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Es lebten vormals in der Stadt Damaskus zwei Brüder, der eine arm und der andere reich. Der erstere hatte einen Sohn und der letztere eine Tochter. Als nun der Arme starb, hinterließ er seinen eben zum Jünglinge heranreifenden Sohn unter dem Schutze seines reichen Oheims, der mit väterlicher Sorgfalt sich des jungen Menschen annahm, bis dieser, der mit seiner Muhme ein Liebesverständnis hatte, sie zur Ehe verlangte, was der Vater verweigerte, der ihn aus dem Hause trieb. Das junge, ihn glühend liebende Mädchen gab jedoch ihre Zustimmung zu gemeinschaftlicher Flucht, und nachdem sie in einer Nacht aus der Wohnung ihres Vaters entschlüpft war, begab sie sich zu dem Gegenstande ihrer Liebe, der zwei Pferde und ein Maultier zur Fortbringung ihres Gepäckes bereithielt. Sie reisten die ganze Nacht hindurch und erreichten am Morgen einen Seehafen, woselbst sie ein segelfertiges Schiff fanden, in welches sich die junge Schöne begab, während der Liebhaber jedoch am Ufer blieb, um die Pferde und das Maultier zu verkaufen. Während er nun auf dem Markte einen Käufer suchte, erhob sich ein günstiger Wind, und der Schiffspatron ließ die Anker lichten, die Segel aufspannen und fuhr von dannen, ohne auf die Bitten des Mädchens, deren Schönheit ihn bezaubert hatte, zu achten, die ihn bat, er möchte doch die Rückkehr ihres Geliebten abwarten oder sie ans Ufer senden. Da sie sich nun so gefangen sah, so nahm sie, die ein starkmütiges Weib war, anstatt sich in nutzlosen Klagen zu erschöpfen, ein vergnügtes Wesen an, ließ sich die Artigkeit des verräterischen Patrons mit anscheinender Nachgiebigkeit gefallen und gab ihre Einwilligung, ihm in dem ersten Hafen, in welchen sie gelangen würden, ihre Hand zu reichen. Bei dieser Versicherung beruhigte er sich und benahm sich gegen sie mit anständiger Ehrerbietung und liebevoller Hochachtung. Endlich ging das Schiff in der Nähe einer Stadt vor Anker, in welche sich der Schiffshauptmann begab, um Vorbereitungen zu seiner Hochzeit zu machen; aber das Fräulein redete, während er am Ufer war, die Schiffsmannschaft an, setzte ihr sein verräterisches Betragen gegen sie so kräftig auseinander und versprach so reichlichen Lohn, wenn man sie zu ihrem Geliebten in den Hafen, von welchem sie herkamen, zurückführen wollte, daß die wackeren Matrosen zu ihren Gunsten bewegt wurden, die Segel aufspannten und ihren Herrn sich selbst überließen. Nach einigen Tagen günstigen Wetters erhob sich ein scharfer entgegenwehender Wind, der das Schiff weit aus dem rechten Wege trieb und es nötigte, in den ersten besten Hafen einzulaufen, der zu der großen Hauptstadt eines mächtigen Sultans gehörte, dessen Beamte an Bord kamen, um das Schiff zu untersuchen und nach seiner Ladung und Bestimmung zu fragen. Da sie nun mit großem Erstaunen fanden, daß eine Frau von ausgezeichneter Schönheit es befehligte, so benachrichtigten sie den Sultan von ihren Reizen, der sie nun zu besitzen wünschte und ihr einen Heiratsantrag machen ließ, in den sie scheinbar einwilligte, worauf der Sultan die glänzendsten Vorbereitungen zu dem Hochzeitsfeste anordnete. Als alles in Bereitschaft war, sandte er die Tochter seines Wesirs mit anderen Frauen, neununddreißig an der Zahl, prächtig gekleidet, ab, um der Braut aufzuwarten und sie ans Ufer zu begleiten. Sie wurden von dem listigen Fräulein gnädig empfangen und eingeladen, sich in der großen Kajüte zu erfrischen, welche sie mit köstlichen Teppichen geziert hatte, und wo sie einen prächtigen Imbiß