden war, und später einen anderen, welcher mit solcher Hartnäckigkeit den einmal gewählten Ruheplatz festhielt, daß er sich nicht nur nicht durch die Vorübergehenden stören, sondern ebenso wenig durch einen Schuß, welcher seine Federn stieben machte, vertreiben ließ. Nach dem gewaltsamen Angriffe war er allerdings krächzend weg und dem Walde zugeflogen; am nächsten Abend aber saß er wieder ruhig auf der beliebten Stelle und fiel unter einem besser gezielten Schusse als Opfer seiner Beharrlichkeit. Daß die größte Nachtschwalbe auch die dümmste ist, geht aus einer einfachen Untersuchung ihres Schädels hervor; denn die Hirnmasse des fast rabengroßen Ibijau kommt nach den Untersuchungen des Prinzen nur einer Haselnuß an Umfang gleich.

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Riesenschwalk ( Nyctibius grandis). 1/3 natürl. Größe.

Ganz anders zeigt sich der Vogel in der Dämmerung. Er ist dann verhältnismäßig ebenso behend und gewandt wie alle übrigen. Eine ausführliche Beschreibung seines Betragens ist mir allerdings nicht bekannt; doch nehme ich keinen Anstand, dasjenige, was der Prinz von einer nahe verwandten Art anführt, auch auf den Ibijau zu beziehen. »Die unbeschreiblich angenehmen Mondnächte heißer Länder sind oft im höchsten Grade hell und klar und gestatten dem Jäger, auf weithin mit ziemlicher Schärfe zu sehen. In solchen Nächten gewahrt man die Ibijaus, in großer Höhe gleich den Adlern dahinschwebend und weite Strecken durchfliegend, mit dem Fange großer Abend- und Nachtfalter sich beschäftigend. Es gibt in Brasilien eine Menge sehr großer Schmetterlinge, welche eben nur ein so ungeheuerer Rachen zu bewältigen weiß; diese Schmetterlinge aber haben in den Riesenschwalben ihre furchtbarsten Feinde und werden von ihnen in Menge verzehrt. Die Spuren der von den Mahlzeiten zurückbleibenden Schmetterlingsflügel, welche nicht mit verschluckt werden, findet man oft massenhaft auf dem Boden der Waldungen.« Bei diesen Jagden setzen sich, wie Azara mittheilt, die Riesenschwalke selten auf die Erde, und wenn es geschieht, breiten sie ihre Flügel aus und stützen sich auf sie und den Schwanz, ohne sich ihrer Füße zu bedienen (?). Gosse fand in den Magen der von ihm zergliederten Potus immer nur die Ueberreste verschiedener Käfer und anderer größeren Kerbthiere. Sie aber bilden nicht die einzige Beute, welcher der Schwalk nachstrebt. Von einer Art erfuhr Euler durch einen verläßlichen Beobachter, daß sie auch bei Tage und in absonderlicher Weise Jagd betreibt. Der Erzähler hatte den Vogel auf einer Viehweide angetroffen, woselbst er auf einem Baumstamme anscheinend regungslos saß. Bei näherer Beobachtung wurde er gewahr, wie jener von Zeit zu Zeit seinen Rachen aufsperrte und dadurch Fliegen anlockte, welche sich an der kleberigen Schleimhaut in Menge ansetzten. Wenn ihm nun die Anzahl der Schmarotzer der Mühe werth erschien, klappte er sein Großmaul zu und verschluckte die so gewonnene Beute. Diese ergiebige Fangart wiederholte er längere Zeit bei beständig geschlossenen Augen, und erst als der Beobachter ihn beinahe berührte, flog er ab. Das lang gezogene und traurige Geschrei der Schwalke vernimmt man mit wenig Unterbrechungen während der ganzen Nacht, und einer der Gatten des Paares beantwortet den Ruf des anderen. Die Stimme des Potu gleicht, nach Gosse, den Silben »Hohu«, welche zuweilen laut und heiser, zuweilen wiederum leise ausgestoßen werden und aus tiefster Brust zu kommen scheinen. Obgleich der genannte es bezweifelt, mögen die Eingeborenen doch wohl Recht haben, wenn sie angeben, daß der Vogel auch noch andere Laute hören lasse, ein Miauen nämlich, so kläglich, daß der Aberglaube in ihm Nahrung findet, und der Schwalk infolge dessen Gefahr läuft, getödtet zu werden. Einer von ihnen, welchen Gosse erhielt, verlor wenigstens nur seines kläglichen Rufes halber das Leben: die Frau des Hauses, in dessen Nähe er sich umhertrieb, vermochte das Geschrei nicht mehr zu ertragen und forderte ihren Gatten auf, den gefürchteten Unhold todtzuschießen. In den Augen der Neger gilt der Schwalk, wohl seines weiten Rachens halber, als eines der häßlichsten Wesen und dient deshalb zu nicht gerade liebsamen Vergleichen. Der größte Schimpf, welchen ein Neger dem anderen anthun kann, besteht in den Worten: »du bist so häßlich wie ein Potu«.

Azara sagt, daß der Urutau in hohlen Bäumen, Burmeister, daß er in ausgehöhlten, offenen Baumästen niste und in eine kleine Vertiefung zwei braune, dunkler gefleckte Eier auf das bloße Holz lege. Letzterer erhielt auch eines der Eier. Es war länglich rund, am dicken Ende kaum stumpfer als am spitzen, glanzlos und auf reinweißem Grunde mit graubraunen, lederbraunen und schwarzbraunen Spritzpunkten besetzt, welche gegen das eine Ende hin am dichtesten sich zusammendrängten.

Ueber das Betragen gefangener Schwalke geben Azara und Gosse Auskunft. Zu Ende December erhielt erstgenannter einen altgefangenen Vogel dieser Art und fütterte denselben mit klein gehacktem Fleische, bei welcher Nahrung er bis zum März aushielt. Als um diese Zeit die Winterkälte eintrat, wurde er traurig und verweigerte eine ganze Woche lang jegliche Nahrung, so daß sich Azara entschloß, ihn zu tödten. Dieser gefangene saß den ganzen Tag über unbeweglich auf einer Stuhllehne, die Augen geschlossen; mit Einbruch der Dämmerung aber und in den Frühstunden flog er nach allen Richtungen im Zimmer umher. Er schrie nur, wenn man ihn in die Hand nahm, dann aber stark und unangenehm, etwa wie »Kwa, kwa«. Näherte sich ihm jemand, um ihn zu ergreifen, so öffnete er die Augen und gleichzeitig den Rachen, so weit er konnte. Einen Potu, welchen man in einem waldigen Moraste gefunden hatte, pflegte Gosse mehrere Tage. Der Vogel blieb sitzen, wohin man ihn setzte, auf dem Finger ebensowohl wie auf einem Stocke, nahm hierbei aber niemals die bekannte Längsstellung der Ziegenmelker ein, setzte sich vielmehr in die Quere und richtete sich so hoch auf, daß Kopf und Schwanz in eine fast senkrechte Linie kamen. So saß er mit etwas gesträubtem Gefieder, eingezogenem Kopfe und geschlossenen Augen. Wurde er angestoßen, so streckte er den Hals aus, um das Gleichgewicht wieder herzustellen, und öffnete die großen glänzend gelben Augen, wodurch er mit einem Male einen höchst eigenthümlichen Ausdruck gewann. Uebertages geberdete er sich in der Regel, als ob er vollkommen blind wäre; wenigstens übte, auch wenn er mit offenen Lidern dasaß, das Hin- und Herbewegen eines Gegenstandes vor seinen Augen nicht den geringsten Eindruck aus. Ein- oder zweimal aber bemerkte Gosse, daß der nach jäher Oeffnung der Lider meist stark vergrößerte Stern sich plötzlich bis auf ein Viertheil der früheren Ausdehnung zusammenzog, wenn man die Hand rasch gegen das Auge bewegte. Unser Gewährsmann hatte später, bei Beleuchtung mit Kerzenlicht, Gelegenheit, die ebensowohl hinsichtlich der Ausdehnung wie der Schnelligkeit außerordentliche Beweglichkeit des Auges kennen zu lernen. Hielt man die brennende Kerze ungefähr einen Meter vom Auge ab, so war der Stern fast bis auf zwei Centimeter ausgedehnt und nahm den ganzen sichtbaren Kreis des Auges ein, so daß die Iris einen kaum wahrnehmbaren Kreis bildete. Brachte man dagegen das Licht bis dicht an das Auge, so zog sich der Stern bis auf einen Durchmesser von fünf Millimeter zusammen, und zwar mit derselben Schnelligkeit, mit welcher man die Bewegung des Lichtes ausführen konnte. »Als die Nacht anbrach«, erzählt Gosse weiter, »erwartete ich, daß er sich ermuntern würde. Allein er rührte sich weder, noch zeigte er irgend welche Regung des Lebens. Obgleich ich auf letztere bis zur vollen Dunkelheit wartete, auch im Laufe des Abends wiederholt in den ihm angewiesenen Raum ging, bemerkte ich doch bis zehn Uhr nachts keine Bewegung. Als ich gegen drei Uhr morgens wiederum mit einem Lichte in der Hand mich zu ihm begab, hatte er seine Stellung nicht verändert, und als endlich der Tag anbrach, saß er noch immer unbeweglich auf seinem Platze, so daß ich glauben mußte, er habe sich während der ganzen Nacht nicht gerührt. So verblieb er während des ganzen folgenden Tages. Ich steckte seinen Schnabel in das Wasser und ließ einige Tropfen davon auf denselben fallen: er weigerte sich zu trinken. Ich fing ihm Käfer und Schaben: er beachtete sie nicht; ich öffnete seinen Schnabel und steckte ihm die Kerbthiere in den breiten, schleimigen Mund: er warf sie augenblicklich mit ärgerlichem Schütteln des Kopfes aus. Gegen Abend jedoch begann er plötzlich warm zu werden, flog einige Male ab und flatterte dann auf den Boden oder zu einem Ruheplatze zurück. Verschiedene kleine Kerfe umflogen meine getrockneten Vogelbälge, und ich nahm an, daß er wohl einige von ihnen fangen möge, weil sein Auge dann und wann einen raschen Blick auf irgend einen Gegenstand warf und um sich schaute, als ob es dem Gange desselben folgen wollte. Die Behauptung Cuviers, daß die Verhältnisse der Schwalke sie vollständig untauglich machen, sich vom ebenen Boden zu erheben, sah ich widerlegt; denn mein Vogel erhob sich ungeachtet der Kürze seiner Fußwurzeln ohne alle Schwierigkeit von dem Fußboden des Raumes. Wenn er hier aß, waren seine Flügel gewöhnlich etwas gebreitet; wenn er auf einem Zweige hockte, erreichten sie ungefähr die Spitze des Schwanzes. Falls ich von dem wenigen, was ich über das Gebaren des freilebenden Potu beobachtet und meinem gefangenen abgelauscht habe, zu urtheilen wagen darf, muß ich annehmen, daß er ungeachtet seiner kräftigen Schwingen wenig fliegt, vielmehr von einer Warte aus seine Jagd betreibt und nach geschehenem Fange nächtlicher Kerbthiere wiederum zu seinem Sitze zurückkehrt. Da mein Potu nichts fressen wollte, entschloß ich mich ihn zu tödten, um ihn meiner Sammlung einzuverleiben. Um ihn umzubringen, drückte ich ihm die Luftröhre zusammen, fand aber, daß ich mit aller Kraft meiner Finger sie nicht so weit zusammenpressen konnte, um ihn am Athemholen zu verhindern. Ich war deshalb genöthigt, ihm einige Schläge auf den Kopf zu versetzen. Während er, sehr gegen mein Gefühl, diese Streiche empfing, stieß er ein kurzes, heiseres Krächzen aus. Mit dieser einzigen Ausnahme war er bis dahin während der ganzen Zeit vollkommen stumm gewesen. Jede Belästigung hatte ihn gleichgültig gelassen und nur, wenn ich ihn wiederholt dadurch erregt hatte, daß ich ihm irgend einen Gegenstand vorhielt, öffnete er zuweilen seinen ungeheueren Rachen, anscheinend um mich zurückzuschrecken, zeigte jedoch niemals die Absicht, irgend etwas zu ergreifen.«


In tiefen Felshöhlen oder Felsschluchten der Gebirge Mittelamerikas lebt ein wunderbarer Vogel, welcher in Gestalt und Wesen allerdings die hauptsächlichen Merkmale der Nachtschwalben und zumal der Riesen dieser Familie zeigt, sich jedoch demungeachtet ein durchaus selbständiges Gepräge bewahrt und deshalb als Urbild einer besonderen, nach ihm benannten Unterfamilie, der Fettschwalke ( Steatornithinae) angesehen wird.

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Guacharo.

Der Fettschwalk oder Guacharo der Venezuelaner ( Steatornis caripensis, Caprimulgus caripensis) erreicht eine Länge von fünfundfunfzig Centimeter und doppelte Breite. Sein Leib ist sehr schlank, der Kopf breit, der Schnabel länger als breit und frei, längs der Firste in starkem Bogen hinabgekrümmt und zu einer vorragenden, überhängenden Spitze ausgezogen, der Rand vor derselben gezahnt, der Unterschnabel an der Wurzel bogig hervortretend, an der zusammengedrückten Spitze schief abgestutzt, das große eiförmige Nasenloch seitlich in der Mitte und frei gelegen, der Fuß sehr kräftig, der Lauf kurz und nackt, ohne Beschilderung, nur halb so lang als die mittlere und äußeren, jener fast gleichen Zehen, der Flügel sehr lang mit weit vorragender Spitze. Im Fittige ist die vierte und fünfte Schwinge die längste, die dritte und sechste ansehnlich kürzer, die erste mäßig verkürzt und an Länge der siebenten gleich. Der Schwanz ist bedeutend kürzer als der Flügel, stark abgerundet und aus steifen, am Ende breiten Federn gebildet, das übrige Gefieder endlich hart und steif, in der Zügelgegend zu langen, den Schnabel überragenden Borsten umgestaltet, so daß das Gesicht wie bei den Eulen mit einem Schleier umgeben wird. Kleine Borstenfedern besetzen auch das Lid und schützen das große, halbkugelige Auge. Die Speiseröhre erweitert sich nicht kropfartig; der Magen ist sehr muskelkräftig; der Darmschlauch mehr als doppelt so lang als der Leib. Eine Fettschicht breitet sich unter der Haut aus und umgibt die Eingeweide in solcher Stärke, daß man sagen kann, sie seien in Fett eingebettet. Die Färbung des Gefieders ist ein schönes Kastanienbraun; die Zeichnung besteht auf der Oberseite in sehr verwaschenen, undeutlichen Spritzpunkten, auf dem Mantel, den Schultern und Armschwingen in schmalen, schwach angedeuteten dunkleren Querlinien, auf dem Oberkopfe in sehr kleinen, auf der Unterseite, den Flügeln und den oberen Schwanzdecken in deutlichen lanzettförmigen gelblichweißen, sehr schmal gesäumten Flecken auf der Schaftmitte, welche auf den mittleren Oberflügeldeckfedern und am Außenrande der beiden ersten Armschwingen größer werden und eine mehr tropfenförmige Gestalt annehmen. Die dunkelbraune Innenfahne der Schwingen zeigt drei bis vier rostweißliche Randflecken; die braunschwarzen Federn sind außen mit acht schmalen, innen mit acht sehr breiten schwarzbraunen Querbinden und sechs regelmäßigen Randflecken gezeichnet, erstere schwarz auf der Außenfahne der äußersten Feder jederseits zu vieren zusammen und erhalten ober- und unterseits einen schmalen dunklen Saum. Das Auge ist dunkel-, der Schnabel röthlichbraun, der Fuß gelbbräunlich. Beide Geschlechter unterscheiden sich nicht durch die Färbung.

