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Zweites Kapitel.

So kam ich denn in's Niederland
Ganz arm, da damals schier
Kein Pfennig sich im Beutel fand
Ein Mahl zu kaufen mir.
Stolz war ich stets in meinem Clan;
Ich muß es schwer bereu'n;
Doch Donald war der beste Mann,
Und Donald, der war mein.

Altes Lied.

Elspat hatte ihre glücklichen Lage gehabt, obgleich ihr Alter in hoffnungslosen und untröstlichen Kummer und Gram versunken war. Sie war einst das schöne und glückliche Weib von Hamish Mac Tavish, dessen Körperkraft und Kriegsthaten ihm den Titel Mac Tavish Mhor erworben hatten. Sein Leben war unruhig und gefährlich, denn seine Gewohnheiten waren diejenigen eines Hochländers von altem Schlage, der es für eine Schande hielt, etwas zu entbehren, was des Stehlens werth war. Die in seiner Nähe wohnenden Niederländer, welche ihr Leben und ihr Eigenthum in Ruhe genießen wollten, mußten sich dazu verstehen, ihm eine kleine Abgabe unter dem Namen Schutzgeld zu bezahlen, und sich dabei mit dem alten Sprüchwort trösten: »es sei besser den Teufel zu schmieren, als mit ihm zu raufen.« Andere, welche eine solche Ausgleichung für schimpflich hielten, wurden oft von Tavish Mhor, seinen Genossen und Anhängern überfallen, welche eine angemessene Strafe entweder an der Person, oder am Eigenthum, oder an beiden über die Hartnäckigen verhängten. Man erinnert sich noch des Raubzuges, worin er 150 Kühe aus Monteith in einem Zuge wegtrieb, und wie er den Gutsherrn von Ballybught nackt in eine Pfütze steckte, weil derselbe gedroht hatte, eine Abtheilung der schottischen Wache zum Schutze seines Eigenthums holen zu lassen.

Von welcher Art auch die Triumphe des kühnen Freibeuters gelegentlich waren, so wurden dieselben doch häufig mit Niederlagen ausgewogen; seine Entweichungen aus drohender Gefahr, seine schnellen Fluchten und die scharfsinnige List, womit er sich aus den schlimmsten Lagen errettete, wurden nicht weniger erzählt und bewundert, als seine glücklichen Unternehmungen. Bei Glück und Unglück, bei jeder Mühsal, Schwierigkeit und Gefahr war Elspat seine treue Gefährtin. Sie theilte mit ihm die Genüsse eines gelegentlichen Glückes; empfand er schwer den Druck des Unglücks, so soll die Kraft ihrer Seele, ihre Besonnenheit und muthige Ausdauer in Gefahr und Mühen oft die Anstrengungen ihres Gemahls angespornt haben.

Die Moral der Eheleute war nach dem alten hochländer Schlage treuer Freunde und trotziger Feinde; die Heerden und Ernten des Niederlandes hielten sie für ihr Eigenthum, wenn sie die Mittel besaßen, die ersteren wegzutreiben, und die andern in Beschlag zu nehmen; auch geschah es niemals, daß die geringsten Bedenklichkeiten über Eigenthumsrecht bei solchen Gelegenheiten sich einmischten. Hamish Mhor hatte die Denkungsart des alten kretischen Kriegers:

Reichthum ist mein Schwert und der große Speer,
Und mein prächtiger Schild, der mir den Körper schützt;
Denn ich pflüge mit ihm, ernte mit ihm,
Keltre mit ihm den süßen Trunk von dem Weinstock auch.
Durch ihn gelt' ich als Herrscher; wer
Nicht den Speer und den schönen Schild zu halten gewagt,
Beugt mir als dem Herrn demüthig das Knie
Und begrüßet als mächtigen König mich Rundgesang beim Gastmahl (Scolion) des Kreters Hybrias beim Athenäus..

Diese Tage der gefährlichen obgleich glücklichen Raubzüge begannen abgekürzt zu werden, als der Feldzug des Prinzen Carl Edward mißlungen war; Mac Hamish Mhor war bei dieser Gelegenheit nicht zu Hause geblieben, und wurde deßhalb sowohl als Staatsverräther, wie als Räuber und Freibeuter geächtet. Garnisonen wurden jetzt in viele Orte gelegt, wo ein Rothrock zuvor nie erblickt war, und die sächsische Trommel erschallte unter den entlegensten Schluchten der hochländischen Gebirge. Das Schicksal von Mac Hamish wurde mit jedem Tage unvermeidlicher; er konnte mit um so größerer Schwierigkeit Anstalten zur Vertheidigung oder Flucht treffen, da Elspat während seiner schlimmen Tage seine Familie mit einem Kinde vermehrt hatte, welches die nothwendige Geschwindigkeit der Bewegungen beträchtlich erschwerte.

