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Die Hoffnungen der Familie Pieterse und die Bedenken Walthers. Wie Gerrit Sloos von der Angelegenheit dachte.

Niemals richtete Walther seine Schritte mit so viel Vergnügen heimwärts.

Es schien darauf angelegt zu sein, ihm die Kenntnis beizubringen, daß es Kreise gäbe, in denen ebenso niedrige Ideen zu Hause waren wie bei den Seinen. Sollte er von dem Wahn geheilt werden, daß keine Lebensauffassung die seiner Familie an Thorheit überträfe?

Mit einer gewissen Freude sah er seine Mutter und seine Schwestern wieder, und vor allem Leentje, die alte Schneiderin, die die Vertraute seiner Knabenträume gewesen war, und die er jetzt auch noch ausführlicher als die anderen zur Teilnehmerin an den neuen Erlebnissen machte. Sie fand alles sehr interessant.

Auch die übrigen Familienglieder nahmen eifrig teil an den Besonderheiten aus einer Welt, die ihnen so neu war.

Nichts aber machte auf Jüffrau Pieterse solchen Eindruck, als die Schwierigkeit, die er gehabt hatte, ins Haus zu kommen. Das kam ihr wahrhaft feierlich vor.

»Siehst du, das ist ganz etwas anderes als bei dem schlechten Kerl von Tabaksfritzen auf dem Zeedyk, wo jeder 'rein und 'raus lief. Diese Menschen werden auch nicht mit anderer Leute Geld nach Amerika gehen! Ein ... Saal, sagst du? Und 'ne Villa? Eigen Fuhrwerk? Geh' doch mal zum Kaufmann, Leentje, und sag' ... nein, schwatzen paßt sich nicht – aber 's ist doch 'n Ding für Walther, daß er nun bei Leuten ist, die 'n Saal im Hause haben, und 'ne Villa, und eigenes Fuhrwerk! Wenn du nun gut aufpaßt ... Junge, dein Essen ist gekocht! Was sagst du, Stoffel?«

»Ja, Mutter.«

»Denn ... weißt du, was ich sag'? Ich sag' ... der Mensch ist sterblich. Und diese alten Herren ... wie alt können sie wohl sein, Walther?«

»Mutter, der Buchhalter war wohl sechzig. Und der M'neer Wilkens auch so ungefähr.«

»Siehst du, ich sag', daß der Mensch sterblich ist. Und deshalb ... nicht, daß ich jemand den Tod wünsche ... Gott, nee, aber wenn der Mensch so alt ist ... Stoffel, was meinst du?«

»Gewiß, Mutter.«

»Wenn so 'n Buchhalter nu mal stirbt – denn alle Menschen sind sterblich ... dann könnte unser Walther ... denke mal, Trude!«

»Ja, Mutter, warum nicht?«

»Und der M'neer Willekes auch. Warum soll Walther kein Buchhalter können werden, oder ... M'neer Willekes?«

»Nee, Mutter. Du meinst...«

»Ja, ja, wer kann denn immer die Worte so abpassen! Ich meine bloß, sein Essen ist gekocht. Was kann 'n Mensch mehr wollen? Und das Taschenbüchelchen ... ach, ich will ja gern alles hergeben. Sieh mal unter deiner Bettstelle nach, Stoffel, da steht 'ne Kiste mit alten Sachen, da wirst du gewiß noch die Brieftasche von eurem Vater finden. Der Junge kann da alles drin aufschreiben, was er behalten soll, und ... sein Essen ist gekocht ... das sag' ich bloß! Ich werde nun mal schnell zu M'neer Kalb gehen, mich bedanken, Walther! Denn das ist der Mann, der dich empfohlen hat. Wie wär's, wenn du ihm 'n Vers machtest zum Geburtstag?«

Diesen Vorschlag billigte Stoffel nicht. Er brachte vor, daß Herr Kalb, wahrscheinlich, als ein Geschäftsmann, nicht viel auf Verse geben würde, und daß ein materieller Beweis der Dankbarkeit ... ein Anker Wein, oder ein Fäßchen Butter ...

