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Neunundvierzigster Brief

 

Luneville, Mittwoch, den 21. September 1831

– Als ich mich Straßburg näherte, ward mir sehr bange vor Quarantäne und Douane. Es ist etwas Grünes und Gelbes, afrikanisch Schlangenartiges in diesen Worten. Ich zitterte vor dem gelben Hause auf der Rheininsel, das, wie ich hörte, zum Kontumazgefängnisse bestimmt ist und, wie uranfänglich zum Tempel der Langeweile bestimmt, verdrüßlich und schläfrig zwischen den Bäumen hervorsah. Es ging aber alles sehr gut und schnell vonstatten. Ich und meine Koffer wurden für gesund und loyal erklärt. Nicht einer wurde aufgemacht, sondern bloß etwas oberflächlich im Wagen nachgesehen. Das vorigemal, da ich mit einer Mietkutsche nach Straßburg kam, wurde mir alles durchstöbert. Der Douanier fragte mich, ob es mein eigener Wagen wäre, und als ich es bejahte, traute er mir. Als wenn nur reiche Leute ehrlich wären! O, ihr armen Seelen habt es doch gar zu schlimm! Wir Diebe, oder Enkel eurer Diebe, fürchten jede Stunde, ihr, von uns Bestohlenen oder Enkel der von uns Bestohlenen, möchtet einmal so klug werden, euer Eigentum zurückzufordern – welche diebische Gesinnung wir an euch sehr unmoralisch finden; und darum trauen wir euch nicht und passen sehr auf.

Ich verliere immer den Kopf, sooft ich mit einer Polizei oder Douane zu tun habe; denn mir ist sehr gut bekannt, daß mit einem Spitzbuben niemand größere Ähnlichkeit hat als ein ehrlicher Mann. Als mich der Zöllner fragte, ob ich nichts zu deklarieren hätte, antwortete ich: Rien que quelques paquets de tabac pour ma consommation. Darauf fragte er: Votre qualité? Ich verstand, er wollte die Qualität des Tabaks wissen, und erwiderte: Qualité ordinaire. Er hatte aber nach meinem Stande gefragt. Am Wachthause erkundigte sich der Torschreiber nach Neuigkeiten bei mir, und als ich von Polen zu erzählen anfing, lief er schnell zurück und holte einen Gendarmen und noch einen Herren aus der Wachstube. Letzterer, wahrscheinlich ein Polizeibeamter, forschte mich sehr gründlich nach Neuigkeiten über Polen aus. Ich berichtete Tröstliches, wofür er mir sehr artig dankte. Dieser Herr schien eigens an den Eingang der Stadt beordert worden zu sein, um die Reisenden, die von Deutschland kommen, auszufragen. Die Regierung mag große Unruhe haben. Auf meine Bemerkung über die Volksbewegung, welche die Geschichte von Warschau wahrscheinlich in Paris hervorbringen werde, gab mir der Polizeimann recht; doch lächelte er dabei.

In Straßburg sprach ich viele Deutsche und einige französische Patrioten. Sie haben bei zwölf Flaschen Wein sechs Fürsten weggejagt. Den König von Preußen wollte ich beibehalten, ward aber überstimmt. Höflich, wie Sie mich kennen, disputierte ich nicht lange. Mein Plan, den Prinzen von Koburg zum Könige von Deutschland zu machen, fand großen Beifall. Sie werden bald mehr davon hören.

Ich habe Glück mit dem Wetter. Gestern in Straßburg regnete es; ich brauchte es nicht besser. Heute aber ist einer der schönsten Tage, die ich diesen Sommer noch gesehen. Gestern abend führte mich *** [Berger] in das Kasino und dann in sein Haus zum Abendessen. Mein Kritiker, Professor *** [Willm], war auch unter den Gästen. In einem zweiten Artikel aus meinen Schriften sind Pariser Sachen übersetzt, unter andern die Erzählung vom Grève-Platz. Ganz vortrefflich. *** las daraus vor. Er fragte mich, was er ferner übersetzen sollte. Ich antwortete, die Wahl sei schwer, es sei alles schön.

Die Vorfälle in Paris werden Sie erfahren haben. Man zweifelt jetzt nicht mehr an der Abdankung des Ministeriums. Ob Frankreich in dieser Stunde ein Königreich ist oder eine Republik, das mag der Himmel wissen. Ich habe heute noch keine Zeitung gelesen.

– Ist Maria noch mutig und beharrlich? (In der Wasserkur.) Auf jeder Post begleite ich die Pferde an die Tränke und saufe mit ihnen gemeinschaftlich.


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