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9. Familie: Pisangfresser ( Musophagidae)

Pisang- oder Bananenfresser ( Musophagidae) nennen wir die Mitglieder einer kleinen, nur achtzehn Arten zählenden Familie, so wenig passend der Name auch erscheinen mag, da die betreffenden Vögel schwerlich von besagten Früchten sich nähren. Ihre Verwandtschaft mit den Kukuken ist zwar noch keineswegs sicher festgestellt, immerhin aber anscheinend größer als mit anderen Vögeln, denen man sie gesellt hat. Ihre Größe schwankt zwischen der eines Raben und der unseres Hehers. Der Leib ist gestreckt, der Hals kurz, der Kopf mittelgroß, der Schnabel kurz, stark und breit, auf der Oberkante scharf gebogen, auf der unteren etwas herabgekrümmt, an den Schneiden gezahnt oder gezähnelt, der Flügel mittellang, stark abgerundet, in ihm die vierte oder fünfte Schwinge über die anderen verlängert, der Schwanz ziemlich lang und abgerundet, der Fuß stark, verhältnismäßig hoch und, wie ich ausdrücklich wiederholen will, unpaarzehig. Drei Zehen richten sich nach vorn, eine nach hinten, die äußere läßt sich ein wenig seitwärts bewegen, aber nur von Ausstopfern nach hinten drehen. Das Gefieder ist weich, bei einzelnen Arten fast zerschlissen, und theilweise durch prächtige Farben ausgezeichnet.

Große, zusammenhängende Waldungen Mittel- und Südafrikas sind die Heimat der Pisangfresser. In baumlosen Gegenden findet man sie nicht. Sie leben gesellig, in kleinen Trupps, welche nach meinen eigenen Beobachtungen von drei bis zu fünfzehn Stück anwachsen können, halten sich viel im Gezweige der Bäume auf, kommen aber auch oft auf den Boden herab. Einzelne scheinen mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein weites Gebiet zu durchstreifen; dies aber geschieht in einer unstäten, unruhigen Weise unter viel Gelärm und Geschrei. Ihr Flug ist nicht besonders ausgezeichnet, jedoch, wie die kurzen Flügel vermuthen lassen, gewandt und mancherlei Wendungen fähig. Ihre Bewegungen im Gezweige der Bäume sind sehr geschickt. Ueber ihre geistigen Fähigkeiten ist schwer ein Urtheil zu fällen, so viel aber gewiß, daß man sie nicht zu den dummen Vögeln zählen darf. Aufmerksam auf alles, was um sie vorgeht, zeigen sie sich vorsichtig und werden, wenn sie sich verfolgt sehen, bald außerordentlich scheu. Um andere Vögel scheinen sie sich wenig zu bekümmern; man sieht sie stets mit anderen ihrer Art zusammen. Doch mag es vorkommen, daß nahe verwandte Arten einer Sippe sich auf kurze Zeit vereinigen.

Pflanzenstoffe scheinen ihre hauptsächliche, falls nicht ausschließliche Nahrung zu bilden. Sie verzehren Blattknospen, Früchte, Beeren und Körner, welche sie in den Kronen der Bäume, in Gebüschen und auf dem Boden zusammenlesen. Diese Nahrung bestimmt selbstverständlich ihren Aufenthalt. Sie beleben deshalb vorzugsweise Gegenden, welche reich an Wasser und somit auch reich an Früchten sind. Dank dieser Nahrung lassen sie sich auch leicht an die Gefangenschaft gewöhnen und bei einiger Pflege jahrelang selbst bei uns erhalten. Einzelne Arten gehören zu den angenehmsten Stubenvögeln, welche man haben kann. Sie erfreuen durch die Pracht ihres Gefieders, wie durch ihr munteres Wesen und durch ihre Anspruchslosigkeit.

Ueber ihre Fortpflanzung fehlen zur Zeit noch ausführliche Beobachtungen. Von einigen Arten ist bekannt, daß sie weiße Eier legen und wahrscheinlich in hohlen Bäumen nisten. Aus ihrem geselligen Verkehre läßt sich im übrigen schließen, daß die Jungen lange bei den Eltern bleiben und von diesen treulich behütet werden.