»Richtig, was ich immer sage. Denk' dran, Walther, daß du M'neer Kalb 'n Fäßchen Butter schickst ... oder 'n Anker Wein ...«

»Ach, Mutter!«

»Na ja, wenn ... du Buchhalter bist, mein' ich. Denn ... alle Menschen sind sterblich, und wenn der M'neer Dieper so über Reißen klagt ... Junge, dein Essen ist gekocht!«

Durch diesen und ähnlichen Schwatz ließ sich Walther einreden, er wäre für seinen neuen Wirkungskreis aufs höchste eingenommen. Die nicht sehr angenehmen Eindrücke, die er empfangen hatte – ohne daß er gewagt hätte, sie zu einer Ansicht zu erheben, wurden ausgewischt oder überkleistert durch die Begeisterung der Seinigen. Er fühlte, daß die Ehrerbietung gegenüber seinen Chefs schon auf ihn überstrahlte, und das ließ er sich ohne Protest gefallen. Seine Mutter fragte ihn ausdrücklich, ob er die Sauce neben oder über die Kartoffeln haben wollte, denn:

»Denke, Trude, sie haben 'n Saal im Hause! Und du, Walther, iß nun'n bißchen, und, dann geh' schnell wieder hin. Du mußt nun auch von dir aus zeigen, daß wir Leute sind, die Lebensart haben. Was sagst du, Stoffel? 'Ne eigene Villa!«

Walther that sein Möglichstes, sich mit durchscheinenden Kartoffeln und Eifer vollzustopfen.

Es schlug knapp halb vier, als er sich schon wieder den Weg bahnte durch die Stockfischräucherei und die Ölfässer, und einen Augenblick drauf stand er dienstbereit im Comptoir.

Außer dem uns bereits bekannten angenehmen Geruch und dem nackten Merkurius fand er da niemand ... ja doch, da hingen ja die Bodenschlüssel! Eine Rille, erster Boden, zwei Rillen, zweiter Boden! Er schrieb diese wichtigen Kennzeichen in das väterliche Taschenbuch, das in der That unter Stoffels Bett hervorgekommen und ihm zu fleißigem Gebrauch anbefohlen war. Auch machte er das ehrwürdige Taschenbuch zum Vertrauten der anderen Studien, mit denen er einen großen Teil seiner unsterblichen Seele genährt hatte. Wenn einmal die Haufen Staub und Asche, unter denen die Burg der Pieterses, ein zweites Pompeji, begraben liegt, weggeräumt werden, dann wird der untersuchende Nachkomme noch immer ganz genau erfahren, wie lang in Walthers Zeit ein Stück englisch Kattun von achtundzwanzig Yards war. Und wo die Pleiers wohnten, und die Krückers, und die Hockers, und wo die Jüffrau wohnte, die Stickereivorlagen verkaufte, und wie Herrn Kopperliths Villa hieß, und an was für Scheiben man das Haus von Herrn Pompilius erkannte ...

Walther vollbrachte seine Nächstliegende Pflicht mit großer Gewissenhaftigkeit. Aber wie unermeßlich groß auch die Zahl von Wissenswertem war, womit man so edelmütig seinen Geist bereichert hatte, es kam doch schließlich ein Ende. Er begann sich zu langweilen und gab sich Mühe, nicht in seinen Gedanken abzuschweifen.

Zehn-, zwölfmal las er sich das Aufgeschriebene durch, und er fühlte sich imstande, ein prachtvolles Examen über alles abzulegen, was ihn dieser Tag gelehrt hatte. Aber gerade darum fürchtete er, daß ihm etwas entgangen sein könnte, denn ... er fühlte sich durch die Last der neuen Wissenschaft nicht genug beschwert. Das müßte schwerer drücken, meinte er, und da das nicht der Fall war, so lag die Schuld gewiß wieder an ihm! Auch seine Mutter hatte ja immer gesagt, daß aus ihm nichts werden würde ... und er selber begann wieder ein solche Meinung zu hegen!