auftragen ließ, zu welchem man sich niedersetzte. Sie schickte hierauf die Boote fort, in welchen sie gekommen waren, und ließ dem Sultan sagen, sie würde die Frauen bis zum nächsten Morgen an Bord behalten und dann mit ihnen ans Land kommen, um ihre Hochzeit zu feiern. Sie benahm sich gegen ihre Gäste mit so einnehmender Freundlichkeit, daß sie alle einstimmig ihre künftige Sultanin bewunderten und an dem Imbisse mit dem größten Vergnügen teilnahmen. Wie groß war jedoch ihr Erstaunen, als sie mitten in der Nacht die Anker zu lichten befahl und die Warnung aussprach, bei Todesstrafe stillzuschweigen und im Hafen keinen Lärm zu erregen. So stach nun das Schiff ungehindert in See, worauf denn die unerschrockene Befehlshaberin die erschrockenen Frauen tröstete, ihnen ihre eignen Abenteuer erzählte und sie versicherte, daß sie, sobald sie nur wieder bei ihrem Geliebten wäre, wenn sie es wünschten, sicher wieder in ihre Heimat gelangen sollten. Ihr freundliches Benehmen gewann ihr nach und nach so sehr die Herzen ihrer Begleiterinnen, daß sie ihrer Sorgen vergaßen, mit ihrer Lage zufrieden waren und sich in kurzem so an ihre Gebieterin ketteten, daß sie diese, wenn es in ihrer Macht gestanden, nie verlassen hätten. Nach der Fahrt von einigen Wochen war es nötig, auf die erste Küste, die sich darbot, loszusteuern, um Mundvorrat und frisches Wasser einzunehmen. Als man nun Land erblickte, nahte man sich demselben, das Schiff ging vor Anker, und die Frau ging mit ihren Gefährtinnen ans Ufer. Hier wurden sie von Räubern umgeben, welche sie mit Gefangenschaft und ihrer lüsternen Begier bedrohten, worauf das heroische Fräulein, welches ihre Freundinnen bat, ihre Furcht zu verbergen, eine lächelnde Miene annahm und zu dem Anführer der Banditen sagte, Gewalt wäre ganz unnütz, denn sie und ihre Begleiterinnen wären bereit, ihre Liebe zu teilen, da sie sich über die Vorurteile ihres Geschlechts wegsetzten und sich dem Vergnügen geweiht hätten, welchem zuliebe sie von einer Küste zur andern segelten, und nun, so lange sie wünschten, bei ihnen bleiben wollten. Da diese Erklärung den sittenlosen Räubern ganz willkommen war, so legten sie ihre stolzen Blicke und ihre Waffen ab und brachten alle Arten von Vorrat im Überflusse herbei, um ihre Schönen zu bewirten, mit denen sie sich nun zu einem köstlichen Mahle niedersetzten, welches noch durch einen Vorrat von Wein, den das Fräulein in Booten aus ihrem Schiffe bringen ließ, verherrlicht wurde. Freude und Fröhlichkeit herrschten, und die Räuber fingen an, nach Liebesgenuß ungeduldig zu werden, als der Dunst des Weines, in welchen das kluge Fräulein starke Opiate getan, plötzlich auf die Sinne der Lüsternen wirkte und sie alle betäubt niedersanken. Sie zog hierauf mit ihren Gefährtinnen die Säbel ihrer viehischen Bewunderer, und sie töteten sie alle bis auf den Anführer, dem sie Hände und Füße mit starken Stricken banden und, nachdem sie ihm seinen ganzen Bart abgeschnitten hatten, seinen Säbel um den Hals banden, damit er beim Erwachen und beim Anblicke seiner erschlagenen Gesellen eine Qual ärger als die des Todes und ein schmerzliches Bedauern über das verlorene Glück empfinden sollte. Die Frauen nahmen nun aus den Höhlen der Räuber den Reichtum des dort aufgehäuften Raubes, trugen ihn nebst einem Vorrate von Lebensmitteln und Wasser in ihre Boote, kehrten in ihr Schiff zurück, lichteten die Anker und segelten freudig und triumphierend von einer so gefährlichen Küste. Nach der Fahrt von einigen Wochen entdeckten sie wieder Land und einen geräumigen