In den Wäldern von Agra an der Goldküste entdeckte der deutsche Naturforscher Isert zu Ende des vorigen Jahrhunderts den Vertreter einer Sippe, welche wir nach ihm Bananenfresser ( Musophaga) nennen. Ein ähnlicher Vogel wurde später ebenfalls in Westafrika aufgefunden. Der Bananenfresser unterscheidet sich hauptsächlich durch seine Schnabelbildung von den übrigen Verwandten. Die Firste des Oberschnabels nämlich geht unmittelbar in eine hornige Platte über, welche den größten Theil der Stirne bedeckt, und den von hier an in flachem Bogen bis zu der Spitze hakig über den schwächlichen Untertheil herabgebogenen Schnabel sehr stark gewölbt erscheinen läßt. Die Schneiden sind gezähnelt; die Nasenlöcher liegen vollkommen frei in der Vorderhälfte des Oberschnabels. Die Zügel und eine nackte Stelle um das Auge sind unbefiedert. Die Füße sind kurz, aber kräftig, die Flügel mittellang, die Armschwingen etwas kürzer als die Handschwingen. Der Schwanz ist verhältnismäßig kurz, breit und am Ende abgerundet.

 

»Es mag vielleicht übertrieben erscheinen«, sagt Swainson, »wenn ich den Bananenfresser als einen Fürsten der gefiederten Schöpfung bewundere. Andere Vögel sind hübsch, zierlich, glänzend, prächtig: aber die Färbung des Bananenfressers ist königlich. Das schimmernde Purpurschwarz, welches vorherrscht, wird aufs wundervollste gehoben durch das prachtvolle Hochroth der Schwingen. Der Schnabel, obgleich beträchtlich groß, erscheint nicht unverhältnismäßig; denn er ist weder phantastisch gestaltet, wie bei den Nashornvögeln, noch ungeheuerlich, wie bei den Pfefferfressern; die tiefgelbe, in Hochroth übergehende Färbung, welche ihn schmückt, erhöht nur noch die Schönheit des dunklen Gefieders.«

Die Länge des Bananenfressers ( Musophaga violacca, Cuculus regius, Phimus violaceus) betrügt ungefähr fünfzig, die Fittiglänge zweiundzwanzig Centimeter, die Schwanzlänge ebensoviel. Die zarten und weichen Federn, welche den Scheitel bekleiden, sind prachtvoll purpurroth, glänzend wie Sammet; das übrige Gefieder ist tiefviolett, fast schwarz, mit Ausnahme der Unterseite im Lichte prachtvoll dunkel stahlblaugrün glänzend. Die Schwingen sind hochroth, ins Lilafarbene spielend, an den Spitzen tiefviolett. Die nackte Stelle ums Auge ist karminroth, ein Streifen unter ihm blendend weiß, der Schnabel an der Spitze karminroth, der Fuß schwarz, das Auge braun. Den jüngeren Vögeln fehlt das sammetartige Roth des Scheitels; im übrigen ähneln sie den Alten.

siehe Bildunterschrift

Bananenfresser ( Musophaga violacca). 2/5 natürl. Größe.

Noch heutigen Tages gehört der Bananenfresser zu den Seltenheiten in den Sammlungen; doch sind in der Neuzeit nicht bloß Bälge, sondern sogar lebende Vögel dieser Art nach Europa gekommen. Ueber das Freileben lauten die Angaben außerordentlich dürftig. Nach Angabe der Reisenden lebt er, im Gegensatze zu den Helmvögeln, jahraus jahrein paarweise, höchstens nach der Brutzeit in kleinen, wohl aus den Alten und den Jungen bestehenden Gesellschaften. Eine solche fand Ussher an der Goldküste, wogegen Reichenow ausdrücklich hervorhebt, daß der Bananenfresser im Gegensatze zu seinen Verwandten, den Helmvögeln, einzeln oder paarweise und mehr im dichten niedrigen Gebüsche und an Waldsäumen als auf den hohen Bäumen der Urwaldungen angetroffen wird. Hier führt er ein stilles und verstecktes Leben, verfehlt aber, einmal aufgefunden, niemals, die Aufmerksamkeit des Reisenden sich zuzulenken, weil seine prachtvolle Färbung auf das lebhafteste von dem eintönigen Grün der Hochwaldungen absticht. In seinem Wesen, seinen Bewegungen, seiner Stimme, seiner Nahrung scheint er sich wenig von den Verwandten zu unterscheiden, so wenigstens lassen die gefangenen schließen, welche dann und wann zu uns gelangen.

siehe Bildunterschrift

Helmvogel(Corythaix leucotis). 2/5 natürl. Größe.