Dieser Mynheer Wilkens war ein kundiger Mann mit grauem Haar und einer Brille und mehr als vierzig Jahren Comptoirdienst. Was der ihm so majestätisch verkündigte, das mußte wohl wichtig sein und einer Anstrengung wert. Aber er, der Talps, begriff bloß immer nicht, bei was er sich anzustrengen hatte! Die Bestrebungen, die Schwierigkeiten seiner neuen Stellung zu überwinden, prallten ab von der Unwissenheit, worin eigentlich diese Schwierigkeiten bestanden. Hätte er jetzt nicht wissen müssen, wie viel Fabriken und Einwohner Manchester hatte? Er hätte dann seine Unwissenheit ... nicht abgeleugnet, o nein ... aber er hätte sofort versprochen, morgen geschickter zu sein. Dann hätte er gewußt, wo es heute haperte, und konnte sich bessern.

Man sieht, die Ursachen von Walthers Unzufriedenheit waren von ungewöhnlicher Art.

Er fühlte den Drang nach dem Allerhöchsten, und würde trotzdem geklagt haben, daß nichts Schwierigeres zu erreichen war als das. Gleichzeitig aber meinte er auch, daß jeder über ihm stand, und daß er es nie so weit bringen würde wie der Niedrigste. Auf außergewöhnliche Anstrengung war er also vorbereitet. Alle die Mühe, die er sich auf der Schule gegeben hatte, sollte nichts sein gegen die Aufgabe, ein brauchbarer Comptoirmensch bei Ouwetyd und Kopperlith zu werden. Das hatte er sich – vor allem nach den Ermahnungen des guten Doktors Holsma – ernstlich vorgenommen. Und nun? Den ersten Tag schon begriff er alles, was man ihm sagte, mit einer Leichtigkeit, die ihn ängstlich machte!

Dahinter mußte mehr stecken. Man wird kein Ouwetyd und Kopperlith, kein junger Herr Pompilius, selbst kein ordentlicher Mynheer Wilkens, ohne andere Drachen bekämpft zu haben!

Der Gedanke, daß seine Lehrmeister mit ihren grauen Haaren, Brillen, Villen und Fuhrwerken unter ihm standen, kam ihm nicht. Ihm war wie einem, dem man ein Rätsel aufgiebt: »Was ist das, ein Hölzchen, das am Ende mit Schwefel bestrichen ist?« und der sich fürchtet, eine Dummheit zu sagen, wenn er solch Ding für ein Schwefelholz erklärt. Die Pflicht, sich stets mit dem Nächstliegenden abzugeben, war ihm mit Ernst eingeprägt – und mit Recht! Aber Walther meinte, diese Pflicht müsse schwierig zu erfüllen sein. Und nun kamen lauter Nichtigkeiten.

Ohne die ihm angeborene Bescheidenheit hätte er in wenigen Wochen, nachdem er alles gelernt, was da zu lernen war, seine Chefs mit Mißachtung angesehen. Und hätte er nicht sein hohes Streben gehabt, so hätte er sich leicht mit der Anerkennung dieser Leute genügen lassen.

Aber solche Enttäuschungen, das ist die eigentliche Feuerprobe, nicht romantische Heldenthaten. Die Zeit mußte kommen, wo Walther sagen konnte, nicht etwa: »Ich bin nichts, denn ich bin in dem Lappengeschäft von Ouwetyd und Kopperlith verdorben worden,« sondern,: »Sieh, wie ich auch in dem Moder verbrecherischer Gewöhnlichkeit gesteckt habe, ich bin doch ich selbst geblieben, und ich habe es verstanden, etwas aus mir zu machen.« Das soll natürlich die Elenden nicht entlasten, die das Kind dieser Feuerprobe unterwarfen ...

Einstweilen langweilte er sich und wunderte sich über die trübe Stimmung seines Gemüts. Die nächstliegende Pflicht thun? Wenn er nach dem Boden ginge – zwei Rillen, zweiter Boden – und da fegte und sich mit Ruhe die interessante Winde besah?

Gesagt, gethan. Er war ordentlich stolz, daß er den Weg nach oben wußte, und als er auf der Treppe das Mädchen traf, das ihn heute morgen so unfreundlich begrüßt hatte, gönnte er sich die Freude, etwas mit den Schlüsseln zu klappern, nicht ohne einen triumphierenden Blick: Siehst du wohl, da bin ich, und zwar im Dienst!

So eine Winde ist ein hübsches Ding.

