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5. Familie: Nageschnäbler ( Trogonidae)

Die nächsten Verwandten der Bartkukuke und Glanzvögel sind ebenfalls noch arge Träumer; aber bei ihnen söhnt doch wenigstens das prachtvolle Gefieder einigermaßen mit dem stillen und langweiligen Wesen aus. Die Nageschnäbler oder Surukus ( Trogonidae), eine zahlreiche, in mehr als vierzig Arten über die Wendekreisländer der alten und neuen Welt verbreitete Familie, kennzeichnen sich durch gestreckten, aber reich befiederten Leib, sehr kurzen, breiten, dreieckigen, stark gewölbten Schnabel mit hakiger Spitze und bauchig nach hinten vortretenden Kieferrändern, welche oft gezähnelt sind, sehr kleine und schwache, kurzläufige, fast ganz vom Schenkelgefieder verdeckte, dünn- und kurzzehige Füße, deren innere Zehe neben der Hinteren sich nach rückwärts wendet, kurze, stark abgerundete Flügel, deren Schwingen schmal, spitzig, steifschaftig und sichelförmig gekrümmt sind, langen, zwölffederigen Schwanz, dessen drei äußere Federn jeder Seite sich verkürzen, wogegen die sechs mittleren, breiteren annähernd gleiche Länge haben, und durch ein sehr weiches, stark duniges, prachtvoll metallisch glänzendes Gefieder, welches sich am Schnabelgrunde ebenfalls in Borsten umwandelt. Der innere Bau gleicht im wesentlichen dem der Kukuke.

Von jeher hat die wundervolle Pracht des Gefieders die Aufmerksamkeit der Forscher und Laien auf diese merkwürdigen Vögel gelenkt, deren Leben im übrigen wenig beachtenswertes bietet. Die Nageschnäbler erinnern nicht bloß durch den weit gespaltenen Schnabel und die auffallend kleinen Füße, sondern auch durch die Weichheit ihrer Haut und ihres Gefieders an die Nachtschwalben. Besonders bemerklich wird die Aehnlichkeit beider Gruppen bei jungen Vögeln. Sie kann, laut Frantzius, so täuschend sein, daß auch nicht ganz ungeübte Beobachter beide zu verwechseln im Stande sind. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß Surukus und Nachtschwalben in gewisser Hinsicht als Verwandte angesehen werden müssen, und es erklärt sich daraus auch, daß einzelne Forscher beiden im Systeme eine benachbarte Stellung anweisen. Färbung und Lebensweise der Nageschnäbler unterscheiden sie jedoch wesentlich von den Ziegenmelkern und stellen sie so bestimmt in die Nähe der Glanzvögel und Bartkukuke, daß man sich den Naturforschern, welche sie mit den Nachtschwalben vereinigen, nicht Wohl anschließen darf. Auch sie sind, obwohl sie während des Tages ihren Geschäften nachgehen, als Dämmerungsvögel anzusehen; denn nur wenige verlassen die schattigen, düsteren Wälder, welche selbst der scheitelrecht stehenden Sonne verwehren, ihre Strahlen in das Blätterdunkel hinabzusenden. Hier, in den unteren Theilen der Baumkronen, sieht man sie einzeln oder paarweise ihr Wesen treiben. Je reicher, je üppiger der Wald, um so häufiger finden sie sich. Aber sie beschränken sich keineswegs auf die Niederungen, sondern steigen auch zu sehr bedeutenden Höhen in den Gebirgen empor.

In ihrem Betragen gleichen sie den Mitgliedern der vorher behandelten Familie in jeder Hinsicht. Träge und träumerisch sitzen sie auf einem Aste und spähen von hier aus in die Runde. Ein fliegendes Kerbthier reizt sie zu kurzem Fluge an; sie verfolgen die Beute mit großer Gewandtheit, fangen sie mit vielem Geschicke und kehren dann wieder zu einem Ruhepunkte zurück. Aber nicht bloß Kerbthiere, sondern auch Früchte dienen ihnen zur Nahrung; manche Arten scheinen sogar ausschließlich auf Pflanzenstoffe angewiesen zu sein und bemächtigen sich derselben in gleicher Weise wie einer fliegenden Beute, indem sie von ihrem Ruhesitze aus auf eine Frucht oder Beere zufliegen, sie abpflücken, verschlingen und hierauf wiederum zu ihrem Sitze zurückkehren.

