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In ihrem Zimmer wirft Helene ihren Dreispitz ab, reißt das Kleid auf ... ihr war zum Ersticken.
So ist diese Malva, die sie bei einer Wandertruppe wähnte, zu dem Spielmann zurückgekehrt. Sie ist, und zwar mit ihrem Sohn, nur wenige Kilometer von hier. – Alle Anstrengungen, die Helene seit zwei Jahren gemacht hat, um diese Gefahr von Fleisch und Bein, diese Sorge, die ihr keine Minute Ruhe läßt, zu beseitigen, sind vergebens gewesen. Malva taucht von neuem auf, sie ist da, vor der Tür, fast auf dem Gut, das ihr gehört, und ein Zufall, wie der heutige, kann von einem Augenblick zum andern Jan der Mutter und ihrem Kinde Angesicht zu Angesicht gegenüberstellen.
Sie warf sich zu Füßen ihres Bettes nieder und rang die Hände. O, das Schicksal war zu ungerecht! Sie würde sich ihm aber nicht beugen. – Man würde diese Leute eben austreiben, wegschicken. So etwas kam alle Tage vor. Der Baron war allmächtig, und konnte man mit Geld nicht alles durchsetzen?
Ja, sie wollte mit Herrn von Torna reden. Er war ein Edelmann, ein Mann von Welt, der die Dinge verstand. Er würde begreifen, daß Helene nicht in derselben Gegend wohnen konnte, wie diese Frau und ihr Kind.
Helene verbrachte eine fürchterliche Nacht, schloß kein Auge und sah immer die gleiche Vision vor sich. Es war aber nicht mehr Malvas bleiches Gesicht, das ihr vorschwebte sondern Janek, der kräftige, kleine Junge mit frischen Wangen, dem entschlossenen Wesen, dem Lächeln der Mutter und den Zügen, dem Blick des Vaters.
O, dieser Blick! Als er sich gestern auf ihr Antlitz heftete, hatte sie geglaubt, die heiße Berührung der Augen des Effendi zu fühlen.
Mit dem Gedanken, daß Malva irgendwo, in einem elenden Winkel der Bukowina versteckt, lebe, hatte sie sich abfinden können. Aber die Gewißheit zu ertragen, daß dieses Kind, Jans Kind, ein lebendiger Vorwurf, einige Schritte von ihr entfernt, lebte – das überstieg ihre Kräfte.
Und sie sah Malva, ihr Kind im Arm, mit schmerzverwühltem Gesicht, aber doch triumphierend vor sich stehen.
Von Fieber verzehrt erhob sich Helene. Schon ertönten die Fanfaren ringsum. Sie legte ein dunkles Kleid an, warf einen Mantel über und setzte einen leichten Hut auf. Sie würde den Baron sicher im Speisezimmer treffen, und es war nötig, daß sie sogleich mit ihm sprach.
Sie öffnete die Tür und erblickte durch eine Rauchwolke den Baron, der sich sehr lebhaft mit Herrn Anastasius und Effendi unterhielt. Da wich sie mit gekrauster Stirn zurück, faßte einen plötzlichen Entschluß und begab sich ungesehen nach dem Walde. Sie betrat die große, ganz von Wagenspuren bedeckte Allee und schritt vorwärts.
Von Zeit zu Zeit traf sie einen Bauern, den sie nach Danyls, des Spielmanns, Wohnung fragte.
Und dieselben Vögel und Eichhörnchen, die gestern Janeks fröhliche Augen entzückt hatten, sahen heute Helene vorbeiziehen.
So war sie an das Haus auf dem Hügel gelangt.
Als sie einige Meter von der Hütte entfernt war, glaubte sie, nicht weiter zu können, so lähmte die Aufregung ihr Arme und Füße.
Weshalb war sie hergekommen? Was wollte sie hier bei dieser Unglücklichen? Sie beschimpfen? Ihr selbst sagen, daß sie den Platz zu räumen, vor ihr zurückzutreten habe?
Sie wußte es nicht. Was sie wollte? Jedenfalls Malva sehen, zu ihr dringen. In Gegenwart der Rivalin würde sie schon die nötigen Worte finden.