Alexander von Humboldt entdeckte den Guacharo im Jahre 1799 in der großen Felsenhöhle von Caripe; spätere Reisende fanden ihn aber auch in anderen dunklen Felsklüften oder Höhlungen, wie solche in den Andes sehr häufig vorkommen. Die Kunde, welche wir über das Leben und Treiben des merkwürdigen Vogels erhalten haben, ist ziemlich ausführlich; doch bleibt immerhin noch manches aufzuklären. Gewiß ist, daß man keinen Vogel weiter kennt, welcher lebt wie der Guacharo. Dies wird aus dem folgenden, welches eine Zusammenstellung der wichtigsten Angaben von Humboldt, Funck, Groß und Göring ist, zur Genüge hervorgehen.

»In einem Lande«, sagt Humboldt, »wo man so großen Hang zum wunderbaren hat, ist eine Höhle, aus welcher ein Strom entspringt, und in welcher tausende von Nachtvögeln leben, mit deren Fett man in den Missionen kocht, natürlich ein unerschöpflicher Gegenstand der Unterhaltung und des Streites. Kaum hat daher der Fremde in Cumana den Fuß ans Land gesetzt, so hört er zum Ueberdrusse vom Augensteine von Araya, vom Landmanne in Arenas, welcher sein Kind gesäugt, und von der Höhle der Guacharos, welche mehrere Meilen lang sein soll. Lebhafte Theilnahme an Naturmerkwürdigkeiten erhält sich überall, wo in der Gesellschaft kein Leben ist, wo in trübseliger Eintönigkeit die alltäglichen Vorkommnisse sich ablösen, bei denen die Neugierde keine Nahrung findet.

»Die Höhle, welche die Einwohner eine Fettgrube nennen, liegt nicht im Thal von Caripe selbst, sondern drei kleine Meilen vom Kloster gegen West-Süd-West. Sie mündet in einem Seitenthale aus, welches der Sierra de Guacharo zuläuft. Am achtzehnten September brachen wir nach der Sierra auf, begleitet von den indianischen Alcalden und den meisten Ordensmännern des Klosters. Ein schmaler Pfad führte zuerst anderthalb Stunden lang südwärts über lachende, schön beraste Ebenen; dann wandten wir uns westwärts an einem kleinen Flusse hinauf, welcher aus der Höhle hervorkommt. Man geht dreiviertel Stunden lang aufwärts, bald im Wasser, welches nicht tief ist, bald zwischen dem Flusse und einer Felswand auf sehr schlüpfrigem, morastigem Boden. Zahlreiche Erdfälle, umherliegende Baumstämme, über welche die Maulthiere nur schwer hinüber kommen, machen dieses Stück des Weges sehr ermüdend.

»Wenn man am Fuße des hohen Guacharoberges nur noch vierhundert Schritte von der Höhle entfernt ist, sieht man den Eingang noch nicht. Der Bach läuft durch eine Schlucht, welche das Wasser eingegraben, und man geht unter einem Felsenüberhange, so daß man den Himmel gar nicht sieht. Der Weg schlängelt sich mit dem Flusse, und bei der letzten Biegung steht man auf einmal vor der ungeheueren Mündung der Höhle. Der Anblick hat etwas großartiges selbst für Augen, welche mit der malerischen Scenerie der Hochalpen vertraut sind; denn der gewaltige tropische Pflanzenwuchs verleiht der Mündung eines solchen Erdlochs ein ganz eigenes Gepräge. Die Guacharohöhle öffnet sich an einer senkrechten Felsenwand. Der Eingang ist nach Süden gekehrt; es ist eine Wölbung fünfundzwanzig Meter breit und zweiundzwanzig Meter hoch. Auf dem Felsen über der Grotte stehen riesenhafte Bäume; der Mamei und der Genipabaum mit breiten, glänzenden Blättern strecken ihre Aeste gerade gen Himmel, während die des Courbaril und der Erythrina sich ausbreiten und ein dichtes grünes Gewölbe bilden. Pothos mit saftigen Stengeln, Oxalis und Orchideen von seltsamem Bau wachsen in den dürrsten Felsspalten, während vom Winde geschaukelte Rankengewächse sich vor dem Eingange der Höhle zu Gewinden verschlingen. Welch ein Gegensatz zwischen dieser Höhle und jenen im Norden, die von Eichen und düsteren Lärchen beschattet sind!

»Aber diese Pflanzenpracht schmückt nicht allein die Außenseite des Gewölbes; sie dringt sogar in den Vorhof der Höhle ein. Mit Erstaunen sahen wir, daß sechs Meter hohe, prächtige Helikonien mit Pisangblättern, Pragapalmen und baumartige Arumaten die Ufer des Baches bis unter die Erde säumten. Die Pflanzenwelt zieht sich in die Höhle von Caripe hinein wie in die tiefen Felsspalten in den Andes, in denen nur ein Dämmerlicht herrscht, und sie hört erst dreißig bis vierzig Schritte vom Eingang auf. Wir maßen den Berg mittels eines Strickes, und waren gegen anderthalbhundert Meter weit gegangen, ehe wir nöthig hatten, die Fackeln anzuzünden. Das Tageslicht dringt so weit ein, weil die Höhle nur einen Gang bildet, welcher sich in derselben Richtung von Südost nach Nordwest hineinzieht. Da, wo das Licht zu verschwinden anfängt, hört man das heisere Geschrei der Nachtvögel, welche, wie die Eingeborenen glauben, nur in diesen unterirdischen Räumen zu Hause sind.

»Schwer macht man sich einen Begriff von dem furchtbaren Lärm, welchen tausende dieser Vögel im dunkeln Inneren der Höhle verursachen. Er läßt sich nur mit dem Geschrei unserer Krähen vergleichen, welche in den nordischen Tannenwäldern gesellig leben und auf Bäumen nisten, deren Wipfel einander berühren. Das gellende, durchdringende Geschrei der Guacharos hallt wieder vom Felsgewölbe, und aus der Tiefe der Höhle kommt es als Echo zurück. Die Indianer zeigten uns die Nester der Vögel, indem sie Fackeln an eine lange Stange banden. Sie staken zwanzig bis dreiundzwanzig Meter hoch über unseren Köpfen, in trichterförmigen Löchern, von denen die Decke wimmelt. Je tiefer man in die Höhle hineinkommt, je mehr Vögel das Licht der Kopalfackeln aufscheucht, desto stärker wird der Lärm. Wurde es ein paar Minuten ruhiger um uns her, so erschallte von weither das Klagegeschrei der Vögel, welche in anderen Zweigen der Höhle nisteten. Die Banden lösten sich im Schreien ordentlich ab.

»Der Guacharo verläßt die Höhle bei Einbruch der Nacht, besonders beim Mondscheine. Er frißt sehr harte Samen, und die Indianer behaupten, daß er weder Käfer noch Nachtschmetterlinge angehe; auch darf man nur die Schnäbel des Guacharo und des Ziegenmelkers vergleichen, um zu sehen, daß beider Lebensweise ganz verschieden sein muß.

»Jedes Jahr um Johannistag gehen die Indianer mit Stangen in die Cueva del Guacharo und zerstören die meisten Nester. Man schlägt jedesmal mehrere tausend Vögel todt, wobei die alten, als wollten sie ihre Brut vertheidigen, mit furchtbarem Geschrei den Indianern um die Köpfe fliegen. Die jungen, welche zu Boden fallen, werden auf der Stelle ausgeweidet. Ihr Bauchfell ist stark mit Fett durchwachsen, und eine Fettschicht läuft vom Unterleibe zum After und bildet zwischen den Beinen des Vogels eine Art Knopf. Daß körnerfressende Vögel, welche dem Tageslichte nicht ausgesetzt sind und ihre Muskeln wenig brauchen, so fett werden, erinnert an die uralten Erfahrungen beim Mästen der Gänse und des Viehes: man weiß, wie sehr dasselbe durch Dunkelheit und Ruhe befördert wird. Die europäischen Nachtvögel sind mager, weil sie nicht, wie der Guacharo, von Früchten, sondern vom dürftigen Ertrage ihrer Jagd leben. Zur Zeit der ›Fetternte‹, wie man in Caripe sagt, bauen sich die Indianer aus Palmblättern Hütten am Eingange oder im Vorhofe der Höhle. Wir sahen noch Ueberbleibsel derselben. Hier läßt man das Fett der jungen, frisch getödteten Vögel am Feuer aus und gießt es in Thongefäße. Dieses Fett ist unter dem Namen Guacharoschmalz oder Oel bekannt. Es ist halbflüssig, hell und geruchlos, und so rein, daß man es länger als ein Jahr aufbewahren kann, ohne daß es ranzig wird. In der Klosterküche zu Caripe wurde kein anderes Fett gebraucht als das aus der Höhle, und wir haben nicht bemerkt, daß die Speisen irgend einen unangenehmen Geruch oder Geschmack davon bekämen.

»Die Menge des gewonnenen Oeles steht mit dem Gemetzel, das die Indianer alle Jahre in der Höhle anrichten, in keinem Verhältnisse. Man bekommt, scheint es, nicht mehr als einhundertfunfzig bis einhundertsechzig Flaschen ganz reines Fett; das übrige weniger helle wird in großen irdenen Gefäßen aufbewahrt. Dieser Gewerbszweig der Eingeborenen erinnert an das Sammeln des Taubenfettes in Carolina, von dem früher mehrere tausend Fässer gewonnen wurden. Der Gebrauch des Guacharofettes ist in Caripe uralt, und die Missionäre haben nur die Gewinnungsart geregelt. Die Mitglieder einer indianischen Familie behaupten, von den ersten Ansiedlern im Thale abzustammen, und als solche rechtmäßige Eigenthümer der Höhle zu sein: sie beanspruchen das Alleinrecht des Fettes; aber infolge der Klosterzucht sind ihre Rechte gegenwärtig nur noch Ehrenrechte. Nach dem System der Missionäre haben die Indianer Guacharoöl für das ewige Kirchenlicht zu liefern; das übrige, so behauptet man, wird ihnen abgekauft.

»Das Geschlecht der Guacharos wäre längst ausgerottet, wenn nicht mehrere Umstände zur Erhaltung desselben zusammenwirkten. Aus Aberglauben wagen sich die Indianer selten weit in die Höhle hinein. Auch scheint derselbe Vogel in benachbarten, aber dem Menschen unzugänglichen Höhlen zu nisten. Vielleicht bevölkert sich die große Höhle immer wieder mit Siedlern, welche aus jenen kleinen Erdlöchern ausziehen; denn die Missionäre versicherten uns, bis jetzt habe die Menge der Vögel nicht merkbar abgenommen.

»Man hat junge Guacharos in den Hafen von Cumana gebracht; sie lebten da mehrere Tage, ohne zu fressen, da die Körner, die man ihnen gab, ihnen nicht zusagten. Wenn man in der Höhle den jungen Vögeln Kropf und Magen aufschneidet, findet man mancherlei harte, trockene Samen darin, welche unter dem seltsamen Namen ›Guacharosamen‹ ein vielberufenes Mittel gegen Wechselfieber sind. Die Alten bringen diese Samen den Jungen zu. Man sammelt sie sorgfältig und läßt sie den Kranken in Cariaco und anderen tief gelegenen Fieberstrichen zukommen.

»Die Höhle von Caripe behält auf vierhundertzweiundsechzig Meter dieselbe Richtung, dieselbe Breite und die anfängliche Höhe. Wir hatten viele Mühe, die Indianer zu bewegen, daß sie über das vordere Stück hinausgingen, welches allein sie jährlich zum Fettsammeln besuchen. Es bedurfte des ganzen Ansehens der Geistlichen, um sie bis zu der Stelle zu bringen, wo der Boden rasch unter einem Winkel von sechzig Grad steigt, und der Bach einen unterirdischen Fall bildet. Jemehr die Decke sich senkte, um so gellender wurde das Geschrei der Guacharos, und endlich konnte kein Zureden die Indianer vermögen, noch weiter in die Höhle hineinzugehen. Wir mußten uns der Feigheit unserer Führer gefangen geben und umkehren. Auch sah man überall so ziemlich das nämliche.

»Diese von Nachtvögeln bewohnte Höhle ist für die Indianer ein schauerlich geheimnisvoller Ort; sie glauben, tief hinten wohnen die Seelen ihrer Vorfahren. Der Mensch, sagen sie, soll Scheu tragen vor Orten, welche weder von der Sonne, Zis, noch vom Monde, Nuna, beschienen werden. Zu den Guacharos gehen, heißt so viel, als zu den Vätern versammelt werden, sterben. Daher nehmen auch die Zauberer, Piaches, und die Giftmischer, Imorons, ihre nächtlichen Gaukeleien am Eingange der Höhle vor, um den Obersten der bösen Geister, Ivorokiamo, zu beschwören. So gleichen sich unter allen Himmelsstrichen die ältesten Mythen der Völker, vor allen solche, welche sich auf zwei die Welt regierende Kräfte, auf den Aufenthalt der Seelen nach dem Tode, auf den Lohn der Gerechten und die Strafe der Bösen beziehen. Die Höhle von Caripe ist der Tartarus der Griechen, und die Guacharos, welche unter kläglichem Geschrei über dem Wasser flattern, mahnen an die stygischen Vögel.«

Durch Funck, welcher dieselbe Höhle besuchte, erfahren wir, daß die Guacharos nach eingetretener Dunkelheit ihre Höhle verlassen, und unter rabenartigem Geschrei wie unter Klappen mit dem Schnabel nach Nahrung ausfliegen. Letztere besteht ausschließlich aus Früchten. Sie verschlucken solche von der Größe der Taubeneier, speien aber die Kerne wieder aus. Die Nester sollen aus Thon zusammengebaut und napfförmig sein, und das Gelege aus zwei bis vier Eiern bestehen. Ein Guacharo mit Rest und Eiern wurde von Hautessier an die Pariser Akademie eingesandt und dabei bemerkt, daß das Nest aus den in Form von Gewöllen ansgewürgten Resten der Früchte, welche der Vogel verzehrt, hergestellt sein soll. Der Guacharo, meint der Berichterstatter, knete diesen Niststoff mit den Füßen zusammen, so daß das ganze Nest einem Lohballen gleicht und wie ein solcher brennt. Auch ein anderer Berichterstatter beschreibt das Nest in ähnlicher Weise, fügt aber noch hinzu, daß sein Rand mit Flaum umgeben sei. König-Warthausen kann seine Bedenken gegen die Art und Weise des Nestbaues nicht unterdrücken und schließt, daß die massenhaft in jenen Höhlen hausenden Vögel in Spalten, Löchern und Vorsprüngen, welche ebensogut ihre täglichen Sitz- als Nistplätze sind, ihre Gewölle auswerfen und unbekümmert um diese ihre Eier dorthin legen, wo sie Platz finden. Durch den fortwährenden Aufenthalt an jenen Stellen und durch das Sitzen auf dem Neste muß die Masse sehr fest werden, ohne daß es eines besonderen Knetens bedürfte. »Aus scharf begrenzter Umhüllung abgehoben, wird eine solche Unterlage leicht das Aussehen absichtlicher Bereitung erhalten. Unter der Federbekleidung des Randes ist kaum ein regelmäßiger Dunenkranz wie bei Entennestern zu verstehen. Die Federn können auch dort, wo sie eine Niststelle häufiger umgeben, leicht durch Zufall hinzugekommen sein.« Ein Nest, welches ich sah, schien absichtlich erbaut, also nicht vorgefunden und gelegentlich benutzt worden zu sein. Die nach außen gerundete, sehr dicke, in der Mitte schwach muldig vertiefte Masse ähnelte allerdings einem Lohkuchen. Sie enthielt viele Fruchtreste, welche offenbar ausgewürgt sein mußten, da die chemische Untersuchung Harnsäure nicht nachzuweisen vermochte. Die Mulde war so regelmäßig, daß sie nur absichtlich ausgetieft, nicht aber zufällig entstanden sein konnte. Die Eier, welche an Größe denen einer Haustaube ungefähr gleichkommen, Weichen, nach König-Warthausen, von denen der echten Ziegenmelker ebensowohl in der Gestalt wie in der Färbung ab. Ihre größte Breite liegt an dem Mittel der Längenaxe, so daß von dem stumpfen Ende die Bahn nach der mehr oder minder augenfälligen Spitze ziemlich schroff abfällt, wodurch sie an Falkeneier, namentlich an diejenigen der Rohrweihe erinnern. Ihre Schale ist niäßig stark, kalkweiß, mit bräunlichen, vom Neste herrührenden Flecken gezeichnet, inwendig dagegen gelblichgrün.