Genauer als über den Bananenfresser und seinen einzigen Verwandten sind wir über die Helmvögel oder Turakos (Corythaix) unterrichtet. Sie bilden den Kern der Familie und verbreiten sich über alle Theile des oben angegebenen Gebietes, treten häufiger auf als die Verwandten und können dort, wo sie vorkommen, nicht übersehen werden. Ihre Merkmale liegen in dem kleinen, kurzen, dreieckigen Schnabel, dessen oberer Theil mit schwachem Haken über den unteren sich herabbiegt, den theilweise von den Stirnfedern überdeckten Nasenlöchern, dem kurzen, zugerundeten Flügel, in welchem die fünfte Schwinge die längste ist, dem mittellangen zugerundeten Schwanze sowie einem kleinen, nackten, zuweilen mit Fleischwarzen bedeckten Ringe um das Auge. Das Gefieder ist reich, auf dem Kopfe helmartig verlängert, von vorherrschend grüner Färbung, während die Schwingen regelmäßig prachtvoll purpurroth aussehen. Die verschiedenen Arten ähneln sich außerordentlich, ebensowohl was die Färbung als was die Lebensweise anlangt.

In Abessinien lebt der weißwangige Helmvogel (Corythaix leucotis, Musophaga und Turucus leucotis). Der Helm bildet einen breiten, anliegenden, hinterseits scharf abgestutzten Federbusch und hat schwarze, ins Grüne scheinende Färbung; der übrige Kopf, Hals, Mantel und die Unterseite bis zum Bauche sind schön lauchgrün, der Bauch und die übrigen Untertheile dunkel aschgrau, die noch nicht erwähnten Theile der Oberseite bläulich schiefergrau mit grünlichem Erzschimmer, die Steuerfedern schwarz mit stahlgrünem Scheine, die Schwingen mit Ausnahme der letzten Armschwingen tief karminroth, die der Hand außen, am Ende und an der Spitze, dunkelbraun gerandet, ein Fleck vor dem Auge und ein anderer, welcher sich fast senkrecht über dem Ohre am Halse herabzieht, endlich schneeweiß. Ein aus kleinen Warzen bestehender Ring von zinnoberrother Farbe umzieht das lichtbraune Auge. Der Schnabel ist an der Spitze blutroth, an der Spitze des Oberschnabels bis zu den Nasenlöchern aber grün; der Fuß ist braungrau. Die Länge beträgt 45, die Breite 57, die Fittiglänge 17,5, die Schwanzlänge 21,5 Centimeter. Das Weibchen ist um einen Centimeter kürzer und um zwei Centimeter schmäler, unterscheidet sich aber sonst nicht im geringsten von dem Männchen.

Gelegentlich meines Jagdausfluges nach Habesch habe ich wiederholt Gelegenheit gehabt, den Helmvogel zu beobachten. Man begegnet ihm erst ziemlich hoch oben im Gebirge, kaum jemals unter sechshundert Meter unbedingter Höhe und von hier an bis zu zweitausend Meter aufwärts, hier und da auch wohl um noch sechshundert Meter höher, in bewaldeten, wasserreichen Thälern, da, wo die Kronleuchtereuphorbie auftritt, entweder in Scharen oder in kleinen Familien, welche ungefähr nach Art unseres Hehers leben. Er ist rastlos und unruhig, streift bei Tage fortwährend hin und her, kehrt aber immer mit ziemlicher Regelmäßigkeit zu bestimmten Bäumen des Gebietes zurück, namentlich zu den Sykomoren oder Tamarinden, welche ringsum von Niederwald umgeben sind. Solche Bäume werden gewissermaßen zum Stelldichein einer Gesellschaft: auf ihnen sammeln sich die Vögel des Trupps, welche sich während des Futtersuchens zerstreuten, und von hier aus treten sie neue Wanderungen an.