Ueber die Fortpflanzung der Surukus liegen noch wenige und keineswegs eingehende Beobachtungen vor. Doch wissen wir so viel daß alle Arten, deren Nistgeschäft man kennen lernte, vorgefundene Baumhöhlen benutzen oder sich an steilen Erdwänden flache Höhlungen ausgraben und in das Innere derartiger Nisträume zwei bis vier sehr rundliche, lichtfarbene, beziehentlich weiße Eier legen.

Auffallenderweise hat man bis jetzt noch niemals ernstlich versucht, Nageschnäbler in Gefangenschaft zu halten. Die Trägheit der ansässigen Südamerikaner, ihre Gleichgültigkeit gegen die sie umgebende reiche Thierwelt, mindestens gegen diejenigen Thiere, welche ihnen nicht gerade schädlich werden, und die Ungeschicklichkeit, gefangene Vögel zu behandeln, mögen die hauptsächlichsten Ursachen sein, daß diese prachtvollen Geschöpfe lebend noch nicht in unsere Käfige gelangten. Auch die Hinfälligkeit des überaus zarten Gefieders bildet ein Hindernis für die Gefangenschaft. Unmöglich aber ist es keinenfalls, Surukus zu erhalten; ja, es erscheint sogar wahrscheinlich, daß sie bei sorgfältiger Abwartung länger im Käfige ausdauern dürften als Viele andere Vögel, welche man pflegt und selbst bis zu uns versendet.

Beachtenswerth ist noch eines. Die Farbenpracht des Gefieders, zu deren Beschreibung die Worte mangeln, ist in einem Grade hinfällig wie bei keinem anderen Vogel. Die Farben scheinen wie angehaucht zu sein: sie verlieren sich an ausgestopften Stücken, wenn sie dem Lichte ausgesetzt werden, schon nach sehr kurzer Zeit. Cabanis sagt, daß die Nageschnäbler »Licht und Sonne im Leben wie im Tode vermeiden«; ich muß bemerken, daß diese Behauptung ebenso wenig richtig ist, wie der gewählte Ausdruck.


Unter den südasiatischen Nageschnäblern ist der Bindentrogon, »Kurna« der Indier ( Harpactes fasiatus, Trogon fasciatus, malabaricus und ceylonensis, Hapalurus malabaricus, Pyrotrogon fasciatus), einer der bekanntesten. Die Sippe der Feuersurukus ( Harpactes), Welche er vertritt, kennzeichnet sich durch kräftigen, sehr gebogenen, glattrandigen Schnabel, halb befiederte, d. h. mit kleinen Höschen bekleidete Füße, kurze Flügel und langen Schwanz, dessen seitliche Federn breit und von der äußersten an bis zur Schwanzmitte gleichmäßig gesteigert sind. Der männliche Kurna ist auf der Oberseite röthlich kastanienbraun, auf Kopf und Hals schieferschwarz, auf Kehle und Kropf heller, schiefergrau, auf den Flügeldeckfedern weiß und schwarz gestrichelt, auf der Brust und den übrigen Untertheilen scharlachroth, der Kropf durch ein blendendweißes schmales Band von der Brust getrennt, ein Ring, welcher am Ohre beginnt und um den Hinterkopf sich zieht, roth wie die Brust, eine nackte Stelle um das Auge smalteblau; die mittleren Schwanzfedern haben dieselbe Färbung wie der Rücken, die äußeren sind schwarz und weiß. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel tiefblau, der Fuß licht lavendelblau. Dem Weibchen fehlt die dunkle Kopfzeichnung; seine Oberarmschwingen und Deckfedern sind fein schwarz und braun gebändert, und die Unterseite ist okergelb, anstatt roth. Die Länge beträgt einunddreißig, die Breite einundvierzig, die Fittiglänge dreizehn, die Schwanzlänge fünfzehn Centimeter.

Laut Jerdon findet man den Kurna in den Wäldern Malabars vom äußersten Süden bis zu dem Ghatgebirge, ebenso aber auch in einigen Waldungen Mittelindiens und Ceylons bis zu tausend Meter über dem Meere. Er bevorzugt höhere Striche von ungefähr sechshundert Meter an und hält sich regelmäßig in den dichtesten Theilen der Waldungen auf. Oft sieht man ihn bewegungslos auf einem Baumzweige sitzen: beobachtet man ihn länger, so gewahrt man, daß er gelegentlich auffliegt, um ein Kerbthier wegzufangen. Zuweilen kehrt er dann zu demselben Sitze zurück, öfter aber erwählt er sich einen anderen, und so durchwandert er ein ziemliches Stück des Waldes. Gewöhnlich lebt er einsam, manchmal in Paaren; Jerdon hat aber auch ihrer vier und fünf zusammen gesehen, und Layard bemerkt, daß er sich in kleine Gesellschaften zu drei und vier vereinige. Sein Futter besteht in verschiedenen Kerbthieren, vorzugsweise in Käfern, nach Layard auch in Gespenstschrecken und Spinnen. Jerdon erinnert sich nicht, einen Laut von ihm vernommen zu haben, und so viel ist gewiß, daß er zu den stillsten aller Vögel gehört; Tickell hingegen versichert, daß er einen wilden, klagenden Laut ausstoße, welcher an das Miauen der Katzen erinnere. Der hindostanische Name »Kufni churi« (Ohnehals) ist ihm ertheilt worden, weil er regelmäßig mit eingezogenem Halse da sitzt.