Groß besuchte die Schlucht von Icononzo in Neugranada, welche einen Sandsteinfelsen durchbricht, gegen eine halbe englische Meile lang, zehn bis zwölf Meter breit ist, und in der Tiefe von achtzig bis hundert Meter von einem wilden Bergstrome durchtost wird. In der grauenhaften Tiefe, aus welcher das Toben des Stromes dumpf heraufhallt, unmittelbar über den mit rasender Eile dahinstürzenden Wellen, hausen ebenfalls Guacharos. Groß ließ sich an Seilen hinab, fußte auf einem schmalen Vorsprunge und wurde sofort von einer Unzahl der nächtlichen Vögel förmlich angefallen, weil es galt, die Nester zu vertheidigen. Die gespensterhaften Thiere umschwirrten den Forscher so nahe, daß sie ihn im Vorüberfliegen mit den Flügelspitzen berührten, und das Geschrei der Hunderte und tausende dieser Thiere war geradezu betäubend. Groß erlegte in weniger als einer Stunde gegen vierzig Guacharos, die am Ausgange der Schlucht aufgestellten Indianer fanden aber nicht einen einzigen derselben in den Wellen des Flusses auf; deshalb ließ Groß im nächsten Jahre in der Tiefe des Spaltes ein Netz aufspannen, dazu bestimmt, die von ihm getödteten und herabstürzenden Vögel aufzufangen. Auf diese Weise gelang es ihm, mehrere Guacharos zu erhalten. Die Beobachtungen, welche gelegentlich dieser Jagd angestellt wurden, lassen sich in der Kürze zusammenstellen, wie folgt:

Der Fettschwalk schwebt leichten Fluges rasch dahin und breitet dabei Flügel und Schwanz fächerförmig aus, ohne viel mit den Flügeln zu schlagen. Jede andere Bewegung erscheint äußerst unbehülflich. Der Gang ist ein trauriges Fortkriechen, wobei der Vogel seine Flügel mit zu Hülfe nehmen muß. Im Sitzen erhebt er den Vordertheil des Leibes, senkt aber den Kopf so tief nach unten, daß es aussieht, als hinge derselbe einfach herab; gewöhnlich stützt er sich dazu noch auf die Handgelenke seiner beiden Flügel. Beim Fortkriechen richtet er den Schwanz ein wenig auf, schiebt den Kopf vorwärts, und sucht sich durch allerlei Schwenkungen und sonderbare schlangenhafte Bewegungen des Kopfes und Halses im Gleichgewichte zu erhalten. Fliegend und noch mehr bei Erregung läßt er seine heiser krächzende, aber doch laute Stimme hören, welche so eigenthümlich und widerlich ist, daß sie auch in einer freundlicheren Umgebung unangenehm oder grauenhaft wirken müßte. Die Nahrung besteht gewiß aus Früchten, deren Körner jedoch nicht ausgespieen, sondern mit dem Kothe ausgeschieden werden. Um die Nester herum häufen die freßwüthigen Jungen nach und nach Schichten von Koth und Samen an, welche bis fünfundzwanzig Centimeter hoch werden können und allerdings wie die Wände eines Napfes erscheinen. Aus Lehm oder ähnlichen Stoffen erbaut sich der Guacharo sein Nest nicht. Er legt seine weißen birnförmigen Eier ohne jegliche Unterlage in Felsenritzen. Männchen und Weibchen brüten abwechselnd. Die Jungen sind Mißgestalten der traurigsten Art; sie vermögen sich auch nicht eher zu bewegen, als bis ihr Gefieder sich vollkommen entwickelt hat. Ihre Gefräßigkeit ist ungeheuer groß. Wenn sie erregt werden, fallen sie einander wüthend an, packen mit ihrem Schnabel alles, was in den Bereich desselben geräth, sogar ihre eigenen Füße oder Flügel, und lassen das einmal ergriffene nur höchst ungern wieder los. Groß versuchte einige von denen, welche er aus den Nestern nahm, aufzuziehen, war jedoch nicht im Stande, die geeignete Nahrung herbeizuschaffen, und verlor deshalb seine gefangenen nach wenigen Tagen wieder.

Abgesehen von Taylor, welcher einen Brutplatz auf Trinidad besuchte und davon eine ziemlich lange, jedoch inhaltslose Beschreibung gibt, schildert neuerdings Göring mehrere von ihm besuchte Höhlen und das Treiben der Vögel in anschaulicher Weise. »Die Mittheilungen über den Guacharo im ›Thierleben‹«, so schreibt er mir, »sind gut; insbesondere gefallen mir die von Groß herrührenden Angaben über den Vogel. Wesentliches über das Leben des Guacharo glaube ich nicht hinzufügen zu können, beschränke mich daher auf das nachstehende. Humboldt sagt mit vollem Rechte, daß sich diese Vögel nicht zu vermindern scheinen, weil sie sich aus anderen, den Menschen unzugänglichen Höhlen ersetzen. Letztere sind dieselben, welche ich mit den Chacmas aufgesucht habe, um sie zu zeichnen. Sie befinden sich im Südosten von Caripe in den Gebirgen von Terezen und Punceres. Die Abbildung, welche für das ›Thierleben‹ zu zeichnen mir besondere Freude bereitet hat, stellt den Eingang in die sogenannte kleine Höhle dar.

»Es ist in der That sehr schwer, zu diesen Höhlen zu gelangen. Kein Weg führt durch den üppigen Urwald, welcher die Berge mit ihren unzähligen Schluchten bedeckt. Die Höhlen sind von Caripe in gerader Linie kaum weiter als sechs Wegestunden entfernt; wir aber brauchten zwei volle Tage, um den Rio Arcacuar zu erreichen. Dieser Bergfluß nimmt das Wasser auf, welches aus den Höhlen strömt. Letztere befinden sich auf der uns entgegengesetzten Seite des Flusses, welcher zur Zeit unseres Besuches infolge anhaltender Regengüsse so angeschwollen war, daß wir zwei Tage warten mußten, ehe es uns möglich wurde, an das andere Ufer zu gelangen. Schon am ersten Abende, welchen wir im Walde zubrachten, hörten wir das Geschrei der Guacharos. Mit Beginn der Dämmerstunde schwärmten sie aus. Hoch über die riesigen Baumkronen des dichten Waldes erhoben sie sich und erfüllten die Luft mit ihren Rufen, welche uns um so schauerlicher in die Ohren klangen, als die Schluchten und Thäler des Gebirges ein tausendfältiges Echo zurückgaben. In das krähenartige, aber viel lautere und gellendere Geschrei mischt sich schnelles Schnabelgeklapper und trägt nur dazu bei, das ganze noch unheimlicher erscheinen zu lassen. An einem mondhellen Abende schienen tausende von Guacharos ihre unterirdischen Wohnungen verlassen zu haben; denn das Geschrei steigerte sich zu einem so entsetzlichen Lärme, daß alle anderen nächtlichen Thierstimmen des Waldes dagegen verstummten, daß es uns vorkommen wollte, als ob ein schrecklicher Kampf in den Lüften über uns ausgefochten würde. Nach und nach erst minderte sich der Höllenlärm, weil die Vögel, wie es schien, in die Baumkronen einfielen, um hier Früchte zu suchen. Wenigstens glaube ich, daß der Guacharo nur dann sein Geschrei ertönen läßt, wenn er fliegt.

»Die Nester, welche ich gesehen habe, hatten mehr oder weniger die Form eines trockenen Kuhfladens von dunkelbrauner Farbe. Die Masse bestand aus der lockeren Erde von dem Grunde der Höhle und taubeneiergroßen Samen, welche die Guacharos wieder von sich gegeben hatten. Die Form des Nestes richtet sich natürlich nach den Ritzen, den Vertiefungen, Höhlungen, in welche diese Vögel bauen. Ich habe nur zwei Eier angetroffen, glaube aber, daß die Angabe im ›Thierleben‹ richtig ist. Von dem unbeholfenen Körper eines jungen Guacharo kann man sich kaum eine Vorstellung machen. Der ganze Vogel ist nur ein unbeschreiblicher Fettklumpen. Ich zergliederte mehrere von ihnen und fand, daß ihre Magen bereits mit fast taubeneigroßen Samen gefüllt und diese in eine feuchte, blaß rosenfarbige Masse gehüllt waren. Alle Fettklumpen, wie ich die Jungen nennen will, um sie am besten zu bezeichnen, hatten weißgelbliche Färbung und zeigten nur die ersten Spuren von Federn. Einige von den Nestjungen haben wir gegessen. Sie waren so außerordentlich fett, wie ihr äußeres Ansehen vermuthen ließ, und es wurden deshalb auch nur einzelne Theile ihrer zerstückelten Leiber in der Suppe mit abgekocht, um diese zu schmalzen. In den Augen der Chacmas aber galten die Jungen als ein außerordentlich schmackhaftes Gericht.

»Später habe ich den Guacharo noch in der Nähe von Caracas, etwa zwei Stunden östlich von der Stadt, gefunden und ebenso in der Provinz Merida am Rio Capaz, einem bisher noch unbekannten Brutplatze, aufgesucht. Der letztgenannte Fluß und der Rio Guayre bei Caracas brechen sich durch enge Schluchten Bahn, welche dem Guacharo günstigen Aufenthalt gewähren. Das Vorkommen des Guacharo auf der Insel Trinidad ist bekannt und ich will deshalb nur noch erwähnen, daß der Einflug in seine an der gebirgigen Nordküste gelegenen unterirdischen Wohnungen hier zum Theil vom Meere aus stattfindet.«


Unsere Nachtschwalbe, der Nachtschatten, Tagschläfer, Nachtwanderer, Nachtrabe, Ziegen-, Geis- oder Kindermelker, Ziegen-, Kuh- oder Milchsauger, Pfaffe, die Brillennase, Hexe, und wie er sonst noch genannt wird ( Caprimulgus europaeus, vulgaris, maculatus, punctatus und foliorum), vertritt die letzte gleichnamige Unterfamilie ( Caprimulginae), deren Kennzeichen zu suchen sind in dem sehr schwachen Schnabel, den starken Schnabelborsten an seinem Grunde und den kleinen, schwächlichen Füßen, deren äußere Zehe aus vier Gliedern besteht, und deren Mittelzehe einen langen, nur auf der Außenseite kammartig gezähnelten Nagel trägt. Die Merkmale der Nachtschatten ( Caprimulgus) entsprechen im allgemeinen der weiter oben gegebenen Gesammtbeschreibung. Der Leib ist gestreckt, der Hals sehr kurz, der Kopf groß und breit, der Schnabel sehr klein und kurz, aber breit, an der Wurzel schmal, an der Spitze vor den Nasenlöchern herabgebogen, der Flügel lang, schmal, spitzig, in ihm die zweite Schwinge die längste, der Schwanz gerade abgeschnitten, da nur die äußersten Steuerfedern gegen die übrigen gleichlangen sich verkürzen. An den kleinen niedrigen Füßen überragt die Mittelzehe die übrigen bedeutend und verbindet sich mit den nächsten beiden durch eine Spannhaut bis zum ersten Gelenke; die kleine, nach innen stehende Hinterzehe ist frei. Den Lauf bekleiden von oben her bis zur Hälfte kleine Federchen; der übrig bleibende Theil ist mit Schildtafeln bedeckt. Großfederiges, aber sehr lockeres und überaus weiches, äußerst lose in der Haut sitzendes Gefieder umhüllt den Leib.

siehe Bildunterschrift

Nachtschwalbe ( Caprimulgus europaeus) und Rothhalsnachtschatten ( Caprimulgus ruficollis). 2/5 natürl. Größe.

Die Länge der Nachtschwalben beträgt sechsundzwanzig, die Breite fünfundfunfzig, die Fittiglänge neunzehn, die Schwanzlänge zwölf Centimeter. Das Gefieder ist oberseits auf bräunlich grauem Grunde mit äußerst feinen, helleren oder dunkleren Pünktchen dicht bespritzt und außerdem durch sehr schmale schwarze Schaftstriche gezeichnet, welche auf Oberkopf und Mantel sich verbreitern, an ihrem Außenrande rostbraune Bandflecke zeigen und längs des Scheitels einen, auf den Schultern zwei dunkle Längsstreifen bilden. Eine Querbinde über dem Flügel entsteht durch die breiten rostgelben Spitzen der mittleren Flügeldeckfedern, welche hierdurch von den übrigen schwarzbraunen, rostbräunlich punktirten Flügeldecken wesentlich sich unterscheiden. Die schwarze, rostbraun punktirte Zügel- und Ohrgegend wird unterseits von einem rostweißlichen Längsstreifen begrenzt, die oberen Schwanzdecken zeigen auf grauem Grunde dunkle Zickzacklinien, die unteren rostfarbenen Flügeldecken dunkle Querbinden, Kinn, Kehle und Halsseiten, welche rostfahle Färbung haben, schwärzliche Querlinien, welche auf der übrigen Unterseite deutlicher und breiter werden und auf den unteren Schwanzdecken weiter auseinandertreten. Kropf und Brust sind auf schwarzbraunem Grunde fein graulich bespritzt, an den Seiten mit rundlichen, größeren, weißlichen Endflecken geziert. Ein großer weißgrauer, dunkel gewellter Querfleck nimmt die Unterkehle ein. Von den braunschwarzen Schwingen heben sich außen sechs rostgelbe, dunkel gemarmelte Querflecke, innen rostgelbe Querbinden ab und die ersten drei Schwingen haben auf der Innenfahne außerdem noch einen großen weißen Mittelfleck. Die mittelsten beiden Schwanzfedern sind bräunlichgrau, dicht schwarz gemarmelt und mit neun schwarzen unregelmäßigen Querbinden, die übrigen Steuerfedern auf schwarzbraunem Grunde mit acht bis neun bräunlichgrauen, dunkel gemarmelten Fleckenquerbändern, die beiden äußersten Steuerfedern endlich mit breiten weißen Endflecken verziert. Die Iris ist tief braun, das Augenlid roth, der von schwarzen Rachenborsten umgebene Schnabel hornschwarz, der Fuß röthlichbraun. Das im allgemeinen düsterer gefärbte Weibchen unterscheidet sich vom Männchen dadurch, daß die ersten drei Schwingen auf der Innenfahne sowie die beiden äußersten Schwanzfedern am Ende anstatt weißer, kleinere rostgelbliche Flecke tragen, und die jungen Vögel sind daran kenntlich, daß diese bezeichnenden Flecke ihnen gänzlich fehlen.

Die Nachtschwalbe verbreitet sich vom mittleren Norwegen an über ganz Europa und Westasien und besucht im Winter alle Länder Afrikas, da sie erst im Süden des Erdtheiles Herberge zu nehmen scheint.