Im Schutz einer Himbeerhecke schlich sie ganz dicht ans Haus. Da drangen Stimmen aus dem halbgeöffneten Fenster. Helene drückt sich an die Hecke, biegt die Zweige auseinander und späht hinein.
Inmitten eines sehr einfachen, aber doch behaglichen Raums sitzt Malva mit verstörtem Gesicht, von zwei Frauen umgeben. Auf ihren Knieen ruht, bleich und leidend, nur mit seinem kleinen Perkalhemdchen bekleidet, das schöne Kind, das auf Helene gestern solchen Eindruck gemacht hat. Es stöhnt leise und hält die Augen geschlossen. In den Blicken der jungen Mutter liegt eine fürchterliche Angst.
»O mein Gott, mein Gott, Niania, was hat er nur? Wie er leidet ... er erstickt. Wenn es Diphtheritis wäre! Nein, nein, ich würde ja den Verstand verlieren.«
»Na, na, beruhige dich,« sagt die Stimme einer alten Frau. »Leg ihn in die Wiege zurück, dann geben wir ihm einen guten, heißen Lindenblütentee mit Honig zu trinken. Er hat sich im Walde erkältet. Siehst du, er öffnet die Augen. Ah, der kleine Schelm, jetzt lacht er. Schmeckt's? Ist er gut, der Honig vom Onkel Danyl?«
Und Malva, die an der Wiege hingekniet ist, trocknet abwechselnd ihre Tränen und lacht. Dann küßt sie des Kindes Hände und Füßchen und fragt: »Ist's wahr? Wirklich wahr? Fehlt ihm nichts? Sag, mein Liebling, mein Kind, mein Schatz!«
Helene steht regungslos, wie angewurzelt. In ihrem von Haß und Leidenschaft verzehrten Herzen ist ein seltsamer Umschwung vorgegangen. Weil sie die Tränen dieser Mutter fließen sieht, dieses dürftige Heim vor Augen hat, einer der so alltäglichen kleinen Szenen in einer Familie beiwohnt, die für das Leben des geliebten Kindes zittert, deshalb ist all ihr Haß, all ihre Leidenschaft plötzlich verflogen? Deshalb fühlt sie jetzt ein tiefes Mitleid, als ob in ihrer unstet hin und her getriebenen Seele das Gewissen endlich den Sieg davontragen sollte?
Sie hat sich auf den Grabenrand sinken lassen, sie, die stolze Helene! Sie preßt das Gesicht ins Gras und läßt ihre Tränen fließen. Aber sie sind nicht bitter wie die früheren. Als sie aufsteht, fühlt sie sich leicht, und nie zuvor hat sie eine ähnliche Freude empfunden.
Jetzt steigt sie den Hügel hinab, gewinnt den Saum des großen Forsts. Seltsam, wie die Luft ihr rein, die Welt ihr schön erscheint.
Das Gewicht auf ihrer Brust ist nun verschwunden. Sie ist Herrin über einen bösen Zauber geworden, hat den Frieden ihrer Seele wiedererlangt.
Als sie den Pavillon erreichte, kam Jan, der, um ihre Abwesenheit besorgt, auf die Jagd verzichtet und die umliegenden Gehölze nach ihr abgesucht hatte, auf sie zugeeilt.
»Sie Böse! Seit drei Stunden suche ich Sie ... wir sind hier in tödlicher Sorge. Gestern abend schon sahen Sie recht wenig wohl aus. Sind Sie krank gewesen? Nun, endlich sind Sie wieder da, und, wie es scheint, auch wiederhergestellt, denn wenn Ihre Wangen auch noch ein wenig bleich sind, so finde ich Sie doch womöglich noch viel hübscher als gestern.«
In seiner Stimme lag ein liebevoller Ton, der Helenes Herz mit Dankbarkeit erfüllte.