Von einer verwandten Art berichtet Jerdon noch, daß er zwei weiße, runde Eier erhalten habe, welche in einer Baumhöhle auf dem Mulm abgelegt worden waren.


Bei der einzigen Art der Familie, welche man bis jetzt in Afrika gefunden hat, sind die Schnabelränder gezahnt und die seitlich verkürzten Schwanzfedern verschmälert. Auf diese geringfügigen Unterschiede begründet sich die Untersippe der Blumensurukus ( Hapaloderma). Der einzige Vertreter derselben wird übrigens von Levaillant zu Ehren einer schönen Hottentottin Narina genannt; Narina aber bedeutet Blume, und damit ist der deutsche Sippenname erklärt.

 

Bei der männlichen Narina ( Trogon Narina, Apaloderma und Hapaloderma Narina) sind die ganze Oberseite, einschließlich der kleinen Flügeldeck- und mittleren Steuerfedern, die Kehle, der Hals und die Oberseite prachtvoll und schimmernd goldgrün, die Unterbrust und der Bauch dunkel rosenroth, die größeren Flügeldeckfedern grau, schwärzlich gebändert, die Schwingen schwarz mit Weißen Schäften, die äußeren Schwanzfedern an der Außenfahne weiß, an der inneren schwärzlich. Beim Weibchen sind alle Farben trüber, Stirn und Kehle braunroth, die Schwungfedern braunschwarz.

Levaillant entdeckte die Narina in den großen Wäldern der Kafferei, Rüppell fand sie später im mittleren Waldgürtel längs der abessinischen Küste, Heuglin auch in Fassokl und am Weißen Flusse, Ries in Aguapim, Du Chaillu am Muni, Kirk im Süden Mosambiks, Monteiro in Benguela auf. Ich bin nur ein einzigesmal so glücklich gewesen, den Prachtvogel zu sehen und zwar im Mensathale, wenige Kilometer von der Küste des Rothen Meeres, glaube aber nicht, daß er hier so selten ist, wie die Reisenden meinen; denn gerade die Bergwände, an deren einer ich die Narina bemerkte, erschweren Beobachtung der Vögel im höchsten Grade. Ein Querthal, welches von ihnen in wenig Augenblicken durchflogen wird, eine Felswand, an welcher sie um fünfzig Meter weit auf- und niedersteigen, thürmen vor dem Verfolger geradezu unüberwindliche Hindernisse auf. Jules Verreaux sagt, daß man die Narina in Südafrika vorzugsweise in den großen Waldungen östlich des Vorgebirges der Guten Hoffnung findet. Hier lebt sie sehr einzeln und still auf den höchsten Bäumen, nur in den Morgen- und Abendstunden ihrer Nahrung nachgehend und vor dem Menschen scheu entfliehend. In ihrem Sein und Wesen hat sie etwas so eigenthümliches, daß es unmöglich ist, sie zu verkennen. Sie hält sich im Sitzen sehr aufrecht; der Kopf wird tief eingezogen und der Schwanz hängt schlaff gerade nach abwärts. Der Flug ist weich und lautlos, sanft schwebend und, so viel ich beobachten konnte, ohne jähe Wendungen. »Während der Zeit der Liebe«, sagt Levaillant, »läßt die männliche Narina Laute vernehmen, welche Schmerz auszudrücken scheinen; während der übrigen Zeit des Jahres ist sie sehr schweigsam.« Verreaux bestätigt diese Angabe und nennt die Stimme ein klagendes und lang verhallendes Geschrei. Aber neben diesen Lauten gibt der Vogel auch noch andere zu hören: er besitzt nämlich bauchrednerische Begabung. Nicht selten glaubt man ihn in weiter Ferne, während er in unmittelbarster Nähe sitzt. Diese Angabe kann ich bekräftigen; denn ich habe bestimmt das sonderbare Schwatzen vernommen, ohne mir es anfänglich erklären zu können. Levaillant versichert, daß man die Narina herbeiziehen könne, wenn man den Schrei der Eule nachahme oder auf einem Blatte pfeife, und dies stimmt recht wohl mit dem überein, was andere Naturforscher von südamerikanischen Arten beobachteten. Die Nahrung besteht vorzugsweise aus Schmetterlingen, Gespenstschrecken und Fliegen. Verreaux fand übrigens auch, obwohl sehr selten, Käferreste in dem Magen der von ihm erlegten. Nach Levaillant nistet die Narina in hohlen Bäumen und legt vier fast runde Eier von weißer Farbe, welche aber, so lange sie noch nicht ausgeblasen sind, wegen des durchschimmernden Inhalts, röthlich erscheinen. Verreaux sagt, daß die Anzahl der Eier zwei, selten drei betrage. Die Brutzeit soll zwanzig Tage währen, das Wachsthum der Jungen ungefähr gleiche Zeit erfordern. Aber auch nach dem Ausfliegen bleiben diese noch längere Zeit bei den Alten.