 

Im Südwesten Europas, insbesondere in Spanien, tritt zu der deutschen Art eine zweite, der Rothhalsnachtschatten ( Caprimulgus ruficollis und rufitorquatus). Er ist merklich größer als der deutsche Verwandte: seine Länge beträgt einunddreißig, die Breite einundsechzig, die Fittiglänge zwanzig, die Schwanzlänge sechzehn Centimeter. Das Gefieder ist auf dem Oberkopfe zart aschgrau, äußerst fein dunkel überspritzt, die Federreihe längs der Mitte durch breite schwarze, seitlich rostfahl gepunktete Schaftstreifen geziert, der Zügel wie die Ohrgegend tief rostbraun, die Kehle roströthlich, seitlich von einem schmalen weißen Mundwinkelstreifen, unterseits von zwei großen weißen, durch einen schmalen roströthlichen Mittelstreifen getrennten, in ihrem unteren Theile schwarz gesäumten Flecken begrenzt, der Oberhals durch ein breites rostrothes Band geziert, dessen Federn wegen der schmalen schwärzlichen End- und Seitensäume etwas getrübt sind, die Unterseite auf graubraunem Grunde äußerst fein dunkel und heller gespritzt und durch schwarze schmale Schaftstreifen gezeichnet, die Reihe der Schulterfedern auf der Innenfahne am Schafte breit schwarz, auf der Außenfahne breit rostgelb gerundet, wodurch ein breiter schwarz und rostgelb gefleckter Schulterlängsstreifen entsteht, die obere Flügelbedeckung rostbraun, durch schwarze Linien und Punkte und große, runde, roströthliche Spitzenflecke, die Brust auf rostrothem Grunde durch graue Punkte, dunklere Querlinien und einzelne große rostweißliche Spitzenflecke geziert, die übrige Unterseite rostgelb, auf dem Bauche und an den Seiten mit schmalen dunklen Querlinien geschmückt. Die schwarzen Schwingen zeigen breite rostrothe Querbinden, die des Armes auf der Außenseite deren vier, die Handschwingen am Innenrande ineinander verfließende, die ersten drei Schwingen innen den vielen Nachtschwalben gemeinsamen, großen weißen Fleck, die mittelsten beiden Schwanzfedern auf graubraunem, dunkler gemarmeltem Grunde sieben schmale Fleckenquerbänder, die übrigen Steuerfedern auf schwarzbraunem Grunde acht rostrothe dunkler gemarmelte Querbinden, die beiden äußersten Schwanzfedern jederseits sehr breite, die dritte schmälere weiße Endtheile. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß schmutzig schwarzbraun.

Das Verbreitungsgebiet des Rothhalsnachtschattens scheint ziemlich beschränkt zu sein. Als Brutvogel bewohnt er die Pyrenäenhalbinsel und Nordwestafrika, verfliegt sich aber gelegentlich seiner Wanderungen auch wohl bis nach Malta, Südfrankreich, und ist sogar schon in England beobachtet worden.

siehe Bildunterschrift

Klagenachtschatten ( Caprimulgus vociferus). ½ natürl. Größe.

Wenn auch vielleicht nicht die häufigste, so doch die bekannteste Nachtschwalbe Nordamerikas ist der Klagenachtschatten, »Whip-poor-will« der Amerikaner ( Caprimulgus vociferus und clamator, Antrostomus vociferus). Der Vogel kommt unserem Ziegenmelker an Größe ungefähr gleich. Sein Gefieder ist auf schwarzbraunem Grunde mit rostfarbenen und graulichen Pünktchen bespritzt und mit schmalen, auf dem Oberkopfe sich verbreiternden, schwarzen Schaftflecken, auf dem Hinterhalse und den Halsseiten durch schwarze und rostfarbene Querlinien, auf den Schulter- und Flügeldecken durch zwei unregelmäßige rostfarbene Randflecke gezeichnet, die Zügel- und Ohrgegend tief rostbraun, schwarz gestrichelt; die Oberkehle schwarz, mit schmalen rostfarbenen Querlinien, unterseits durch ein ziemlich bis an die Halsseiten reichendes, weißes Querband begrenzt, auf der Oberbrust schwarz und rostbraun quer gebändert, außerdem noch durch die rostweißlichen Endbinden geziert, auf der übrigen Unterseite auf rostgelblichem Grunde schmal schwarz in die Quere gebändert. Die schwarzen Schwingen zeigen sechs bis sieben rostfarbene Randquerflecke, die beiden mittelsten rostgraue, dunkel gespritzte, die Steuerfedern neue schwarze Schaft-, die übrigen einen schwarzen, in der Endhälfte weißen, in der Wurzelhälfte rostfarbenen Querfleck. Das Auge ist tief braun, der Schnabel wie die langen Rachenborsten schwarz, der Fuß blaßbraun. Das Weibchen unterscheidet sich durch die rostfahle Kehlbinde, sieben rostfarbene Fleckenquerbinden in den Schwanzfedern und rostgelbe Endkanten der letzteren.

Der in Amerika allbekannte Vogel verbreitet sich über die östlichen Vereinigten Staaten und besucht im Winter Mejiko und Südamerika.


Die Sippe der Schleppennachtschwalben ( Scotornis) unterscheidet sich von den beschriebenen Verwandten durch den Schnabel, welcher zwar im allgemeinen dieselbe Bildung zeigt wie bei den Nachtschatten, jedoch eine feinere, stärker herabgekrümmte Spitze und gegen die sehr verbreiterte Rachenspalte stark herabgezogene Schneidenränder besitzt, sowie ferner durch den sehr langen abgestuften Schwanz, dessen beide Mittelfedern ansehnlich vorragen. Der Lauf ist oben gefiedert, im übrigen mit vier Platten bedeckt; in dem langen Flügel überragen die zweite und die dritte Schwinge die übrigen.

 

Vertreter dieser Sippe ist die Schleppennachtschwalbe ( Scotornis longicaudus, Caprimulgus longicaudus, climacurus, furcatus, macrocereus, Boreanii und Wiederspergii), ein zwar merklich kleinerer, aber viel längerer Vogel als unsere Nachtschwalbe. Die Länge beträgt vierzig, die Breite zweinndfunfzig, die Fittiglänge vierzehn, die Schwanzlänge fünfundzwanzig Centimeter. Das Gefieder der Oberseite zeigt auf graubraunem Grunde die gewöhnlich aus äußerst feinen dunkleren oder helleren Spritzpünktchen bestehende Zeichnung, eine Längsmittelreihe der Kopffedern breite schwarze Schaftflecke, der Hinterhals auf rostgelblichem Grunde schwarze Querlinien, die Schulter rostgelbe und schwarze Fleckung, weil die Federn auf der Außenseite breit rostgelb, längs der Schaftmitte aber schwarz sind; das von den mittleren Oberflügeldecken gebildete Gefieder hat weiße Endränder, wodurch eine schiefe Ouerbinde entsteht, das rostbraune Kinn eine schmale vom Mundwinkel herabziehende weiße Begrenzung, die Kehle ein großes weißes, linkerseits schwarz begrenztes Schild, die Oberbrust auf rostbraunem Grunde fein dunkel punktirte graue und einzelne größere weiße Spitzenflecke, die übrige Unterseite auf rostgelbem Grunde dunkle schmale Querlinien. Eine breite weiße Querbinde zieht sich über die Innenfahne der ersten beiden und beide Fahnen der dritten und fünften Schwinge, wogegen die Armschwingen durch rostgelbe Fleckenquerbinden zu einem weißen Endrande geziert werden. Die beiden mittelsten Schwanzfedern sind auf graubraunem Grunde dicht dunkel gepunktet, die übrigen auf schwarzem Grunde mit rostbräunlich gemarmelten Fleckenquerbinden gezeichnet. Die äußerste Feder, deren Außenfahne rostweißlich ist, trägt zehn dunklere Ouerbinden und endet mit einem breiten weißen Fleck, welcher auf der zweiten Steuerfeder jederseits nur auf der Außenfahne ersichtlich ist. Die Iris ist tief braun, der von langen Rachenborsten umgebene Schnabel schwarz, der Fuß gelbbräunlich. Das Weibchen unterscheidet sich durch rostgrauen Grundton der Oberseite, rostgelblich verwaschene Schwingen und ein breites rostgelbliches Band um Hinterhals und Halsseiten.

So viel wir gegenwärtig mit Bestimmtheit anzugeben vermögen, bewohnt die Schleppennachtschwalbe ausschließlich Afrika und zwar vom neunzehnten Grade an nach Süden hin den größten Theil des Nordostens wie des Westens und das ganze Innere. Einzelne verfliegen sich auch wohl bis Südeuropa, und deshalb wird die Art in allen Verzeichnissen der europäischen Vögel aufgeführt.


Bei anderen Nachtschwalben ist der Schwanz beim Männchen sehr tief, beim Weibchen weniger auffallend gegabelt, der Flügel lang und stark, seine vorderste Schwinge am Rande gekerbt wie bei den Eulen, der Schnabel sehr gestreckt, an der Spitze verhältnismäßig stark, der Fuß fein und zierlich gebaut, oben befiedert, unten getäfelt. Man hat die hierher gehörigen Arten, welche nur in Südamerika vorkommen, Wassernachtschatten ( Hydropsalis) genannt.

siehe Bildunterschrift

Leiernachtschwalbe (Hydropsalis forcipatus). ⅓ nat. Größe

Die Leiernachtschwalbe ( Hydropsalis forcipatus, limbatus und creagra, Caprimulgus forcipatus und megalurus) erreicht, da die äußerste Schwanzfeder fast dreimal so lang ist als der Leib, achtundsechzig bis dreiundsiebzig Centimeter an Länge; die Flügellänge beträgt vierundzwanzig, die Schwanzlänge fünfzig bis fünfundfunzig Centimeter. Die Grundfärbung des Gefieders ist, laut Burmeister, ein dunkles Braun. Die Zeichnung der Federn des Oberkopfes besteht aus rostgelben Querflecken an beiden Seiten, welche in der Augengegend blasser und breiter werden und einen lichteren Streifen bilden, des Nackens aus breiten rostgelben Endsäumen, des Rückengefieders aus blaßgelben queren Zickzackwellenlinien, der vorderen Achselfedern aus breiten gelben, schiefen Spitzenflecken und sich gegenüberstehenden, eiförmigen Rand-, zum Theil Augenflecken, der Kehl-, Hals-, Brust- und Bauchfedern aus rostgelben Säumen, welche auf der Brust am breitesten sind und auf der Halsmitte zu einem blaßgelben Mundfleck werden. Die großen starken Schwingen sind braun, die ersten innen mit rostgelben Querflecken gezeichnet, welche auf den übrigen auch auf der Außenfahne auftreten, die Schwanzfedern braun, außerdem an der Innenfahne weiß gesäumt, die nächstfolgende an der Wurzel rostroth gebändert und auf den weißen Säumen wellig gescheckt, die übrigen fein zickzackförmig gezeichnet. Iris, Schnabel und Mundrandborsten sind schwarzbraun, die Füße fleischbraun.

Nach Burmeisters Angaben leben die Leierschwalben einsam im tiefen Walde, wie es scheint, nirgends häufig. Nach Azara wandern einige Arten zuweilen in Paraguay ein, halten sich dort ebenfalls im Walde auf und fliegen, ebenso wie andere Nachtschwalben auch, gern niedrig über dem Wasser der Bäche dahin.


Endlich haben wir noch derjenigen Nachtschwalben zu gedenken, bei denen gewisse Flügelfedern eigentümlich entwickelt sind.

Flaggennachtschatten (Cosmetornis) nennt man die Arten mit sehr schwachem, von kurzen Bartborsten umgebenem Schnabel, ziemlich langen, nacktläufigen Füßen, schwach ausgeschnittenem, kurzem Schwanze und absonderlich gebildetem Flügel, in welchem die ersten fünf Schwingen an Länge abnehmen, die sechste wiederum um etwas, die siebente bis zur Länge der ersten, die achte fast um die Fittiglänge und die neunte über alles Maß sich verlängern.

siehe Bildunterschrift

Flaggennachtschwalbe ( Cosmetornis vexillarius) ½ natürl. Größe.

Die Flaggennachtschwalbe ( Cosmetornis vexillarius, Semeiphorus und Macrodipteryx vexillarius, Caprimulgus Spekei) ist etwas größer als unser Ziegenmelker, oberseits auf schwarzbraunem Grunde fein rostbraun punktirt, auf dem Oberkopfe durch schwarze, auf den Schultern und hinteren Armschwingen, mittelsten und größten Oberflügeldeckfedern durch hier merklich vergrößerte und neben rostgelben breiten Endflecken besonders hervortretende Schaftflecke, an den dunklen Kopfseiten durch rostfahle Querbinden und Flecken, auf den übrigen Weißen Untertheilen endlich durch schmale dunkle Querlinien gezeichnet. Die Schwingen sind schwarz, an der Wurzel schmal weiß, die Handdecken schwarz mit weißem Endrande, die zweite bis fünfte Schwinge ebenso, die sechste und siebente einfarbig schwarz, die achte und neunte graubraun, außen dunkler, am Schafte weiß, die Armschwingen schwarz mit weißem Endrande und rostgelber, durch zwei gelbe Ouerbinden gezierter Wurzel, die Schwanzfedern rostgelb, schwarz gemarmelt und siebenmal schwarz in die Quere gebändert. Die Iris ist tief braun, Schnabel schwärzlich, Füße hellbräunlich.

Die Art bewohnt die Gleicherländer des inneren Afrika.


Eben daher stammt auch der merkwürdigste aller Ziegenmelker, die Fahnennachtschwalbe oder »Vierflügelvogel« der Araber ( Macrodipteryx longipennis, africanus und condylopterus, Caprimulgus longipennis, macrodipteryx und africanus), Vertreter einer besonderen Sippe, welche hinsichtlich der Bildung des Schnabels und der Füße von den übrigen Arten der Familie wenig, durch Flügel und Schwanz hingegen wesentlich von allen übrigen abweicht. Der Schwanz ist durch seine Kürze, der Flügel des Männchens durch eine auffallende Schmuckfeder ausgezeichnet. Diese entspringt zwischen den Hand- und Armschwingen, wächst siebenundvierzig Centimeter lang hervor, ist an der Wurzel ohne jegliche Fahne und setzt am Ende eine sechzehn Centimeter lange, verhältnismäßig sehr breite Fahne und zwar auf beiden Seiten des Schaftes an. Dem Weibchen fehlt diese Feder gänzlich. Das Gefieder ist ziemlich düster: oberseits schwarzbraun, fein graubraun, auf dem Oberkopfe rostbraun gepunktet, auf den Schulter- und den oberen Deckfedern durch größere rostfarbene, dort schärfere, hier mehr verwaschene Flecke getüpfelt, auf Kinn und Oberkehle rostgelb, schwarz in die Quere gewellt, auf Kropf und Brust schwarzbraun, grau punktirt und durch rostfarbene Schaftflecke gezeichnet, aus den übrigen Untertheilen rostfarben, dunkel quer gebändert. Um den Hals läuft ein breites, dunkel rostbraunes, schwarz gewelltes Band. Die schwarzen Schwingen zeigen fünf auf der Innenfahne hellere, die breiten Endfahnen der beiden Schmuckfedern auf schwarzem Grunde sechs breite, grau gepuderte Querbinden, die beiden mittleren graubraunen, dunkler punktirten Schwanzfedern fünf schmale schwarze, die übrigen schwarzbraunen Steuerfedern fünf rostbraune, dunkel gemarmelte Fleckenquerbinden. Die Länge beträgt nur einundzwanzig, die Fittiglänge dagegen siebzehn, die Schwanzlänge zehn Centimeter. Dem Weibchen mangelt die Schmuckfeder.

Das Verbreitungsgebiet dehnt sich über ganz Mittel- und Westafrika aus.