»Verzeihen Sie,« sagte sie, »ich fühlte mich wirklich nicht wohl. Aber der Spaziergang, den ich eben gemacht, hat mich wieder vollkommen hergestellt.« Und mit auffallender Betonung fügte sie hinzu: »Wenn es Ihnen recht ist, reden wir ein wenig miteinander. Ich habe Ihnen Ernstes mitzuteilen, Jan, und möchte den Augenblick benutzen, wo wir allein sind.«
Ihr etwas feierlicher Ton hatte Jan ein wenig überrascht, und er war ihr auf den farnkrautbestandenen Rasen vor dem Hause gefolgt.
»Sie entsinnen sich,« sagte Helene, ihre kleine Hand unter seinen Arm schiebend, »daß, als ich vor drei Tagen glaubte, Sie wollten mir einen Ihrer Gedanken verbergen, ich Ihnen versprach, wenn meine Gedanken sich einmal von Ihnen weg bewegten, es Ihnen zu sagen. – Das ist nun eingetreten, Jan. Ich habe seit drei Tagen sehr viel nachgedacht ... mir vieles überlegt ... besonders den Plan, unsre Existenzen miteinander zu verbinden, als gute Kameraden durchs Leben zu gehen ... Ihr Wunsch ist der, in mir die zärtliche und kluge Gefährtin zu finden, die Ihnen Ihre Lebensaufgabe erfüllen hilft ... Nun, Jan, ich schrecke vor dieser Rolle zurück, ich glaube wirklich, daß wir nicht füreinander geschaffen sind.«
Er sah sie überrascht an. Was bedeutete diese Laune?
»Aber, Helene, Sie sind nicht im Ernst! Welches mir unbekannte Motiv kann Sie zu einem solchen Entschluß treiben? Ich bin ganz fassungslos.«
»Es haben sich allerdings sehr ernste Dinge ereignet, aber es ist nicht an mir, sie Ihnen mitzuteilen. – Und jetzt,« setzte sie mit dem gleichen, festen Ton hinzu und zog den Reif vom Finger, »hier ist Ihr Ring – geben Sie mir den meinen zurück. Aber rasch, ich höre Stimmen, es kommen Leute von allen Seiten.«
Jan war seltsam bewegt. Man hört nicht ungestraft von den Lippen einer hübschen jungen Frau, daß sie auf das Glück an unsrer Seite verzichtet. Wenn nicht das Herz, so fühlt sich doch die Eigenliebe schmerzlich getroffen.
»Helene,« flehte er mit leiser Stimme, »habe ich Sie verletzt? Was habe ich getan, um ein solches Urteil zu verdienen?«
»Nichts, Jan, und Sie sollen keine bessere Freundin haben als mich; später werden Sie das einsehen ...«
Da machten die von allen Seiten herankommenden Jäger der Unterredung ein Ende.
Helenes plötzliche Entscheidung, die Effendi sofort seinen Gastfreunden und seinem Vormund mitteilte, wirkte wie die Explosion einer Bombe inmitten friedlicher Bürger. Was war das für ein Streich? Erwachte der unzurechnungsfähige Herr Cyprian in Helene?
Alle drei, der Baron, die Baronin und Herr Anastasius, hatten sich dann im Salon vereinigt und Helene rufen lassen.
Mit erhobenem Haupte, klarem Blick war sie dort eingetreten, und ihnen gerade ins Gesicht sehend, hatte sie mit ernster Stimme gesagt: »Ihr seid über meinen Entschluß erstaunt und haltet mich für toll. Ich habe jedoch sehr reiflich nachgedacht. Wenn ich Jans Frau nicht werden will, so liegt es daran, daß eine andre größere Rechte an ihn hat als ich ... Malva Ostoya nämlich, mit der er vor drei Jahren jene romantische Heirat geschlossen, und die ihm einen Sohn geschenkt hat.«
Und ohne sich um die lebhaften Ausrufe, die sie entfesselte, zu kümmern, ohne ihre Schuld zu verringern, noch die Wahrheit abzuschwächen, hatte sie alles, was sie wußte, erzählt: Malvas geheimnisvolle Herkunft, Jans ungerechten Verdacht, der sie zur Flucht mit einer Wandertruppe getrieben ... die Szene beim Konzert in Torna-Gora und die darauffolgende Geburt ... dann ihr gestriges Zusammentreffen mit dem Spielmann und Janek ... endlich, was sie heute in dem Spielmannshaus gesehen hatte.