siehe Bildunterschrift

Narina ( Trogon Narina). ⅔ natürl. Größe.

Ueber die amerikanischen Nageschnäbler sind wir genauer unterrichtet. Man hat die vielen Arten, welche die Westhälfte unserer Erde bewohnen, neuerdings in mehrere Sippen zertheilt; die Unterschiede, welche hervorgehoben wurden, sind aber größtentheils geringfügige. Bei denjenigen Arten, welche man als die Urbilder der Familie betrachtet und Surukus ( Trogon) nennt, ist der Schnabel breit und hoch, der Oberkiefer bauchig gewölbt, an der Spitze wenig hakig übergebogen, der Rand gekerbt, der Flügel kurz und stumpf, der Schwanz mittellang, seitlich wie bei den indischen Arten abgestuft, das Gefieder weich und großfederig.

 

Azara beschrieb zuerst die Surukua ( Trogon Surucua und leucurus), einen Vogel, dessen Länge sechsundzwanzig, dessen Breite achtunddreißig, dessen Fittig zwölf und dessen Schwanz neun Centimeter mißt. Das Männchen ist wirklich prachtvoll. Kopf und Hals bis zur Brust herab sind blauschwarz; der Rücken ist grün, der Bauch blutroth; die Kopf-, Hals- und Rückenfedern schimmern in Metallfarben, die Kopfseiten stahlblau oder violett, die Rückentheile grünlich, bläulich oder golden; die Flügeldeckfedern sind fein wellenförmig schwarz und weiß gezeichnet, auf der Außenfahne schmal, auf der Innenfahne breit weiß gesäumt, die mittleren Steuerfedern blau mit schwarzer Spitze, die nächstfolgenden schwarz mit blaugrüner Außenfahne, die vierte und fünfte jeder Seite an der Spitze, die äußerste und sechste an der ganzen Außenfahne weiß. Das Auge ist dunkelroth, der nackte Augenlidrand orangefarbig, der Schnabel weißlich, der Fuß schwarzgrau. Beim Weibchen ist die Oberseite grau, die Unterseite rosenroth.

Der Pompeo ( Trogon viridis, cayennensis, strigilatus, violaceus, melanopterus, albiventris und Leverianus) ist auf der Stirn, den Wangen, der Kehle und dem Vorderhalse schwarz, auf dem Scheitel, dem Nacken, den Halsseiten und der Oberbrust prachtvoll stahlblau, grün schillernd, auf dem Rücken, den Schultern und den obersten Flügeldeckfedern erzgrün, welche Färbung auf dem Bürzel ins Bläuliche fällt; Bauch und Steiß sind lebhaft dottergelb, die äußeren Flügeldeckfedern und Schwingen schwarz, letztere weiß gerandet, die mittleren Schwanzfedern grün mit schwarzem Endsaume, die nächstfolgenden schwarz, außen erzgrün gesäumt, die drei äußersten jederseits an der Außenfahne und Spitze weiß. Beim Weibchen ist die Oberseite dunkelgrau, der Bauch blaßgelb, die Flügeldeckfedern sind fein weiß quer gebändert. Das Auge ist braun, der Schnabel blaß grünlichweiß, der Fuß schwarzgrau. Die Länge beträgt dreiunddreißig, die Breite achtundvierzig, die Fittiglänge funfzehn, die Schwanzlänge dreizehn Centimeter.

