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Vierhundertunddreiundneunzigste Nacht.

Geschichte der Alifa, Tochter des Myrdschyhan, Sultans von Hind, und des Jussuf, Sohnes des Sohul, Sultans von Sind.

»Myr-dschyhan (der Fürst der Welt), Sultan von Hind, war zu einem hohen Alter gelangt, ohne Kinder zu bekommen. Oft dachte er mit Betrübnis daran, daß sein Reich an eine andere Familie gelangen sollte. Als er eines Abends diesem traurigen Gedanken nachhing und darüber entschlummerte, weckte ihn eine Stimme, die da rief: »Sultan, steh auf! Besuche diese Nacht dein Weib, und sie wird empfangen. Wenn sie einen Sohn zur Welt bringt, so wird er den Ruhm deines Hauses mehren; kommt sie jedoch mit einer Tochter nieder, so wird sie viel Kummer und Unglück verursachen.« Der Sultan gehorchte dem Befehle dieser Stimme, und zur rechten Zeit gebar die Sultanin eine Tochter zum großen Leidwesen der Eltern, die das Kind gewiß umgebracht hätten, wenn sein Lächeln ihre Wut nicht besänftigt hätte. Das Mädchen wurde in der größten Heimlichkeit erzogen und, als es zwölf Jahre alt war, auf ein festes Schloß in der Mitte eines tiefen Sees gebracht mit der Hoffnung, durch diese Einsperrung die Erfüllung der sie betreffenden Weissagung zu verhindern. Nichts konnte die Pracht ihres Aufenthaltes übertreffen, wo sie bloß von Frauen umgeben war und kein Mann die Erlaubnis erhielt, auch nur bis an das Ufer des Sees zu kommen, ausgenommen, wenn Vorräte für die schönen Bewohnerinnen anlangten, die sodann in ihren Zimmern bleiben mußten. Die Bewachung des Schloßtores war einer alten Frau, der Amme der Prinzessin, anvertraut.

Drei Jahre lebte die schöne Alifa in ihrem glänzenden Gefängnisse glücklich: aber die Vorherbestimmung des Geschicks war unwiderruflich und machte die sorgfältige Vorsicht des Sultans Myr-dschyhan zuschanden.

Jussuf, ein junger und liebenswürdiger, aber sehr lockerer Prinz, hatte seinen Vater erzürnt, entfloh von seinem Hofe und erreichte mit wenigen Begleitern die Ufer des Sees. Neugierig, zu wissen, wer das Schloß in der Mitte des Sees bewohne, schwamm er hinüber und landete an dem Tore, welches er verschlossen fand, und vor welchem er auf sein lautes Rufen um Einlaß keine Antwort erhielt. Er schrieb sodann einen Zettel, flehte um Mitleid für einen hilflosen Fremden und schoß das an einen Pfeil befestigte Papier über die Mauer. Zu seinem Glücke fiel der Pfeil gerade der Prinzessin, die eben in einem der Schloßhöfe spazieren ging, vor die Füße. Sie beredete ihre Amme, das Tor zu öffnen, und verliebte sich, den Prinzen erblickend, ebenso heftig in ihn, als er sich in sie verliebte. Er wurde eingelassen, mit Achtung aufgenommen, und bald fanden zwischen den Liebenden die zärtlichsten Zusammenkünfte statt. Freude und Wonne herrschten im Schlosse, während die Begleiter des Prinzen am Ufer des Sees seine Rückkehr erwarteten.