 

Eine Lebensschilderung der vorstehend kurz beschriebenen Nachtschwalben kann im Grunde nichts anderes sein, als die Ausführung des weiter oben über die Familie mitgetheilten. Wie schon bemerkt, gehört die große Mehrzahl aller Nachtschwalben dem Walde, nicht aber dem dicht geschlossenen oder düsteren Urwalde an: sie erwählen sich im Gegentheile solche Waldungen, wo große Blößen mit dichter bestandenen Stellen abwechseln. Afrikas Steppenwaldungen, wo nur hier und da ein Baum oder ein Strauch steht, der übrige Boden aber mit hohem Grase bewachsen ist, müssen den Nachtschwalben als Paradies erscheinen; darauf hin deutet wenigstens das ungemein häufige Vorkommen der Vögel. Auch die südeuropäischen Waldungen, welche sehr oft an jene Steppenwälder erinnern, sagen ihnen weit mehr zu als unsere geschlossenen Bestände. Meiden sie ja doch ängstlich fast unsere Laubwälder, obwohl diese unzweifelhaft weit reicher sind an Kerbthieren als die Nadelwaldungen, in denen sie ihr Sommerleben verbringen. Sie erscheinen auf dem Zuge in Waldungen aller Art oder in Gärten, suchen aber im Norden zum Brüten nur Nadelwälder auf. Die südeuropäische Art, der Rothhalsnachtschatten, findet an den Gebirgswänden, wo Steinhalden mit spärlich bewachsenen Stellen abwechseln, vortreffliche Aufenthaltsorte, siedelt sich aber ebenso häufig in Baumpflanzungen und vorzugsweise in Olivenwäldern an. Die sandfarbigen Arten Egyptens, namentlich der Wüstennachtschatten ( Caprimulgus isabellinus) halten sich in dem Gestrüppe verborgen, welches die Ufer des Nils bedeckt, da, wo die Wüste bis zum Strome herantritt, oder suchen sich in den mit Riedgrase bewachsenen Flächen passende Versteckplätze, hierdurch an den ausschließlich zwischen dem Hochgrase der Steppe lebenden Prachtziegenmelker ( Caprimulgus eximius) erinnernd. Auch die amerikanischen Arten scheinen ähnlichen Oertlichkeiten den Vorzug zu geben; doch erwähnen die Reisenden, daß einzelne Arten selbst in dem eigentlichen Urwalde vorkommen, bei Tage in den dicht belaubten Kronen der Bäume sich verbergen, bei Nacht aber Waldpfade und Waldblößen aufsuchen oder dicht über den Kronen der Bäume ihre Jagd betreiben.

Man darf annehmen, daß die große Mehrzahl aller Nachtschwalben auf dem Boden ruht und nur ausnahmsweise auf Baumzweigen sich niederläßt. Nachts bäumen alle Arten viel häufiger als während des Tages, obgleich immerhin einzelne in dieser Zeit auf Baumästen zubringen. Der Grund dieser entschiedenen Bevorzugung des flachen Bodens ist unschwer zu erkennen: der Nachtschatten stellt besondere Ansprüche an den Zweig, auf welchem er sich niederlassen will; denn er verlangt einen ihm in jeder Hinsicht bequemen Ruhesitz. Wie ich oben bereits bemerkt habe, setzt sich kein einziger dieser Vögel, nach anderer Art, querüber auf einen Zweig, sondern stets der Länge nach, so daß Ast und Leib in dieselbe Richtung kommen und letzterer auf ersterem ruht. Nur wenn ein Ziegenmelker aus seinem tiefsten Schlafe aufgeschreckt wird, und sich einem Baume zuwendet, setzt er sich nach anderer Vögel Weise auf Zweige nieder; ein solches Sitzen ist ihm aber so zuwider, daß er baldmöglichst einen neuen, bequemeren Platz aufsucht. Die gezähnelten Nägel der Mittelzehe und die nach innen gestellten Hinterzehen ermöglichen sicheres Festhalten in dieser Lage; aber es gehört doch schon ein ziemlich starker, auf eine Stelle hin astfreier und im gewissen Grade rauher oder gabeliger Ast dazu, um den Vögeln bequem zu erscheinen.

»Da ihnen«, erzählt Naumann, »ganz zusagende Sitzplätze nicht eben sehr häufig vorkommen mögen, so sieht man selbige in der Zugzeit fast regelmäßig wieder von anderen besetzt, wenn man die ersten auf ihnen niedergeschossen hatte. Ein Apfelbaum in meinem Garten hatte einen wagerechten Zacken, welcher, obwohl noch zu schwach für den Sitz eines solchen Vogels, sich in eine sehr enge Gabel theilte, deren ebenfalls wagerecht stehende beide Zinken nur wie ein Finger dick waren. Gleichwohl gaben sie, wenn der Vogel der Länge nach, jeden Fuß einzeln, auf die Zinken der Gabel setzte und Hinterkörper und Schwanz auf dem hinter der Spalte noch in eins verwachsenen Theile des Astes ruhen ließ, einen sehr bequemen Sitz ab, welcher so viel Beifall zu finden schien, daß ich in der Zugzeit mehrere Jahre nach einander beständig Nachtschwalben darauf antreffen konnte, ja einstmals drei Tage nach einander auch drei solcher Vögel, nämlich alle Tage einen davon herabschoß.« Nicht minder gern als solchen Ast erwählt der Nachtschatten einen größeren, oben flachen Stein zu seinem Ruhesitze und Schlafplatze. Auf solchem Steine, welcher, um allen Wünschen zu genügen, zeitweilig von der Sonne beschienen werden muß, trifft man, wenn man einmal Ziegenmelker hier bemerkte, immer wieder solche an. In Afrika und wohl in allen übrigen heißen Ländern meiden die Nachtschwalben die Sonne ebenso, als sie dieselbe hier zu Lande aufsuchen, und ziehen sich, um zu schlafen, stets bis in Stammnähe eines Baumes oder Strauches zurück. Während des Schlafes schließt der Nachtschatten die großen Augen gänzlich; sein feines Gehör scheint ihm jedoch annahende Gefahr rechtzeitig zu verrathen. Dann blinzelt er nach Eulenart zwischen den kaum geöffneten Lidern hervor, versucht sich einige Aufklärung zu schaffen und fliegt dann entweder auf und davon oder drückt sich auch wohl noch fester und platter auf den Boden nieder, indem er auf die Gleichfarbigkeit seines Gefieders mit einem alten Rindenstück oder der Erde selbst vertraut.

Naumann behauptet, daß man den Nachtschatten niemals gehen sehe, falls man nicht eine Bewegung so nennen wolle, welche er ausführt, wenn er, aufgescheucht, eben wieder aufbäumt, sich in seine gewöhnliche Stellung dreht, und dann durch ein paar schrittartige Bewegungen zurecht setzt. Dies ist nicht richtig; ich wenigstens habe sehr oft gesehen, daß die afrikanischen Ziegenmelker vom Umfange des Schattenraumes eines Busches aus der geeigneten Sitzstelle im Mittelpunkte zutrippelten und so immerhin einen oder mehrere Meter Entfernung laufend durchmaßen. Unser Nachtschatten ist mindestens ebenso befähigt wie seine afrikanischen Verwandten. »Bei meiner von großen Kiefernwäldern umschlossenen, einsam gelegenen Wohnung«, schreibt mir Vielitz, »sind Nachtschwalben recht häufig, und ich habe viele Gelegenheit gehabt, dieselben zu beobachten. An schönen Sommerabenden umgaukeln einzelne dieser Vögel das Gehöft in unmittelbarer Nähe, halten sich rüttelnd vor dem im Freien sitzenden, um ihn neugierig anzustaunen, und verschwinden geräuschlos, um im nächsten Augenblicke wieder aufzutauchen. Verhält man sich ganz unbeweglich, so setzt sich der Vogel hier und da auf eine freie kiesige Stelle, bleibt, den Leib flach auf den Boden gedrückt, unbeweglich wie ein Stück Baumrinde einen Augenblick beobachtend sitzen und beginnt, wenn er alles in Ordnung findet, nunmehr sich fortzubewegen, um von dem nackten Boden hier und da etwas aufzunehmen. Er durchtrippelt dabei gewöhnlich nur ganz kurze Strecken, fünfzehn, höchstens zwanzig Centimeter ohne Unterbrechung, hält an, nimmt etwas vom Boden auf, verweilt wieder einen Augenblick in ruhiger Beobachtung und geht weiter. Auf diese Weise durchwandert er kreuz und quer oft eine Viertelstunde lang die ihm, wie es scheint, sehr zusagenden Kiesstellen. Ich habe ihn oft aus dem Platze vor meiner Haustreppe, welche vier und sechs Meter mißt, beobachtet, indem ich auf der untersten Stufe Platz genommen hatte. Diesen Fleck durchwandert er wiederholt, von einer Seite bis zur anderen laufend, und nähert sich mir dabei oft so, daß ich ihn mit der Hand hätte berühren können. Wagt er, kühn eine etwas weitere Strecke im Zusammenhange zu durchlaufen, so nimmt er stets die Flügel zu Hülfe, indem er sie zierlich nach oben erhebt und sich so im Gleichgewichte erhält. Bisweilen ist er bewegungslustiger und sucht eine solche Stelle für seine Verhältnisse überraschend schnell ab. Dann benutzt er aber bei jedem Laufe die Flügel, indem er sie rasch nach oben erhebt und wieder anlegt, behält jedoch dabei die Füße immer auf dem Boden.« Der Flug ist ungemein verschieden, je nach der Tageszeit und je nach der Erregung, welche der Vogel gerade kundgibt. Bei Tage erscheint er flatternd, unsicher und in gewissem Grade unbeholfen, auch regellos; man meint, daß ein vom Wind plötzlich erhobener leichter Gegenstand durch den Luftzug weiter geführt würde, und schließlich zum Boden wieder herabstürze. Ganz anders fliegt der Ziegenmelker bei Nacht. Mit dem Verglühen des Abendrothes im Westen tritt er seine Jagdzüge an. Er ist vorher munter geworden, hat sich minutenlang im Gefieder genestelt, nach dieser und jener Seite umgeschaut und streicht nun zunächst raschen, behenden, gleitenden Fluges über wenig bewaldete Flächen oder über vollständige Blößen dahin. So lange es nur der Jagd gilt, ist der Flug abwechselnd ein leichtes, schwalbenartiges Schwimmen und Schweben, bei welchem die Flügel ungefähr ebenso hoch gehalten werden, als von einem fliegenden Weih geschieht, oder ein durch rasche Flügelschläge beschleunigtes Dahinschießen; Schwenkungen aller Art werden dabei jedoch auch ausgeführt und zwar fast mit derselben Gewandtheit, welche die Rauchschwalbe zeigt. Bei besonderen Gelegenheiten erhält sich der Ziegenmelker auch rüttelnd längere Zeit über ein und derselben Stelle: irgend etwas hat seine Aufmerksamkeit erregt und bewegt ihn, dies genau zu untersuchen. So geht es weiter, bis die vollkommen hereingebrochene Dunkelheit die Jagd beendet. Da der Vogel verhältnismäßig ungeheuere Bissen hinabwürgt, Mai- und große Mistkäfer, umfangreiche Nachtschmetterlinge z. B. dutzendweise verschluckt, ist der Magen in der allerkürzesten Zeit gefüllt und eine fernere Jagd zunächst unnütz; denn auch der Magen eines Ziegenmelkers verlangt sein Recht. Die Verdauung abwartend, sitzt der Vogel jetzt eine Zeitlang ruhig auf einem Aste; sobald aber die lebend verschluckten und nicht so leicht umzubringenden Käfer in seinem Magen getödtet sind und wieder Platz für neue Nahrung geschafft ist, tritt er einen nochmaligen Jagdzug an, und so gehts abwechselnd die ganze Nacht hindurch, falls diese nicht gar zu dunkel und stürmisch ist. Am lebhaftesten fliegen die Nachtschatten in den Früh- und Abendstunden; während der eigentlichen Mitternacht sah oder hörte ich sie nicht einmal in den milden Nächten der Gleicherländer.

Gelegentlich dieser Jagdflüge entfernt sich der Nachtschatten oft weit von seinem eigentlichen Wohnsitze. Er kommt in Thüringen aus den benachbarten Wäldern bis in das Innere der Dörfer oder fliegt hoch über diesen dahin einem anderen Walde zu, erscheint in Spanien von den umgebenden Gärten über großen Städten, wie z. B. über Madrid, schwebt in Mittelafrika von der Steppe herein in die Wohnorte des Menschen und treibt sich hier oft während der halben Nacht umher. In den Ortschaften wie im Walde besucht er während seiner nächtlichen Ausflüge mit einer gewissen Regelmäßigkeit bestimmte Plätze, ebensowohl um von ihnen aus einem vorübersummenden Kerbthiere nachzujagen, als seinen absonderlichen Liebesgesang hören zu lassen. Einer, welchen ich in meiner Heimat beobachten konnte, erschien während eines ganzen Monats allabendlich und fast zu derselben Zeit regelmäßig zuerst an einigen vom Walde, seinem Brutorte, mindestens einen Kilometer entfernten Linden, umflog deren Kronen in Schraubenlinien und schönen Schwenkungen, offenbar um dort sitzende Kerbthiere aufzutreiben, begab sich hierauf einen wie alle Abende nach einer zweiten Baumgruppe, flog von dieser aus einer dritten zu und kehrte dann nach dem Walde zurück. Wenn man den Ziegenmelker beobachten will, braucht man nur einen seiner Singplätze aufzusuchen: im Laufe des Abends erscheint er hier sicherlich mehrere Male. Verhält man sich ruhig, so läßt er sich durch die Anwesenheit des Menschen nicht im geringsten beirren, sondern kommt und geht nach wie vor. Gesehen aber und vielleicht auch seinerseits aufmerksam, mindestens neugierig ins Auge gefaßt hat er den Beobachter wohl. Nicht selten geschieht es, daß seine Neugier durch besondere Umstände erregt wird: ein dahinlaufender Hund kann ihn viertelstundenlang beschäftigen. Er stürzt sich dann wiederholt nach Falkenart auf den Vierfüßler hernieder und begleitet ihn bis weit über die Grenzen seines Gebietes hinaus. Ebenso werden Menschen, welche zufällig über seinen Wohnsitz gehen, oft lange von ihm verfolgt, in engen Kreisen umschwärmt und bis zur Waldgrenze oder darüber hinaus begleitet. Um kleinere Vögel bekümmert er sich selbstverständlich nicht, weil diese bereits zur Ruhe gegangen sind, wenn er sich zeigt. Dagegen verursacht er dem Kleingeflügel anfänglich, jedoch niemals lange Bedenken und Besorgnisse. Ein Ziegenmelker, welcher sich in einem Garten Englands niederließ, setzte die dort wohnenden Singvögel so in Schrecken, daß sie den Garten verließen. Nach zwei oder drei Tagen kehrten alle zurück; denn sie hatten in dem Fremdlinge einen harmlosen Gesellen erkannt, welchen sie nicht zu fürchten brauchten.

