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»Kartoffel!« rief die Hagerose:
»Wie ungleich fielen uns're Loose!
Mein Bluhst erglühet goldenroth,
Dein Blüthenstrauß ist matt und todt;
Ich wiege hoch und freudig mich im Laub,
Du hauchest Gräberdüfte in den Staub –
Und dennoch wirst gepflegt, du wirst genährt.
Dein Bettchen wird mit Fleiß gekehrt.
Mich aber – o, dein Loos ist besser!
Verfolgt man rauh mit Hark' und Messer,
Und kaum – wie man doch andern Rosen thut
Steckt Einer mich auf seinen Hut.«
»Du neidest mich, Freund Hagedorn!«
Entgegnet die Kartoffelblüthe,
»Du trauerst ob der Menschen Zorn,
Ich freue mich nicht ihrer Güte.
Du lockst den Blick und stichst die Hand
Und darum will er dein nicht pflegen;
Mir ist sein Eifer zugewandt –
Ach Gott! nur – meiner Knollen wegen.«
*
Zum Obstwald einst die Pappel sprach:
»So strebt doch einmal meiner Höhe nach!
Mit euern Aesten dick und breit
Seid ihr ein Bild der Niedrigkeit!«
Ein Apfelbaum vergalt in scharfem Ton
Also der
leeren Pappel
leeren Hohn:
»Wir bieten hier in unsrer Niedrigkeit,
Mit unsern
vollen Aesten weit und breit
Dem Hunger Labung, Ruh dem Matten.
Du bist ein Bild der liebeleeren Zeit,
Hochragend ohne Frucht und Schatten.«
*
Um Mitternacht,
Zur Zeit der Füchse, Geister, Diebe.
Schlich fromm und sacht,
Den leeren Magen voller Menschenliebe,
Der Thiere Tartüff', Herr Reinecke,
Zum Hühnerhofe längs der Hecke.
Vom treuen Hunde festgepackt,
Fleht' er zerknirscht und fromm verzagt:
»Laß ab, laß ab! Der Himmel soll dich lohnen,
Wer seine Diener ehrt, wird sein Gericht einst schonen.«
Doch Mino sprach: »O Füchslein, du bist mein!
Mich blendet nicht dein Heuchelschein;
Wer Füchse nicht entbalgt zur rechten Zeit,
Bereut's in alle Ewigkeit!«n
*