Hafen, den eine weitläufige und prächtige Stadt umgab. Das unternehmende Fräulein ging vor Anker, zog nebst ihren Gefährtinnen prächtige männliche Kleider an, und so fuhren sie, von reichgekleideten Matrosen gerudert, ans Ufer. Als sie gelandet waren, fanden sie alle Bewohner der Stadt in Trauer und wehmutsvoller Klage über ihren Sultan, der einige Tage zuvor gestorben war. Die Erscheinung eines von so glänzender Begleitung umgebenen Prinzen erregte großes Erstaunen, und man benachrichtigte sogleich den Wesir davon, der bis zur Erwählung eines neuen Monarchen, welche eben stattfinden sollte, die Regentschaft führte. Der Minister glaubte in dieser Ankunft ein Werk des Geschicks zu sehen, machte sogleich dem vermeintlichen Prinzen seine Aufwartung und lud ihn ein, bei der Wahl gegenwärtig zu sein, indem er ihm zugleich erzählte, daß, wenn in diesem Königreich ein Sultan ohne Nachkommenschaft stürbe, nach den Landesgesetzen die Wahl eines neuen Fürsten auf denjenigen unter der vor dem Palast versammelten Menge fiele, auf dessen Schultern sich ein Vogel setzte, den man fliegen ließe. Der scheinbare Prinz nahm die Einladung an und wurde mit den verkleideten Frauen in einen prächtigen, von allen Seiten offenen Pavillon geführt, um die Feierlichkeit zu sehen. Als nun der Schicksalsvogel von seiner Kette losgelassen wurde, schwang er sich hoch in die Luft und flog dann, nach und nach herabschwebend, eine Weile auf dem Platze hin und her. Endlich flog er in den Pavillon, woselbst das Fräulein und ihre Gefährtinnen saßen, flatterte um ihren Kopf und setzte sich zuletzt auf ihre Schulter, indem er zugleich einen Freudenschrei ausstieß, seinen Hals ausstreckte und mit den Flügeln schlug. Sogleich verneigten sich der Wesir und die Hofleute bis auf den Boden, und die versammelte Menge warf sich zur Erde, laut ausrufend: »Lange lebe unser ruhmvoller Sultan, der von der Vorsehung und dem Geschick erwählte!« Das verkleidete Fräulein wurde augenblicklich in den Palast geführt, auf einen prächtigen Thron gesetzt und unter dem Zurufe des Volkes zum Herrscher eines großen Reiches erklärt. Auch waren ihre Fähigkeiten wirklich ihrem hohen Berufe gewachsen. Nach wenigen Tagen bot der Wesir dem neuen Sultan seine Tochter zur Gattin an, und da sein Anerbieten angenommen wurde, so feierte man das Hochzeitsfest mit der äußersten Pracht; aber wie groß war das Erstaunen und die Täuschung der Braut, als der Sultan, nachdem er sich mit ihr in das Schlafgemach begeben, anstatt ihr zu liebkosen, sie mit Kälte und Zurückhaltung behandelte, von ihrer Seite aufstand und die Nacht im Gebete zubrachte. Als die Sultanin am Morgen, von ihrer Mutter befragt, dieser das Betragen ihres Mannes erzählte, so äußerte die Mutter, er wäre vielleicht von Jugend auf übertrieben bescheiden, aber mit der Zeit würde die Liebe schon ihre Wirkung hervorbringen. Da jedoch mehrere Nächte auf gleiche Weise vergingen, so konnte die durch solche Kälte tief gekränkte Braut sich nicht länger zurückhalten und sagte: »Warum, o Herr, wenn ich Euch mißfiel, nahmt Ihr mich zur Frau? Seid Ihr jedoch nicht wie andre Männer, so saget es mir, und ich will Euren Ruf schonen und mein Unglück stillschweigend ertragen.« Das durch diese Worte gerührte Fräulein versetzte: »Reizende Prinzessin, ich wollte, ich wäre, wofür Ihr mich haltet; aber ich bin gleich Euch ein durch Liebe unglückliches Weib.