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Zu den Prachtvögeln der Alten Welt zählen die Bienenfresser ( Meropidae), ebenso eigenartig gestaltete wie schön gefärbte und in ihrem Thun und Treiben ansprechende Mitglieder der Ordnung. Mit Ausnahme dreier Arten, welche eine besondere Unterfamilie bilden, stimmen alle Bienenfresser, etwas über dreißig an der Zahl, unter sich so wesentlich überein, daß das von einem gesagte mit wenig Abänderungen auch für die anderen Gültigkeit hat. Verkennen oder mit anderen Vögeln verwechseln vermag man sie nicht. Ihr Leib ist sehr gestreckt, der Schnabel länger als der Kopf, an der Wurzel ziemlich stark, spitzig, oben und unten sanft gebogen, scharfrückig und scharfschneidig, mit kaum eingezogenen Rändern und etwas längerem, aber nicht übergekrümmten Oberschnabel, ohne Kerbe vor der Spitze. Die Füße sind sehr klein und kurz; von den drei Vorderzehen ist die äußerste mit der mittleren bis zum zweiten Gelenke und diese mit der inneren bis zum ersten Gelenke verwachsen, die Sohle deshalb breit; die Krallen sind ziemlich lang, gekrümmt, scharfspitzig und auf der inneren Seite mit einer etwas hervortretenden schneidenartigen Kante versehen. Die Flügel sind lang und spitzig; unter den Schwingen ist die zweite die längste. Der Schwanz ist lang, entweder gerade abgeschnitten oder mehr oder weniger gegabelt oder auch sanft abgerundet; die beiden Mittelfedern verlängern sich bei vielen Arten bis auf das doppelte der Länge aller übrigen Steuerfedern. Das Gefieder ist kurz und etwas derb, seine Färbung fast ausnahmslos eine sehr prachtvolle und bunte, obgleich die einzelnen Farben gewöhnlich über große Felder verteilt sind. Beide Geschlechter unterscheiden sich kaum in der Färbung, und das einfachere Gewand der Jungen geht schon im zweiten Lebensjahre in das Kleid der Eltern über.
Die warmen Länder der Alten Welt sind die eigentliche Heimat der Bienenfresser; nur eine einzige Art kommt in Neuholland vor. Sie bewohnen sehr verschiedene Oertlichkeiten, niemals aber solche, denen Bäume gänzlich mangeln. Von der Küste des Meeres an trifft man sie bis zu einem Höhengürtel von zweitausend Meter über dem Meere, und es scheint nicht, als ob einzelne Arten die Tiefe, andere die Höhe bevorzugen. Die im Norden lebenden Bienenfresser ziehen regelmäßig, die südlichen sind Stand- oder Strichvögel. Schon in Egypten lebt eine Art, welche jahraus jahrein an derselben Stelle verweilt und jährlich zweimal Verwandte über sich wegziehen zieht, ohne vom Wanderdrange ergriffen zu werden; die im Inneren Afrikas wohnenden Arten dagegen streichen den Jahreszeiten entsprechend: sie erscheinen an ihren Brutplätzen mit Beginn der Regenzeit und verlassen die Heimat wieder, wenn die winterliche Dürre eintritt. Alle Arten ohne Ausnahme sind höchst gesellige und ungemein friedliche Vögel. Einzelne scharen sich nicht bloß mit ihresgleichen, sondern auch mit verwandten Arten, namentlich während ihrer Reisen. Sie bilden dann gemeinschaftlich Flüge und vermengen sich so vollkommen unter einander, daß man die verschiedenen Arten nicht unterscheiden kann. Auch besondere Gelegenheiten vereinigen oft verschiedenartige Bienenfresser auf längere Zeit.
In ihrer Lebensweise ähneln diese Prachtvögel am meisten den Schwalben, in mancher Hinsicht aber auch den Fliegenfängern. Bei schönem Wetter sieht man sie oder doch wenigstens die größeren Arten der Familie in hoher Luft, Beute suchend, umherstreichen; bei trüber Witterung oder auch während ihrer Brutzeit pflegen sie auf hervorragenden Baumzweigen zu sitzen und von hier aus ihre Jagd zu betreiben. Zum Boden herab kommen sie selten, höchstens dann, wenn sie ein erspähtes Kerbthier aufzunehmen gedenken; dagegen streichen sie oft dicht über dem Wasserspiegel dahin, wie Sperrvögel thun. Die Nachtruhe verbringen sie auf den Zweigen dichtwipfeliger Bäume oder während der Brutzeit in ihren Nistlöchern.
Es ist unmöglich, Bienenfresser zu übersehen. Sie verstehen es, eine Gegend zu beleben. Kaum kann es etwas schöneres geben, als diese, bald nach Art eines Falken, bald nach Art der Schwalben dahinstreichenden Vögel. Sie fesseln unter allen Umständen das Auge, gleichviel, ob sie sich bewegen oder, von dem anmuthigen Fluge ausruhend, auf Zweigen und dem Boden sitzen. In letzterem Falle, oder wenn sie unter dem Beobachter auf- und niederstreichen, kommt die volle Pracht ihres Gefieders zur Geltung. Wenn sie, wie es zuweilen geschieht, zu hunderten oder tausenden auf einzelnen Bäumen oder Gebüschen oder auf dem Boden dicht nebeneinander sich niederlassen, schmücken sie solchen Ruheplatz in unbeschreiblicher Weise. Am meisten fesselt doch immer und immer wieder ihr köstlicher Flug. Ebenso ruhig als stetig, ebenso leicht als zierlich trägt er den Bienenfresser scheinbar ohne alle Anstrengung durch jede beliebige Luftschicht. Im Nu stürzt sich einer von ihnen aus bedeutender Höhe senkrecht zum Boden herab, um ein vorüberfliegendes Kerbthier, welches sein ungemein scharfes Auge wahrgenommen, zu fangen; binnen weniger Augenblicke hat er seine frühere Höhe wieder erreicht und fliegt mit den übrigen unter lautem, oft wiederholtem »Guep guep«, dem allen Arten gemeinsamen Lockrufe, weiter. Auf einige Flügelschläge folgt ein Dahingleiten mit halb ausgebreiteten, halb angezogenen Schwingen, welches aber mit so großer Schnelligkeit geschieht, daß der Vogel wie ein Pfeil erscheint. Nicht minder anziehend sind diese liebenswürdigen Geschöpfe da, wo sie bleibend sich angesiedelt haben und in größter Nähe betrachten lassen. Pärchenweise sieht man sie auf den hervorragenden niederen Aesten sitzen. Der eine Gatte ruft dem anderen von Zeit zu Zeit zärtlich zu; dann erhebt sich dieser zu einem kurzen, raschen Fluge und nimmt ein vorüberfliegendes Kerbthier auf. Während er dem Raube nachfliegt, bleibt jener ruhig sitzen und wartet auf sein Zurückkommen. Ich habe nie gesehen, daß zwei Bienenfresser um eine Beute sich gestritten hätten, niemals beobachtet, daß unter ihnen Kampf aus irgend welcher Ursache entstanden wäre. Friede und Verträglichkeit herrscht unter allen Umständen unter ihnen, ihr Verein mag so zahlreich sein, wie er sein kann.