Zuletzt kam der verhängnißvolle Tag; in einem starken Paß am Fuße des Ben Cruachan wurde der berühmte Mac Tavish Mhor von einer Abtheilung Rothröcke überfallen. Sein Weib leistete ihm heldenmüthigen Beistand und lud von Zeit zu Zeit seine Gewehre. Da sie sich im Besitz eines beinahe unangreifbaren Passes befanden, so hätte er vielleicht entkommen können, wenn nicht die Munition ihm ausgegangen wäre. Zuletzt aber waren seine Kugeln verbraucht, nachdem er selbst die meisten seiner silbernen Knöpfe von seiner Weste abgefeuert hatte, und die Soldaten, nicht länger durch die Furcht vor dem niemals fehlenden Schützen zurückgehalten, welcher drei von ihnen erschossen und noch mehr verwundet hatte, erstürmten seine Veste und erschlugen ihn, unfähig, ihn lebendig zu fangen, nach dem verzweifeltsten Widerstande.

Bei Allem dem war Elspat gegenwärtig und blieb am Leben, denn in dem Kinde, welches ihrer als Stütze bedurfte, besaß sie einen Beweggrund zur Kraft und Thätigkeit.

Man kann nicht leicht sagen, in welcher Weise sie sich ernährte. Ihre einzigen, nachweisbaren Mittel zum Lebensunterhalt bestanden in einer Heerde von 3 oder 4 Ziegen, welche sie nach ihrem Belieben auf den Bergwaiden sich Nahrung suchen ließ, wobei Niemand sie von ihrem Eigenthum verjagte. Bei dem allgemeinen Elend des Landes konnten ihre alten Bekannten ihr wenig geben; was sie aber von ihren eigenen Bedürfnissen ersparten, widmeten sie gern der Unterstützung Anderer. Von Niederländern forderte sie eher Tribut ein, als daß sie dieselben um Almosen bat. Sie hatte nicht vergessen, daß sie die Wittwe von Mac Tavish Mhor war, und sie bildete sich ein, daß ihr Kind, welches neben ihrem Knie herlief, eines Tages seinem Vater nachahmen und denselben Einfluß üben werde, über welchen jener ungehindert verfügte. Sie gesellte sich so wenig zu Andern, und verließ so selten und wider Willen die wilden Schlupfwinkel der Gebirge, wo sie gewöhnlich mit den Ziegen sich aufhielt, daß sie von der großen Veränderung im Lande nichts wußte, wodurch bürgerliche Ordnung an die Stelle militärischer Gewaltherrschaft trat, und das Gesetz, sowie dessen Anhänger die Uebermacht über diejenigen erlangten, welche in einem galischen Liede die stürmischen Söhne des Schwertes genannt wurden. Sie fühlte allerdings ihre eigene verminderte Bedeutung und ihre geringeren Mittel zum Unterhalte, dazu aber war nach ihren Begriffen der Tod von Mac Tavish Mhore ein genügender Grund; sie bezweifelte aber nicht, daß sie zu ihrem früheren Zustande von Wichtigkeit wieder gelangen würde, wenn Hamish Bean (oder der schönhaarige James) im Stande sein werde, die Waffen seines Vaters zu führen. Wenn deßhalb Elspat bei ihrer Bettelei um Lebensbedürfnisse oder um Nahrung für ihre kleine Heerde von einem mürrischen Pächter zurückgewiesen wurde, so pflegten oft ihre dunkel ausgedrückten, aber im Inhalt furchtbaren Drohungen aus Furcht vor ihren Verwünschungen die Gabe zu erpressen, die ihren Bedürfnissen verweigert ward; die zitternde Pächterin, welche alsdann Lebensmittel oder Nahrung der Wittwe von Mac Tavish Mhor reichte, wünschte dazu in ihrem Herzen, daß die finstere alte Hexe an dem Tage verbrannt worden wäre, an welchem ihr Gemahl seinen Lohn empfing.