Die Liebe äußert auch auf die stumpfsinnig erscheinenden Nachtschwalben ihre Zaubermacht. Daß zwei Männchen um die Gunst eines Weibchens in heftigen Streit gerathen können und dabei sich so tüchtig zausen, als sie es vermögen, braucht nicht hervorgehoben zu werden; wohl aber muß ich hier bemerken, daß alle Ziegenmelker während der Paarzeit besondere Flugkünste treiben. Schon unser deutscher Nachtschatten erfreut durch seine Flugspiele während der Zeit seiner Liebe. Jede Bewegung wird, so scheint es, mit gewissem Feuer ausgeführt und erscheint rascher, gehobener, stolzer. Aber nicht genug damit, der Ziegenmelker klatscht auch noch mit den Flügeln wie eine liebesbegeisterte Taube, stürzt sich plötzlich aus einer gewissen Höhe hernieder, daß man ein eigenes Rauschen vernimmt, oder umschwebt und umgleitet in den prachtvollsten Schwenkungen das ruhig sitzende Weibchen. Jede Art leistet in diesen Liebesspielen etwas besonderes; am auffallendsten aber erscheinen, wie man sich denken kann, die durch den sonderbaren Federschmuck ausgezeichneten Arten Mittelafrikas oder Südamerikas. Ich kenne keine ausführliche Beschreibung der Flugweise der Leierschwalben, kann mir aber lebhaft denken, daß die Männchen dieser Sippe einen wunderbaren Eindruck Hervorrufen müssen; denn ich erinnere mich heute noch mit wahrem Vergnügen der Abende des innerafrikanischen Frühlings, welche uns in der Steppe, im Dorfe oder in der Stadt die Schleppennachtschwalben in ihrer vollen Liebesbegeisterung vor das Auge brachten. Unbesorgt wegen des lauten Treibens der Menschen, erschienen die prächtigen Vögel inmitten der Ortschaften und umflogen einzelne Bäume mit einer Anmuth, Zierlichkeit und Gewandtheit, welche uns immer zum Entzücken hinriß. Die Helligkeit der Nächte in den Wendekreisländern ließ uns jede Bewegung der Vögel deutlich wahrnehmen; wir konnten jeden Flügelschlag sehen, jedes Ausbreiten oder Zusammenlegen des wie eine Schleppe nachgetragenen Schwanzes unterscheiden, und der Vogel geberdete sich, als wolle er uns alle Künste seines köstlichen Fluges offenbaren. Auch an dem Lagerfeuer in der Steppe war die Schleppennachtschwalbe eine regelmäßige Erscheinung und Gegenstand der anziehendsten Unterhaltung; es schien, als ob sie das ungewohnte Licht besonders aufrege und sie diesem Gefühle durch wundersame Bewegungen Ausdruck geben müsse.

Den Vierflügler habe ich zu meinem Bedauern niemals selbst gesehen, wohl aber aus dem Munde aller Araber, welche ihn kannten, dieselben Ausdrücke der Verwunderung vernommen, Welche ich aus allen Erzählungen meiner eingeborenen Jäger schon früher herausgehört hatte. Wie auffallend die Erscheinung des fliegenden Vierflüglers ist, mag aus folgenden Worten Russegers hervorgehen. »Hätte ich eine Haremserziehung genossen, in diesem Augenblick hätte ich an Teufelsspuk und Hexenthum geglaubt; denn was wir in der Luft sähen, war wunderbar. Es war ein Vogel, welcher sich jedoch mehr durch die Lust zu wälzen, als zu fliegen schien. Bald sah ich vier Vögel, bald drei, bald zwei, bald sah ich wieder einen Vogel, welcher aber wirklich aussah, als hätte er vier Flügel; bald drehte sich das Gaukelspiel wie ein Haspel um seine Axe, und es verwirrte sich das ganze Bild. Die beiden langen Federn, wegen der Zartheit ihrer Schäfte das Spiel eines jeden Windzuges, erschweren einerseits den Flug dieses Vogels sehr, und bewirken anderseits durch ihr Flattern und Herumtreiben in der Lust während des Fluges umsomehr alle die eben erwähnten Täuschungen, als der Vierflügler nach Art seiner Familie nur im trügerischen Lichte der Dämmerung fliegt und an und für sich einen sehr ungeregelten, unsicheren Flug besitzt.« Heuglin beschreibt den Flug ausführlicher. »Mit dem Erscheinen des ersten Sternes am Abendhimmel«, sagt er, »beginnt der Vierflügler seine Wanderung und Jagd. Er streicht rasch und in gerader Linie, immer seinen bestimmten Wechsel einhaltend, über den Hochwald hin nach Lichtungen, welche er nach Heuschrecken, Käfern, Nachtschmetterlingen und Fliegen durchstreift, und zwar meist ziemlich niedrig, langsam und still. Nur bei plötzlichem Anhalten oder raschen Wendungen vernimmt man ein Geräusch, welches dem Peitschen eines seidenen Taschentuches verglichen werden kann. Sind die Bärte der langen Schmuckfedern mit Ausnahme der feinen Spitze abgerieben, so hat es den Anschein, als würde der Vogel von zwei kleineren verfolgt, welche beständig und gleichmäßig von oben herab auf ihn stoßen.« Letzterer Ausdruck ist mir gegenüber auch von den Eingeborenen gebraucht worden, welche ich hinsichtlich des Vogels befragte.

Die Stimme der Nachtschatten ist sehr verschieden. Einige Arten lassen hauptsächlich ein Schnurren vernehmen, andere geben mehr oder weniger wohllautende Töne zum besten. Wenn unser Ziegenmelker am Tage plötzlich aufgescheucht wird, hört man von ihm ein schwaches, heiseres »Dackdack«; bei Gefahr faucht er leise und schwach, nach Art der Eulen. Während der Paarungszeit vernimmt man den eigenthümlichen Liebesgesang. Derselbe besteht nur aus zwei Lauten, welche man vielleicht richtiger Geräusch nennen dürfte, werden aber mit einer bewundernswürdigen Ausdauer vorgetragen. Man kann nur annehmen, daß der Ziegenmelker sie in derselben Weise hervorbringt, wie unsere Hauskatze das bekannte Schnurren. Aus dem Wipfel oder auf einem passenden Aste eines Baumes sitzend, beginnt der Vogel mit einem weit hörbaren »Errrrr«, auf welches ein etwas tieferes »Oerrrr« oder »Orrr« erfolgt. Letzteres wird offenbar beim Einziehen, ersteres beim Ausstoßen des Athems hervorgebracht; denn jenes währt durchschnittlich nur eine, letzteres dagegen vier Sekunden. Wenn der Nachtschatten noch mit vollem Feuer singt, wechselt die Dauer eines Satzes zwischen dreißig Sekunden und fünf Minuten. Einer, welchen ich mit der Uhr in der Hand erst kürzlich beobachtete, spann vier Minuten fünfundvierzig Sekunden lang ununterbrochen, setzte fünfundvierzig Sekunden aus, benutzte diese Zeit, um auf einen anderen Baum zu fliegen, und ließ von ihm aus einen zweiten, drei Minuten fünfzehn Sekunden währenden Gesang vernehmen. Verweilt der spinnende Vogel auf einem und demselben Sitze, nämlich einem bequem zu erreichenden freien Zacken oder dicken, nicht verzweigten Aste, so pflegt er in der Regel einen Hauptsatz seines Gesanges mehrfach zu gliedern, indem er nach ein oder zwei Minuten langem, ununterbrochenem Schnurren eine kurze, höchstens drei Sekunden lange Pause einlegt, hierauf wiederum einige Sekunden spinnt, nochmals einige Augenblicke aussetzt und so in immer kürzeren Zwischenräumen seinen absonderlichen Gesang abschließt. Wenn man sich in sehr großer Nähe des Sängers befindet, vernimmt man auch, daß der Hauptsatz mit leisen Lauten geschlossen wird, welche zwar ebenfalls das Gepräge des Schnurrens tragen, aber doch wesentlich von den sonst hörbaren sich unterscheiden und gewissermaßen ein Aushanchen sind. Diese Laute lassen sich ungefähr durch die Silben »Quorre quorre quorre« ausdrücken und ähneln nach meiner Auffassung am besten dem verhaltenen Knarren eines Teichfrosches, welches man aus einiger Entfernung vernimmt. Das Weibchen schnurrt ebenfalls, jedoch nur äußerst selten und stets sehr leise; denn das Spinnen ist Ausdruck der Zärtlichkeit. Fliegend vernimmt man von beiden Geschlechtern einen Lockton, welcher wie »Häit häit« klingt. Alle afrikanischen Nachtschwalben, welche ich hörte, spinnen genau in derselben Weise wie die unserige; schon die südeuropäische Art aber wirbt in wohlklingenderer, wenn auch nicht gemächlicherer Weise um das Herz seiner Geliebten. Sie wechselt mit zwei ähnlichen Lauten ab, welche wir nur durch die Silben »Kluckkluckkluck« wiedergeben können. Die eine derselben Pflegt tiefer zu sein, als die andere; das Wieviel aber läßt sich mit Buchstaben nicht ausdrücken. Der Jotakanachtschatten, welchen Radde im Burejagebirge antraf, besitzt nach seiner Beschreibung eine gluckende Lockstimme, welche sich etwa durch die beiden Silben »Dschog dschog« wiedergeben läßt, weshalb der Vogel von den Birar-Tungusen »Dschogdschoggün« genannt wird. Ein indischer Ziegenmelker, welcher wiederholt mit dem unserigen verwechselt worden ist ( Caprimulgus indicus), schreit nach Jerdon »Tuyo«. Diese Angaben, welche die gänzliche Verschiedenheit der Stimmen so nahe verwandter Vögel beweisen, genügen vollständig, um festzustellen, daß die genannten nicht Spielarten einer und derselben Form, sondern durchaus selbständige Arten sind. Besonders auffallend muß der Ruf einiger amerikanischen Nachtschwalben sein, weil er nicht bloß den ungebildeten, sondern auch den gebildeten Bewohnern dieses Erdtheiles Veranlassung gegeben hat, die Vögel entweder zu scheuen, oder mit den ausfallendsten Namen zu belegen. Schomburgk schildert malerisch die Stimmen des Urwaldes, welche laut werden, wenn der Helle Gesang, das ausgelassene Gelächter der farbigen Begleiter des Reisenden verstummt sind. »Auf den heiteren Jubel folgte die tiefe Klage des Schmerzes der verschiedenen Arten der Ziegenmelker, welche auf den dürren, über die Wasserfläche emporragenden Zweigen der in den Fluß gesunkenen Bäume saßen und ihre stöhnenden Klagetöne durch die mondhelle Nacht ertönen ließen. Diese dumpfen Laute sind in der That so düster und unheimlich, daß ich die Scheu und Furcht vor diesen Thieren sehr natürlich finde. Kein Indianer, kein Neger, kein Kreole der Küste wagt es, sein Geschoß auf diesen Vogel zu richten, in welchem die ersteren die Diener des bösen Geistes Jabahu und seine Zauberer, die anderen Boten des bösen Geistes Jumbo und die dritten den sicheren Verkündiger eines Todesfalles innerhalb des Hauses erblicken, wie schon Waterton in seinen ›Wanderungen‹ so anmuthig erzählt hat. Bald scholl mir von jenen Bäumen oder dem nahen Ufer das klagende ›Ha-ha-ha-ha-haha-ha‹, welches mit hellem, vollem Tone beginnt und nach und nach bis zum ersterbenden Seufzer hinabsinkt, entgegen, bald das mit ängstlicher Hast ausgestoßene ›Who-are-you, who-who-who-are-you?‹ (Wer bist du, wer, wer, wer bist du?!), bald wieder das dumpf befehlende: ›Work-away-work-work-work-away‹ (Arbeite, hinweg, arbeite, arbeite, arbeite, hinweg!), während mich im nächsten Augenblicke eine vom tiefsten Lebensüberdrusse erfüllte Stimme anflehte: ›Willy-come-go, Willy-Willy-Willy-come-go‹ (Wilhelm, komm, laß uns gehen, Wilhelm, Wilhelm, Wilhelm, komm, laß uns gehen!) und eine fünfte klagte: ›Whip-poor-Will! Whip-Whip-Whip-poor-Will‹ (Schläge, armer Wilhelm, Schläge, Schläge, Schläge, Schläge, armer Wilhelm!), bis plötzlich das kreischende Geschrei eines Affen, der im Schlafe gestört oder von einer Tigerkatze überfallen worden war, aus dem düsteren Walde herübertönte.«

Das oben über die geistigen Fähigkeiten der Ziegenmelker gesagte will ich hier durch einige Belege zu beweisen suchen. Alle Nachtschwalben stehen sicherlich an Verstand hinter den Tagschwalben zurück, und zwar weit mehr als die Eulen hinter den Falken. Sie sind träger und schwergeistiger; ihr Fassungsvermögen ist gering. Die Nacht bietet aber auch einem so bewegungsfähigen Vogel viel weniger Gelegenheit, seinen Geist auszubilden, als der helle Tag einem seiner Verwandten; zumal der allgemeine Thierfeind »Mensch« kommt diesen Geschöpfen gegenüber nur wenig in Betracht. So erkläre ich mir die dummdreiste Neugier des Ziegenmelkers. Alles ungewohnte erregt seine Aufmerksamkeit in höchstem Grade, und er kommt dann von fern herbei, um sich die Sache genauer zu betrachten. In einsamen Waldungen naht er, wie schon bemerkt, dem verspäteten Wanderer und umfliegt ihn in engen Kreisen oder begleitet ihn Viertelstunden lang, sicherlich einzig und allein zu dem Zwecke, um sich hinreichende Aufklärung über die ihm ungewöhnliche Erscheinung zu verschaffen. Plötzliche Lichterscheinungen reizen ihn noch mehr. Nicht bloß der Schleppennachtschatten, sondern alle Nachtschwalben überhaupt werden durch das Lagerfeuer herbeigezogen und umschwärmen dasselbe in sonderbarer Weise. Ein Fehlschuß, welcher ihnen gegolten, verblüfft sie förmlich. Sie pflegen dann in ihrem Fluge plötzlich einzuhalten und, die Gefährlichkeit des Feuergewehres nicht kennend, rüttelnd an einer und derselben Stelle sich zu halten, um sich von der Bedeutung des eben geschehenen zu überzeugen. Daß sie sich durch diese Unvorsichtigkeit zum zweitenmal dem tödtlichen Geschosse aussetzen, kommt ihnen nicht in den Sinn: es fehlt ihnen an Erfahrung darüber. Ist aber einer der Gatten des Paares gefallen, dann pflegt sich der andere wohl in Acht zu nehmen: Erfahrung witzigt also auch ihn. Nirgends hält es leichter, Ziegenmelker zu erlegen, als in Afrika. Sie betragen sich hier, wie ich bereits zu schildern versuchte, ohne irgend welche Bedenklichkeit zu zeigen; sie sind es nicht anders gewohnt: kein Innerafrikaner hat sie jemals geschreckt oder gefährdet. Das Erscheinen einer Eule wandelt ihr Betragen augenblicklich um: der Nachtschatten erkennt in dieser eine Räuberin, und ist auf Flucht bedacht. Für die geistige Befähigung des Vogels spricht aber noch mehr, so namentlich eine List, welche der so täppisch erscheinende Gesell bei Tage bekundet. Die Spanier nennen den Ziegenmelker Engaña-pastor, zu deutsch »Hirtenbetrüger«, aus dem sehr richtigen Grunde, weil die Hirten am häufigsten mit ihm in Berührung kommen. Die weidende Herde treibt den Nachtschatten auf, der fliegende Vogel erregt die Aufmerksamkeit des Hirten, und dieser geht nach dem Platze hin, auf welchen jener einfiel, entdeckt ihn auch wohl, glaubt sich seiner ohne Anstrengung bemächtigen zu können, kann sich bis auf einen halben Meter dem schläfrigen nähern, streckt die Hand aus, um ihn wegzunehmen, und – greift in die Luft. Der Ziegenmelker hat seinen Feind wohl gesehen, das blinzelnde Auge jede Bewegung beobachtet; er hat es aber für gut befunden, tiefen Schlaf zu heucheln, und freut sich sicherlich herzlich, daß er den Erdenbeherrscher wieder einmal betrogen. Daß diese Schilderung keine Fabelei ist, mag eine Angabe Naumanns beweisen. »Einstmals«, so erzählt der Altmeister, »leistete ich meinem Vater beim Ausbessern eines Lerchennachtgarns, welches wir auf einer Wiese ausgebreitet hatten, Gesellschaft, als ich zufällig ganz in unserer Nähe auf dem Schafte eines vom Winde umgeworfenen großen Baumes einen Tagschläfer gewahrte, welcher sehr fest zu schlafen schien. Der Entschluß, ihn zu fangen, war sogleich gefaßt, das Garn herbeigeholt, an seinen beiden Stangen aufgerichtet und, ausgespannt, über den liegenden Baum mit allen seinen noch daran befindlichen Aesten und Zweigen hinweggedeckt, obgleich nicht alles hierbei ganz geräuschlos abging. Da wir nun, als dem Vogel jeder Ausweg verschlossen war, zu lärmen anfingen, um ihn von seinem Sitze gegen das Netz zu treiben, weil wir ihn so leichter mit den Händen zu erhaschen hoffen durften, bemerkten wir, daß er jetzt zwar aufgewacht war, uns aber durch Scheinschlaf zu täuschen suchte, weshalb ich denn unter das Netz in den überdeckten Raum hineinkriechen mußte, worauf er erst von seinem Sitze gegen das Netz flog, als ich schon die Hand nach ihm ausstreckte.«