Wenn man einen solchen Baum einmal erkundet hat und sich um die Mittagszeit oder gegen Abend unter ihm aufhält, fällt es nicht schwer, die prächtigen Geschöpfe zu beobachten. Die ankommenden machen sich sehr bald bemerklich, sei es, indem sie von Zweig zu Zweig hüpfen oder tänzelnd auf einem Aste entlang laufen, oder aber, indem sie ihre eigentümliche, dumpf und hohl lautende Stimme vernehmen lassen. Diese Stimme läßt sich schwer wiedergeben. Sie klingt bauchrednerisch und täuscht im Anfange den Beobachter über die Entfernung des schreienden Vogels. Ich habe versucht, sie durch die Silben »Jahuhajagaguga«, welche im Zusammenhange mit einander ausgestoßen werden, zu übertragen.

Der Helmvogel verbringt den größten Theil seines Lebens im Gezweige der Bäume. Nur auf Augenblicke kommt er zum Boden herab, gewöhnlich da, wo niedere Euphorbien die Gehänge dicht bedecken. Hier hält er sich einige Minuten auf, um irgend welche Nahrung aufzunehmen. Dann erhebt er sich rasch wieder und eilt dem nächsten Baume zu, verweilt auf diesem einige Zeit und fliegt nun weiter, entweder nach einem nächsten Baume oder wiederum nach dem Boden hernieder. Der ganze Flug thut dies, aber nicht gleichzeitig, sondern ganz nach Art unserer Heher. Ein Glied der Gesellschaft nach dem anderen verläßt den Baum ton- und geräuschlos, aber alle folgen genau dem ersten und sammeln sich rasch wieder. In den Kronen der Bäume ist der Vogel außerordentlich gewandt. Er hüpft sehr rasch von Zweig zu Zweig, oft mit Zuhülfenahme seiner Flügel, sonst aber auch, wie schon bemerkt, der Länge nach auf einem Aste fort bis zur Spitze desselben. Dort angelangt, schaut er vorsichtig in die Runde und fliegt nun entweder auf einen niederen Baum oder hüpft in die Krone des ersten zurück. Der Flug erinnert ebensowohl an den unserer Heher wie an den der Spechte. Er geschieht in Bogenschwingungen, welche jedoch nicht sehr tief sind. Mehrere rasche, fast schwirrende Flügelschläge heben den Helmvogel zur Höhe des Bogens empor; dann breitet er, aber nur auf Augenblicke, seine Flügel aus, ihre ganze Pracht entfaltend, sinkt ziemlich steil abwärts und erhebt sich von neuem. Dabei wird der Hals ausgestreckt, der Kopf erhoben, der Schwanz aber abwechselnd gebreitet und zusammengelegt, je nachdem der Vogel niederfällt oder sich erhebt.

In dem Magen der von mir getödteten habe ich nur Pflanzenstoffe gefunden, namentlich Beeren und Sämereien. Zu einzelnen Gebüschen, deren Beeren gerade in Reife standen, kamen die Helmvögel sehr häufig herab, immer aber hielten sie sich hier nur kurze Zeit auf. Sie naschten gewissermaßen bloß von den Früchten und eilten dann sobald als möglich ihren sicheren Laubkronen zu. Heuglin gibt auch Raupen und Kerbthiere überhaupt als Nahrungsstoffe an, und Lefebvre will kleine Süßwasserschnecken in den Magen der von ihm erlegten Helmvögel gefunden haben.

Aus dem Legschlauche eines von mir erlegten Weibchens schnitt ich im April ein vollkommen reifes Ei von reinweißer Farbe, welches dem unserer Haustaube an Größe und Gestaltung ungefähr gleich kam, sich aber durch seine feine Schale und seinen großen Glanz auszeichnete. Das Nest habe ich leider nicht gefunden; doch zweifle ich nicht, daß es in Baumhöhlungen angelegt wird. Ich will ausdrücklich hervorheben, daß ungeachtet der Brutzeit die meisten Helmvögel, welche ich fand, in Trupps, nicht aber in Familien zusammenlebten.