Die Jahre verschwanden, und Hamish Bean wuchs auf; er erlangte zwar nicht die große Kraft seines Vaters, wurde aber ein thätiger, muthiger, schönhaariger Jüngling mit rothen Wangen, einem scharfblickenden, adlerartigen Auge, mit aller Behendigkeit, wenn auch nicht Körperkraft seines furchtbaren Vaters, dessen Geschichte und Thaten seine Mutter ihm erzählte, um ihres Sohnes Seele für ein ähnliches abenteuerliches Treiben auszubilden; allein die jungen Leute erkennen den gegenwärtigen Zustand der veränderlichen Welt weit schärfer als die Alten. Wie sehr auch Hamish Anhänglichkeit zu seiner Mutter hegte, und geneigt war, Alles zu ihrer Unterstützung zu thun, was in seiner Macht stand, so bemerkte er doch, als er sich in die Welt mischte, daß das Gewerbe eines Freibeuters jetzt ebenso gefährlich wie schimpflich geworden sei, und daß er, wenn er die Tapferkeit seines Vaters nachahmen wolle, dieß in einer andern Kriegsweise geschehen müsse, welche mit den Ansichten der Gegenwart in besserem Einklang stehe.

Als die Fähigkeiten des Geistes und Körpers sich zu erweitern begannen, erkannte er sehr wohl die ungewisse Natur seiner Lage, sowie die irrthümlichen Meinungen seiner Mutter und deren Unbekanntschaft mit den Veränderungen der Gesellschaft, in welche sie sich so wenig gemischt hatte. Beim Besuch von Freunden und Nachbarn bemerkte er das äußerst geringe Auskommen, worauf seine Mutter beschränkt war, und erfuhr, daß sie wenig oder nichts mehr als die unbedingten Lebensbedürfnisse besaß, die bisweilen auf dem Punkte standen, ihr gänzlich auszugehen. Bisweilen fügte sein Erfolg im Fischen und auf der Jagd etwas zu ihren Lebensmitteln hinzu; er erkannte aber, daß er ihr keine regelmäßige Unterstützung verschaffen könne, wenn er sich nicht zur Arbeit im Dienste Anderer herabließ, und wußte wohl, daß der Stolz seiner Mutter dadurch eine Todeswunde erhalte, wenn er auch selbst dergleichen Arbeit hätte übernehmen wollen.

Elspat sah mittlerweile mit Erstaunen, daß Hamish Bean, obgleich jetzt herangewachsen und zum Kriege geeignet, keine Neigung zeigte, die Lebensweise seines Vaters zu beginnen; in ihrem Herzen wohnte etwas wie ein mütterliches Gefühl, welches verhinderte, ihn in klaren Worten aufzufordern, daß er als Freibeuter in's Feld ziehe, denn sie gedachte mit Besorgniß der Gefahren, in welche jenes Gewerbe ihn bringen müßte; wenn sie mit ihm über den Gegenstand sprechen wollte, schien es ihrer erhitzten Einbildungskraft, als ob der Geist ihres Gatten im blutigen Kleide vor ihr sich erhebe, seinen Finger auf die Lippen lege und ihr zu verbieten scheine, von dem Gegenstande zu reden. Sie wunderte sich aber über dasjenige, was ihr Mangel an Muth schien, seufzte, wenn sie ihn von einem Tage zum andern in dem niederländischen Rocke mit langen Schössen umherschlendern sah, welchen das Parlament dem Galen statt ihrer eigenen romantischen Kleidung aufgedrungen hatte, und dachte, daß er ihrem Gatten weit mehr geglichen haben würde, wäre er in dem von einem Gürtel zusammengehaltenen Rock und Schurz erschienen, während seine blankgeputzten Waffen an seiner Seite glänzten.

Außer diesen Gegenständen ihrer Angst empfand Elspat, daß auch noch andere wegen der immer mehr zunehmenden Heftigkeit ihrer Stimmung sich ihr darböten. Ihre Liebe zu Mac Tavish Mhor war durch Achtung und bisweilen selbst durch Furcht gemäßigt worden, denn der Freibeuter gehörte nicht zu den Leuten, welche sich weiblicher Regierung zu unterwerfen pflegen; über ihren Sohn hatte sie aber zuerst während der Kindheit und nachher während der Jugend eine gebieterische Herrschaft in Anspruch genommen, welche ihrer Mutterliebe einen Zug von Eifersucht ertheilte. Sie konnte es nicht ertragen, daß Hamish bei zunehmendem Alter wiederholte Schritte zur Unabhängigkeit that, sich von ihrer Hütte zu solcher Zeit und auf so lange, wie es ihm beliebte, entfernte, und zu bedenken schien, daß die Herrschaft und Verantwortlichkeit seiner Handlungen ihm allein anheimfalle, obgleich er gegen sie jeden nur möglichen Grad von Güte und Achtung zeigte. Dieß wäre von geringer Bedeutung gewesen, hatte sie ihre Gefühle in ihren Busen verschließen können, allein die Heftigkeit und Ungeduld ihrer Leidenschaften bewirkten häufig, daß sie ihren Sohn merken ließ, sie halte sich für vernachlässigt und mißhandelt. Wenn er auf längere Zeit von ihrer Hütte abwesend war, ohne sie von seinen Zwecken in Kenntniß zu setzen, so pflegte ihr Zorn bei seiner Rückkehr so unvernünftig zu sein, daß ein junger Mann, welcher nach Unabhängigkeit strebte, und seine Lage in der Welt zu verbessern wünschte, auf den natürlichen Gedanken kommen mußte, sie zu verlassen, wenn auch nur zum Zwecke, daß er in Stand gesetzt würde, für die Mutter zu sorgen, deren selbstsüchtige Ansprüche auf Kindesliebe ihn auf eine Wüste beschränkte, worin Beide bei hoffnungslosem und hülfslosem Mangel hungern mußten.