Die Nahrung besteht ausschließlich in Kerbthieren, welche in der Regel im Fluge gefangen, ausnahmsweise aber auch von leicht zugänglichen Blättern oder selbst vom Boden aufgenommen werden. Merkwürdig ist, daß die Bienenfresser giftstachelige Kerfe verzehren. Versuche, welche angestellt wurden, haben zur Genüge bewiesen, daß der Stich einer Biene oder Wespe den meisten Vögeln tödtlich ist; genaue Beobachtungen ergaben, daß fast alle Vögel, welche derartige Kerbthiere fangen, ihnen vor dem Verzehren den Giftstachel abbeißen: die Bienenfresser hingegen schlingen ohne jegliche Vorbereitung die gefährliche Beute hinab.
Alle Bienenfresser nisten gesellig und zwar in tiefen, wagerecht in steil abfallende Erdflächen gegrabenen Höhlen. Alle Arten lieben auch während ihres Brutgeschäftes die Gesellschaft ihresgleichen, und deshalb sind die Brutstellen fast ausnahmslos sehr zahlreich besuchte Siedelungen. Der eigentliche Nestplatz ist ein backofenförmig erweiterter Raum am hinteren Ende des Ganges. Ein wirkliches Nest wird nicht erbaut, das aus vier bis sieben reinweißen Eiern bestehende Gelege vielmehr auf den bloßen Sand niedergelegt. Erst nach und nach sammelt sich von den abgebissenen Flügeln der Kerbthiere oder von den ausgespieenen Gewöllen eine Art von Unterlage, sozusagen ein Sitzpolster für die Jungen, an.
Am Weihnachtstage des Jahres 1850 legte ich mein Boot in der Nähe der zahlreichsten Siedelungen an, welche ich kennen lernte. Mindestens sechzig Pärchen des Zaumspintes ( Merops frenatus) hatten sich eine glatte, feste Thonwand am Ufer des Blauen Flusses zur Niststelle erwählt und hier ihre Höhlen eingegraben. Die Ansiedelung nahm höchstens einen Raum von drei bis vier Geviertmeter ein; auf dieser Fläche aber befand sich eine Nisthöhle an der anderen, so dicht nebeneinander, daß der Abstand höchstens zehn bis fünfzehn Centimeter betrug. Diese Eingänge hielten drei Centimeter im Durchmesser und führten 1 bis 1,5 Meter in wagerechter Richtung nach innen; dann erweiterten sie sich zu der Nestkammer, einem Raume von funfzehn bis zwanzig Centimeter Länge, zehn bis funfzehn Centimeter Breite und sechs bis acht Centimeter Höhe. In keinem der Nester, welche wir untersuchten, fanden wir Baustoffe, auch in keinem einzigen Eier oder Junge; demungeachtet schlüpften die Thierchen fortwährend aus und ein.
Ihr geschäftiges Treiben gewährte ein überaus anziehendes Schauspiel. Die nächsten Bäume waren geziert mit den prächtigen Vögeln; auf jedem passenden Zweige saß ein Pärchen einträchtlich bei einander, und einer der Gatten um den anderen erhob sich, Beute verfolgend, kehrte nach einigen Schwenkungen zurück oder flog auch wohl in eine der Höhlen, verschwand in ihr und kam erst nach geraumer Zeit wieder aus ihr hervor, ohne daß wir einsehen konnten, was er im Inneren treiben möge. Ganz unbegreiflich erschien es uns, wie es dem einzelnen möglich war, sein Haus von dem eines anderen Pärchens zu unterscheiden. Vor den Nisthöhlen ging es oft zu wie vor einem Bienenstocke. Man sah zeitweilig eine Menge von Zaumspinten unmittelbar vor den Nestern auf- und niederschweben; wollten dieselben aber in das Innere schlüpfen, so brauchten sie niemals erst nach ihrer Höhlung zu suchen: sie verweilten nur einen Augenblick und krochen dann so rasch ins Innere, daß man wohl überzeugt sein durfte, die betreffende Höhle müsse die ihrige sein. Gegen Abend wurde es stiller, und mit Einbruch der Nacht war die lebendige Schar verstummt und verschwunden: alle oder wenigstens der größere Theil der Pärchen hatten im Inneren ihrer Höhlung Herberge genommen. Diese Wahrnehmung erregte den Eifer des Sammlers. Ich beschloß, einen Fangversuch auf die damals noch sehr seltenen Vögel zu machen. Das Klebenetz wurde herbeigeholt und von oben so weit herabgelassen, daß es gerade vor die Höhlen zu hängen kam. Als ich am nächsten Morgen nach dem ersten Jagdausfluge wieder zurückkam, waren funfzig der harmlosen Geschöpfe, welche sich beim Ausschlüpfen in dem feinen Gemasche verstrickt hatten, meiner Tücke zum Opfer gefallen. Ich bekam auf diese Art eine genügende Menge der Prachtthiere; aber es ist mir noch heute, als müsse ich mir Vorwürfe machen über diese Jagdweise.
Alte Bienenfresser in Gefangenschaft zu halten, ist überaus schwierig; jung eingefangene dagegen gewöhnen sich leichter, als man annehmen möchte, an den Verlust ihrer Freiheit, das enge Gebauer und ein Ersatzfutter, verlangen aber freilich anfänglich größere Sorgfalt als andere Nestvögel, auch später eine ausgewähltere Nahrung als die meisten gefiederten Hausgenossen, welche wir uns erwerben können.