Die Surukua bewohnt die Urwaldungen des südlichen Brasilien und nördlichen Paraguay; der Pompeo verbreitet sich über Nordbrasilien und Guayana. Die eine wie die andere Art ist, wo sie vorkommt, niemals selten; der Pompeo gehört sogar zu den gemeinsten Vögeln der Urwälder, welche der Prinz von Wied besuchte. Er lebt in ebenen und bergigen Gegenden gleich gern und hält sich auch an der Seeküste auf, wo diese vom Urwalde bedeckt ist. »Ueberall«, sagt der Prinz, »sind diese Vögel verbreitet, sowohl im Sertong und den inneren trockenen und erhitzten Waldungen als in den hohen, dunkeln, prachtvollen Küstenwäldern, welche in Hinsicht der Schönheit und durch ihren erhabenen, majestätischen Charakter bei weitem die Waldungen des inneren Brasilien übertreffen. Sie scheinen aber in den Küstenländern viel zahlreicher vorzukommen als in den Gebüschen des höheren Landes.« Allerorten vernimmt man den Ruf des Pompeo, einen eintönigen, ziemlich kurzen, oft wiederholten Pfiff, welcher allmählich von der Höhe zur Tiefe herabsinkt und Aehnlichkeit mit dem Rufe des weiblichen Truthahns hat oder, laut Schomburgk, wie »Wu wu« klingt. Während der Paarzeit wird auch die Surukua laut; man vernimmt dann den häufig wiederholten Ruf, welcher den Silben »Pio pio« ähnelt. Ueberall kann man diese Vögel wahrnehmen; denn sie sind durchaus nicht scheu und lassen den Menschen bis in ihre unmittelbarste Nähe kommen. Azara sah, daß man eine Surukua mit dem Stocke von dem Zweige herabschlug, auf welchem sie saß, und auch der Prinz hält dies hinsichtlich des Pompeo für möglich. Auf einem freien, mäßig hohen Aste sitzen beide stundenlang unbeweglich oder, wie Schomburgk sich ausdrückt, unverdrossen, mit eingezogenem Halse und schlaff herabhängendem Schwanze, auf Kerbthiere lauernd. Gewöhnlich bemerkt man die Vögel einzeln oder höchstens paarweise; doch sagt Bates, daß er auch kleine Gesellschaften von einem halben Dutzend Stücken gesehen habe. »Sie verweilen, auf den unteren Zweigen der Bäume sitzend, fast bewegungslos eine oder zwei Stunden lang, und drehen höchstens den Kopf ein wenig, wenn ein fliegendes Kerbthier sich sehen läßt.« Kommt ein solches in ihre Nähe, so erheben sie sich mit leisem, sanftem, eulenartigem und nicht reißendem Fluge, fangen die Beute und kehren wieder zu demselben Sitze zurück. Häufig bemerkt man sie, laut Schomburgk, auf Fikusbäumen, deren Früchte sie gern zu fressen scheinen, gewöhnlich in Gesellschaft von Schmuckvögeln. Auch Natterer hat in dem Magen des Pompeo Samen und Früchte gefunden. Am thätigsten sind die Trogons in den Morgenstunden, namentlich unmittelbar nach Sonnenaufgang. Um diese Zeit tönt der Wald von ihrem klagenden Rufe.

Die Surukua nistet in Höhlungen, welche sie sich in die auf den Bäumen stehenden Termitennester eingräbt. »Ich sah«, sagt Azara, »das Männchen wie ein Specht angehängt und beschäftigt, mit seinem Schnabel das Nest auszuhöhlen, währenddem das Weibchen ruhig auf einem benachbarten Baume saß und das Männchen durch seine Blicke anzufeuern schien.« Im September ist das Nest vollendet, und das Weibchen legt nun seine zwei bis vier weißen Eier. Ueber das Brutgeschäft des Pompeo hat Schomburgk eine Mittheilung gegeben, welche ich jedoch für irrthümlich halte. Der Pompeo soll zwischen Baumzweigen ein Nest bauen, welches ganz dem der Wildtauben ähnelt. Er würde sich, wäre diese Angabe richtig, dadurch von den meisten seiner Verwandten sehr wesentlich unterscheiden.

