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Sechsundneunzigster Brief

 

Paris, Donnerstag, den 10. Januar 1833

... Ich wollte, ich wäre bei Ihnen, ich habe etwas Wichtiges mit Ihnen zu überlegen, etwas Gelehrtes, einen Punkt aus dem Staats- und Hausrechte. Ich kann aber ohne Sie nicht fertig werden. Hören Sie, was es betrifft. Im Jahre 1817 machte die französische Regierung den Entwurf zu einem Wahlgesetze für die Deputiertenkammer. Solche Wahlordnungen wurden natürlich im Interesse der Macht eingerichtet. Da nun die Freiheit, statt der Gesundheit gleich etwas Angebornes, Unbemerktes, Ungefühltes zu sein, stets etwas Erworbenes, Bestrittenes, kurz, ein ewiger Kampf ist und man dieses wie jedes Kampfes in den reifern Jahren teils müder, teils unkräftiger wird – sieht die Regierung überall darauf, daß die Bürger erst im höhern Alter zu Volksvertretern gewählt werden können. In jenem französischen Wahlgesetze war also bestimmt, daß ein unverheirateter Mensch erst mit dem vierzigsten Jahre, ein verheirateter mit dem fünfunddreißigsten und ein Witwer schon mit dem dreißigsten wählbar sei. Daß ein Ehemann früher erschöpft wird als ein lediger Mensch, begreift sich leicht: der Kampf für seine persönliche Freiheit läßt ihm wenige Tapferkeit zum Kriege für die öffentliche übrig. Warum aber ein Witwer schon im dreißigsten Jahre matt ist und fünf Jahre früher als ein Verheirateter, verstehe ich nicht, und darüber möchte ich Ihre Weisheit vernehmen. Wenn ich ein Wahlgesetz zu machen hätte – ich verfaßte es im Interesse der Freiheit –, würde ich festsetzen: daß ein lediger Mensch nicht mehr nach dem dreißigsten und ein verheirateter nicht mehr nach dem fünfundzwanzigsten Jahre Deputierter werden könnte. Doch was die Witwer beträfe, ließe ich sie lebenslänglich wählbar sein; denn ich würde annehmen: ein Witwer müsse das Herrliche und Köstliche der Freiheit so lebhaft fühlen, daß er noch im siebenzigsten Jahre ein Spartacus werden könnte. Was denken Sie davon?

 

Samstag, den 12. Januar

... Spricht man denn in Frankfurt auch von einem Kongresse, der nächsten Frühling dort gehalten werden soll und wozu beide Kaiser kommen? Es wäre schön. Das würde ja der deutschen Revolution eine Eisenbahn eröffnen.


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