In Europa lebt als regelmäßiger Sommergast nur eine Art der Familie, der Bienen- oder Immenfresser, Bienenfraß, Bienenfänger, Bienenwolf, Bienen- oder Heuvogel, Seeschwalbe oder Seeschwalm, Spint etc. ( Merops apiaster ). Er gehört zu den größeren Arten seiner Familie. Die Länge beträgt sechsundzwanzig, die Breite fünfundvierzig, die Fittiglänge vierzehn, die Schwanzlänge zehn bis elf Centimeter. Das Gefieder ist auf der Stirne weiß, auf dem Vorderkopfe und einem Streifen durch das Auge meerblau mit grünem Scheine, ein Strich über dem Zügel durch das Auge bis auf die Ohrgegend, welche unterseits von einem schmalen weißen, blau verwaschenen besäumt wird, schwarz; Kinn und Kehle bilden ein hochgelbes, unterseits von einer schmalen, schwarzen Querbinde begrenztes Feld; Ober- und Hinterkopf sind dunkel kastanienbraun, Hinterhals und Flügeldecken heller; Schultern und vordere Mantelgegend nebst dem Bürzel gehen ins Zimmetrostgelbe über. Die Unterseite prangt in schönem Meerblau. Die oberen Schwanzdecken mit Ausnahme der beiden vorragenden, an den Spitzen verschmälerten, schwarzen Mittelfedern sind blaugrün, die Handschwingen grünblau, an der Spitze schwarz, die des Armes zimmetkastanienbraun, vor dem breiten schwarzen Ende grünblau, wie die hintersten derselben, die kleinen Deckfedern am Buge düstergrün, die unteren Flügeldecken rostisabell. Die Weibchen unterscheiden sich kaum ersichtlich von den Männchen, die Jungen durch blässere Färbung, gelb angeflogene Stirne, ein kleines Querband unter der gelben Kehle, grünlich verwaschene Ober- und meerblaue Unterseite von den Alten. Das Auge ist prachtvoll karminroth, der Schnabel schwarz, der Fuß röthlich.
Im Süden Europas gesellt sich zu dem Bienenfresser dann und wann eine zweite Art der Familie, der Blauwangenspint ( Merops aegyptius, persicus, Savignii und Vaillantii). Sein Gefieder ist dunkel grasgrün, unterseits mehr ins Malachitgrüne, zuweilen meerblau angeflogen, oberseits ins Olivengelbbraune, auf Ober- und Hinterkopf mehr oder minder deutlich ins Braune scheinend, die Stirne weiß, gilblich verwaschen, der Vorderkopf und ein breiter Augenstreifen sowie ein anderer Streifen unter dem schwarzen Zügelbande zart blau, das Kinn gelb, die Kehlmitte aber mit einem schön kastanienbraunen Flecke geziert. Die Schwingen und Steuerfedern haben grüne, ins Bläuliche scheinende Färbung, die ersteren schwarze Spitzen und zimmetbraune Innenfahnen; die beiden mittelsten Steuerfedern zeichnen sich durch ihre weit vorragenden Spitzen aus. Größe, Färbung des Auges, des Schnabels und der Füße sind dieselben wie beim Bienenfresser.
Das Nistgebiet dieses Vogels erstreckt sich vom Kaspischen Meere an über Persien, Kleinasien und Nordafrika, das Verbreitungsgebiet hingegen infolge der ausgedehnten Wanderungen über ganz Afrika. Ein sehr naher Verwandter, welcher auch wohl als gleichartig angesehen wird, bewohnt Madagaskar.
Lebensart und Betragen, Sitten und Gewohnheiten, Nahrung, Wanderung und Brüten, kurz die ganze Lebensweise der beiden europäischen Bienenfresser, ähneln sich in so hohem Grade, daß ich meinestheils niemals einen Unterschied herauszufinden vermochte. Es genügt daher vollständig, wenn ich mich auf die Zeichnung eines Lebensbildes der erstgenannten Art beschränke.
Mit vollstem Rechte wird der Bienenfresser zu den deutschen Vögeln gezählt, da er sich nicht bloß mehrfach in Deutschland gezeigt, sondern auch schon hier gebrütet hat. Allerdings ist sein Vorkommen kein regelmäßiges, aber doch auch nicht gerade ein seltenes, und namentlich in den südöstlichen Theilen Deutschlands wird der auffallende und leicht kenntliche Vogel sehr oft bemerkt. Von seinem Erscheinen in Gegenden, welche weit nördlich seines Verbreitungskreises liegen, haben wir wiederholt Kunde erhalten. Man hat ihn nicht bloß in Mittel- und Norddeutschland, sondern auch in Dänemark, in Schweden, ja selbst in Finnland wahrgenommen. Zuweilen ist er in ziemlich zahlreichen Flügen erschienen, und dann hat er nie verfehlt, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So berichtet die Leipziger Chronik: »Seltzame Vögel, Anno 1517. Umb Philippi Jacobi sind seltzame Vögel, so unbekandt, umb Leipzig gesehen und gefangen worden, an der Grösse wie die Schwalben, mit langen Schnäbeln, der Obertheil am Kopff, Hals und Rücken, war dunckelbraun, die Flügel dunckelblau, der Leib schwartz, die Kehle gelbe, hatten kurtze Füsse, und thäten denen Bienen und Fischen grossen Schaden.« Der alte Geßner, welcher eine zwar mangelhafte, aber doch erkenntliche Abbildung des Bienenfressers gibt, sagt, daß er die Vorlage von einem Maler aus Straßburg erhalten habe, woselbst der Vogel, wenn auch selten, gesehen werde. Von dieser Zeit an, wohl der ersten geschichtlich nachweisbaren, haben sich die Bienenfresser oft nach Deutschland verflogen, und einzelne Gegenden unseres Vaterlandes dürften sie, wenn nicht alljährlich, so doch innerhalb jedes Jahrzehnts besuchen.