Ueber die Gefahren, welchen der freilebende Helmvogel ausgesetzt ist, habe ich keine Beobachtungen sammeln können. Es läßt sich annehmen, daß die verschiedenen Sperber und Edelfalken seiner Heimat ihm nachstellen; darauf deutet wenigstens seine große Vorsicht, sein Verbergen im dichten Gezweige, sein Einzelfliegen und das ängstlich kurze Verweilen auf dem Boden hin. Doch habe ich eben nichts sicheres in Erfahrung bringen können. Der Abessinier verfolgt den Helmvogel nicht, und ebensowenig fällt es ihm ein, das schöne Thier gefangen an sich zu fesseln. Daher mag es denn wohl auch kommen, daß der Vogel dem Europäer gegenüber nicht gerade scheu ist. Aber er wird es, sobald er Verfolgungen erfahren hat. Schon seine Rastlosigkeit erschwert die Jagd. Der ganze Trupp gaukelt sozusagen beständig vor dem Jäger her und entschwindet diesem da, wo die Oertlichkeit nur einige Hindernisse entgegensetzt, gewöhnlich sehr bald. Am sichersten führt der Anstand unter den gedachten Lieblingsbäumen zum Ziele. Hier darf man fast mit Bestimmtheit auf Beute rechnen. »Eine bewunderungswürdige Gewandtheit«, sagt Heuglin, »zeigt unser Vogel im Klettern. Flügellahm zu Boden geschossen, läuft er rasch dem nächsten Baume zu, wie ein Sporenkukuk am Stamme hinauf und ist im Nu im Laubwerke oder in den Schlingpflanzen verschwunden.«

Das Gefangenleben der Helmvögel haben wir namentlich seit Errichtung der Thiergärten kennen gelernt; doch liegen auch ältere Forschungen vor. Eine westafrikanische Art gehört nicht eben zu den Seltenheiten in größeren Sammlungen lebender Thiere. Ueber sie hat Ploß bereits vor funfzig Jahren berichtet. »Mein gefangener Turako«, sagt er, »ist ein aufgeweckter, munterer Vogel, welcher fast den ganzen Tag in Bewegung bleibt, den Kopf bald rechts, bald links wendet, bei jedem Stückchen Futter, welches er aufnimmt, die Flügel und den Schwanz ausbreitet und vorwärts nickt. Er ist so zahm, daß er mir aus der Hand frißt, und läuft frei im Zimmer herum. Dabei thut er oft weite Sprünge, wobei er sich mit ausgebreiteten Flügeln, jedoch ohne Flügelschlag, hilft und den Hals weit vorstreckt. Nach dem Sprunge läuft er in derselben Stellung mehrere Schritte fort. Sein Gang ist sehr geschickt und schnell, das Klettern hingegen versteht er nicht, und am Drahtgitter seines Käfigs vermag er sich nur mit Mühe zu erhalten. Sein Lockton ist ein leises Grunzen, welches er manchmal, vorzüglich wenn ihm ein fremder Gegenstand von fern zu Gesicht kommt, in abgerissenen Sätzen acht- bis zehnmal wiederholt und so steigert, daß man das Geschrei durch mehrere verschlossene Thüren hören kann. Gewöhnlich fliegt er alsdann von dem Punkte, auf dem er gesessen hat, nach einigen Flügelschlägen ab. Nähere ich mich ihm, indem ich die Lippen bewege, so richtet er sich hoch empor, bläst Kropf und Kehle auf und bringt von dem genossenen Futter etwas heraus, um mich zu atzen. Seine Haube trügt er stets emporgehoben, und nur im Schlafe, des Nachts oder wenn man ihn streichelt, legt er dieselbe nieder. Ich erhalte ihn mit in Wasser geweichtem Weißbrod, geriebenen gelben Rüben und klein geschnittenem Obst, wie es gerade die Jahreszeit darbietet, im Winter mit Aepfeln und Birnen, in anderen Jahreszeiten mit Erdbeeren, süßen Kirschen, Himbeeren, Pflaumen, Weinbeeren und dergleichen. Obst ist ihm zu seiner Gesundheit unentbehrlich. Sand und kleine Steine verschluckt er in beträchtlicher Menge. Er badet sich gern und macht sich dabei sehr naß. Im ganzen ist dieser Vogel leicht zu halten; er befindet sich bei mir nun bald vier Jahre sehr wohl. Am siebzehnten Juni (1825) legte er in sein Freßgeschirr ein Ei, dem am fünften Juli ein zweites folgte. Er bediente sich eines offenen, ihm zugänglichen Lachtaubennestes nicht, sondern kroch vor dem Legen des Eies in den dunkelsten Winkel, woraus ich schließe, daß er im Freien in Höhlen nistet. Das Eierlegen griff ihn sehr an. Er war sterbenskrank und trank dann außerordentlich viel Wasser. Seine Mauser findet einmal im Jahre statt.«

