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Was sie sagte? O! sie sagte recht hübsche Sachen, das versichre ich euch; ich lauschte wie ein Habicht, und ich habe mir alles von Wort zu Wort gemerkt. Sapperment, sagte sie, das ist doch ein feiner junger Herr! – – Gelt, gnädige Frau, sagte die andre, ich will kein ehrliches Mädchen seyn, wenn wir in Valencia etwas hübschers gesehen haben; ich wette was man will, sagte sie, wenn es nicht ein Sylphe ist, so ist es gar ein Waldgott. Aber wer mag es denn wohl seyn, sagte die Fee? gnädige Frau, sagte die Kleine, er muß nur durch Hexerey hieher gekommen seyn, denn wir kennen doch alle Mannsleute auf zehen Meilen in die Runde, und ein so hübscher Junggeselle ist bey meiner Six! keine Sache, die lange verborgen bleiben kan – – Mit einem Wort, ich mag euch nicht alles wieder sagen, was sie von euch sagten; denn ihr wißt wohl, der Hochmuth ist eine von den sieben Todtsünden, und ich wollte nicht ein Kayserthum drum nehmen, und es auf meinem Gewissen haben, wenn ihr nur eine Stunde länger im Fegfeuer sitzen müßtet, als es GOtt gefallen wird.
Aber wenn sie alles das gesagt haben, mein guter Pedrillo, was du da erzählst, so sind es eher ein paar Landstreicherinnen gewesen, als Feen – – – – Wenn haben jemals Feen in einem so pöbelhaften Ton gesprochen?
Ich muß euch bekennen, gnädiger Herr, daß ich selbst einen kleinen Scrupel darüber bekam, und das machte mich auch so behertzt, daß ich näher zu ihnen gieng und mit ihnen redte. Aber wie ich dem kleinen Mädchen wieder in die Augen sah, und wie ich die Juwelen ansah, womit die andre über und über behangen war – – – – ja, und das hätt ich schier vergessen, sie hatten auch ein paar Salamander bey sich, die wie die helle Sonne glänzten, und bey den Maulthieren stunden, auf denen die beyden Feen gekommen waren.
Salamander, sagst du?
Ja, Herr, Salamander, leibhafte Salamander, und wie die beyden Damen sich wieder auf ihre Maulthiere gesetzt hatten, so flogen sie alle mit einander durch die Luft davon, daß ich in einem Augenblick so wenig von ihnen sah, als ob sie nie da gewesen wären.
Pedrillo, mein Freund, rief Don Sylvio aus, entweder, du willt mir die Ehre anthun deinen Spaß mit mir zu treiben, oder die Dünste des Malaga hatten deine Augen bezaubert, wie du alle diese Dinge sahst. Seit dem es Feen gegeben hat, hat man noch keine auf Maulthieren reiten gesehen; wenn du noch gesagt hättest, sie seyen in einem goldnen oder elfenbeinernen Wagen mit geflügelten Maulthieren davon gefahren, das gienge noch an. Aber daß eine Fee nicht anders reisen soll als wie eines jeden ehrlichen Pachters Frau, das mache einem andern weiß, oder bekenne, daß du nichts davon verstehst. Deine Fee ist aufs höchste ein Frauenzimmer, die ein Landgut in dieser Gegend hat; die Nymphe, die dir so wohl gefiel, ihr Kammermädchen, und was du für Salamander angesehen hast, das werden ein paar Erden-Söhne von kleinen Pagen gewesen seyn, die gewiß sehr verlegen seyn würden, wenn sie, wie die wahren Salamander auf einem Sonnenstral in sechs oder sieben Minuten von einem Ende der Welt zum andern reiten müßten.