Nach einiger Zeit sandte nun Sultan Sohul, der sich mit seinem Sohne zu versöhnen wünschte und erfahren hatte, welches Weges er gezogen war, seinen Neffen Yiah an ihn ab, um ihm seine Verzeihung anzukündigen und ihn zur Rückreise nach Sind aufzufordern. Als Yiah an die Ufer des Sees kam, erfuhr er von Jussufs Begleitern, daß dieser in das Schloß eingelassen worden sei und sie seitdem nichts von ihm gehört hätten. Hierauf befestigte Yiah an einen Pfeil einen Zettel, auf welchen er das Nötige von des Sultans Vergebung und von seinem Wunsche, den Prinzen zu sehen, schrieb. Der in das Schloß geschossene Pfeil fiel in den Garten, in welchem Jussuf und Alifa eben lustwandelten. Als der Prinz den Zettel gelesen hatte, freute er sich so sehr über die Vergebung seines Vaters, daß er heimzureisen und seinen Eltern Dank zu sagen und künftig Gehorsam zu leisten beschloß. Er teilte der Prinzessin dieses Vorhaben mit, welches sie sehr betrübte; er tröstete sie jedoch durch Versicherungen seiner baldigen Rückkehr und versicherte sie, daß nichts als kindliche Liebe ihn ihr auch nur einen Augenblick entziehen könnte. Sie bat ihn nun inständig, sie doch mitzunehmen; aber Jussuf stellte ihr vor, wie solch ein Schritt nur ihrem Rufe schaden und ihren Vater erzürnen könnte, der dann unstreitig in das Königreich Sind mit seinem mächtigen Heere einfallen und daß sie auf solche Weise unnötiges Blutvergießen veranlassen würde. Wenn sie es im Gegenteile geduldig abwarteten, so würde Sultan Myr-dschyhan leicht bewogen werden, in ihre Verbindung zu willigen. Er wollte sie inzwischen oft besuchen, und ihre Zusammenkünfte würden durch die Treue ihrer Liebe geheim bleiben.

Alifa war, obgleich widerwillig, genötigt, die Richtigkeit dessen, was er sagte, anzuerkennen, und ergab sich in seine Abreise, bat ihn aber, als diese vor sich ging, unter tausend Tränen und Umarmungen, nicht lange abwesend zu bleiben. Er versprach es, und zwar mit aufrichtiger Gesinnung, denn er liebte wahrhaft und folgte nur mit Mühe dem Rufe der Pflicht.

Jussuf schwamm, seinen Bogen und Köcher über seinen Kopf haltend, zum zweiten Male über den See und zu seinen Gefährten, die sich seiner Ankunft freuten. Sein Vetter Yiah empfing ihn auf das liebreichste und berichtete ihm alles seit seiner Abreise vom Hofe Vorgefallene, worauf ihm der Prinz sein Liebesabenteuer mit der schönen Alifa erzählte, ihn jedoch bat, verschwiegen zu sein, so wie er auch allen Leuten ihres beiderseitigen Gefolges bei seiner Ungnade Verschwiegenheit in Betreff seines Aufenthaltes im Schlosse befahl. Die Prinzen reisten nun nach Sind, wo sie glücklich anlangten.

Jussuf wurde mit der rührendsten Güte von seinem Vater aufgenommen, der seine Rückkehr durch prächtige Feste feierte. Sein Einzug in der Hauptstadt war ein wahrer Triumphzug, der ganze Hof zog ihm in vollem Pomp entgegen, und aller Augen füllten sich mit Tränen der Rührung, als sie sahen, wie der Sultan seinen reuigen und vielgeliebten Sohn in seine Arme drückte. Der Monarch und die Prinzen zogen ein unter dem lauten Jubelrufe des Volkes, welchem man Gold und Silber im Überfluß austeilte. Noch rührender war die Zusammenkunft Jussufs mit seiner Mutter, deren Herz seit seiner Abreise voll der tiefsten Betrübnis war, und die nun vor Freude des Wiedersehens beinahe gestorben wäre.

Auch die Frauen Jussufs (er hatte deren dreiundvierzig) waren über seine Rückkehr voll Freude und wetteiferten, ihm diese Freude zu bezeigen. So herrschte nichts als Lust und Wonne in dem Palaste, nicht aber in dem Herzen Jussufs, der bei aller Freude, seiner Familie wiedergegeben zu sein, doch nach seiner geliebten Alifa eine heftige Sehnsucht empfand, welche ihn gegen die Liebkosungen seiner Frauen unempfindlich machte, so daß er keine zu sich rufen ließ, sondern, wenn er sich abends in sein Zimmer begab, dort allein blieb und die Nacht in Gedanken an seine Geliebte verbrachte.

Nachdem Jussuf seiner Pflicht einige ihm endlos scheinende Tage geopfert hatte, vermochte er es nicht länger, seine Ungeduld zu bezähmen, bestieg sein Lieblingsroß, ließ einen treuen Sklaven namens Hallal hinter sich sitzen, verließ in der Nacht den Palast des Vaters und jagte mit Windesschnelle an das Ufer des Sees. Dort angelangt, versteckte er Sattel und Zaum seines Pferdes im Gebüsch und gelangte nebst seinem Sklaven auf dem Rosse glücklich über den See. Die Freude der Prinzessin, ihren Geliebten wiederzusehen, war grenzenlos, die seine nicht geringer.