Viel seltener geschieht es, daß das eine oder andere Pärchen nördlich der Pyrenäen und Alpen zum Brüten schreitet; doch sind, wie bemerkt, auch derartige Fälle beobachtet worden. So hat man Bienenfresser wiederholt an der Donau oberhalb Wien, im Jahre 1792 an der Olau in Schlesien und neuerdings in Baden brütend gefunden. Ueber den letzterwähnten Fall danken wir dem Freiherrn von Schilling, dessen an Ort und Stelle eingezogene Erkundigungen ein ziemlich klares Bild der Einwanderung geben, eingehenden Bericht. Diesem zufolge erschienen vor einigen Jahren, Ende Mai etwa, funfzig Stück in dem Kaiserstuhlgebirge und siedelten sich hier unmittelbar hinter dem Dorfe Birkensohl, in einem fruchtbaren Thälchen mit südlicher Richtung, bleibend an, nisteten auch in der jähen Wandung eines verlassenen Doleritbruches. Aber sämmtliche Eier wurden durch Unbefugte zerstört, die Ansiedler überhaupt in einer so unwirtlichen, um nicht zu sagen gehässigen Weise behandelt, daß schon Mitte Juli keine einzige der »afrikanischen Schwalben« zu sehen war. Bauern, welche einzelne von ihnen erlegt hatten, verkauften dieselben, zu fünf Franken das Stück, nach Kolmar und nach Neubreisach, und der hohe Preis reizte die Begierde der ohnehin mordsüchtigen Aasjäger so, daß ihnen nicht einmal der Gedanke an Schonung gekommen sein mag. Nicht viel anders als in diesem Falle ergeht es dem Bienenfresser wohl überall im gesegneten Deutschland, und dies dürfte einer der Hauptgründe sein, daß er bis jetzt noch nicht zum regelmäßig wiederkehrenden Sommer- und Brutvogel geworden ist. Als solchen trifft man ihn erst im südlichen Europa an. In Spanien, in Italien, Griechenland und auf allen Inseln des Mittelmeeres, in der Türkei, in Ungarn und Südrußland gehört er, stellenweise wenigstens, zu den gemeinsten Vögeln. Aber er bewohnt nicht bloß Europa, sondern verbreitet sich noch weit über Asien. In Palästina, Kleinasien und Persien ist er ebenso häufig wie in Südeuropa. In den Steppen Nordturkestans begegneten wir, in denen des südlichen Turkestan Sewerzow und andere Forscher ihm, wenn auch nicht eben oft. In den Gebirgen Kaschmirs sah ihn Adams in großer Anzahl; auch in China ist er seßhaft. Gelegentlich seines Zuges scheint er halb Asien und ganz Afrika zu durchstreifen. In Indien wird er während des Winters an geeigneten Orten überall beobachtet; in Afrika sah ich ihn mit größter Regelmäßigkeit gelegentlich seiner Wanderungen: er erschien, von Europa kommend, Anfang September und zog bis Mitte Oktober über uns dahin; der Rückzug begann Anfang April und währte bis zur Hälfte des Mai. In keinem der von mir bereisten Ländern Afrikas nimmt der Bienenfresser Herberge für den Winter: Shelley's Angabe, daß man den Vogel im Laufe des ganzen Jahres in Egypten sehen könne, ist unrichtig. Er überwintert noch nicht einmal in der nördlichen Hälfte Afrikas, sondern wandert regelmäßig bis nach dem äußersten Südwesten und Süden des Erdtheiles. In der Nähe der Kapstadt traf ihn Levaillant in solcher Menge an, daß er binnen zwei Tagen mehr als dreihundert erlegen konnte. Die Vögel setzten sich dort zu tausenden auf große Bäume und erfüllten weite Strecken mit ihrer Menge. Nun behauptet Levaillant freilich, daß die Bienenfresser auch in Südafrika brüten; es unterliegt jedoch keinem Zweifel, daß diese Angabe irrthümlich ist, weil es nach meinen Erfahrungen keinen einzigen Vogel gibt, welcher während der Dauer seines Winteraufenthaltes in südlichen Ländern nistet. Auch erwähnen Layard und Andersson übereinstimmend, der erste für die Länder am Vorgebirge der Guten Hoffnung, der andere für das Damaraland, daß der Bienenfresser nur während seiner Wanderungen erscheint und sich einigermaßen über seine weite Herberge verbreitet. Als die Zeit der Ankunft gibt Layard, wohl etwas zu früh, den August an, während Andersson einfach von der Regenzeit spricht. In Wirklichkeit dürften die wandernden Scharen nicht vor Ende September in ihrer Winterherberge eintreffen und dieselbe schon im März wieder verlassen. Ausdrücklich bemerken will ich, daß der Bienenfresser, wenn auch vielleicht nicht immer, so doch sehr häufig, in Gesellschaft des oben beschriebenen Blauwangenspintes wandert und zwar mit ihm gemeinschaftlich in einem und demselben Fluge reist. Heuglin hat diese Angabe bestritten; ich aber halte sie mit dem Bemerken aufrecht, daß ich beide Arten aus einem und demselben Fluge herabgeschossen habe.
Auf seinem Brutplatze erscheint der Bienenfresser flugweise Ausgang April oder Anfang Mai, in Griechenland, nach Lindermayers mir kaum glaublicher Angabe, bereits Ende März. Krüper gibt nach mehrjährigen Beobachtungen für Griechenland als früheste Ankunftszeit den zweiten, Drumm für Korfu den fünften April an, und ersterer bemerkt ausdrücklich, daß die Legezeit Ende Mai und Anfang Juni ihren Anfang nimmt. In der Gegend von Pisa sah Giglioni in den ersten Tagen des Mai große Schwärme von Bienenfressern nach Norden fliegen; auf Sardinien bemerkte sie Brooke zuerst vom siebzehnten April ab. Die frühesten Ankömmlinge aber zogen alle weiter nach Norden, und erst eine volle Woche später siedelten sich andere auf den Inseln an, um hier zu brüten. Mitte Mai haben sich die Flüge einigermaßen zertheilt; doch kommt es ebenso oft vor, daß mehrere sich vereinigen und gemeinschaftlich eine Siedelung bilden, welche funfzig, sechzig und mehr Paare zählen kann. Das eine wie das andere hängt von der Oertlichkeit ab. Findet sich eine höhere, senkrecht abfallende Erdwand, welche Raum zur Anlage für viele Nester bietet, so vereinigen sich die Bienenfresser; ist dies nicht der Fall, so sucht sich jeder einzelne so gut zu behelfen, wie es eben geht.
In der Nähe der Siedelung zeigt sich nun das gewöhnliche Sommerleben unseres Vogels. Während alle kleineren Arten der Familie nur ausnahmsweise ihre Warten auf längere Zeit verlassen, sieht man bei gutem Wetter, insbesondere in den Morgen- und Abendstunden, alle Mitglieder eines Verbandes dieser Art in hoher Luft stundenlang umherschwärmen. Der Flug bleibt in Verbindung, kann aber nicht als ein geschlossener bezeichnet werden; denn die einzelnen Vögel vertheilen sich über einen weiten Raum, halten nur aufmerksam eine und dieselbe Richtung ein und rufen sich beständig zu. In dieser Weise durchmessen sie mehrere Geviertkilometer, immer gemeinschaftlich. Sie rufen sich auch während der ganzen Jagd durch ihren beständig wiederholten Lockton, das hell klingende »Schürr schürr« oder »Guep guep«, zusammen. Gegen Sonnenuntergang erscheinen alle in der Nähe der Siedelung, vertheilen sich hier in Paare und fangen nun bis zum Eintritte der Dämmerung noch Kerbthiere von den Aesten aus. Ihre Nachtruhe verbringen sie, sobald die Nisthöhlen fertig sind, wohl ausschließlich in diesen, bis dahin aber dicht gedrängt auf den Aesten niedriger Gebüsche, welche sie zuweilen in so namhafter Menge anfüllen, daß man Dutzende von ihnen mit einem einzigen Schusse erlegen kann. Nachdem die Jungen ausgeflogen sind, vereinen sich noch viel bedeutendere Scharen, und wenn sich solche, wie zuweilen geschieht, auf sandigem Boden niederlassen, verwandeln sie diese Strecke gleichsam in eine blühende Wiese. Ihre Jagd betreiben sie auf Heiden oder ähnlichen Oertlichkeiten lieber als irgend wo anders und zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil diese die meisten Immen herbeiziehen und sie dort die meiste Beute gewinnen. In die Nähe der Ortschaften kommen sie, so lange die Witterung gut ist, selten oder nie. Verändert sich das Wetter, so verändern auch sie die Art und Weise ihrer Jagd. Sobald der Himmel umzogen ist, oder wenn Regen fällt, erheben sie sich nicht in die höheren Luftschichten, wie Schwalben und noch mehr die Segler zu thun pflegen, sondern jagen von den Aesten aus, erscheinen auch gern in unmittelbarer Nähe menschlicher Wohnungen und brandschatzen die Bienenkörbe in empfindlicher Weise. Man sieht sie unter solchen Umständen auf einem passenden Zweige des nächsten Baumes oder auf dem Flugbretchen des Stockes selbst sitzen und die ausgehenden Bienen wegschnappen.