Bei einer Gelegenheit, als der Sohn sich eines Ausflugs nach eigenem Belieben schuldig gemacht hatte, wodurch die Mutter sich für beschimpft und herabgesetzt hielt, war sie bei seiner Rückkehr heftiger wie gewöhnlich gewesen, und erweckte bei Hamish ein Gefühl des Aergers, welches ihm Stirn und Wangen dunkel färbte. Als sie zuletzt bei ihrem unvernünftigen Zorn beharrte, wurde seine Geduld erschöpft; er nahm seine Flinte aus der Ecke des Kamins, murmelte etwas vor sich hin, welches laut auszusprechen die Achtung vor seiner Mutter verhinderte, und stand im Begriff die Hütte zu verlassen, die er soeben erst betreten hatte.

»Hamish,« sagte seine Mutter, »wollt Ihr mich wieder verlassen?«

Hamish aber erwiderte nur damit, daß er auf sein Gewehr blickte und dessen Schloß putzte.

»Ha, putzt das Schloß Eurer Flinte,« sagte seine Mutter mit bitterem Tone, »es ist mir lieb, daß Ihr Muth genug besitzt, dieselbe abzufeuern, wenn auch nur auf einen Rehbock.«

Hamish fuhr bei diesem unverdienten Vorwurf auf und warf ihr als Antwort einen zornigen Blick zu. Sie erkannte, daß sie ein Mittel ausfindig gemacht hatte, ihm Schmerz zu erregen.

»Ja,« sagte sie, »blickt so trotzig, wie Ihr wollt, auf eine alte Frau und Eure Mutter, es wird lange dauern, bis Ihr Eure Stirn vor dem zornigen Gesicht eines bärtigen Mannes runzeln werdet.«

»Schweigt, Mutter, oder sprecht von Dingen, die Ihr versteht,« sagte Hamish sehr gereizt; »sprecht vom Rocken und der Spindel.«

»Dachte ich an den Rocken und an die Spindel, als ich Euch auf dem Rücken durch das Feuer von sechs sächsischen Soldaten forttrug, als Ihr noch ein winselndes Kind wart? Ich sage Euch, Hamish, ich weiß tausendmal mehr von Flinten und Degen, als Ihr jemals wissen werdet; Ihr werdet niemals soviel von edlem Kriege durch Euch selbst lernen, wie Ihr gesehen habt, als Ihr in meinen Mantel gewickelt wart.«

»Ihr seid wenigstens entschlossen, mir keinen Frieden zu Haus zu lassen, Mutter, allein das muß ein Ende nehmen,« sagte Hamish, als er in der erneuten Absicht, die Hütte zu verlassen, aufstand und nach der Thüre zu ging.

»Bleibt, ich befehle es,« sagte seine Mutter, »oder mag die Flinte, die Ihr tragt, das Mittel Eures Unterganges sein – mag der Weg, den Ihr betreten wollt, der Weg Eures Leichenzuges sein!«

»Warum braucht Ihr solche Worte, Mutter?« sagte der junge Mann, indem er sich etwas umwandte; »sie sind nicht gut, und können keine guten Folgen haben. Lebt wohl, Ihr seid jetzt zu zornig, um mit mir zu reden – lebt wohl, es wird lange dauern, ehe ihr mich wiederseht.«