Als sie zu Ende war, stand Herr Anastasius auf, ergriff ihre beiden Hände und sagte mit tiefer Bewegung: »Sie sind ein braves Mädchen, Helene, und Sie haben recht, es gibt keine andre Lösung. Meine Pflicht ist jetzt, alles aufzuklären, die Rechte derer festzustellen, denen man zu nahe getreten ist. Vor allem muß ich die Sache aber gründlich untersuchen.«
Die Baronin hatte Helene umfaßt: »Mein armes Herz, wie du leiden mußt ...«
»Sie sagen,« fuhr Herr Anastasius fort, »die junge Frau heiße Ostoya?«
»Wenigstens hat der Spielmann mir diesen Namen genannt.«
»Ostoya,« wiederholte Herr Anastasius sinnend. »Ich habe früher einen gewissen Andreas Ostoya gekannt ... wir waren zusammen in Krakau auf dem Gymnasium ... er hatte künstlerische Neigungen, Vorliebe für das Ausland ... er hat eine gefährliche Frau geheiratet, die sein Verderben wurde – ihretwillen hatte er ein Duell, wobei er seinen Gegner tötete.«
»Ja,« sagte der Baron, »ich entsinne mich ganz wohl des Todes des armen Grafen Adalbert. Ich war damals in Paris – vor nun zwanzig Jahren. Ostoya floh ins Ausland – es war eine jammervolle Geschichte.«
*
Am selben Tage war Helene unter dem Vorwande einer Erkrankung ihrer Mutter angeblich nach Siebenbürgen abgereist, während sie sich tatsächlich zu Fräulein Santou nach Czernowitz begab.
Jan, der ganz verwirrt und von Vorahnungen gequält war, hatte sich nach seinem Gut begeben. Ungeduldig, in größer Spannung erwartete er dort die Rückkehr seines Onkels, der plötzlich, ohne Jan wieder gesprochen zu haben, verschwunden war.
Herr Anastasius durchforschte die Gegend. Ruhig, mit seiner gewohnten Überlegung und Klarheit betrieb er die Untersuchungen.
Zuerst erkundet er den braven Spiridon und seine kleine Frau in Czernowitz, befragt sie, läßt sich von ihnen alle Einzelheiten von Malvas harter Wanderschaft erzählen. Dann bestellt er den Spielmann zu dem Priester in Luzan. Der gute Danyl ist sehr bewegt. Er hat aber nicht vergessen, Malvas Papiere mitzubringen, und sein freimütiges Gesicht, sein ehrlicher Ton, seine schlichte Erzählung machen auf Herrn Anastasius einen günstigen Eindruck.
Sein letzter Gang endlich ist nach Krakau, in das Asyl, wo der unglückliche Ostoya in Zurückgezogenheit mit seinen Genossen lebt.
*
In der rosigen Abenddämmerung suchen die Vögel ihre Nester auf, und in den Gärten schließen sich die Blumen. Hie und da noch ein Flüstern, ein Rauschen der Flügel, ein klagendes Gurren, doch selten wird's und seltener, man fühlt die ermüdete Natur geht zur Ruhe, um morgen in neuer Herrlichkeit zu erstehen.
Malva sitzt in dem niedrigen Zimmer, das von der untergehenden Sonne erhellt wird. Sie hat ihr Kind ausgekleidet und in sein enges Bettchen gelegt. Aber das lachende, muntere Geschöpfchen will nicht schlafen gehen, sträubt sich: wie viel wundersame Dinge locken seine großen Augen! Da ist vor allem der Mond, der riesige, gelbe, pausbäckige Mond, der da zwischen zwei Pappeln heraufsteigt, und von dem der Kleine sich nicht trennen kann. Und jedesmal, wenn Malva ihn ins Bettchen stecken will, ruft er: »Mehr, mehr!«
»Höre, Kleinchen, du mußt nun aber beten. Hörst du, wie Kamar in seine Hütte geht, wie die Spätzchen ihr Nest unter dem Strohdach aufsuchen? Komm, knie hin und sprich deiner Mama nach.«
Sie faltet seine kleinen Hände, und über das unschuldige Gesicht gebeugt, sagt sie: »Jesus, ich geb' dir mein Herz! Gib Gesundheit meiner ...«
»Meiner Mama,« stammelt das Kind, »dem Onkel Dada, Niania, Marina ...«
»Wem noch?« sagt Malva.