Alle im Norden der Erde lebenden Arten der Unterfamilie und wahrscheinlich auch diejenigen, welche ein Gebiet bewohnen, in dem schroffer Wechsel der Jahreszeiten stattfindet, verlassen in den für ihr Leben ungünstigen Monaten ihr Brutgebiet, um mehr oder minder regelmäßig nach anderen Gegenden zu reisen: sie ziehen also, oder sie wandern. Entsprechend der Art und des bedeutenden Verbrauches an Nahrung erscheint unser Nachtschatten in der Heimat erst ziemlich spät, kaum vor der Mitte, meist erst zu Ende des April, in höheren Gebirgslagen oder im Norden auch wohl erst im Anfange des Mai, und verläßt uns von Ende August an allmählich wieder. Ganz im Gegensatze zu den Seglern wandert er langsam und gemächlich, obwohl er, Dank seiner Flugbegabung, weite Strecken mit Leichtigkeit durchzieht und selbst Meere anscheinend unnöthigerweise überfliegt. Im Frühjahre begegnet man den wandernden Ziegenmelkern meist einzeln, höchstens paarweise, im Herbste dagegen in mehr oder minder zahlreichen Gesellschaften, welche weiter nach dem Süden hin stetig an Anzahl zunehmen. Solche Gesellschaften beobachtet man im südlichen Europa wie im Norden Afrikas oder im Steinigten Arabien schon zu Ende August, von dieser Zeit an aber bis in den September und Oktober hinein. Die zuerst abreisenden sind wahrscheinlich diejenigen, welche nicht durch das Brutgeschäft aufgehalten werden, die zuletzt ziehenden die, welche die Erziehung ihrer Jungen erst spät beenden konnten oder durch geeigneten Orts in besonderer Menge ihnen winkende Beute aufgehalten wurden. Unterwegs scheint den reisenden Vögeln jede einigermaßen Deckung gewahrende Oertlichkeit zur Tagesruhe recht und genehm zu sein. Sie ziehen zwar auch hier waldige oder doch bebuschte Strecken vor, nehmen jedoch keinen Anstand, nöthigenfalls ebenso auf nackten felsigen Hügeln oder mitten in der Wüste und Steppe sich niederzulassen. Drängt die Zeit, oder vermag eine gewisse Gegend sie nicht zu ernähren, so fliegen sie auch, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, am hellen Tage: Heuglin beobachtete einen Nachtschatten, welcher sich um diese Zeit auf einem Dampfschiffe niederließ, um hier einen Platz zu zeitweiligem Ausruhen zu suchen, wie dies bei den über das Meer fliegenden Nachtschwalben nicht allzu selten zu geschehen pflegt. Im nordöstlichen Afrika folgen auch sie der von den meisten Vögeln benutzten Zugstraße, dem Nilthale nämlich, nach Heuglins Beobachtungen aber ebenso den Küsten des Rothen Meeres, und eine Folge solcher Abweichung von der Regel mag es wohl sein, daß sie sich während des Zuges oft tief bis in die baumlose Wüste verirren. Im September und Oktober begegnete Heuglin den Einwanderern bereits an der Danakil- und Somaliküste, im Bogoslande, in Habesch und in Kordofân, ich meinerseits ebenso in den Waldungen zu beiden Seiten der Hauptströme des Nils. Sie halten sich hier genau auf denselben Oertlichkeiten auf wie die einheimischen Arten, pflegen jedoch mit diesen keine Gemeinschaft, sondern ziehen, wie die Schwalben auch, unbekümmert über die seßhaften Arten hinweg. Wie weit sich die Reise unseres Nachtschattens erstreckt, vermögen wir mit Bestimmtheit nicht zu sagen, sondern nur so viel anzugeben, daß der Vogel im südlichsten Theile Afrikas wohl nur sehr selten gefunden wird. Auf dem Rückzuge erscheint er einzeln bereits Ende März, in größerer Menge aber Anfang April in Egypten, wenige Tage später in Griechenland, woselbst er ebensogut wie in Kleinasien und im Atlas Brutvogel ist, und, da er jetzt eiliger fliegt, wenige Tage später in Deutschland. Nicht allein unsere heimische Art, sondern auch andere Nachtschwalben streichen gelegentlich ihres Zuges über die Grenzen ihres Verbreitungsgebietes hinaus. So wurde die Schleppenschwalbe in der Provence, der Wüstennachtschatten auf Helgoland angetroffen.

Es scheint, daß alle Ziegenmelker nur einmal im Jahre brüten. Diese Zeit ist selbstverständlich verschieden nach der Heimatsgegend, welche diese oder jene Art bewohnt, fällt aber regelmäßig in den Frühling der betreffenden Länder. Das Männchen wirbt sehr eifrig um die Liebe seiner Gattin und bietet alle Künste des Fluges auf, um ihr zu gefallen. Auch das Schnurren oder laute Rufen ist nichts anderes als Liebeswerbung, der Gesang des verliebten Männchens. Nachdem sich die Paare gefunden und jedes einzelne das Wohngebiet erkoren, legt das Weibchen an einer möglichst geschützten Stelle, am liebsten unter Büschen, deren Zweige bis tief auf den Boden herabreichen, sonst aber auch auf einem bemoosten Baumstrunke, in einem Grasbusche und an ähnlichen Oertlichkeiten seine zwei Eier auf den Boden ab, regelmäßig, da, wo man sie nicht sucht. Unser Ziegenmelker scheint mit besonderer Vorliebe Stellen zu wählen, auf denen feine Späne eines abgehauenen Baumes oder Rindenstückchen, abgefallene Nadeln und dergleichen liegen. Ein Nest wird niemals gebaut, ja die Niststelle nicht einmal von den auf ihr liegenden Stoffen gereinigt. Wahrscheinlich brüten beide Geschlechter abwechselnd und zeigen innige Liebe zur Brut. Bei herannahender Gefahr gebraucht der brütende Ziegenmelker die gewöhnliche List schwacher Vögel, flattert, als ob er gelähmt wäre, über dem Boden dahin, bietet sich dem Feinde zur Zielscheibe, lockt ihn weiter und weiter vom Neste ab und erhebt sich dann plötzlich, um raschen Fluges davon- und bezüglich zurückzueilen. Bleibt man ruhig und möglichst unbeweglich in der Nähe der gefundenen Eier sitzen, so bemerkt man, daß der weibliche Nachtschatten nach geraumer Zeit zurückkommt, in einiger Entfernung von den Eiern sich niedersetzt und vorsorglich und mißtrauisch in die Runde schaut. Endlich entdeckt oder erkennt er den lauschenden Beobachter, sieht sich ihn nochmals genau an, überlegt und setzt sich endlich in Bewegung. Trippelnd watschelnden Ganges nähert er sich mehr und mehr, kommt endlich dicht heran, bläht sich auf und faucht, in der Absicht, den Störenfried zu schrecken und zu verscheuchen. Dieses Gebaren ist so außerordentlich belustigend, so überwältigend, daß Eugen von Homeyer, dem ich die Mittheilung dieser Thatsache verdanke, nie versäumte, thierfreundliche Gäste zu den Eiern eines in seinem Garten brütenden, von ihm geschützten Nachtschattens zu führen, um sie des entzückenden Schauspiels theilhaftig werden zu lassen. Wie groß muß die Mutterliebe sein, welche einen so kleinen Wicht ermuthigt, in dieser Weise dem furchtbaren und fast immer grausamen Menschen entgegenzutreten! Nähert man sich nachts der Brutstätte, so ist das Weibchen äußerst ängstlich und schreit, um das Männchen herbeizurufen. Aber es trifft auch noch andere Vorsichtsmaßregeln, um die einmal aufgespürte Beute der Gewalt des Feindes zu entrücken. Audubon hat, wie schon bemerkt, von einer Art beobachtet, daß die Eltern ihre Eier und selbst ihre kleinen Jungen, wenn das Nest entdeckt wurde, einer anderen Stelle des Waldes zutragen; es ist aber gar nicht unmöglich, daß alle übrigen Ziegenmelker in ähnlicher Weise verfahren. »Ich habe«, erzählt der ausgezeichnete Forscher, »es mir viele Zeit kosten lassen, um mich zu überzeugen, wie der Ziegenmelker dabei verfährt, um Eier und Junge wegzuschaffen, zumal nachdem ich, Dank der Hülfe eines ausgezeichneten Hundes, gefunden hatte, daß der Vogel die zarten Pfänder seiner Liebe niemals weit wegträgt. Die Neger, welche die Sitten der Thiere gut zu beobachten pflegen, versicherten mich, daß der Nachtschatten die Eier oder Jungen mit dem Schnabel längs des Bodens fortschöbe oder stoße. Bauern, mit denen ich mich über den Gegenstand unterhielt, glaubten, daß die Eltern ihre Brut wohl unter die Flügel nehmen und so fortschaffen möchten. Mir erschien die Angabe der Neger glaubwürdiger als die der Bauern, und ich machte es mir zur Aufgabe, das wahre zu erforschen. Das Ergebnis ist folgendes. Wenn der Nachtschatten, gleichviel ob das Männchen oder Weibchen eines Paares, entdeckt hat, daß seine Eier berührt worden sind, sträubt er sein Gefieder und zeigt eine oder zwei Minuten lang die größte Niedergeschlagenheit. Dann stößt er ein leises, murmelndes Geschrei aus, auf welches der Gatte des Paares herbeigeflogen kommt und so niedrig über den Grund dahinstreicht, daß ich glauben mochte, seine kurzen Füße müßten denselben berühren. Nach einigen leisen Tönen und Geberden, welche Zeichen der größten Bedrängnis auszudrücken scheinen, nimmt eines ein Ei in sein weites Maul, der andere Vogel thut dasselbe, und dann streichen beide langsam und vorsichtig über den Boden dahin und verschwinden zwischen den Zweigen und Bäumen. Das Wegschleppen der Eier soll übrigens nur geschehen, wenn sie ein Mensch berührt hat, während der Vogel ruhig sitzen bleibt, wenn derjenige, welcher das Nest entdeckte, sich wieder zurückzog, ohne die Eier zu berühren.«

Die ausgeschlüpften Jungen werden von den Eltern während des ganzen Tages bedeckt. Mein Vater beobachtete, daß eines der Eltern auch dann noch, als die Jungen fast flügge waren, auf ihnen saß. Wie erklärlich, findet die Atzung der Brut nur des Nachts statt. Anfangs erhalten die Kleinen zarte Kerbthiere, namentlich Hafte und Nachtschmetterlinge; später werden ihnen gröbere Stoffe zugetragen, und schließlich müssen sie unter Führung und Leitung der Alten ihre eigene Jagd beginnen.

Auffallenderweise hat man den auf seinen Eiern sitzenden Nachtschatten wiederholt mit dem Kukuk verwechselt und darauf die Behauptung gegründet, daß letzterer selbst brüte. Wie solche Verwechselung möglich ist, läßt sich von demjenigen, welcher beide Vögel kennt, schwer begreifen. Denn außer der graulichen Färbung haben Kukuk und Nachtschatten nicht das geringste mit einander gemein.

Es ist möglich, aber ziemlich schwierig, jung aus dem Neste genommene Ziegenmelker aufzuziehen. Mein Vater versuchte es wiederholt, und es gelang ihm, wenn er nur Nachtschmetterlinge und Käfer fütterte, wogegen ausschließliche Fliegennahrung den Jungen nach kurzer Zeit den Tod brachte. Ein Junges, welches mein Vater aufzog, fraß sechs bis acht Schock Stubenfliegen in einem Tage. Bei reichlicher Nahrung wachsen die Vögel auch in der Gefangenschaft außerordentlich schnell heran. Sie zeigen frühzeitig die Art ihrer Eltern, drücken sich plötzlich nieder, wenn sie einen Menschen auf sich zukommen sehen, und fauchen, wenn sie erzürnt werden. Die Wärme lieben sie wohl, nicht aber den Sonnenschein; denn sie kriechen, wenn sie am Fenster dem Sonnenlichte ausgesetzt werden, stets dahin, wo der Fensterrahmen Schatten gibt und kauern sich dort nieder. Ein Nachtschatten, welchen Tschudi pflegte, benahm sich ähnlich. »Während wir dies schreiben«, sagt der Schweizer Forscher, »trippelt ein hübscher weiblicher Ziegenmelker in unserer Arbeitsstube umher. Wir erhalten ihn seit längerer Zeit, indem wir ihn täglich mit Würmern und Kerbthieren stopfen. Freiwillig frißt er nichts. Obgleich ein nächtlicher Vogel, ist er doch auch bei Tage ziemlich thätig, kommt bei Sonnenschein fleißig aus seinem Winkel hervor und setzt sich dicht neben uns am Boden, mit Vorliebe auf den wärmsten Fleck, wo er behaglich den Schwanz fächerförmig ausbreitet und mit halbgeschlossenen Augen duselt. Verläßt die Sonne das Fenster, so geht er langsam schrittweise wieder in seinen Winkel und legt sich gewöhnlich platt auf den Bauch. Er fliegt sehr ungern und hüpft so ungeschickt, daß er beständig auf die Seite purzelt, wobei er oft unbehülflich liegen bleibt und wartet, bis er aufgestellt wird, obwohl er ganz gesund und stark ist. Fremde schnarrt er leise krächzend an, ist aber dabei äußerst zahm, sitzt recht gern breit in der warmen, hohlen Hand, wobei er die Leute zutraulich mit seinen großen, schwarzen Augen ansieht, und ist der Liebling des Hauses.«

In den letztvergangenen Jahren habe ich wiederholt Ziegenmelker gepflegt und ebenso durch andere mehr oder minder ausführliche Berichte über ihr Gefangenleben erhalten. Wirklich anziehende Käfigvögel sind sie nicht, höchst absonderliche und deshalb beachtenswerthe aber wohl. Für denjenigen, welcher auch mit unbeholfenen Vögeln umzugehen weiß, verursacht ihre Pflege keinerlei Schwierigkeiten. Die Jungen muß man allerdings stopfen und auch den herangewachsenen Ziegenmelkern in der Regel das Futter vorhalten; bei einzelnen aber gelingt es doch, sie so weit zu gewöhnen, daß sie in dem von ihnen bewohnten Raume fliegende Beute selbst jagen, überhaupt allein fressen. Friderich erzählt von einem gefangenen Vogel dieser Art eine wahrhaft rührende Geschichte. Der jung aus dem Neste entnommene und aufgefütterte Nachtschatten wurde ungemein zahm. Da aber seine Ernährung dem Pfleger Schwierigkeiten bereitete, wollte dieser ihm die Freiheit schenken und ließ die Thüre des Käfigs offen, um ihn zum Ausfliegen zu bewegen. Als der Vogel keinen Gebrauch davon machte, warf Friderich ihn im Freien eines Abends in die Höhe. Er flog davon, stellte sich aber eine Viertelstunde später wieder ein. Der Versuch wurde wiederholt, und der Nachtschatten gewöhnte sich, nach Belieben aus- und einzufliegen, war aber am frühen Morgen stets auf dem alt gewohnten Platze. Um ihn vor der Zugzeit noch rechtzeitig an die Freiheit zu gewöhnen und das Wiederkommen zu vereiteln, trug Friderich ihn nach einem sehr abgelegenen Orte. Als man aber im nächsten Jahre die ihm zum Aufenthalte angewiesene Kammer ausräumte, fand man den Ziegenmelker in einem Verstecke vor, todt, verhungert, zur Mumie eingetrocknet. Während man ihn im Genusse der goldenen Freiheit wähnte, war der beklagenswerthe Vogel, entweder aus Anhänglichkeit oder vom Hunger getrieben, zurückgekehrt und hatte hier unbemerkt seinen Tod gefunden.