Von mir gepflegte Helmvögel haben mir bewiesen, daß vorstehende Beobachtungen richtig sind; doch glaube ich, ihnen noch einiges hinzufügen zu können. Ich habe mehrfach Turakos gepflegt und zähle sie zu den anmuthigsten Käfigvögeln, welche uns die Gleicherländer liefern. Mit Ausnahme der Mittagstunden, welche sie ruhend verbringen, bewegen sie sich fortwährend, entfalten dabei ihre volle Schönheit und gereichen jedem größeren Gebauer zur höchsten Zierde. Namentlich in freistehenden Fluggebauern nehmen sie sich prachtvoll aus. In den Früh- und Abendstunden sind sie am lebhaftesten; bei größerer Tageshelle ziehen sie sich in das Dunkel der Blätter oder eines gegen die Sonnenstrahlen geschützten Raumes zurück. Die Sonne meiden sie ebenso wie starke Regengüsse, welche ihr trockenes Gefieder so einnässen, daß sie zum Fliegen fast unfähig werden. Mit ihren Käfiggenossen vertragen sie sich ausgezeichnet, oder richtiger, sie bekümmern sich kaum um dieselben. Ich habe sie mit den verschiedenartigsten Vögeln in einem und demselben Käfige gehalten, ohne jemals wahrnehmen zu müssen, daß sie mit irgend welchem Genossen desselben Raumes Streit angefangen hätten. Selbst wenn einer von diesen unmittelbar neben ihnen sich niederläßt, sich förmlich an sie schmiegt, ändert sich die Harmlosigkeit ihres Wesens nicht.

Ihre Gefangenenkost ist sehr einfach; sie besteht hauptsächlich aus gekochtem Reis, untermischt mit Grünzeug der verschiedensten Art und einigen Früchten. Sie bedürfen viel Nahrung, sind aber im höchsten Grade anspruchslos. Ihre Stimme vernimmt man selten. Gewöhnlich stoßen sie ein Geknarr aus, bei besonderer Aufregung aber rufen sie laut und abgebrochen: »Kruuk, kruuk, kruuk«; andere Laute habe ich nicht vernommen.