Ein Monat war schon vergangen, und Jussuf dachte noch gar nicht daran, seine reizende Genossin zu verlassen. Endlich, am dreißigsten Tage, erblickten Jussuf und Alifa, die auf der Terrasse des Palastes saßen und sich an der schönen Aussicht ergötzten, ein Boot, welches sich dem Schlosse näherte. Die Prinzessin erkannte es bald als ein ihrem Vater, dem Sultan Myr-dschyhan, gehöriges und bat ihren Geliebten, sich zu entfernen, während sie die im Boote befindlichen Personen empfinge. Jussuf begab sich nun in ein Zimmer, dessen Fenster auf den See gingen. Durch die Gitter konnte er sehen, was am Ufer vorging: und wie groß war sein Erstaunen und sein Unwillen, als er einen jungen Mann aus dem Boote steigen und der Prinzessin in die Arme stürzen sah. Sie schien diese Umarmung mit Entzücken zu erwidern, und unter zärtlichen Liebkosungen gingen beide in den Palast.

 

Vierhundertundvierundneunzigste Nacht.

Ohne daran zu denken, daß sein vermeintlicher Nebenbuhler ein naher Verwandter der Prinzessin sein könne, ließ Jussuf sich von seiner Eifersucht so übermannen, daß er eine so treulose Geliebte auf immer zu verlassen beschloß. Nachdem er ihr einen Brief geschrieben, in welchem er ihr ihre Falschheit und Untreue vorwarf und ihr Lebewohl sagte, gab er ihn einer Dienerin zur Bestellung und bestieg mit seinem getreuen Hallal sein Roß, welches sie durch den See trug. Er warf noch einen wehmütigen Blick auf den Aufenthalt, in welchem er noch vor so kurzer Zeit so viel Freude genossen hatte, und eilte in seine Heimat, wo er von seinem Vater und seiner ganzen Familie wieder auf das freudigste aufgenommen wurde. Um die Reize der treulosen Alifa zu vergessen, überließ er sich nun mit seinen unlängst verschmähten Frauen, welche wieder um seine Gunst wetteiferten, der Lust und Freude.

Die nichts Schlimmes ahnende Alifa war voll Freuden über den Besuch ihres Vetters Sohul, dem sie tausend Fragen vorlegte, und von dem sie sich Neuigkeiten von ihres Vaters Hof erzählen ließ, als man ihr das Schreiben Jussufs brachte. Sie ging in ihr Zimmer, las, betrübte sich sehr, faßte sich jedoch bald wieder in dem Bewußtsein ihrer Unschuld und in dem Vertrauen, daß sich ihr Geliebter von seinem Irrtum überzeugen und dann zu ihr zurückkehren würde. Sie verbarg ihrem Vetter ihren Kummer und behandelte ihn mit so liebenswürdiger Freundlichkeit, als wäre sie noch so glücklich. Er nahm nach Verlauf einiger Tage Abschied von ihr, um in das Königreich des Sultans Myr-dschyhan zurückzukehren, und ließ ihr seinen getreuen Verschnittenen Ali-ben-Ibrahim zurück. Sobald der Prinz Sohul fort war, suchte Alifa den jungen Verschnittenen, dessen Herzensgüte sie bemerkt hatte, für sich zu gewinnen. Auch erbot er sich, als sie ihm das zwischen ihr und ihrem Gatten Vorgefallene anvertraute, von freien Stücken, den Mittler zu machen, und reiste mit einem Briefe der Prinzessin an Jussuf ab. Nachdem er den See durchschwommen hatte, eilte er ohne Aufenthalt nach der Hauptstadt von Sind.