Gnädiger Herr, antwortete Pedrillo, ich hätte doch gedacht, daß ich ein besseres Zutrauen von euch verdient hätte, als daß ihr glauben sollt, ich wolle euch was weiß machen. Wenn die Salamander, die ich bey den Maulthieren stehen sah, keine Salamander waren, so ist das ihre Sache und nicht die meinige; was geht das mich an; oder warum soll ich subligirt seyn zu wissen, ob sie dieses oder jenes sind? So viel könnt ihr mir glauben, daß der Irrwisch, den ihr vergangene Nacht für einen Salamander angesehen habt, nicht des zehenten Theils so viel Salamander war als diese da; ich will ein Kohlstrunk seyn, wenn er etwas bessers in Vergleichung mit ihnen war als ein Schwefelhölzchen gegen ein Windlicht. Und was die Fee anbelangt, so sollen mir weder Artischokeles noch Pluto ausreden, daß sie nichts bessers und nichts schlechters als die Fee Rademante war, wenn es nicht gar eure Princeßin gewesen ist; denn in der That, sie hatte viel Aehnlichkeit mit dem kleinen Bildniß, das euch die Fee gegeben hat. – – – –
Du faselst, mein lieber Pedrillo – – – –
Mein Six, gnädiger Herr, es ist, wie ich sage, weißt mir einmal die Princeßin, wenn ihr so gut seyn wollt – – – – Pestilentz! es ist nicht anders, als ob es an ihr runter geschnitten wäre. Die Grösse ausgenommen (denn in der That könnte sie dieses ganze Bildchen auf den Nagel ihres Daumens setzen) wollt ich schwören, daß sie es selber wäre.
Höre Pedrillo, sagte Don Sylvio, wenn es nicht der ganze Innhalt deiner albernen Erzählung schon klar genug machte, so würde dieser einzige Umstand ein genugsamer Beweiß seyn, daß du geträumt haben must. Ich bin so gewiß als ichs von meinem eignen Daseyn bin, daß dieses Bildniß niemand in der Welt ähnlich sieht als meiner Princeßin. Nun ist unleugbar, daß meine Princeßin nicht eher aufhören kan ein Schmetterling zu seyn, bis ich sie gefunden, und ihr Kopf und Flügel ausgerissen habe; Folglich ist es die Unmöglichkeit selbst, daß die Person, die du gesehen zu haben glaubst, meiner Princeßin gleich sehe. Das ist eine Demonstration, die so gut ist als die beste im Euclides.
Ich verstehe mich nichts auf eure Remonstration, Herr Don Sylvio, erwiederte Pedrillo, aber was ich gesehen habe, das hab ich gesehen, und wenn der Pabst euer Vetter wäre, so könntet ihr mir nicht übel nehmen, daß ich meinen Augen mehr glaube als euren Schlüssen. Wenn ich einen Zwiebel vor mir habe, und es stünden alle Bacularii und Licentiaten von Salamanca, ja alle Patriarchen, Exarchen und Monarchen der ganzen Christenheit da, und bewiesen mir, daß es eine Schöps-Keule sey, so würde ich doch glauben, daß ein Zwiebel ein Zwiebel sey, und warum das? Weil meine Augen meine Augen sind, und weil niemand in der Welt besser wissen kan als ich selbst, ob ich sehe was ich sehe. Kurz und gut, Euer Gnaden kan hievon glauben was ihr beliebt, es wird sich seiner Zeit schon zeigen wer recht hat, das ist mein Trost; denn die Fee, sie mag auch seyn, wer sie will, wird es, denk ich, bey diesem ersten Besuch nicht bewenden lassen. Sie machte mir, beym Velten! eine Mine, ob sie nicht viel Gutes im Sinn habe, und es dauchte mich, sie hörte es gar nicht gern, daß ihr in einen bezauberten Sommer-Vogel verliebt seyd.
Hast du ihr denn das gesagt, Pedrillo?
Wenn ich es nicht hätte sagen sollen, antwortete Pedrillo ein wenig erschrocken, so bitte ich Eu. Gnaden tausendmal um Vergebung; ich weiß selbst nicht, wie mir geschah, aber die kleine Hexe, ihr Mädchen machte mich so treuhertzig, daß sie mir immer eins nach dem andern heraus lockte; ich muß bezaubert gewesen seyn; und zudem dacht ich, wenn sie eine Fee ist, so weißt sie das alles ohnehin, und es würde sie nur ungehalten machen, wenn ich auf ihre Fragen nicht die rechten Antworten gäbe.
Sie fragte dich also aus, und du sagtest ihr alles?