Stechende Kerbthiere scheinen das Lieblingsfutter des Bienenfressers zu sein; denn ebenso wie er die Bienenstöcke brandschatzt, plündert er die Nester der Wespen, Hummeln und Hornissen. Man hat beobachtet, daß er sich möglichst nahe bei einem Wespenneste niederläßt und im Verlaufe weniger Stunden nach und nach alle fliegenden Bewohner dieses Nestes wegschnappt. Doch verschmäht er auch Heuschrecken, Cicaden, Libellen, Bremsen, Mücken, Fliegen und Käfer nicht, liest letztere sogar von den Gebüschen oder von Blumen ab, obwohl er in der Regel nur auf fliegende Beute jagt und jedes vorübersummende Kerbthier, dessen er ansichtig wird, aufnimmt, vorausgesetzt, daß er dasselbe verschlingen kann. Die unverdaulichen Flügeldecken und andere harte Theile der Beute werden, zu Gewöllen geformt, wieder ausgeworfen.
Ende Mai beginnt das Brutgeschäft. Zur Anlage seines Nestes wählt sich der Bienenfresser am liebsten das sandige oder lehmige Ufer eines Flusses. Hier beginnt er ein rundes Loch von fünf bis sechs Centimeter im Durchmesser auszuhöhlen, wahrscheinlich mit Schnabel und Klauen zugleich, möglicherweise auch mit dem Schnabel allein. Dieses Loch führt wagerecht oder in wenig aufsteigender Richtung weiter und bildet somit eine Höhle, welche ein bis zwei Meter tief sein kann. Das Ende des Ganges wird zu einer Kammer von zwanzig bis fünfundzwanzig Centimeter Länge, zehn bis funfzehn Centimeter Breite und acht bis zehn Centimeter Höhe erweitert, auf deren Boden dann das Weibchen im Juni seine fünf bis acht runden, glänzend weißen Eier niederlegt. Zuweilen wird, laut Salvin, noch eine zweite Nistkammer hinter der ersten ausgewölbt und mit dieser durch einen etwa dreißig Centimeter langen Gang verbunden. Fehlt es einer Gegend an senkrecht abfallenden Erdwänden, so entschließt sich der Bienenfresser wohl oder übel, schräge Gänge in den flachen Boden einzugraben. Solche fanden Heuglin im Steinigen Arabien und mittleren Egypten, Tristram in Palästina und Saunders im südlichen Spanien. Alte, vorjährige Nesthöhlen scheinen nicht wieder benutzt zu werden, vielleicht, weil sie später Eidechsen und anderen den Vögeln unliebsamen Eindringlingen zur Behausung dienen. Das Ausgraben der Nester geschieht höchst wahrscheinlich, ebenso wie beim Eisvogel, ausschließlich mittels des Schnabels, und die kleinen schwächlichen Füßchen dienen höchstens dazu, losgearbeitete Erde herauszuschaffen. Dieser Auffassung widerspricht Lindermayer, welcher aus Betrachtung der Füße folgern zu dürfen glaubt, daß der Vogel dieselben auf gleiche Weise wie eine Mauerkelle verwende, um den leicht abzukratzenden Sand immerfort hinter sich unter dem Bauche hin und so allmählich aus der Höhle herauszuschaffen. Soviel mir bekannt, hat bis jetzt noch kein Beobachter den Bienenfresser beim Graben überrascht, und es handelt sich daher um Ansicht gegen Ansicht; das Beispiel des Eisvogels aber dürfte mehr für meine Anschauung als für die Lindermayers sprechen. Einige Beobachter wollen eine Unterlage von Moos und Genist gefunden haben; ich meinestheils kann versichern, daß ich in allen Bienenfressernestern, welche ich untersuchte, niemals eine Spur von Niststoffen bemerkte. Aus den Flügeldecken, Beinen etc., welche von den Jungen nicht mitgefressen werden, sowie aus den von ihnen oder von den brütenden Alten ausgespieenen Gewöllen bildet sich nach und nach ein förmliches Sitzpolster im Inneren der Nistkammer, so daß die Jungen einer Unterlage wenigstens nicht gänzlich entbehren. Ob das Weibchen allein brütet, oder ob es vom Männchen abgelöst wird, konnte bisher noch nicht festgestellt werden; man weiß bloß, daß beide Eltern in das Geschäft der Aufzucht sich theilen und fleißig Nahrung zutragen. Schon Ende Juni sieht man Junge mit den Alten umherfliegen und letztere jene füttern. Anfangs kehrt die Familie höchst wahrscheinlich zur Nisthöhle zurück – wenigstens beobachtete Powys mehreremals, daß drei und vier Bienenfresser aus einer und derselben Höhle flogen – wenige Wochen später benehmen sich die Jungen ganz wie die Alten, und zur Zeit der Abreise unterscheiden sie sich, soweit es das Betragen angeht, nicht im geringsten von diesen.