Die Erlegung dieser und anderer Surukus ist leicht und mühelos. Denn selbst wenn man einen solchen Vogel nicht sieht, kann man sich seiner bemächtigen, indem er sich durch den unschwer nachzuahmenden Ruf herbeilocken läßt und dann in unmittelbarer Nähe des Jägers seinen Sitz nimmt. Die Brasilianer wenden dieses Kunststück an, wenn es ihnen, wie es in den menschenleeren Waldungen oft vorkommt, an Lebensmitteln mangelt. Das Fleisch selbst soll schmackhaft sein. Größere Schwierigkeit verursacht die getödtete Surukua dem Naturforscher. »Kein Vogel«, versichert Schomburgk, »bereitete mir beim Abziehen so viele Mühe wie der Pompeo, da es selbst bei der größten Vorsicht kaum gelingt, den Balg unbeschädigt herunterzubringen. Das Fell ist so zart, daß es sogar, wenn der Vogel geschossen vom Baume fällt und beim Herabfallen einen Zweig berührt oder auf harten Boden herabstürzt, zum Ausstopfen unbrauchbar wird.«

 

Der Insel Cuba eigenthümlich ist ein Nageschnäbler, welchem wir den dort üblichen Namen Tokororo belassen wollen. Er unterscheidet sich von allen übrigen durch die eigenthümliche Schwanzbildung. Der Schnabel ist einfach, d. h. ungezähnelt, der Fuß wie gewöhnlich gebildet, der Fittig mittellang, der Schwanz aber sonderbar abgestutzt. Alle Federn nämlich verbreitern sich an ihrer Spitze, indem die Fahnen nach beiden Seiten hin sich verlängern, so daß das Ende der Steuerfedern halbmondförmig erscheint. Infolge dieser Abweichungen hat man den Vogel zum Vertreter einer besonderen Sippe oder Untersippe, der Mondschwanztrogons ( Priotelus), erhoben.

Der Tokororo ( Trogon temnurus, Priotelus temnurus, Temnurus silens und albicollis) ist bunter als die meisten übrigen Arten seiner Familie. Oberkopf, Nacken, Rücken und Schulterdeckfedern sind metallisch grün, die Seiten des Oberkopfes blau, der Vorderhals und die Oberbrust blaß aschgrau, die Untertheile prachtvoll zinnoberroth, die Schwingen braun, weiß gebändert, die großen Flügeldeckfedern stahlblau, mit weißem Spiegel, die mittleren Steuerfedern dunkel erzgrün, die hierauf folgenden blaugrün, die drei äußersten an der Spitze weiß. Das Auge ist prächtig roth, der Schnabel schwarzbraun, an dem Mundwinkel und Unterschnabel korallroth, der Fuß einfach schwarzbraun. Die Länge beträgt sechsundzwanzig, die Breite neununddreißig, die Fittig- und Schwanzlänge je dreizehn Centimeter.

Der Tokororo ist auf der Insel Cuba an geeigneten Orten sehr gemein. Ueber seine Lebensweise haben d'Orbigny und Gundlach berichtet; zumal dem letztgenannten trefflichen Beobachter danken wir eingehende Mittheilungen. Der Tokororo bewohnt nur die Waldungen und findet sich nicht in dichten Gebüschen, in Baumgärten und Kaffeefeldern, sondern, wenn wirklich einmal außerhalb des geschlossenen Waldes, immer nur auf den nächsten Bäumen nebenan. Er ist ein Standvogel in vollstem Sinne des Wortes, welcher jahraus jahrein auf derselben Stelle verweilt. Wie seine Familiengenossen kennt er keine Scheu vor dem Menschen, gestattet, daß dieser ihm sich nähert und setzt sich sogar oft dicht neben stillstehende Leute nieder. Seine Stellung ist sich stets gleich, d. h. sehr aufrecht, mit eingezogenem Halse und etwas nach vorn gerichtetem Schwanze, so daß eine vom Kopfe über den Rücken zur Schwanzspitze gezogene Linie einen Kreisabschnitt bildet. Nie springt er von einem Aste zu einem anderen, sondern sitzt ruhig auf einem wagerechten Zweige oder auf einer Schlingpflanze und fliegt von hier zu einer anderen Stelle oder nach den Beeren oder Blüten, welche neben Kerbthieren seine Nahrung bilden. So ruhig sitzend läßt er unter zitternder Bewegung des Schwanzes seine Stimme hören, welche den Silben »To-co-ro« zwei- oder mehrmals wiederholt, gleicht und ihm den Landesnamen gegeben hat. Außer diesem schallenden Rufe vernimmt man noch einen leisen, nicht weit hörbaren Ton, welcher etwa wie »Tui-u« lautet. Der Flug ist schnell, aber nur kurz und bewirkt ein schwaches Geräusch.

siehe Bildunterschrift

Quesal.