Der Kleine sucht. »Meinem Papa!« ruft er dann stolz und wirft die Ärmchen um der Mutter Hals.
Sie drückt ihn leidenschaftlich an sich, bedeckt ihn mit Küssen und beendet im stillen das Gebet ihres Kindes.
Jetzt sitzt sie am Fußende des kleinen Bettes, wiegt den Knaben sanft im Arm und blickt, ohne sie wahrzunehmen, auf die Silberwolken am Himmel.
Betäubende Düfte steigen von der Erde auf. Von einem wonnigen Taumel erfaßt, schließt sie die Augen und versinkt in Träume.
Plötzlich schreckt sie auf. Hat sie geschlafen? Ihr scheint, es sei jemand ins Zimmer getreten. Mit weitgeöffneten Augen durchforscht sie das Dunkel. Ein Schritt ... sie hört jetzt einen Schritt ... einen Schritt, den sie wiedererkennt; nein, nein, das ist ja Wahnsinn ... aber im Mondlicht taucht ein Schatten auf, ein Mann steht da ...
»Es ist nicht wahr,« schreit sie auf, wirft sich dann zurück, und keuchend drückt sie das Kind an sich.
Da umfassen zwei kräftige Arme sie und ihr Kind, heiße Küsse schauern auf beide hernieder. Und Jan, Jan, den sie nie wiederzusehen geglaubt, Jan ist da, ihr zu Füßen, und fleht: »Malva, Malva, wirst du mir je vergeben können?«
Ihr vergehen die Sinne, von Schluchzen überwältigt läßt sie das Haupt an ihres Mannes Brust sinken.
*
In Krakau, in der matterhellten Kapelle des Klosters, wo Malvas Vater eine vorläufige Zuflucht gefunden, wurde eines Abends Jans und Malvas Ehe bestätigt.
Die kleinen, zitternden Flammen der Kerzen bescheinen den ernsten, gedankenvollen Herrn Anastasius neben der Oberstin. Etwas weiter kniet Thekla. Sie schluchzt, ist aber voller Feierlichkeit in dem steifen Prunk ihrer schönsten Sonntagskleider. Danyl ist da voll aufrichtiger Freude, die freilich nicht an die des graubärtigen Mannes mit den schönen, männlichen Zügen heranreicht, der hinter dem Paare kniet, und den das Glück zu verklären scheint.
Helene hat die Nachricht, die sie in Torna-Gora traf, mit stiller Fassung aufgenommen, und Fräulein Santou, die zu ihr geeilt ist, malt ihr, von ihrer Tapferkeit gerührt, allerlei freundliche Bilder von künftigem Glück und künftiger Heirat vor.
Da sagt Helene: »Wie schlecht Sie mich kennen, mein gutes Fräulein Santou. Ich bin eine anspruchsvolle, eine stolze Natur, die sich nur mit rückhaltloser, ungeteilter Liebe begnügt. An meiner letzten Erfahrung habe ich reichlich genug. Heute warten meiner andre Pflichten, die mich beschäftigen, mein Leben ausfüllen werden.«
»Nun, das ist schön und gut,« sagt die Schweizerin, »trotzdem, Helene, werden Sie noch lieben und geliebt werden.«
Aber das junge Mädchen schüttelt den Kopf.
Seit jenem Septembermorgen, an dem das echte Mitleid plötzlich in ihrem Herzen erwacht ist, hat ein neues Ideal über sie Macht gewonnen. Ihr ganzes Herz hat sie der himmlischen Liebe zugewendet, die nimmer täuscht, der Liebe zu den Mühseligen und Beladenen.
Ende.