Die Alten wußten über das Brutgeschäft noch ganz andere Dinge zu berichten, als wir. »Der Vogel ist also listig«, schreibt Geßner, jenen nach erzählend, »daß er seine jungen, damit sie nit gefangen werden, von einem ort an das andere trägt. Er fleucht auch selbst stäts an andere ort, damit er nicht gefangen werde, daß man auch nicht spüren möge, wo er seine junge erziehe. Man sagt, daß dieser vogel, als der Storch, seinen Eltern behülfflich sei, nicht allein im Alter, sondern wenn sie ihrer Hülff bedörffen vnd nottürfftig seyen, lassen derhalben ihre Eltern nicht auß dem Nest fliehen, sondern tragen jnen Nahrung herzu, tragen sie auch auff dem Rücken hin und her.«
Es ist erklärlich, daß der Bienenfresser nicht überall mit günstigem Auge angesehen wird. Die Räubereien, welche er sich zu Schulden kommen läßt, erregen den Zorn der Bienenzüchter und ziehen ihm rücksichtslose Verfolgung zu. Der Bienenfresser zeigt sich selten scheu, und am wenigsten in der Nähe Beute versprechender Oertlichkeit, läßt sich hier selbst durch Schießen so leicht nicht vertreiben. Erst wiederholte Verfolgung macht ihn vorsichtig und die Jagd auf ihn einigermaßen schwierig. In Griechenland werden, nach Lindermayer, von der Mühle, Krüper und anderen, in den letzten Sommermonaten außerordentlich viele Bienenfresser geschossen und als schmackhafte Speise mit Vorliebe genossen. Auch im südlichen Spanien, insbesondere in Sevilla und Cordova, bringt man im Herbste erlegte oder gefangene Bienenfresser schock- und sackweise auf den Markt, um sie zu verspeisen. Auf Kandia sollen sie an der Angel gefangen werden, in derselben Weise, welche uns schon Geßner beschreibt: »Ihre schöne reitzt die jungen Knaben in Creta, daß sie die mit Häwschrecken, als die Schwalben, fahen, also, daß sie an eine gekrümbte Glufen einen Häwschrecken stecken, und diese an einen Faden binden, den sie an einem ort in den Händen haben, am andern aber lassen sie den Häwschrecken fliegen: so denn dieser vogel ihn ersehen, verschluckt er den, vnnd wirdt also gefangen.«
Das Fleisch des Vogels ist, Geßners Meinung nach, keine gute Speise, wohl aber ein wirksames Arzneimittel: »Den Imbenfraß braucht man nicht zu der Speiß: dann sein Fleisch ist rauch, vndäwig, und böser feuchte, doch ist er dienstlich für die bösen Bläst im Leib. Seine Gall mit Baumöl auß vnzeitigen Oliven vermischt, macht das Haar sehr schwartz.«
Während man in früheren Jahren voreingenommenermaßen abstand, Bienenfresser überhaupt im Käfige zu halten, hat man neuerdings dies versucht und das überraschende Ergebnis gewonnen, daß sie im Gebauer besser ausdauern, als man dies für möglich erachten konnte. Sogar alt gefangene Bienenfresser gehen unter Umständen an das Futter, verlangen jedoch, daß man ihnen dasselbe reicht, welches sie in der Freiheit sich erbeuten, und weisen Ersatzfutter hartnäckig zurück. Ihre Gefräßigkeit übersteigt alle Vorstellungen. Sie fressen mehr als das doppelte ihres eigenen Gewichtes täglich, und ihre Ernährung ist daher auch ziemlich kostspielig. Jung eingefangene gewöhnen sich, obgleich sie anfänglich gestopft werden müssen, bald an Käfig und Stubenkost, werden zahm, befreunden sich mit dem Pfleger, begrüßen ihn, wenn er sich ihnen naht, nehmen ihm artig das Futter aus der Hand und bereiten dann viele Freude und Vergnügen. Unsere Abbildung ist nach gefangenen Bienenfressern gezeichnet worden, welche ich pflegte.
Unter den afrikanischen Arten der Familie verdient der Scharlachspint ( Merops nubicus, superbus und coeruleocephalus, Melittotheres nubicus) besondere Erwähnung, nicht weil man ihn zum Vertreter einer besonderen Gruppe, Sippe oder Untersippe ( Melittotheres) erhoben hat, sondern weil er ebensowohl durch seine Färbung wie durch Lebensweise sich auszeichnet. Die vorherrschende Färbung des Gefieders ist ein dunkles Scharlachroth, welches auf Schwingen und Schwanz düsterer, auf Kopf und Brust lichter wird; der Bürzel, die oberen und unteren Schwanzdeckfedern sind lebhaft türkisblau; die Unterkehle hat verwaschene, düster blaugrüne, ein breiter Streifen über dem Zügel bis zur Ohrgegend schwarze Färbung. Die Schwingen zeigen breite schwarze Spitzen, die ersten Handschwingen vor dem schwarzen Ende eine düster blaugrüne Binde, alle an der Wurzel der Innenfahne zimmetrostfarbene Säume. Das Auge ist, wie bei anderen Bienenfressern, tief scharlachroth, der Schnabel schwarz, der Fuß braungrau. Die Länge beträgt 34, die Fittiglänge 15, die Länge der beiden mittelsten Schwanzfedern 19, die der übrigen Steuerfedern 11,5 Centimeter.
Man hat den Scharlachspint in den verschiedensten Ländern der Ostküste Afrikas beobachtet, zuweilen sehr häufig, zuweilen nur einzeln. Ich habe ihn als einen Wander- oder Strichvogel im Ostsudân kennen gelernt. Er erscheint in den von mir bereisten Gegenden südlich des funfzehnten Grades nördlicher Breite mit Beginn der Regenzeit und verweilt hier bis gegen März, tritt jedoch nicht so regelmäßig auf wie in Habesch, Taka, Kordofân und längs des Weißen Nils. In Habesch traf ihn Heuglin, welcher bessere Gelegenheit hatte, ihn zu beobachten, als ich, als Bewohner aller wärmeren Gegenden, von den Tiefebenen an bis zu zweitausend Meter unbedingter Höhe empor, zuweilen in Flügen von tausend. Sein Wesen ist, wie genannter Beobachter mit Recht hervorhebt, womöglich noch lebhafter und lärmender als das der Verwandten, denen er übrigens in der Art und Weise zu fliegen wie in seinem ganzen Auftreten ähnelt. Während der heißesten Tageszeit sucht er Schutz auf Büschen und Bäumen und bedeckt dieselben dann oft im buchstäblichen Sinne des Wortes. Eine solche dicht gedrängte Schar gewährt einen wundervollen Anblick.