Um zu nisten, sucht der Vogel ein verlassenes Spechtnest auf und legt in diese Baumhöhle ohne weiche Unterlage drei bis vier sehr glattschalige, weiße, ins Bläuliche scheinende Eier von neunundzwanzig Millimeter Länge und dreiundzwanzig Millimeter Durchmesser an der dicksten Stelle. Während der Zeit seiner Liebe nimmt man am Gefieder einen Moschusgeruch wahr.

Man hält den Tokororo fast nie im Käfige, weil seine Ernährung Mühe verursacht, er daselbst nicht fressen will, nicht singt und keine lebhaften Bewegungen macht, auch schnell die Federn beschädigt. Das Gefieder sitzt so locker in der Haut, daß es sehr leicht ausfällt und man, um ein gutes Stück zu erlangen, oft mehrere schießen muß, weil die Federn beim Fallen schon stellenweise ausgehen.


Eine neuerdings ebenfalls in mehrere Untersippen zerfällte Gruppe umfaßt die Prachtsurukus ( Pharomacrus oder Calurus). Sie sind die größten Mitglieder der Ordnung, ausgezeichnet durch ihren verhältnismäßig breiten und flachen Kopf, ihren niedrigen, schmalen, nach der Spitze hin merklich zusammengedrückten, am Ende starkhakig herabgebogenen Schnabel und das zumal auf den Flügeln und dem Bürzel sehr entwickelte Gefieder, welches an Pracht das aller übrigen Nageschnäbel noch übertrifft und kaum seinesgleichen hat innerhalb der ganzen Klasse.


Der Quesal ( Pharomacrus Mocinno , Trogon oder Calurus paradiseus und resplendens), der prachtvollste von allen, kennzeichnet sich durch einen vollen, aus zerschlissenen Federn gebildeten, seitlich zusammengedrückten, hohen, halbkugelförmigen Helm und die außerordentliche Entwickelung des Deckgefieders, welches über die Flügel und den Schwanz wallend herabhängt. Die vorherrschende Färbung des Gefieders ist ein glänzendes Smaragdgoldgrün; die Brust und die übrigen Untertheile sind hoch scharlachroth, die Schwingen und deren Deckfedern so wie die vier mittelsten Schwanzfedern schwarz, die übrigen Steuerfedern weiß. Die erste Reihe der oberen Flügeldecken ist merklich verlängert, schmal, spitzig, palmblattförmig gestaltet und hat wie die oberen außerordentlich verlängerte Schwanzdeckfedern, deren beide mittlere gegen achtzig Centimeter an Länge erreichen können, goldgrüne Färbung. Das Auge ist dunkel nußbraun, das Augenlid schwarz, der Schnabel gelb, am Grunde ölbraun, der Fuß braungelb. Das Weibchen unterscheidet sich durch den nur schwach angedeuteten Schopf und das weit weniger entwickelte Deckgefieder, welches die Steuerfedern weit überragt. Die Länge beträgt zweiundvierzig, die Fittiglänge einundzwanzig, die Schwanzlänge zweiundzwanzig Centimeter. Die längsten Schwanzdeckfedern überragen die Steuerfedern um fünfundsechzig Centimeter.

