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Der erste große Sieger in dem Kampfe um die Reformation der Gewalten, den das sechzehnte Jahrhundert erhob, war ein armer deutscher Mönch, eine große und mächtige Natur, in dem ein genialer Verstand, ein bewundernswürdiger Mut und ein tiefes deutsches Gemüt sich begegneten. Er forderte das Recht der Glaubensfreiheit für sein Volk, sein gesamtes unterdrücktes Volk zurück; und dieses humane Element in seinem Kampfe hat ihm den Ausschlag gegeben.
Wie viel hat zu dieser Seite seines Wirkens der Umstand beigetragen, daß er selbst den Sitz der Unterdrückung seines Vaterlandes kennen lernte?
Die Bücher der Geschichte geben uns wenig Andeutungen darüber. So bleibt unsern Gedanken aller Spielraum, um diese Lücke auszufüllen; unsrer Teilnahme für seine Gestalt bleibt die Freiheit ihn mit dem Herzen intuitiv auf seinen Wegen durch den Ort zu begleiten, wo in ihm der Drang entstehen oder doch zum Entschlusse reifen mußte das große Werk zu versuchen, das, wenn es auch ohne seine Schuld nur halb gelang, doch ein ganzes war. Denn seine Hand grub das Bett, in welchem in den Jahrhunderten nach ihm der Menschengeist dahinströmte, bis dieser Strom höher und höher schwoll und endlich übertretend den Boden Europas zu dem großen fruchtbaren Ackerfeld machte, in dem die Gedankenfreiheit unsrer großen Männer keimen und aufgehen konnte, um die Welt zu ernähren, bis ihr das Mark der Tat gekommen. –
Es ist nur vorauszusenden, daß um 1510 die Menschheit eben das Schauspiel der Regierung Alexander Borgias gehabt hatte, und daß jetzt auf dem höchsten Throne der Christenheit Papst Julius II. aus dem Hause Della Rovere saß, ein Mann, der mit seinem Vorgänger verglichen uns Achtung einflößt, wenn auch Ludwig XII. von Frankreich empört wider ihn sein: Perdam Babilonis nomen auf Münzen schlagen ließ.
Papst Julius war ein starker, willenskräftiger, zorniger, in seinen Mitteln nicht wählerischer Charakter. Er war ganz geschaffen das Werk der vollständigen Verweltlichung seiner geistlichen Gewalt und Würde, das die Weltlage dem Papsttum aufgedrungen, das die Sixtus IV. und Alexander VI. begonnen, glorreich durchzuführen. Seine Natur war die eines klugen und tapferen Soldaten; er hatte die Ehrlichkeit eines Soldaten, wenn er nicht für Angehörige und Nepoten und sein Haus, sondern einzig für die Kirche eroberte und abrundete, bis er von Piacenza bis Terracina herrschte, und so zugleich den Ehrgeiz sättigte, den seine Zeitgenossen ihm vorwarfen, wenn sie sagten, er wolle der »Herr und Meister des Spieles der Welt« sein.
Julius II. gründete den Staat der Kirche. Sein Nachfolger, der Medicäer Leo X. baute diesem Staate die Hauptstadt aus. Unter ihm gestaltete sich im Trümmerwust alter Zerstörung, aus dem sich die Bauten und Schöpfungen Julius II. noch oft wie Inseln erhoben, das heutige neue Rom.