Ja, gnädiger Herr, aber nur überhaupt, und so verblümt, daß sie nichts hätte davon verstehen können, wenn sie keine Fee gewesen wäre. Aber wie ich sagte, die Kleine sah mir aus, als ob sie alles schon vorher besser wisse als ich selbst; ich wollte gleich wetten; sie fragte mich nur, um zu sehen, was ich ihr antworten würde.
Und was sagte denn diejenige dazu, die du für die Fee ansahst?
Nichts sonderliches; denn sie eilte gar gewaltig fort; wir müssen gehen, sagte sie, und machte ein ziemlich verdrießliches Gesicht dazu, was wird mein Bruder denken, wenn wir so spät nach Hause kommen?
O Himmel! rief hier Don Sylvio aus, und wurde so blaß wie ein weisses Tuch; jetzt geht mir auf einmal ein schreckenvolles Licht auf. Wie wenn es die Schwester des grünen Zwergs – – – –
Potz Gift! gnädiger Herr, schrie Pedrillo, was ihr da für einen Einfall habt! der Himmel gebe, daß ihrs nicht errathen haben möget. Aber jetzt erinnert ihr mich wieder daran, sie hatte in der That einen grünen Unterrock und eine grüne Weste an, mit Golde gestickt. Mein Seele! was ich für ein Dummkopf bin! Ich dachte an nichts Böses! Aber das verzweiffelte kleine Mädchen – – – –
Je mehr ich alle Umstände deiner Erzählung überlege, fuhr Don Sylvio fort, desto mehr find ich mich in meiner Vermuthung bestärkt. Es ist nichts gewissers als daß es diese verhaßte Donna Mergelina war – – – –
Aber die Fee war so schön wie ein Frühlingstag, und Donna Schmergelina ist, mit Respect vor Eu. Gnaden, der garstigste Sausödel, den ich in meinem Leben gesehen habe. Wie reimt sich das?
Die Fee, ihre Tante, hat Macht genug, ihr, was für eine Gestalt sie will, zu geben, und es ist gewiß nicht ohne Ursach, daß sie, wie du behauptest, eine Aehnlichkeit mit meiner geliebten Princeßin hatte.
Das hatte sie, gnädiger Herr; aber beym Element! wenn sie nun wählen kan, was für eine Gestalt sie annehmen will, so war sie eine grosse Närrin, daß sie sich euch nicht lieber anfangs in einer schönen zeigte. Sapperment! sie muß gewaltig in ihren Buckel und in ihren breiten Busen verliebt seyn.
Das alles hat seine Ursachen, erwiederte Don Sylvio. Meynst du, diese Zwergin, so abscheulich sie ist, schmeichle sich nicht, eine der liebenswürdigsten Personen ihres Geschlechts zu seyn? Oder glaubst du, sie würde meiner Princeßin nur den kleinsten Vorzug vor ihr eingestehen? Die Eigenliebe ist die gröste unter allen Feen, sie braucht weder Zauberstab noch Talismanne, um die seltsamste Verwandlungen zu machen. Wenn ich mich dessen, was mir in den Gärten der Fee Radiante begegnet ist, und des neuerlichen Abentheuers mit der Sylphide erinnere, so besorge ich sehr – – – –
Wohl dann, gnädiger Herr, fiel ihm Pedrillo wieder ein, wenn die schöne Dame, die euch so aufmerksam betrachtete, Donna Schmergelina ist, so kan ich nichts dazu, ich muß es geschehen lassen; Aber für die Kleine will ich gebeten haben; ich weiß nicht wie es kommt, aber mein Herz sagt mir, daß die Gestalt, die sie hatte, ihre eigne war; ich will mir die Ohren abschneiden lassen, wenn ihr in der ganzen weiten Welt ein paar Augen, oder eine Nase, oder ein kleines Maul findet, die ihr besser liessen als ihre eigene. Mit einem Wort, ich laß ihr nichts geschehen, und wenn ihr sie ja in etwas verwandeln wollt, so müßte es in einen Pomeranzen-Baum seyn, aber mit der Bedingung, daß ich in eine Biene transferirt werde, und daß ausser mir alle andre Bienen, Hummeln, Wespen, Hornissen, Fliegen und Mücken auf zwey hundert quadrate Cubic-Meilen in die Runde von ihr verbannt seyn sollen.