Er ging fort, seine Mutter sandte ihm im ersten Ausbruch ihres Zornes ihre Flüche nach, und rief dann dieselben auf ihr eigenes Haupt zurück, damit sie das ihres Sohnes schonen mögten. Sie verbrachte diesen Tag und den nächsten in aller Heftigkeit machtloser und ungezügelter Leidenschaft, indem sie bald den Himmel und Geister anrief, die in den von ihr gekannten Sagen vorkamen, ihr den Sohn, »das Kalb ihres Herzens,« zurückzugeben, bald aber im heftigen Zorn bedachte, mit welchen bitteren Ausdrücken sie seinen Ungehorsam bei seiner Rückkehr schmähen könne, und endlich wieder die zärtlichste Sprache überdachte, um ihn an seine Hütte zu fesseln, welche sie, wenn ihr Sohn gegenwärtig sei, in dem Entzücken ihrer Liebe nicht mit den Gemächern im Schlosse von Taymouth vertauschen mögte.

Zwei Tage gingen vorüber, während welcher nur die Stärke eines an Mühseligkeiten und Entbehrungen jeder Art gewöhnten Körpers sie am Leben erhalten konnte, obgleich sie bei ihrer Seelenangst ihre körperliche Schwäche nicht merkte; sie vernachlässigte nämlich die unbedeutenden Mittel des Unterhaltes, welche ihre Lage darbot. Ihre Wohnung war damals dieselbe Hütte, neben welcher ich sie gefunden hatte, damals aber bewohnbarer durch die Bemühungen ihres Sohnes, der sie zum großen Theil gebaut und umgebessert hatte.

Am dritten Tage nach dem Verschwinden ihres Sohnes, als sie nach der Gewohnheit der Hochländerinnen, wenn sie Seelen- oder Körperschmerz leiden, hin- und herrückend an der Thüre saß, trat der damals seltene Umstand ein, daß ein Reisender auf der Landstraße über der Hütte – damals ein seltenes Ereigniß – erblickt wurde. Sie warf ihm nur einen Blick zu – er saß zu Pferde; somit konnte es Hamish nicht sein, und Elspat bekümmerte sich nicht genug um andere irdische Wesen, als daß sie ihre Augen ein zweites Mal auf ihn gerichtet hätte. Der Fremde jedoch hielt der Hütte gegenüber an, stieg von seinem Klepper und führte denselben den steilen und beschwerlichen Weg hinab, welcher zu ihrer Thüre leitete.

»Gott segne Euch, Elspat Mac Tavish!« Sie blickte auf den Mann, als er sie in ihrer Muttersprache anredete, mit dem unzufriedenen Ausdruck einer im Grübeln unterbrochenen Person; der Reisende aber fuhr fort zu sagen: »ich bringe Euch Nachrichten von Eurem Sohne Hamish.« Plötzlich wurde die Gestalt des Fremden, welcher für Elspat bis dahin der gleichgültigste Gegenstand gewesen war, in ihren Augen so ehrwürdig, wie die eines vom Himmel herabgestiegenen Boten, welcher gekommen ist, um über Tod und Leben zu entscheiden. Sie fuhr von ihrem Sitze auf, drückte die Hände krampfhaft zusammen, hielt sie zum Himmel empor, heftete ihre Augen auf das Antlitz und die Gestalt des Fremden, schritt auf ihn zu und erwartete schweigend, was er sagen würde, da ihre stammelnde Zunge eine Frage nicht aussprechen konnte. »Euer Sohn sendet Euch seinen pflichtgetreuen Gruß und Dieses hier,« sagte der Bote, indem er eine kleine Börse mit 4 oder 5 Dollars in Elspats Hand drückte.

»Er ist fort für immer!« rief Elspat aus, »und er hat sich als Knecht der Sachsen verkauft, und ich werde ihn niemals wieder sehen! Sagt mir, Miles Mac Phadraick, denn jetzt kenne ich Euch, ist dies der Preis für das Blut meines Sohnes, den Ihr in die Hand der Mutter gelegt habt?«

»Gott behüte,« erwiderte Mac Phadraick, welcher ein Krämer war, und ein beträchtliches Stück Land als Lehensmann seines Häuptlings, eines Grundeigenthümers, besaß, welcher etwa in der Entfernung von 20 Meilen wohnte, »daß ich Euch oder dem Sohne von Mac Tavish Mhor ein Unrecht thun oder sagen sollte; ich schwöre Euch bei der Hand meines Häuptlings, daß Euer Sohn sich wohl befindet, Euch bald sehen und das Uebrige Euch selbst erzählen wird.«

Mit diesen Worten eilte Mac Phadraick auf den Weg zurück, erreichte die Landstraße, bestieg seinen Klepper und ritt weiter.



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