Die Brutzeit fällt in den Anfang der Sommerregen, in den Negerländern am Weißen Flusse schon in den März und April, im Ostsudân zwischen Juni und August. Man findet die Nistansiedelungen sowohl längs der Gewässer im Hochgestade als auf Lichtungen im Waldgürtel, ja selbst in der Steppe, hier jedoch nicht so dicht gedrängt und zuweilen nur solche, welche aus einigen Paaren bestehen. Der Vogel gräbt sich sehr tiefe, meist gerade Höhlen, welche je nach der Oertlichkeit wagerecht oder schief in die Erde führen. Der Brutkessel ist etwas erweitert und enthält auf einer lockeren Unterlage von dürren Grashalmen (?) drei bis fünf Eier von stumpf eiförmiger Gestalt, feiner, glatter Schale und rein weißer Färbung, welche infolge des durchschimmernden Dotters rosenroth erscheint. Hartmann versichert, in einer steilen, lehmigen Uferböschung oberhalb Senârs »viele, viele tausend solcher völlig unzugänglichen Nester« dieses Bienenfressers und ganze Wolken der Vögel gesehen zu haben, und ich wage nicht, dieser Angabe zu widersprechen, obgleich ich die gebrauchten Zahlen für etwas hoch gegriffen halte.
Nach vollendetem Brutgeschäfte scharen sich die Scharlachspinte wiederum in größere Flüge und streichen nordwärts bis zu dem sechszehnten Grad nördlicher Breite, namentlich über die weiten Steppen, welche ihnen reichliche Nahrung bieten. Am frühesten Morgen schon ertönt ihr lauter, etwas gurgelnder Ruf von den Büschen und Bäumen herab, wo sie Nachtruhe gehalten haben. Dann erhebt sich die ganze Gesellschaft, zieht eine Zeitlang hoch und lärmend umher, bis der Thau abgetrocknet ist, und begibt sich sodann auf die Kerbthierjagd in dürrem Hochgrase und längs der Gewässer. So lange der alle waldlosen Strecken des Sudân bedeckende Graswald noch reich an Kerbthieren ist, finden die Bienenfresser und mit ihnen viele andere Vögel mit Leichtigkeit ihr tägliches Brod; denn sie nähren sich dann fast ausschließlich von Heuschrecken. »Den Scharlachspint«, erzählt Heuglin noch, »sahen wir in Kordofân häufig auf Rindvieh, Eseln etc. sich niederlassen, ja sogar zuweilen auf gravitätisch im hohen Grase der Steppen wandelnden Störchen, von denen aus sie auf die Heuschrecken jagten, welche von ihren sonderbaren Reitthieren aufgeschreckt wurden. Sie verzehrten ihren Raub im Fluge und kehrten dann wieder nach ihrem alten Sitze zurück.« Ich erinnere mich nicht, dieses hübsche Schauspiel gesehen zu haben; übereinstimmend mit Hartmann aber habe ich beobachtet, daß die Purpurspinte Kerbthiere (wie Hartmann sagt, Larven) vom Boden aufnahmen, ja förmlich aus den durch Sonnenglut entstandenen Spalten des Erdreichs hervorzogen, und ebenso habe ich, wie Heuglin, gesehen, daß ein Steppenbrand neben den Lurche und Kerbthiere fressenden Falken auch diese Bienenfresser herbeizieht. Die brennende Steppe gewährt auch dem, welcher nicht auf das Leben der Thiere achtet, ein großartiges Schauspiel; dasselbe gewinnt aber für den Thierforscher noch einen besonderen Reiz. Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, muß ich hier von diesen Steppenbränden ausführlicher sprechen; denn gerade der Scharlachspint spielt dabei eine bedeutende Rolle.
Wenn die vernichtende Dürre bereits alles Pflanzenleben ertödtet und namentlich die während der Regenzeit paradiesische Steppe in eine traurige Einöde verwandelt hat, zündet der Nomade bei heftigem Winde den Graswald in geeigneter Richtung an. Augenblicklich fast und gewaltig greift das Feuer um sich. Mit der Schnelle des Sturmes selbst jagen die Flammen über die Ebene dahin. Meilenweit breitet das Feuermeer sich aus, eine Wolke von Qualm und Rauch oder dunkle Glut an das Himmelsgewölbe heftend. Mit stets sich vermehrender Gefräßigkeit verschlingt es die dürr gewordenen Gräser; gierig züngelt es selbst an den Bäumen empor, die blattdürren Schlingpflanzen, welche ihnen neue Nahrung geben, vernichtend. Nicht selten erreicht es den Urwald und verkohlt hier die Baumstämme, deren Laubdach es verwüstete; nicht selten kommt es an das Dorf heran und schleudert seine zündenden Pfeile auf die aus Stroh erbauten Hütten.
Wenn nun auch der Steppenbrand, ungeachtet der Menge des Brennstoffes und seiner leichten Entzündlichkeit, niemals zum Verderben der schnellfüßigen Thiere werden kann, erregt er doch die ganze Thierwelt aufs äußerste; denn er treibt alles Lebende, welches die hohen Gräser verdeckten, wenigstens in die Flucht und steigert diese zuweilen infolge seiner schnellen Verbreitung zur förmlichen Raserei. Alle Steppenthiere fliehen schreckerfüllt, wenn ihnen das Feuer sich nähert. Die Antilopen jagen mit dem Sturm um die Wette; Leoparden und andere Raubthiere mischen sich unter sie und vergessen der Feindschaft, des Würgens; unmuthig erhebt sich der Löwe, aufbrüllend vor Zorn oder Angst, dann flüchtet er sich mit den Flüchtenden. Alle Höhlenthiere bergen sich im sicheren Bau und lassen das Flammenmeer über sich wegfluten. Auch sie werden nicht von ihm erreicht; die Vernichtung gilt nur dem kriechenden und fliegenden Gewürme. Die Schlangen vermögen es nicht, dem eilenden Feuer sich zu entwinden, die Skorpione, Taranteln und Tausendfüßler werden sicher von ihm eingeholt. Aber nicht bloß die Flammen sind es, welche ihnen verderblich werden: denn gerade das Feuer lockt neue Feinde herbei. Scharenweise fliegen Raubvögel herbei, um laufend oder fliegend vor der Feuerlinie ihrer Jagd obzuliegen, und neben ihnen treiben auch Segler, insbesondere aber die Purpurspinte, ihr Wesen. Sie alle wissen es, daß ihnen die Glut des Brandes Beute auftreibt, und sie alle benutzen das günstige Ereignis auf das beste. Man erstaunt über die Kühnheit dieser Thiere und namentlich über den Muth der kleineren, gerade unserer Bienenfresser. Sie stürzen sich aus hoher Luft herab ohne Bedenken durch den dichtesten Rauch, streichen hart über den Spitzen der Flammenlinie dahin, erheben sich wieder, verzehren die erfaßte Beute und verschwinden von neuem in den Rauchwolken. Heuglin sagt, daß einer oder der andere gar nicht selten sich die Schwingen oder Steuerfedern versenge. Ich habe das nie gesehen, kann aber, ihm in gewissem Sinne beistimmend, versichern, daß die Vögel in äußerster Nähe über den Flammen selbst auf- und niederstreichen, und daß man sich jedesmal wundert, wenn man sie nach einer ihrer kühnen Schwenkungen wieder heil und unversehrt emporkommen sieht.