Hey da, Pedrillo, rief Don Sylvio, du bekommst ja ganz poetische Einfälle? was die Liebe nicht thut. Wenn du so fortmachst, so werden wir noch zuletzt ganze Bände voll zärtlicher Elegien und Sonnette von deiner Handarbeit zu sehen bekommen. Aber mein guter Freund, schmeichle dir nicht zu viel; es wäre nicht das erstemal, daß der grüne Zwerg die Gestalt einer schönen jungen Nymphe angenommen hätte; du solltest dich noch wohl erinnern, was mir diesen Morgen begegnet ist, – – – – das einzige, was mich noch was bessers hoffen heißt, ist dieses, daß sie mir das Bildniß meiner Princeßin gelassen haben.
Gut, Herr, sagte Pedrillo, wann man recht nachsieht, so werdet ihr das wohl wieder einem gewissen Pedrillo zu danken haben; versichert, sie waren euch schon nahe genug auf dem Leibe, und wer weißt was hätte geschehen können, wenn ich nicht in Zeiten dazu gekommen wäre; in der That machte mir die kleine Spitzbübin eine Mine – – – – wie eine kleine Spitzbübin, und zischelte der andern, was weiß ich was in die Ohren, und wieß immer mit dem Finger auf euch; aber wie gesagt, ich verrückte ihnen das Concept ein wenig, wie ich hinter meinem Busch hervor kam. Wahrhaftig, meine gute Damen, Pedrillo ist ein feinerer Kautz als ihr euch einbildet, er schneutzt sich nicht am Ermel, das könnt ihr versichert seyn – – – –
Gut, gut, sagte Don Sylvio, indem er aufstand, und sich wieder reißfertig machte, für dißmal sind wir noch glücklich genug davon gekommen; aber wir wollen uns nicht länger hier aufhalten; der Abend ist überaus anmuthig, und wir können noch ein paar Stunden reisen, ehe es Nacht wird. Es wird sich vielleicht in kurzem aufklären, was die Erscheinung, die du gesehen, zu bedeuten hatte.
Pedrillo, der bekannter massen immer das letzte Wort haben mußte, nahm von dem unschuldigen Worte Bedeuten Anlaß, das Gespräch unvermerkt auf die fruchtbare Materien von Vorbedeutungen, Ahnungen und Anzeichen zu lenken, und regalirte seinen Herrn während daß sie ihren Weg fortsetzten, mit einer sehr umständlichen Erzählung aller Histörchen von dieser Art, die seit undencklichen Zeiten den Tanten und Großmüttern in seiner Freundschaft, vermöge einer ununterbrochenen Tradition von Großmutter zu Großmutter, begegnet seyn sollten. Er merkte nicht, daß Don Sylvio, der mit ganz andern Betrachtungen beschäftigt war, nicht die geringste Aufmerksamkeit auf seine Erzählung hatte; und wenn ers auch gemerkt hätte, so würde er vielleicht nichts desto weniger fortgemacht haben; denn denken und reden waren bey dem guten Pedrillo einerley, und wenn er nur ungehindert plaudern durfte, so bekümmerte er sich wenig darum, ob man ihm zuhörte oder nicht; eine Discretion, die ihm mit einem gewissen Poeten von unsrer Bekanntschaft gemein war; der seine Freunde nie besuchte, ohne ein paar starke Hefte von seiner Arbeit bey sich zu haben, die er, so bald er sich gesetzt hatte, vorzulesen anfieng; sein Zuhörer hatte inzwischen vollkommene Freyheit, zu gähnen, einzuschlafen, ja, so laut zu schnarchen, als er nur wollte; die Entzückung unsers Poeten erlaubte ihm nicht, darauf Acht zu geben, und wenn der Zuhörer nach einer Sieste von zwey oder drey Stunden nur früh genug erwachte, um den Schluß des Gedichts zu hören, und den Beyfall zu bekräftigen, den der Poet sich selbst gab, so fiel es diesem nur nicht ein, daran zu zweifeln, daß er seinem Freund die angenehmste Zeitkürzung von der Welt gemacht habe.