Verreaux fand, daß die zwölf oder vierzehn Flügelfedern, welche sich durch die prachtvolle purpurviolette Farbe auszeichnen, ihre Schönheit verlieren, sobald sie durchnäßt werden, ja daß sie abfärben, wenn man sie in diesem Zustande mit den Fingern berührt und reibt. Diese Thatsache ist seitdem allen ausgefallen, welche Helmvögel hielten und ihnen in reinen Gefäßen, zumal in Näpfen aus weißem Porzellan, Badewasser reichten. Ein Pärchen, welches Enderes beobachtete, färbte während seines Bades den Inhalt eines mittelgroßen Gefäßes so lebhaft, daß das Wasser schwachrother Tinte glich, badete sich aber täglich mehrere Male und sonderte dementsprechend eine erhebliche Menge von Farbstoff ab. So lange die Federn naß waren, spielte ihre purpurrothe Färbung stark ins Blaue; nachdem sie trocken geworden waren, leuchteten sie ebenso prachtvoll purpurn wie früher. Während der Mauser färbten sie bei weitem nicht so stark ab als früher. Genau dasselbe habe ich an den von mir gepflegten Helmvögeln bemerkt. Auch nach dem Tode des Vogels mindert sich die Absonderung des Farbstoffes nicht: so wenigstens beobachteten Westerman und Schlegel. Im Thiergarten zu Amsterdam wurde ein Helmvogel von Krämpfen befallen und wie gewöhnlich unter solchen Umständen mit kaltem Wasser begossen. Der Vogel blieb in derselben Lage, wie er gefallen war, liegen, lebte noch einige Stunden und starb endlich. Es zeigte sich jetzt, daß er auf der einen Seite trocken geworden, auf der dem Boden zugekehrten aber naß geblieben war, und man bemerkte nun, daß dieses noch nasse Roth des linken Flügels in Blau verwandelt worden war, während die rothe Färbung des vor dem Tode getrockneten rechten Flügels in vollkommener Schönheit sich erhalten hatte. An getrockneten Bälgen äußern Waschungen mit Wasser nicht den mindesten Einfluß, und nur dann, wenn ein Vogelbalg in verdünntem Ammoniak oder in Seifenwasser gelegen hat, kann man wahrnehmen, daß die Flügel abfärben.


Von den bisher genannten Pisangfressern unterscheidet die Lärmvögel ( Schizorhis) der gestreckte Leibesbau, die verhältnismäßig langen Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, der Schnabel, welcher dick, stark und kaum höher als breit, auf der Firste aber stark gebogen und an den Schneiden nur schwach gezähnelt ist, die Kopfbefiederung sowie endlich die düstere Färbung.

siehe Bildunterschrift

Gürtellärmvogel ( Schizorhis zonura). 1/3 natürl. Größe.

Mein letzter Ausflug nach Habesch hat mich mit dem Gürtellärmvogel, »Guguka« der Abessinier ( Schizorhis zonura, Musophaga und Chizaehris zonura), in seinen heimischen Waldungen zusammengeführt. Seine Länge beträgt einundfunfzig, die Breite dreiundsiebzig, die Fittig- wie die Schwanzlänge fünfundzwanzig Centimeter. Das Weibchen ist etwas größer als das Männchen, ihm aber sonst in allem übrigen gleichartig gestaltet und gefärbt. Die ganze Oberseite ist ziemlich gleichmäßig dunkelbraun, die Unterseite von der oberen Brust ab hell aschgrau, längs der Schäfte bräunlich gestreift; die verlängerten und zugespitzten Federn des Hinterhauptes, welche gesträubt getragen werden, sind weißlich gesäumt, die Federn des Rückens, soweit sie verdeckt werden, blaugrau, die Schwingen schwarzbraun, auf der Innenfahne mit einem großen, weißen, viereckigen Fleck gezeichnet, welcher nur der ersten fehlt, die mittelsten Schwanzfedern lichtbraun, die vier äußersten an der Spitze ebenso gefärbt, hierauf weiß und am Ende breit rußschwarz gebändert. Das Auge ist graubraun, der dicke, starke und breite Schnabel, welcher sich ziemlich stark krümmt und an den Schneiden kaum gezähnelt ist, grüngelb, der Fuß dunkel aschgrau.

Der Gürtellärmvogel scheint weit verbreitet zu sein. Rüppell fand ihn in mehreren Provinzen Abessiniens, ich traf ihn ziemlich häufig in den Bogosländern an, andere Reisende begegneten ihm am oberen Blauen Flusse, Heuglin endlich lernte ihn in dem Quellengebiete des Weißen Nils kennen, bezeichnet ihn als den häufigsten Pisangfresser Nordostafrikas und gibt an, daß er vorzugsweise den Waldgürtel zwischen sechshundert bis zweitausend Meter Meereshöhe und in ihm namentlich Hochbäume längs der Gewässer bewohnt. In der Nähe der kleinen, von den Gebirgen dem Meere zueilenden Bächlein habe auch ich ihn gefunden.