« Sie erzählte ihr hierauf ihre wunderbaren Abenteuer seit ihrer Flucht aus dem väterlichen Hause, wodurch die Tochter des Wesirs so bewegt wurde, daß sie ihr ewige Freundschaft gelobte, ihr versprach, verschwiegen zu sein und so lange mit ihr zu leben, bis das Geschick ihren Geliebten herführen würde. Dagegen versprach ihr das Fräulein zur Erwiderung ihrer Güte, daß, wenn der Gegenstand ihrer Zuneigung jemals zu ihr zurückkehren würde, eine Heirat zwischen ihm und ihnen beiden geschlossen werden und sie dabei den Vorzug haben sollte. Als die beiden Freundinnen diese Übereinkunft miteinander getroffen hatten, gewann die Tochter des Wesirs ihre Heiterkeit wieder und fand Mittel, ihre Eltern und Verwandten von der Vollziehung der Heirat zu überzeugen. Von dieser Zeit an lebten sie vollkommen glücklich miteinander, indem die eine die Macht eines Sultans zur Zufriedenheit der Untertanen ausübte und die andre die Rolle einer zufriedenen und gehorsamen Ehefrau spielte, beide sich aber ängstlich nach ihrem gemeinschaftlichen Gatten sehnten. Da die Hauptstadt des Königreichs ein Marktplatz für die meisten Völker der Welt war, so ersann der vermeintliche Sultan folgende List zur Wiederfindung des Geliebten, indem sie nicht zweifelte, daß er die ganze Welt durchreisen würde, um den Gegenstand seiner Liebe aufzusuchen. Sie erbaute eine prächtige Karawanserei und stattete sie mit kalten und warmen Bädern und jeder Bequemlichkeit für ermüdete Reisende aus. Als diese vollendet war, ließ sie bekanntmachen, daß Fremde aus allen Teilen der Welt darin willkommen sein und mit allem Nötigen versorgt werden sollten, bis sie sich eine Wohnung in der Stadt gewählt und eingerichtet hätten oder weiterreisen wollten. Über das Tor dieses Gebäudes ließ sie ihr eignes sehr ähnliches Standbild setzen und befahl den Wachen, daß sie jeden Fremden, der bei dem Anblicke des Standbildes bewegt schiene oder gar durch Worte zu verstehen gäbe, daß er das Urbild kenne, sogleich festnehmen und in den Palast bringen sollten. Es waren kaum einige Wochen vergangen, als der Vater der unternehmenden jungen Herrin, welcher viele tausend Meilen weit gereist war, um seine Tochter aufzusuchen, vor diesem Tore ankam und, als er das Standbild erblickte, ausrief: »Ach, welche Ähnlichkeit mit meinem armen verlorenen Kinde!« Er wurde sogleich in den Palast geführt, erhielt eine prächtige Wohnung und wurde mit der größten Achtung behandelt, jedoch über die Ursache seiner Einsperrung und sein künftiges Schicksal in vollkommner Unwissenheit erhalten. Nicht lange nachher kam auch sein trostloser Neffe an, der, seitdem ihn der Schiffshauptmann so verräterisch verlassen hatte, von Stadt zu Stadt gewandert war in der Hoffnung, seine Geliebte wiederzufinden, und nun vor der Karawanserei anlangte.
Beim Anblicke des Standbildes übermannte ihn das Gefühl, er seufzte und fiel in Ohnmacht, worauf ihn die Wachen aufhoben und in den Palast trugen. Als er dort wieder zu sich gekommen war, staunte er über die Achtung und Aufmerksamkeit, welche ihm die Bedienten erwiesen, und über die glänzende Art, mit welcher man für ihn sorgte; aber er fragte vergebens nach der Ursache seiner Gefangennehmung, und die einzige Antwort, welche er erhielt, lautete: »Habet Geduld, Herr, und verhaltet Euch ruhig, bis die Vorsehung Euch aus Eurem Gefängnisse befreien wird!« Bald nachher gelangte auch der Schiffshauptmann, der von Hafen zu Hafen gereist war, um sein verlorenes Schiff wiederzufinden, in diese Stadt und begab sich, da er erfuhr, mit welcher Gastfreundschaft alle Fremden in der Karawanserei des Sultans aufgenommen würden, vor deren Torweg, hatte aber kaum seine Augen auf das Standbild geworfen, als er ausrief: »Welche Ähnlichkeit mit dem listigen, jedoch tugendhaften Weibe, die mich um mein Eigentum brachte, indem sie mir mein Schiff stahl.