Bis vor kurzem wußten wir nur, daß der Quesal in Mejiko und Mittelamerika gefunden wird und hier die Gebirgswaldungen bewohnt; neuerdings sind wir durch Salvins und Owens Forschungen über die Lebensweise unterrichtet worden. »Der Vogel«, sagt ersterer, »wählt zu seinen Aufenthaltsorten einen Gürtel von ungefähr zweitausend Meter unbedingter Höhe. Innerhalb desselben scheint er in allen Waldungen vorzukommen, wenn auch nur in denen, welche aus den höchsten Bäumen bestehen. Die niederen Zweige der letzteren, d. h. diejenigen, welche sich ungefähr im zweiten Drittheil der Baumhöhe befinden, dienen ihm zur bevorzugten Warte. Hier sieht man ihn fast bewegungslos sitzen; denn er dreht höchstens den Kopf langsam von einer Seite zur anderen oder breitet und schließt abwechselnd den fast senkrecht herabhängenden Schwanz, erhebt ihn auch wohl und bringt dann die lang überhängenden Deckfedern in sanfte Bewegung. Sein Auge erspäht eine reife Frucht: er erhebt sich von seinem Zweige, erhält sich einen Augenblick rüttelnd, pflückt eine Beere und kehrt zu demselben Zweige zurück. Ein derartiger Ausflug wird mit einer Zierlichkeit ausgeführt, welche jeder Beschreibung spottet. Ich habe oft gehört, daß Leute, welche ausgestopfte Kolibris sahen, begeistert ausriefen: ›Wie prachtvoll müssen diese kleinen Geschöpfe erscheinen, wenn sie fliegen‹. Aber dies ist nicht der Fall. Man denke sich den Kolibri in einer Entfernung von zwanzig Meter, und man sieht von seinen Farben nichts, es sei denn, daß man sich in der allervortheilhaftesten Lage befinde. Anders ist es mit dem Quesal. Seine Pracht bleibt dieselbe, welche Stellung er auch annehmen möge, und er fesselt durch sie sofort das Auge. Kein anderer Vogel der Neuen Welt erreicht ihn, kein anderer der Alten Welt übertrifft ihn. Dies waren meine Gedanken, als ich den ersten lebenden vor mir sah. Der Flug ist rasch und wird in gerader Richtung ausgeführt; die langen Schwanzdeckfedern, welche ihm durchaus nicht im Wege zu sein scheinen, strömen hinter ihm drein. Die Laute, welche er ausstößt, sind verschieden. Seine Lockstimme ist ein doppelter Laut, den Silben ›wiu wiu‹ ungefähr vergleichbar. Der Vogel beginnt mit einem sanften Pfeifen und verstärkt dieses nach und nach zu einem lauten, aber nicht klanglosen Schrei. Oft dehnt er diesen Laut, beginnt ihn leise, verstärkt ihn und läßt ihn dann allgemach wieder verstummen. Beide Töne können leicht nachgeahmt werden. Andere Schreie sind rauh und mißtönend, und sie lassen sich nur mit Hülfe von Blättern wiedergeben. Die Nahrung besteht vorzugsweise aus Früchten; doch findet man gelegentlich auch eine Heuschrecke in seinem Magen.«

Ueber das Brutgeschäft theilt Owen einiges mit. »Gelegentlich eines Jagdausfluges nach dem Berge von Santa Cruz erzählte mir einer meiner Jäger, daß er ungefähr eine Meile von Chilasco ein Quesalnest gesehen, und erbot sich, das Weibchen zu erlegen und mir das Ei zu bringen, falls ich ihm jemand zur Hülfe geben wollte. Ich ging selbstverständlich darauf ein, und der Mann kehrte mit dem Weibchen und zwei Eiern zurück. Er berichtete, daß das Nest in der Höhle eines abgestorbenen Baumes ungefähr acht Meter über dem Boden gestanden hatte. Zur Höhle führte ein Eingangsloch, eben groß genug, um das Einschlüpfen zu ermöglichen. Das Innere derselben war kaum so geräumig, daß sich der Vogel umdrehen konnte. Außer einer Lage von Mulm fand sich kein eigentliches Nest vor. Andere Bergbewohner erzählten, daß der Quesal gern mit verlassenen Spechthöhlen sich behelfe.« »Ich denke«, fügt Salvin vorstehendem hinzu, »daß diese Angabe für die Nestkunde des Vogels genügend ist. Meiner Meinung nach hilft der männliche Vogel nicht mit brüten, sondern überläßt diese Pflicht ausschließlich dem Weibchen. Der Ursprung der Erzählung, daß das Nest des Quesal nur in einer durchgehenden Baumhöhle angelegt werde, gründet sich unzweifelhaft auf die Unmöglichkeit, ein anderes Nest, welches die langen Schwanzfedern des Männchens nicht gefährdet, sich zu denken. So mußte man sich einbilden, daß der Vogel eine Baumhöhle erwähle, zu deren einem Eingange er einschlüpfe und durch deren anderen Zugang er sie wieder verlasse. Daß diese Erzählung in Guatemala entstanden ist, unterliegt für mich keinem Zweifel. Ein derartiges Nest ist mir oft beschrieben worden, aber niemals von einem, welcher es selbst gesehen.«

Die Jagd des Quesal ist für den, welcher den Laut seines Wildes nachzuahmen versteht, sehr einfach. Der Jäger, welcher sich des Prachtvogels bemächtigen will, geht gemächlich durch den Wald und ahmt dabei ab und zu den Lockruf des Männchens nach. Sobald ein solches ihn vernimmt, antwortet es. Der Jäger bleibt stehen und wiederholt die verschiedenen Schreie, bis der Vogel auf einem der nächsten Bäume vor ihm erscheint. Salvin sagt ausdrücklich, daß er selten lange habe warten müssen. Gewöhnlich fliegt das Weibchen voraus und setzt sich in großer Nähe über dem Jäger nieder. Dieser beachtet es nicht und fährt fort, nach dem Männchen zu rufen, bis letzteres sich einstellt. Nur zuweilen wird von dem Quesaljäger auch das Weibchen erlegt.


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