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Elftes Kapitel

Mr. Sydney Armstrong war es, der das Haus Cranbourne Grove 48 verkaufte. Ein junger Maler kaufte es, da es ihm außerordentlich gefiel und nicht teuer war. Mrs. Nielsen nämlich, die mit ihrem Gatten, Holger Nielsen, einem jungen dänischen Rechtsgelehrten, ins Ausland reiste, hatte es verkaufen wollen.

Die beiden zogen über See und besuchten die Neue Welt, wo Mrs. Nielsen die Heimat ihrer Kindheit in Westindien wiedersah. Und dort fanden sie Sommer und Sonnenschein und waren glücklich in ihrer Liebe.

Amy verstand nicht recht, wie es gekommen war – und fragen mochte sie nicht – in einer Sommernacht aber, die sie unter dem tiefblauen Himmel der Tropen verbrachten, redete sie. »Holger,« sagte sie, »warum war es dir damals so ernst mit dem, was du sagtest, als ich weinte und dich anflehte – während du jetzt nicht im entferntesten daran denkst?«

Holger legte seinen Arm um sie und sagte lächelnd: »Glaubtest du von mir, ich würde auf die Polizei laufen und dort sagen: Es hat einmal ein Toter in meinem Keller gelegen, und nun liegt er nicht mehr da; denn Doktor Koldby hat ihn inzwischen ganz ungesetzmäßigerweise entfernt?«

Amy trat einen Schritt zurück.

»Wie? Um deines Freundes willen konntest du davon abstehen, und meine Bitten waren nicht genug, dich zurückzuhalten, als du von den Rechten der Gesellschaft sprachst?«

»Kleines, närrisches Mädchen,« sagte Nielsen, »hast du die innere Stimme vergessen, die Stimme, von der ich sprach? Nun ist sie still geworden, diese Stimme, nicht wahr? Und weißt du, warum? – Weil wir Menschen nicht auf jede Frage, die wir stellen, eine Antwort erwarten können. Die Stimme in uns spricht nur von dem, das wirklich ist. Wenn Jens Koldby in dieser Weise handelte, so muß er das auch seiner eigenen inneren Stimme gegenüber rechtfertigen – er hat die Frage von uns genommen. Das fühlst du, nicht wahr? Ich vermag nur eine Lehre aus diesem Fall zu ziehen, nämlich daß wir, die sich mit dem sogenannten Gesetz und der sogenannten Justiz beschäftigen, die Hoffnung, eine goldne Regel zu finden, aufgeben müssen. Es gibt keine solche, sondern nur eine Reihe von Einzelfällen, die einer nach dem andern gerichtet werden müssen; ein jeder Mensch muß sich befleißigen, so gerecht zu handeln, wie sein Gefühl es ihm vorschreibt, und diese Reihe von rechtschaffenen Handlungen bildet die Gesamtheit des Rechts.«

Amy verstand ihn nicht ganz.

Er aber nahm sie in seine Arme und sagte lachend: »Eine Lehre ist es freilich nur; doch das ist nicht alles! Auch eine Erinnerung nahm ich mit; ich gewann dich, und dich werde ich behalten mit dem Rechte der Liebe.«

* * *

So fanden sie Glück und Leben miteinander.

Ende


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