« Unmittelbar nach dieser Äußerung wurde er von den Wachen ergriffen, nach dem Palaste gebracht und daselbst mit Güte behandelt. Nach Verlaufe weniger Tage erschienen auch der Sultan und der Wesir, dessen Tochter mit den neununddreißig Mädchen von der unternehmenden Heldin dieser Geschichte entführt worden war, vor dem Torwege der Karawanserei und riefen beim Anblicke des Standbildes aus: »Wie ähnlich sieht dies Bild derjenigen, die uns unserer Kinder beraubte! O daß wir sie doch auffinden und uns an ihrer Verräterei rächen könnten!« Als sie dies gesagt hatten, wurden sie ergriffen und in Zimmer des Palastes gebracht, die ihrem Range angemessen waren. Kurze Zeit darauf kam auch der Anführer der Räuber, der voll brennenden Durstes war, seine Genossen zu rächen, und der in der Hoffnung, den Gegenstand seiner Wut zu finden, von Ort zu Ort reiste, vor dem Torwege an und rief beim Anblick des Standbildes heftig aus: »Gewiß ist dies ein Abbild meiner Quälerin! O daß ich doch sie selbst finden könnte, um das Blut meiner Freunde durch das ihrige zu sühnen!« Kaum hatte er ausgeredet, als die Wachen am Tore sich seiner bemächtigten, ihm Hände und Füße banden und ihn in den Palast schleppten, wo er in einen elenden Kerker eingesperrt wurde und die schlechteste Kost erhielt.
Als nun der vermeintliche Sultan alle diese Personen in ihrer Gewalt hatte, bestieg sie eines Morgens in großer Versammlung ihren Thron und befahl, sie vor sich zu bringen. Als sie ihr alle ihre Ehrfurcht bezeigt hatten, befahl sie ihnen, die Veranlassung ihrer Reise nach der Hauptstadt zu erzählen; aber da die königliche Gegenwart sie unfähig machte, auch nur ein Wort vorzubringen, so rief sie aus: »Da ihr nicht reden könnt, so will ich reden«; und nun erzählte sie jedem zu seinem höchsten Erstaunen seine Abenteuer. Hierauf gab sie sich zu erkennen und fiel ihrem Vater und ihrem Geliebten um den Hals, mit welchen sie sich in ihre geheimen Gemächer zurückzog. Der Sultan und der Wesir fühlten sich glücklich in der Gesellschaft der Tochter des letzteren und der anderen Frauen. Der Schiffshauptmann wurde, da er durch seine Leiden sein treuloses Betragen gebüßt hatte, begnadigt und ihm sein Schiff wiedergegeben; aber der Anführer der Räuber wurde, damit er dem menschlichen Geschlechte nichts Böses mehr zufügen könnte, auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Nach den nötigen Vorbereitungen wurde in einigen Tagen die Doppelhochzeit des heldenmütigen Fräuleins und ihrer Freundin, der Wesirstochter, mit ihrem treuen Geliebten gefeiert, diesem der Thron eingeräumt, und die beiden Frauen lebten glücklich und ohne Eifersucht mit ihrem Gatten, so gleichmäßig verstand er seine Gunst zu teilen. Der Sultan und der Wesir, nachdem sie einige Zeit an dem Hofe zugebracht hatten, nahmen Abschied und kehrten unter einer Begleitung in ihre Heimat zurück; aber die Tochter des Wesirs und die neununddreißig Mädchen konnten nur dazu überredet werden, den Sultan und den Wesir zu begleiten; denn ihre Anhänglichkeit an ihre edle Herrin war so groß, daß sie alsbald zurückkehrten und an die Vornehmsten des Hofes verheiratet wurden. Jahre ungewöhnlichen Glückes gingen an den Abenteurern dieser Geschichte vorüber, bis der Tod, der Zerstörer aller Dinge, sie zu dem Grabe führte, welches einst Jahrhunderte lang unser aller Ruheplatz werden wird, bis der Engel der Auferstehung seine Posaune bläst.