Nur im Süden Europas, wo man fast alle lebenden, mindestens alle eßbaren Geschöpfe dem Magen opfert, erlegt man auch den Ziegenmelker, um ihn für die Küche zu verwenden. Bei uns zu Lande stellt außer dem Naturforscher glücklicherweise nur der Bubenjäger ihm nach. Und dies ist sehr erfreulich. Denn nicht nur unser Nachtschatten, sondern alle Ziegenmelker überhaupt bringen dem menschlichen Haushalte nur Nutzen, niemals Schaden, verdienen daher die allgemeinste und umfassendste Schonung. Wer das Leben und Treiben dieser Vögel aus eigener Erfahrung kennen gelernt hat, muß sie lieb gewinnen, und nur der gänzlich unkundige und wundersüchtige kann fähig sein, von der übeln Nachrede, welche eben Unkenntnis und Wundersucht geschaffen, ein Wörtchen für möglich zu halten. Auch hier geht es wie immer, das unbegreifliche reizt die Einbildung der Thoren zur Erfindung alberner Geschichten, welche von anderen Thoren für baare Münze hingenommen werden. So lächerlich es sein mag, so gewiß ist, daß es noch heutigen Tages Menschen gibt, welche den Namen Ziegenmelker wörtlich nehmen, oder in dem Nachtschatten und der »Hexe« auch wirklich einen Schatten der Nacht oder eines jener unbeschreiblichen, zauberfähigen Wesen sehen. Wer aber, wie ich, im Inneren Afrikas allnächtlich fast Ziegenmelker beobachten konnte; wer die Freude hatte, von ihnen besucht zu werden, während das nächtliche Feuer in der Einöde brannte; wem ihr Spinnen oder ihr Geschrei als freundlicher Gruß entgegentönte, sobald das hereinbrechende Dunkel das Stimmengewirr der Tagvögel verstummen gemacht: der wird sich der Nachtschwalben nur mit warmer Liebe erinnern können und sie gegen jede Verfolgung, ja schon gegen jede alberne Nachrede in Schutz nehmen müssen. Die wehrlosen und nützlichen Nachtschatten haben ohnehin in Griechen und Italienern, welche sie als die schmackhaftesten aller Vögel erklären und während ihres Zuges rücksichtslos verfolgen oder aber bei uns zu Lande in verschiedenen Raubsäugethieren und Raubvögeln der Feinde genug!


Von den vorher beschriebenen Sippen und Arten der Familie unterscheiden sich die Dämmerungsschwalben ( Chordeiles) nicht unwesentlich, insbesondere durch ihre Lebensweise, welche sie als Verbindungsglieder der Nachtschwalben- und Seglerfamilie erscheinen läßt. Daß diese Verschiedenheit der Lebensweise auf Eigenthümlichkeiten des Baues sich begründet, versteht sich von selbst. Die Unterschiede der Dämmerungs- und der Nachtschwalben sind so bedeutend, daß einzelne Forscher erstere mit einigen Verwandten zu einer besonderen Unterfamilie erhoben haben. Die in Rede stehenden Vögel kennzeichnen sich durch sehr kleinen, fast gänzlich im Kopfgefieder versteckten Schnabel und starke Mundborsten, sehr schwache und kurzzehige Füße, deren Lauf auf der ganzen Hinterseite gefiedert zu sein pflegt, sehr lange und spitzige Flügel, unter deren Schwingen die erste kaum hinter der zweiten zurücksteht, mittellangen, etwas ausgeschnittenen, aus derben Federn gebildeten Schwanz und verhältnismäßig festes Kleingefieder.

 

Der bekannteste Vertreter dieser Sippe ist der Nachtfalk der Nordamerikaner ( Chordeiles virginianus, Caprimulgus popetue, americanus und virginianus), ein unserem Nachtschatten an Größe ungefähr gleichkommender Vogel. Die Länge beträgt zweiundzwanzig, die Breite fünfundfunfzig, die Fittiglänge zwanzig, die Schwanzlänge elf Centimeter. Das Gefieder ist oberseits braunschwarz, auf Oberkopf und Schultern durch rostfarbene Federränder, auf den Schläfen und den Deckfedern durch fahlgelbe Querbinden gezeichnet; Zügel, Kopf und Halsseiten haben rostrothe Färbung und schwarze Schaftflecke; Kinnwinkel und Kehlseiten sind auf rostfarbenem Grunde schwarz in die Quere gefleckt, Kropf und Brust braunschwarz, durch rostfarbige Schaftflecke, die übrigen Untertheile rostfarben, durch schwarze Querbinden, die Kehle ist wie üblich durch ein weißes, sich verschmälernd bis auf die Halsseiten ziehendes Schild geziert. Die erste und zweite der schwarzen Schwingen zeigen auf der Innen-, die dritte bis fünfte auf beiden Fahnen eine weiße Mittelquerbinde, die Armschwingen auf der Innenseite verloschen rostfahle, die schwarzen Steuerfedern sechs bräunlichgraue Fleckenquerbinden, welche auf den beiden mittelsten Federn breiter und dunkler gefleckt sind als auf den übrigen, wogegen die äußersten, im Enddrittheile einfarbig schwarzen Steuerfedern auf der Innenfahne eine weiße Querbinde tragen. Die Iris ist braun, der Schnabel schwarz, der Rachenrand gelb, der Fuß horngelblich.

Wilson, Audubon, Prinz von Wied, Ridgway und andere haben das Leben.des Nachtfalken ausführlich geschildert. »Etwa am ersten April«, sagt Audubon, »erscheint der nach Osten wandernde Vogel in Louisiana; denn kein einziger brütet in dem gedachten Staate oder in Mississippi. Er reist so schnell, daß man wenige Tage, nachdem man den ersten bemerkte, keinen mehr zu sehen bekommt, während er gelegentlich seines Herbstzuges sich oft wochenlang in den südlichen Staaten aufhält und vom fünfzehnten August bis zum Oktober beobachtet werden kann. Gelegentlich seiner Wanderung sieht man ihn über unsere Städte und Dörfer fliegen, zuweilen auch wohl auf Bäumen in unseren Straßen oder auch selbst auf Schornsteinen sich niederlassen, und gar nicht selten hört man ihn von dort seine scharfen Laute herunterschreien zum Vergnügen oder zur Verwunderung derer, welche die ungewohnten Töne gerade vernehmen.« Seit Audubons Zeiten hat der Vogel sein Betragen nicht unwesentlich geändert, indem er sich in größeren Städten selbst ansiedelte. Nach Ridgway nimmt die Anzahl der in Boston wohnenden Nachtfalken von Jahr zu Jahr merklich zu, und während des Juni und Juli sieht man ihn zu allen Stunden des Tages, insbesondere aber des Nachmittags hoch in der Luft seiner Jagd obliegen, gerade als ob er zu einem Segler geworden wäre. Das reiche Kerbthierleben, welches sich, nach Versicherung des ebengenannten, in der Nähe der großen Städte, vielleicht infolge der sie umgebenden Gärten, entwickelt, und ebenso die flachen Dächer der Häuser mögen wohl in gleicher Weise dazu beigetragen haben, das Kind des Waldes zu fesseln.

siehe Bildunterschrift

Nachtfalk ( Chordeiles virginianus). 3/5 natürl. Größe.

Schon Audubon wußte, daß der Nachtfalk weit nach Norden hinaufgeht; denn er selbst hat ihn in Neubraunschweig und Neuschottland gesehen. Durch die seitdem gewonnenen Erfahrungen anderer amerikanischen Forscher, welche namentlich in der Neuzeit mit Eifer der Thierkunde sich widmen, ist festgestellt, daß unser Nachtschatten alle Vereinigten Staaten von Florida und Texas bis zum höheren Norden und von der Atlantischen Küste bis zu der des Stillen Meeres sich verbreitet, ebenso in Westindien brütet und gelegentlich seines Zuges auch Südamerika besucht. In den mittleren Staaten erscheint er gegen den ersten Mai, in den nördlichen selten vor Anfang Juni, verläßt dementsprechend sein Brutgebiet auch schon ziemlich früh im Jahre, meist bereits zu Anfang des September, spätestens zu Ende dieses Monats. Auf Cuba trifft er, laut Gundlach, vom Süden kommend, im April ein, belebt von dieser Zeit an alle Steppen in namhafter Menge, verschwindet aber im August oder Anfang September unmerklich wieder, wogegen er auf Jamaika schon überwintern soll. Zu seinem Aufenthalte wählt er sich die verschiedensten Oertlichkeiten, schwach bewaldete Gegenden, Steppen, freie Blößen oder Städte und Ortschaften überhaupt, die Niederung wie das Gebirge, in welchen er, wie schon oben bemerkt, bis zu einer Höhe von etwa dreitausendfünfhundert Meter über dem Meere aufsteigt.

Die Verschiedenheit der Lebensweise des Nachtfalkens und der eigentlichen Nachtschatten ist so bedeutend, daß Ridgway sich wundert, wie man den einen mit dem anderen überhaupt vereinigen kann. Der Nachtfalk verdient eigentlich seinen Namen nicht; denn er ist nichts weniger als ein nächtlicher, sondern höchstens ein Dämmerungsvogel, welcher in seinem Thun und Lassen weit mehr an die Segler als an die Nachtschwalben erinnert. In den Morgen- und Abendstunden betreibt er seine Jagd, und sie gilt ganz anderer Beute als solcher, wie sie die Nachtschatten erstreben. Sobald die Dämmerung in das Dunkel der Nacht übergeht, endet diese Jagd, und der Vogel zieht sich zur Ruhe zurück. Aehnliche Angaben, obschon ohne die hieran geknüpften Folgerungen, sind bereits von Audubon gemacht worden. »Der Nachtfalk«, sagt dieser ferner, »hat einen sicheren, leichten und ausdauernden Flug. Bei trübem Wetter sieht man ihn während des ganzen Tages in Thätigkeit. Die Bewegungen seiner Schwingen sind absonderlich anmuthig, und die Spiellust, welche er während seines Fluges bekundet, fesselt jedermann. Der Vogel gleitet durch die Luft mit aller erdenklichen Eile, steigt rasch empor oder erhält sich rüttelnd in einer gewissen Höhe, als ob er sich unversehens auf eine Beute stürzen wolle, und nimmt erst dann seine frühere Bewegung wieder auf. In dieser Weise beschreibt er gewisse Kreise unter lautem Geschrei bei jedem plötzlichen Anlaufe, welchen er nimmt, oder streicht niederwärts oder fliegt bald hoch, bald niedrig dahin, jetzt dicht über der Oberfläche der Gewässer, dann wieder über den höchsten Baumwipfeln oder Bergesgipfeln dahin streichend. Während der Zeit seiner Liebe wird der Flug noch in besonderem Grade anziehend. Das Männchen bemüht sich durch die wundervollsten Schwenkungen, welche mit der größten Zierlichkeit und Schnelligkeit ausgeführt werden, der erwählten Gattin seine Liebe zu erklären oder einen Nebenbuhler durch Entfaltung seiner Fähigkeiten auszustechen. Oft erhebt es sich über hundert Meter vom Boden, und sein Geschrei wird dann lauter und wiederholt sich häufiger, je höher es empor steigt; dann wieder stürzt es plötzlich mit halb geöffneten Schwingen und Schwanze in schiefer Richtung nach unten, und zwar mit einer Schnelligkeit, daß man glauben möchte, es müsse sich auf dem Boden zerschmettern: aber zur rechten Zeit noch, zuweilen nur wenige Meter über dem Boden, breitet es Schwingen und Schwanz, und fliegt wieder in seiner gewöhnlichen Weise dahin.« Bei diesem Niederstürzen vernimmt man ein sonderbares Geräusch, welches nach Gundlachs Meinung ganz in ähnlicher Weise hervorgebracht wird, wie das bekannte Meckern der Heerschnepfe, durch einfache Schwingungen der Flügel- oder Schwanzfedern nämlich. »Zuweilen«, fährt Audubon fort, »wenn mehrere Männchen vor demselben Weibchen sich jagen, wird das Schauspiel höchst unterhaltend. Das Spiel ist bald vorüber; denn sobald das Weibchen seine Wahl getroffen hat, verjagt der glücklich Erwählte seine Nebenbuhler. Bei windigem Wetter und bei vorschreitender Dämmerung fliegt der Nachtfalk tiefer, schneller und unregelmäßiger als sonst, verfolgt dann auch die von fern erspähten Kerbthiere längere Zeit auf ihrem Wege. Wenn die Dunkelheit wirklich eintritt, läßt er sich entweder auf ein Haus oder auf einen Baum nieder und verbleibt hier während der Nacht, dann und wann sein Geschrei ausstoßend.« Auch er hockt sich, nach anderer Nachtschwalben Art, mit aufgelegter Brust nieder. Das Geschrei soll wie »Preketek« klingen. Die Nahrung besteht vorzugsweise aus sehr kleinen Kerbthieren, namentlich aus verschiedenen Mückenarten, welche in unglaublicher Masse vertilgt werden. »Schoß man einen dieser Vögel«, sagt der Prinz, »so fand man in seinem weiten Rachen eine teigartige Masse, wie ein dickes Kissen, welche nur aus Mücken bestand.« In dieser Beziehung wie in der Art und Weise seines Jagens verhält sich der Nachtfalke ganz wie die Segler; die Zwischenstellung, welche er letzteren und den Nachtschwalben gegenüber einnimmt, spricht sich also nicht allein in seiner Gestalt, sondern auch in seiner Lebensweise aus.

Die Brutzeit fällt in die letzten Tage des Monats Mai; die zwei grauen, mit grünlichbraunen und violettgrauen Flecken und Punkten gezeichneten Eier werden ohne jegliche Unterlage auf den Boden gelegt. Im freien Lande wählt das Weibchen hierzu irgend einen ihm passend erscheinenden Platz, auf Feldern, grünen Wiesen, in Waldungen und dergleichen, in den Städten einfach die flachen Dächer, welche selten besucht werden. Das Weibchen brütet und bethätigt bei Gefahr nicht allein wirklichen Muth, sondern auch die bekannte List der Verstellung, in der Absicht, die Feinde durch vorgespiegelte Lahmheit von der geliebten Brut abzuhalten. Die Jungen kommen in einem Dunenkleide von dunkelbrauner Färbung zur Welt und werden von beiden Eltern gefüttert. Wenn sie erst größer geworden sind, sitzt die ganze Familie neben einander, aber so still und bewegungslos, daß es sehr schwer hält, sie von dem gleichfarbigen Boden, ihrem besten Freunde und Beschützer, zu unterscheiden.

Nach und nach bricht sich auch in Amerika die Erkenntnis Bahn, daß der Nachtfalk wie alle seine Verwandten zu den nützlichen Vögeln zählt, und es deshalb Unrecht ist, ihn zu verfolgen. Letzteres geschieht freilich noch immer und eigentlich mehr aus Muthwillen, in der Absicht, im Flugschießen sich zu üben, als um Gebrauch von den erlegten Vögeln zu machen. Das Fleisch derselben soll, wie schon Audubon versichert, eßbar und im Herbste, wenn die Nachtfalken gemästet und fett sind, sogar recht schmackhaft sein, bezahlt jedoch die Mühe und den Aufwand der Jagd in keiner Weise. Abgesehen vom Menschen gefährden wohl nur die gewandtesten Falken den sinnesscharfen und fluggewandten Vogel.


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