Dort erbat er sich bei dem Prinzen Jussuf geheimes Gehör, welches ihm auch sogleich gewährt wurde, und in welchem er dem Prinzen Alifas Brief übergab. Dieser, dessen Zorn sich schon früher gelegt und der die Schmerzen der Trennung schon empfunden hatte, geriet nun nach Lesung des Briefes vor Freuden außer sich, hörte mit innigem Vergnügen, was Ali-ben-Ibrahim ihm erzählte, und versicherte ihn, daß er nun von ihrer Treue vollkommen überzeugt wäre, seinen Verdacht und seine schnelle Abreise von Herzen bereute und in der nächsten Nacht wieder zu der Geliebten reisen wollte, bis zu welcher Zeit er sich ausruhen sollte. Dieser wurde nun auf Befehl des Prinzen in eines der prächtigsten Zimmer des Palastes geführt und von den Hofbedienten ehrfurchtsvoll bedient. In der folgenden Nacht ließ Jussuf alles zur Abreise Nötige von seinem getreuen Hallal besorgen und machte sich dann mit diesem und dem Verschnittenen auf den Weg. In wenigen Tagen erreichten sie das Ufer des Sees, schwammen hinüber und kamen zur größten Freude der nun wieder glücklichen Alifa im Schlosse an. Die Erinnerung an die vergangenen Leiden vermehrte noch die Entzückungen der Gegenwart, und die Liebenden waren wo möglich noch zufriedener miteinander als vor ihrer Trennung. Der treue Ali-ben-Ibrahim wurde mit einem aus kostbaren Edelsteinen bestehenden Geschenk entlassen und kehrte, da die für seinen Aufenthalt im Schlosse bestimmte Zeit vorüber war, an den Hof Myr-dschyhans zurück.

Bei seiner Ankunft nahm ihn der Sultan, begierig, Nachrichten von seiner Tochter zu erhalten, in sein Kabinett, und während er den Verschnittenen um dieses und jenes befragte, fiel diesem durch einen unglücklichen Zufall der Turban vom Kopf, und aus diesem rollten die zum Geschenk erhaltenen Edelsteine und ein Heft heraus, in welchem er die Liebesabenteuer Jussufs und seiner Geliebten zu seiner Ergötzung beschrieben hatte. Der Sultan kannte einen Teil der Juwelen und griff nach dem auf die Erde gefallenen Heft, um es zu lesen. Er geriet in die heftigste Wut, als er nun las, wie alle seine Vorsichtsmaßregeln gegen die Vorherbestimmung des Geschicks vergeblich gewesen wären, und wie die Prinzessin verführt und sein Haus entehrt wäre. Mit furchtbarer Strenge fragte er den zitternden Ali, ob Jussuf noch bei seiner Tochter wäre, und nach erfolgter Bejahung befahl er sogleich, daß alles zu seiner Abreise bereitet würde, und daß das Heer aufbrechen sollte, um sich an den Ufern des Sees zu lagern. Der unglückliche Verschnittene wurde fast totgeprügelt und dann, mit Ketten belastet, in einen Kerker geworfen; aber er blieb den treuen Liebenden getreu und bestach durch ein reiches Geschenk den Kerkermeister, daß er ihm erlaubte, durch einen sichern Boten an die Prinzessin ein Schreiben zu senden, worin er sie von dem vorgefallenen Unglück in der Hoffnung, daß sie mit Jussuf in dessen Vaterland werde entfliehen können, benachrichtigte. Zum Glücke der Liebenden erhielten sie diese Nachricht am nächsten Morgen. Sie berieten sich, was für Maßregeln sie ergreifen sollten, und kamen überein, daß nur Jussuf und Hallal nach Sind zurückkehren sollten, die Prinzessin aber, außerstande, die Beschwerden einer solchen Reise zu ertragen, sollte im Schlosse bleiben, und die Sklaven sollten dem Sultan bei seiner Ankunft sagen, sie wäre mit ihrem Geliebten auf und davon, worauf er denn unstreitig entweder heimkehren oder mit seinem Heere den Prinzen verfolgen würde, der jedoch auf seinem schnellen Rosse nicht eingeholt werden könnte. Noch wurde festgesetzt, daß Jussuf nach seiner Heimkehr eine Gesandtschaft an Myr-dschyhan schicken sollte, um diesem seine Heirat mit seiner Tochter zu melden und ihn um Verzeihung und um die Erlaubnis zu bitten, ihm als Schwiegersohn huldigen zu dürfen. So trennten sich nun die Geliebten; aber alle ihre Entwürfe wurden durch die Macht des unabänderliches Geschickes zuschanden gemacht.