Australien beherbergt, so viel bis jetzt bekannt, nur einen einzigen Bienenfresser, den Schmuckspint ( Merops ornatus und melanurus, Philemon, Melittophagus und Cosmaërops ornatus).
Die Oberseite ist maiengrün; Oberkopf, Nacken und Schwingen sind rothbraun, Oberrücken und Bürzel türkisblau; die Unterseite beryllgrün, die Kehle hochgelb, von der Brust durch eine tiefe schwarze Binde getrennt, die Aftergegend blau, der Zügel sammetschwarz, unten himmelblau gesäumt. Die Länge beträgt ungefähr zwanzig, die Fittiglänge elf, die Schwanzlänge acht Centimeter.
Ueber die Lebensweise hat Gould berichtet. Er fand den Schmuckspint in Südaustralien und Neusüdwales. Hier und am Schwanenflusse ist er sehr gemein. Der Vogel bevorzugt offene, trockene und dünn bestandene Waldungen, sitzt fast ohne Ausnahme auf einem dürren, blätterlosen Zweige und jagt von hier aus nach Kerbthieren. Abends sammelt er sich an den Ufern der Flüsse zu Gesellschaften, welche Hunderte zählen. Sein Betragen hat so viel anziehendes, daß er in Australien allgemein beliebt ist. Die außerordentliche Schönheit seines Gefieders, die Zierlichkeit seiner Gestalt und die Anmuth seines Fluges machen ihn bemerkbar. Zudem erscheint er noch als Bote des Frühlings: in Neusüdwales kommt er im August an und verweilt bis zu Eintritt des Winters, welcher im März beginnt; dann wendet er sich dem Norden zu und durchschwärmt nun in großer Menge alle Gegenden Nordaustraliens, auch wohl die benachbarten Eilande, ja, einzelne Pärchen sollen hier sogar brüten. Das Brutgeschäft selbst unterscheidet sich nicht von dem anderer Arten.
In Indien wird die Familie nicht allein durch zahlreiche Verwandte der beschriebenen, sondern auch durch zwei Arten vertreten, welche so sehr von dem allgemeinen Gepräge abweichen, daß Cabanis aus ihnen eine eigene Unterfamilie gebildet hat. Die Nachtspinte ( Nyctiornithinae) kennzeichnen sich durch mittellangen, starken, gebogenen Schnabel, mittellange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, langen, fast gerade abgeschnittenen Schwanz und ziemlich reiches, weiches Gefieder, welches sich in der Hals- und Brustgegend zu eigenthümlichen steifen Federgebilden verlängert.
Der Nachtspint oder Sangrok der Inder ( Nyctiornis Athertoni und coeruleus, Merops Athertoni, Amherstiae, cyanogularis, paleazureus und assamensis, Napophila Athertoni und meropina, Bucia Athertoni und nipalensis, Alcemerops Athertoni) erreicht die Größe unserer Mandelkrähe; seine Länge beträgt siebenunddreißig, die Breite siebenundvierzig, die Fittiglänge vierzehn, die Schwanzlänge endlich sechzehn Centimeter. Die vorherrschende Färbung des Gefieders ist ein schönes dunkles Grasgrün, welches auf den unteren Schwanz- und Flügeldecken in einfarbiges Rostisabell, auf dem Hinterkopfe aber in ein zartes Meerblau übergeht. Einige sehr verlängerte breite Federn, welche in der Kehlgegend entspringen, sind dunkelblau, heller blau umrandet, die der Brust und übrigen Unterseite rostisabellgelb in die Länge gestreift. Breite Innenränder der Schwingen und Schwanzfedern und deshalb auch die Schwingen und Steuerfedern, von unten gesehen, haben rostig isabellgelbe Färbung. Die Iris ist tiefgelb, der Schnabel bleigrau, an der Spitze schwarz, der Fuß düstergrünlich.
Athertonsandte diesen Bienenfresser zuerst an den Naturforscher Jardine und berichtete, daß derselbe sich einzeln in den Bambuswäldern des Inneren von Indien finde und des Nachts sein Wesen treibe. Auf diese Angabe hin wurde der auffallende und, wie durch spätere Beobachtungen erwiesen, falsche Name gegeben. Jetzt wissen wir durch Hodgsons und Jerdons Forschungen, daß der Nachtspint die großen, luftigen Wälder Indiens, von der Tiefe an bis zu tausend Meter unbedingter Höhe aufwärts, bewohnt. Nach Hodgsons Angaben ist er nirgends häufig und ein einsamer Gesell, welcher die tiefsten Schatten des Waldes aufsucht und hier, ruhig auf einem hohen Baume sitzend, nach Beute ausschaut, dieselbe nach Art seiner Verwandten im Fluge fängt und wieder zu seinem Zweige zurückkehrt. Niemals verläßt er das Dunkel des Waldes, und diesem Aufenthalte entspricht auch sein ruhiges, stilles, um nicht zu sagen düsteres Wesen. Jerdon versichert, niemals einen Ton von ihm vernommen zu haben; Boys hingegen schreibt ihm eine eigenthümlich wilde Stimme zu. Seine Nahrung besteht aus Bienen und ihren Verwandten, von denen er namhafte Mengen wegfängt, außerdem aus Käfern und ähnlichem Gethier, wahrscheinlich also in allen Kerbthieren, welche seine Wälder durchfliegen und seinem nicht allzuweiten Schlunde genehm sind. Ueber seine Fortpflanzung ist etwas sicheres bis jetzt noch nicht bekannt. Die Eingeborenen behaupten, daß er in hohlen Bäumen niste.
Boys versichert, daß man dem Vogel nur mit Schwierigkeit nahen könne, wohl nicht weil er scheu und vorsichtig ist, sondern weil der Wald, welchen er sich zu seinem Aufenthalte wählt, auch von Raubthieren aller Art bewohnt wird. Es mögen diese Angaben die Seltenheit des Nachtspints in den verschiedenen Sammlungen erklären. Dagegen soll er laut Hodgson gelegentlich der Jagdzüge, welche die Rajahs veranstalten, nicht allzu selten lebend gefangen werden, weil der Lärm, welchen eine größere Anzahl von Jägern verursacht, ihm förmlich die Besinnung raubt und dem Fänger gestattet, so weit sich ihm zu nähern, daß er ihn mit der Hand ergreifen kann.
Auf diese wenigen Angaben beschränken sich die mir bekannten Mittheilungen über den ebenso schönen wie seltenen Vogel.