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Ernst Much

Aufblick.

Hinauf, hinauf den Geistesblick gewendet!
Dort muß es sein, was deine Seele sucht,
Dort, wo der Erde Staub uns nimmer blendet,
Wo blöder Wahn nicht unserm Glücke flucht!
Dort wird des Lebens Irrsal einst geendet,
Und reif genießt der Mensch die Götterfrucht;
Was ihm hienieden nimmermehr gelungen –
Dort hält er's fest in ew'ger Kraft umschlungen.

O! zweifle nicht! es ist kein trüglich Wähnen,
Was dir im Traum durchschauerte die Brust;
Nein, eine Heimath finden deine Thränen,
Die sie verklärt zu überreicher Luft;
Nur fühlen kannst du hier, und gläubig sehnen,
Der Wahrheit wirst du drüben dir bewußt;
Dort lodert hell und ewig ihre Flamme;
Doch du erzieh' die Blüthe hier zum Stamme.

Auf! lebe, ringe, wage, dulde, sterbe!
Zum Kampfe tratest du in's Leben ein,
Doch wird dein Leiden der Vergött'rung Erbe,
Und Wahrheit prüft dich durch den muntern Schein.
Der Erde Güter sind nicht dein Gewerbe,
Die Ewigkeit lädt zum Besitz dich ein;
Einst, wenn gepilgert du von Ort zu Orte,
Eröffnet sie dem Müden ihre Pforte.

O Sonne! Königsthron des ewig Wahren,
O Sterne, seiner Schläfe Herrscherkranz!
O leitet mich zum Heiligen und Klaren,
Von fern nur zeigt ihn mir in seinem Glanz!
Erhaltet mir im Strome der Gefahren
Die tiefe Ahnung seiner Größe ganz;
Und wenn ich so sein Bild in mir gefunden,
Dann laßt mich von dem Erdenweh' gesunden.

*

Liebe.

Hast du gekostet die Lust der ersten, erwachenden Liebe,
O so verstehst du das Wort, das dir verkündet der Sang!
Lange flattert der Schmetterling mit lieblichem Leichtsinn
Jeglichem Beete wohl zu, wo sich ein Blümchen erhebt.
Fröhlich wiegt er sich auf des Mai's balsamischem Duftmeer,
Keinem der Kelche ergibt treu sich der flüchtige Dieb.
Und ihn ergötzt der Wonne Unendlichkeit, die er durchirret,
Stolzer in Helios Glut pranget der Fittiche Gold.
Aber nun nahet der Tag, da faßt ihn ein ernsteres Sehnen,
Unter den Kelchen erwählt bald er den Liebling sich aus.
Und ihm verstricket der Flügel sich im Dorne der Rose
Und die Lilie schließt freundlich den Busen ihm auf.
Treu nun kehrt er zurück zur Holden, die ihn gefangen,
Was er auch Süßes genippt, bringt er ihr zu von der Flur.
Also stehet der Jüngling auch am scheidenden Pfade,
Der aus des Knaben Gebraus schaffet den zarteren Drang.
Um ihn ist die Welt nun so eng, die unendlich ihn däuchte,
Andere Spiele ersinnt listig der freundliche Gott.
Stimmen der Wehmuth klingen ihn an aus verschleierter Ferne,
Und, zu Vertrauten erwählt, sprechen die Steine mit ihm.
Und sie leuchten hinein in seines Busens Gewoge,
Singen zu seinem Lied, lispeln die Klage ihm nach.
Sieh' wie beugt sich der Stolz, der Alles zermalmende, wilde,
Unter der Liebe Gesetz, unter der Anmuth Gewalt!
Thränen voll Leben und heißen Gefühls und höchsten Entzückens
Drängen, wie Ebbe und Fluth, wechselnd die pochende Brust.
An das Ufer wallt er hinab, und einsam erhebt sich
Zu dem Rauschen der Fluth manch ein begeistertes Lied.
Fern wie das Ufer, so wähnt er das Ziel, nach dem er sich mühet.
Aber wie Flötengetön ruft's ihn an's seelige Land.
Hoffe, hoffe mein Herz, nicht grausam fürwahr ist die Liebe,
Aber die Götter sie sind feindlich der Liebenden Bund.
Jedes Herrliche muß im heißen Streit sich erringen,
Aber die Liebe sie ist stärker denn Göttergewalt.

*


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