»Die dicke Mevrouw ist gewiß zweihundert Pfund schwer ... der Fauteuil zwanzig ... die Kissen ... hm, nehmen wir alles zusammen mit zweihundertfünfzig ... Ich wiege bloß achtzig, denk' ich. Wenn also die dicke Mevrouw und ich uns an einer einfachen Rolle gegenüber hingen, würde sie mich aus dem Bodenfenster herausziehen, nicht ich sie aus ihrem Zimmerfenster. Wenn ich aber ihr Gewicht um die dünne Spindel rolle und ich drehe das große Rad ...«

Er hörte schlürfende Tritte auf der Treppe. Es war Gerrit, der einmal nachsehen wollte, wer da auf den Boden gegangen war.

»Ach so! Du bist's. Pieterse. Was machst du da?«

»Ich ... fege,« sagte Walther.

»So? Na, wenn du so fleißig bist, wirst du nicht lange halten, Junge!«

»Aber M'neer Wilkens hat gesagt ...«

»Wüllekes ist'n Hanswurst. Aber ... willst du fegen, gut! Feg' nur zu! Was fegst'n eigentlich?«

»Den Staub von den Stapeln.«

»Liegt keiner drauf! Und wenn welcher drauf wär', was macht's? Und wenn's was machte, was hilft's, wenn du 'n von einem Stapel auf'n andern fegst, he? Du thust Mönchearbeit, was ich dir sage!«

»Ach!«

»Ja, Mönchearbeit! Du mußt nicht alles so genau nehmen, was dieser Wüllekes sagt.«

»He?«

»Ja. Ich dacht' mir's schon, daß du auf den Windmacher hören würdest, und wie ich nun jemand horte heraufgehen mit den Schlüssels – ich saß nämlich in der Küche, weil ich steif bin von Rheumatismus – da dacht' ich mir schon, daß du's warst. Denn's kann weiter keiner auf 'm Comptoir sein. Dieser Wüllekes hat dir gewiß nicht gesagt, daß wir in der Saurengurkenzeit sind, und daß du dich mit 'm Wiederkommen nicht so beeilen brauchtest. Er kommt so erst gegen sechsen, eben mal hineinsehen, und nun er weiß, daß 'n andrer da ist, Bestellungen anzunehmen, wird er noch später kommen, oder auch gar nicht. Und die jungen Herren sind aus ... schön Wetter, verstehste? Du mußt die Sache nicht so schwer nehmen, Jungchen! Sonst bist du unten durch! Du nimmst mir's doch nicht übel?«

»Ach nein. Aber ich wollte so gern meine Pflicht thun, meine nächstliegende Pflicht, wissen Sie?«

»Da hab' ich, will ich bloß sagen, kein Verstehste von. Ich sag' bloß, 's ist 'ne Schande, daß sie 'n jung Bürschchen, wie du bist, 'n ganzen Tag in das muffige Comptoir stecken. Ich sag' ...'s ist Wind und englisch Notting!«

»Eh, Gerrit! Ich bin den halben Morgen auf der Straße gewesen!«

»Ja, ich hab' gehört. Hast viel Botschaften besorgt für 'n jungen Pompilius. Na, das Vergnügen kannst du öfter haben. Haben sie dir schon gesagt, daß du alle Morgen nach der Post mußt, den Briefträger auflauern? Das ist so 'n Ding für dich, wirst sehen! Wird dir Stüber kosten, Trinkgeld. Denn wenn du das nicht thust, kriegst du die Briefe nicht. Sie sind zu knauserig, um Droddebot zu bezahlen ... fünfundzwanzig Gulden 's ganze Jahr. Dafür kannst du dann blau frieren in der Kälte ... wenn Winter ist, mein' ich. Sag' mal, hat dir Dieper schon was gesagt vom Einkassieren? Denn ... wenn ich steif bin vom Rheumatismus, kommt's auf dich. Und wenn du nicht vorsichtig bist mit Geld, kann dich die Geschichte was kosten. Verstehst wohl ... was fehlt, legst du zu. Mußt nicht denken, daß du hier zum Vergnügen bist. Ich hab' hier schon Festtage erlebt in allen Saisons des ganzen gottgeschaffenen Jahres, und darum ... na, nun bin ich steif von Rheumatismus. Kann dir auch passieren. Ich will bloß sagen, in der Saurengurkenzeit brauchst du nicht so eifrig zu sein. Bist doch auch bloß 'n Lohndiener wie ich und wirst doch wohl nicht gern mehr thun als nötig? Kein Mensch, der dir dafür dankt, und wer sich tot arbeitet, wird unterm Galgen begraben. Laß das Fegen nur bleiben! Ach, wenn du alles thun wolltest, was dieser Wüllekes sagt ...«