Während der Helmvogel nur leise bauchrednert, versucht der Lärmvogel mit den Affen um die Wette zu schreien. Er ist es, welcher selbst den erfahrenen Jäger oft täuscht und ihn glauben läßt, daß eine Bande der graugrünen Meerkatzen irgend etwas entsetzliches bemerkt habe und es der Welt künden wolle. Sein Geschrei ähnelt dem sonderbaren Gegurgel, oder wie man es sonst nennen will, genannter Affen in jeder Hinsicht auf das genaueste. Es klingt laut und gellend, wie »Gu, gu, guck, gi gack, ga girr girr guh gi, geh guh«, aber weil gewöhnlich alle durcheinander schreien, so sonderbar verworren, daß es zu einem wirklichen Gegurgel wird. Ich habe diese Laute an Ort und Stelle niederzuschreiben versucht und darf für die richtige Uebertragung, so weit eine solche möglich, einstehen, ersehe jedoch aus den Werken anderer Forscher, daß kein einziger von ihnen dasselbe herausgehört hat wie ich. Doch stimmt insbesondere Heuglin im wesentlichen mit mir überein. Auch er bezeichnet die Stimmlaute des Lärmvogels als ein weit schallendes, sehr mannigfaltiges Geschrei und Gelächter, welches oft ganz dem heiseren Bellen eines Hundes oder dem Kläffen kleiner Affen gleicht, aber ebenso an das Balzen des Auerhahnes und der Frankoline erinnert, bemerkt aber noch, daß der Lärmvogel oft wie eine Lachtaube knurrt, gurgelt und lacht. Antinorinennt ihn mit Recht den schreilustigsten Vogel des ganzen Gebietes. Geht man den merkwürdigen Lauten nach, so sieht man die sehr auffallenden Vögel bald auf einem der höchsten Bäume des Gebirges paarweise vereint oder auch in kleinen Familien, jedoch auch dann noch die Gatten eines Paares nebeneinander sitzen. Wenn man vorsichtig näher kommt, kann man solche Gesellschaften wohl beobachten.

Der Gürtellärmvogel hat im Betragen vieles mit dem Sporenkukuk und dem Nashornvogel gemein. Er fliegt ganz wie letzterer, in Absätzen nämlich, aber nicht gern weit, am liebsten nur von einem hohen Baume zum anderen, setzt sich hoch in die Kronen, hält sich sehr aufrecht, beginnt mit dem Schwänze zu spielen und schreit nun mit einem Male laut auf, daß es rings im Gebirge wiederhallt. Nach Heuglin spielen und streiten die Mitglieder einer Gesellschaft beständig unter einander und verfolgen sich scheltend und kichernd von einem Baume zum anderen. Ruhig auf einer und derselben Stelle sitzend gewahrt man den Lärmvogel selten; er ist vielmehr fast beständig in Bewegung, läuft oft, sich duckend oder mit dem Kopfe nickend, geschickt auf den Zweigen hin und her, dabei einen Bissen wegschnappend, und ruht nur dann und wann einen Augenblick lang von seinem tollen Treiben aus. Heuglin sagt, daß er gewöhnlich nicht scheu sei; ich habe das Gegentheil erfahren und ihn als einen sehr vorsichtigen Vogel kennen gelernt, so daß man sich Mühe geben muß, wenn man seiner habhaft werden will. Nur in unmittelbarer Nähe der Dörfer zeigt er sich nach meinen Beobachtungen weniger scheu; dort hat er sich an den Menschen und sein Treiben gewöhnt. Seine Nahrung besteht aus Beeren der verschiedensten Art, und diesen Beeren zu Liebe kommt er in den Morgen- und Abendstunden zu den niederen Büschen herab. Den übrigen Theil des Tages lebt er nur auf Hochbäumen, und namentlich in den Mittagsstunden sucht er sich die schattigsten aus, welche er finden kann, und verbringt in ihrem Gelaube die heiße Zeit. Antinori sah ihn wiederholt von kleinen Vögeln umringt, welche ihn in derselben Weise neckten und verfolgten, wie sie mit Eulen und Kukuken zu thun pflegen.


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