Myr-dschyhan kam einige Stunden nach Jussufs Abreise auf dem Schlosse an und hörte von den Dienerinnen der Prinzessin, daß diese mit dem Prinzen entflohen wäre, worauf der erzürnte Sultan, ohne erst den Palast zu durchsuchen, zu seinen an den Ufern des Sees lagernden Truppen eilte und mit einem zahlreichen Heere den Prinzen von Sind verfolgte, der jedoch seine Hauptstadt sicher erreichte. Nachdem er dem Sultan, seinem Vater, seine Liebesabenteuer erzählt hatte, billigte dieser seine Verbindung mit der schönen Alifa und schickte eine Gesandtschaft an Myr-dschyhan, der zu dieser Zeit schon das Sindische Land, welches ihm keine Truppen entgegenstellte, mit Feuer und Schwert verheerte. Er empfing die Gesandtschaft mit stolzem Übermute, befahl ihr, zu ihrem Herrn zurückzukehren und ihm zu sagen, daß er die Verführung seiner Tochter nie vergessen würde und einen feierlichen Eid geschworen hätte, das Königreich Sind zu verheeren, die Hauptstadt zu schleifen und seine Augen durch das Blut des Sultans und seines Sohnes zu weiden. Nach Empfange dieser übermütigen Antwort blieb dem Sultan und seinem Sohne nichts übrig, als sich einem so halsstarrigen Feinde zu widersetzen. Sie sammelten ihre Truppen, bei welchen sie sehr beliebt waren, und zogen dem Feind entgegen, den sie in einer Schlacht besiegten, in welcher Myr-dschyhan fiel. – Es ist unmöglich, den Bestimmungen des Himmels zu entgehen. Von Gott kommen wir, und zu Gott müssen wir zurückkehren. –

Jussuf behandelte nach der Schlacht die Besiegten mit der größten Menschlichkeit. Er ließ den Leichnam des Sultans einbalsamieren und auf einer prächtigen Bahre unter großer Begleitung in die Hauptstadt seines Königreichs bringen und dort in dem Begräbnisse seiner Vorfahren mit geziemendem Pompe beisetzen. Zugleich schickte Jussuf Briefe an die Mutter der Alifa, worin er das Schicksal des Myr-dschyhan beklagte, dem er wider seinen Willen eine Schlacht hätte liefern müssen, und worin er seine heiße Liebe zu ihrer Tochter zu erkennen gab, mit welcher er sich zu verbinden und die Mutter zu trösten lebhaft wünschte.

Die Sultanin, welche befürchtet hatte, der Sieger würde in ihr Land fallen und die Hauptstadt belagern, fühlte sich durch ein so entgegengesetztes Betragen in ihrem Kummer sehr erleichtert und gab ihre Einwilligung zu einer Verbindung zwischen Jussuf und Alifa. Der Prinz von Sind holte mit einem zahlreichen Gefolge die Prinzessin von dem Schlosse nach der Hauptstadt von Sind, woselbst nach verflossener Trauerzeit die Hochzeit mit großem Gepränge gefeiert und der Prinz zur allgemeinen Zufriedenheit der Bewohner des Landes zum Herrn desselben erklärt wurde.

Seine nächste Sorge war, den Kalifen Mamun, der gerade damals Beherrscher der Gläubigen in Bagdad war, von allem Vorgefallenen zu benachrichtigen. Sein Schreiben war von großen Geschenken begleitet, welche nicht nur aus Geld und vielen Seltenheiten der Länder Hind und Sind, sondern auch aus zehn Sklavinnen bestanden, die trefflich sangen, tanzten und dichteten. Sie sagten dem Kalifen Verse vor, in denen der Wunsch, nach ihrer Heimat zurückzukehren, so lebhaft ausgedrückt war, daß Mamun, so sehr auch ihre Schönheit und ihr Geist ihn ergötzten, sein eigenes Vergnügen ihren Empfindungen aufopferte und sie dem Jussuf mit einem Beamten zurücksandte, der zugleich das Edikt mitbrachte, durch welches Jussuf im Besitz seines neuerworbenen Landes bestätigt wurde. Lange lebten Jussuf und Alifa, umgeben von einer zahlreichen Nachkommenschaft und von ihren glücklichen Untertanen geliebt.«

 


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