Wie Eis fiel diese Gerritsche Philosophie unserem Walther aufs Gemüt. Beschämt schloß er den Boden und ging mit Gerrit hinunter. Dieser ersuchte ihn, nicht zu verraten, daß er oben auf dem Boden gewesen war, denn, sagte er:

»Sonst schicken sie mich wieder auf Besorgungen. Und da ich doch steif bin von Rheumatismus ... guck ... mein Daumen ist ganz krumm davon, und also ... laufen kann ich auch nicht, verstehste!«

Auf dem Comptoir angekommen, schlug der Knecht ein kleines Verzeichnis auf, in dem die Verfalltage der Wechsel standen.

»Siehst du, ganz wie ich dachte! Morgen ist 'n schmierig Papierchen im Judenwinkel. Na, wirst deine Freude haben! Der Jude wird ja wohl merken, daß du 'n unschuldig Wurm bist, denn ... so siehst du aus. Wenn du unter 'm Thaler davonkommst, kannst du von Glück sagen. Da kommt wahrhaftig Wüllekes schon ... gewiß hat 'n seine Frau zur Thür rausgejagt, denn sie ist ebenso verrückt wie er, mit ihren Prinzessinnen. Sie hat mal im Haag 'ne Prinzessin gesehn, und davon quaddert sie fortwährend. Alles Wind und englisch Notting. Dieser Wüllekes ... hör' mal, wenn er nach mir fragt ... sag' nur, du weißt nichts von mir, und daß ich steif bin von Rheumatismus, weißt du, denn ... ich geh' in die Küche, eine Tasse Thee trinken. Sie wird wohl schon kalt sein, aber ... ich mußt' doch mal sehen, wer da auf 'n Boden kroch. Jawohl, er ist's ... kann ich schon hören am Aufreißen von der Hinterthür. Er braucht immer Platz für 'ne ganze Compagnie ... ich bin Sergeant gewesen bei der Bürgerwehr, anno dazumal!«

Und Gerrit drückte sich.

Seine sonderbare Rede hatte das Gute, daß Walther nicht viel davon verstand und also etwas zu denken bekam. Diese Auffassung von der Pflicht, die den alten Knecht ... etwas weniger von anderen Knechten unterschied, als wünschenswert war, überraschte ihn.

Und: »Droddebot,« was war denn das für ein Ding? Und ein »schmierig Papierchen,« das ihm einen Thaler kosten konnte ... was sollte das sein? Wo sollte der Thaler herkommen? Waren das die Einnahmen seines neuen Berufs? Sehr gern hätte er Wilkens gefragt, aber seit er über Moses und den Dornbusch gestolpert war, getraute er sich nicht, dem grimmigen Orakel zu nahen.

Außerdem wurde er jetzt wieder ans Aufkleben der Muster gesetzt, und Wilkens nahm einen so feierlichen Ernst an, daß er schon deshalb nicht gewagt hätte, an etwas anderes zu denken. Er saß und klebte seine Lappen auf und träumte so vor sich hin. Er betrauerte seine Bücher auf dem Zeedyk,, bei dem Herrn Motto, seinem ersten Lehrmeister, der außer einem schwunghaften Handel mit Rauch-, Kau- und Schnupftabake auch eine Leihbibliothek geführt hatte ... Noch ein wenig, und dieser biedere Motto, der mit seiner Kaution nach Amerika ausgerissen war, sollte ihm wie ein liebenswürdiger Schutzengel erscheinen, der im Nebel der Vergangenheit versinkt, und nach dem er vergebens die Arme ausstreckt.

Konnte es mit seinem Seelchen schlimmer bestellt sein?

Wer weiß? Lieber Gott, es kommt vielleicht noch schlimmer.


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